Es freut mich sehr, daß das Europäische Jiddisch-Festival im Jahre 1993 in Leverkusen stattfindet, und gern hat die Deutsche UNES- CO-Kommission die Schirmherrschaft für diese Veranstaltung übernommen. Die 24. Ceneralkonferenz der UNESCO bestätigte im Jahr 1987 die herausragende Rolle und den großen, einzigartigen Wert der jiddischen Sprache und Kultur. In der damals gemeinsam von der Bundesrepublik Deutschland, Israel und den Niederlanden einge brachten Resolution heißt es: "Die jiddische Sprache und Literatur sind verbunden mit regionalen Kulturen verschiedener Länder Mitteleuropas und beeinflußt besonders von der deutschen, der hebräischen sowie den slawischen Sprachen. Das einst von zehn Millionen Männern und Frauen gesprochene Jiddisch ist jetzt, nachdem es der physischen Vernichtung zum Opfer gefallen war, auch noch in Gefahr, gänzlich vergessen zu werden." Dieses alte europäische Kulturerbe braucht darum dringend Schutz und Hilfe. Die UNESCO als Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen forderte schon vor sechs Jahren insbesondere die Staaten in der Mitte Europas auf, das sprachliche und literarische Erbe der jiddischen Sprache und Kultur zu bewahren, zu fördern und wieder ins Bewußtsein der Nationen zu bringen. In einer Resolution baten die Mitgliedsstaaten der UNESCO den Generaldirektor, die betroffenen Regierungen und zuständige nichtstaatliche Organisationen, Sondermittel für ein Erhaltungs- und Förderprogramm einzuwerben. Zu den damit vorgeschla genen Maßnahmen gehören Übersetzungen von Meisterwerken der jiddischen Literatur, die Veröffentlichung eines Wörterbuches der jiddischen Sprache und die Ausbildung von Fachleuten. Die ses Konzept wurde von einer auf Initiative der UNESCO einberu fenen internationalen Expertentagung im Jahre 1990 detailliert und konkretisiert. Damals hatte die Israelische UNESCO-Kommission in Zusam menarbeit mit der Hebräischen Universität in Jerusalem Fachleu te aus zahlreichen Ländern eingeladen und die Möglichkeiten zur Grußwort des Präsidenten der Deutschen UNESCO-Kommission Prof. Peter Canisius Erhaltung, Förderung, Entwicklung und Verbreitung der jiddischen Sprache und Kultur diskutieren und genauer bestimmen lassen. Gelehrte, Pädagogen, Schriftsteller, Übersetzer, Theaterleute und Kulturverwalter analysierten die Rolle der jiddischen Kultur und ihren internationalen Charakter als Teil des Lebens und des Kul turerbes des jüdischen Volkes, das Sprache und Kultur anderer Völker durchdrang und bereicherte. Die Deutsche UNESCO-Kommission ist bemüht, zur Verwirkli chung dieser UNESCO-Resolution beizutragen. In Zusammenar beit und mit finanzieller Hilfe des Auswärtigen Amtes und des Bundesinnenministeriums hat sie deutsche Experten zur Jerusale mer Konferenz und zum Krakauer Jiddisch-Festival entsandt. Seit 1991 unterstützt sie mit anderen Partnern die Jiddischen Kultur tage in Berlin, organisiert vom "Theater unterm Dach". Diese Ver anstaltung gehört zu den Projekten der ehemaligen UNESCO- Kommission der DDR, deren Fortführung ein besonderer deut scher Beitrag zur "Weltdekade für kulturelle Entwicklung" der UNESCO und der Vereinten Nationen ist. Gerade in Deutschland ist das Zusammenleben in kultureller Vielfalt einerseits eine Ver pflichtung aus der Geschichte, andererseits der gebotene Weg zu einem Miteinander in Achtung und Respekt, das allein die Zu kunft einer ''Kulturnation" sichern kann. In diesem Sinne begrüßen wir es, daß das Europäische Jiddisch- Festival Leverkusen die Vielfalt der jiddischen Kultur einem brei ten Publikum nahebringen wird. Die Deutsche UNESCO-Kom mission wünscht diesem Unternehmen jeden Erfolg und erhofft Anstöße für weitere Veranstaltungen dieser Art in der Zukunft. Prof. Peter P. Canisius