sehen Regeln zu drei, vier, fünf, sechs, sieben und acht Stimmen von Salomon Mehaadonim, geboren zu Mantua« zu veröffentlichen. Mit diesen vielleicht ersten synagogalen Gesängen tauchte auch ein heute noch vorhandenes Notationsproblem auf: der hebräische Text läuft von rechts nach links, die Notenschrift jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Rossi und auch viele spätere Komponisten gingen den Kompro miß ein, auf den allseits bekannten Text zu verzichten. Seit Rossi gibt es eine ganze Reihe namhafter jüdischer Komponisten, die, zumeist von einem traditionellen Motiv am Anfang der Komposition ausgehend, eigenständige Werke synagogaler Musik schufen. Unter ihnen hebt sich Samuel Aiman (1879 bis 1947) hervor,, der in dem südrussischen Städtchen Sobolowka geboren wurde, mit 1 3 Jahren zu komponieren begann und 17jährig in das Konservatorium Odessa eintrat. Er diente vier Jahre in der russischen Armee als Musiker und mußte nach den Progromen in Kischinjow 1905 nach London fliehen, wo er seine Studien am Royal College vervollkommnete und als Chordirigent der dortigen jüdischen Gemeinde wirkte. Aimans Schaffen umfaßt neben der erfolgreichen Oper »König Achas« Kammer- und Orgelmusik, zahlreiche Lieder, synagogale Kompositionen und Bearbeitungen jüdi scher Volkslieder. In seiner Synagogenmusik wird - ähnlich der von David Nowakowsky (1848 bis 1921) - der Einfluß slawischer Musik spürbar. Samuel Aiman gehört auch zu jenen Komponisten und Musik forschern, die Quellen jiddischer und hebräischer Folklore sammelten. Während uns die Synagogenmusik mit ihren europäischen Elementen trotz orientalischen Kolorits oft vertraut vorkommt, wirken jiddische und hebräische Folklore ursprünglicher und fremdländischer in unseren Ohren. Die zumeist nur handschriftlich überlieferten oder durch gegenseitiges Vorsingen lebendig gebliebenen Melodien entstammen jüdischen Gemeinden in Polen, Rumänien, Litauen und der Ukraine, die durch die Vertreibungen der Juden aus Deutschland im 13. und 14. Jahrhundert entstanden waren. Hier sprach man jiddisch: eine Vermischung der mittelhochdeutschen Sprache mit hebräischen Brok- ken, russischen, polnischen und litauischen Worten. Es ist bis heute, in hebräischen Buchstaben geschrieben, gebräuchlich.. Wenngleich sich in den oft temperamentvollen Liedern wie in der Sprache Motive der Exilumgebung wiederfinden, so bleibt doch alles der elegischen Grund haltung in Moll-Varianten untergeordnet. Diese Volksmusik von Liebe und Leid, Trost und Hoffnung und der ständigen Sehnsucht nach Frieden zeugt vom Fühlen und Denken humanistisch gesinnter jüdischer Men schen. Dr. Ulrike Liedtke