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ERÖFFNUNG DES INTERNATIONALEN KURT-WEILL-JAHRES Uraufführung von „Candide“ (Scottish Opera), diese Aufnahme gewann einen Grammy für die beste Opernaufnahme - leitete und/oder dirigierte wichtige neue Ausgaben von klassischen amerikanischen Musiktheaterwerken, u. a. Kurt Weills „Street Scene“ und „Frau im Schatten" sowie George und Ira Gershwins „Girl Crazy" - erneuerte 1992 seinen Ver trag mit Decca/London, u. a. für die Serie „Entartete Musik“, hatte herausragenden Erfolg mit Aufnahmen von Werken Kurt Weills für Decca, darunter „Die 7 Todsünden" und „Die Dreigroschenoper“ mit Ute Lemper - einer breiten Publikumsschicht wurde er als Dirigent der Verfilmung des Musicals „Evita“ mit Madonna in der Hauptrolle bekannt. Turin, Detroit, Los Angeles - alle ließen das Projekt aus den Händen gleiten. Als das Theater von Chemnitz nach dem „Weg der Verheißung“ fragte, gab es eine gewisse Überraschung und sogar Mißtrauen. Mit ungeheurem Zielbewußt sein und außerordentlicher Geduld bestand das Thea ter Chemnitz jedoch jeden Test und hat buchstäblich einen Traum wahrgemacht. Schon allein dafür sollten wir dankbar sein. Wer den „Weg der Verheißung" hört, hört sowohl den alten als auch den neuen Kurt Weill. Einen Kurt Weill, der von Hitler in einen Juden verwandelt wur de. Davor war er einfach ein Deutscher. Ohne Brecht und Kaiser und vor seiner Zusammenarbeit mit Maxwell Anderson und Ira Gershwin in Amerika hört man einen Weill, der seinen Notentext setzt und sei ne Meinung ausdrückt nicht durch Ironie, wie er es zuvor getan hatte, sondern nur durch seine Inspirati on. Man kann nur staunend vor dem endlosen Fluß immer neuer Melodien stehen und vor der Kraft sei ner vollendeten Fähigkeit, die deutsche Musik von Bach und Händel bis Schubert und Bruckner in seine Sprache zu integrieren. Unerschrocken greift er zurück auf die traditionellen hebräischen Melodien, während er zugleich vorwärts schaut zu einem besse ren Morgen für die ganze Menschheit. Und während er die Kultur seiner Vergangenheit gleichsam umarmt, klingt die Musik doch immer wie Kurt Weill. Das nach 62 Jahren zum erstenmal zu erleben und überhaupt zum erstenmal in Europa, sollte schon ein Grund für ernsthaftes Nachdenken und für Diskussio nen sein. Die Frage, der wir uns alle stellen müssen, lautet nicht, „Warum Chemnitz?“, sondern „Warum nicht eher?" Ich denke, wenn wir jetzt zum Ende unseres Jahr hunderts kommen, daß er einer der herausragenden Menschen ist, einer der wichtigsten Komponisten, die wir mit uns in das nächste Jahrtausend nehmen. Er wird dem 21. Jahrhundert viel zu sagen haben darü ber, was es bedeutete, im 20. Jahrhundert zu leben; was Mut war; was Einsamkeit war; was Liebe war und was Verantwortung. Der Mann stand im Zen trum einer der großen Tragödien der westlichen Zivi lisation, und er fand einen Ausweg. Er fand einen Weg zu leben, und er wird mit uns für alle Ewigkeit sein in seiner Musik. Am 3. Juni um 19.30 Uhr lädt die Robert-Schumann- Philharmonie zum zweiten Benefizkonzert für den Neubau einer Chemnitzer Synagoge ein, zu dem sich der Initiator John Mauceri in diesem Heft im Editorial äußert. Die Reihe der Schloßberggespräche setzt sich mit einem zusätzlichen Vortrag am 7. Juni um 19.30 Uhr fort. Der Renaissancesaal ist diesmal Gastgeber für den Germanisten Prof. Dr. Guy Stern von der Wayne- State-University in Detroit/Michigan. Prof. Stern ist als Mitglied der Kurt Weill Foundation for Music einer der Väter der Wiederentdeckung der Oper. In Abänderung des Titels seines grundlegenden Auf satzes über den Leidensweg des Werkes nennt er Opernhäusern der Welt, u. a. The Royal Opera House at Covent Garden. La Scala, Metropolitan Opera, in San Francisco und Berlin - eine zwanzigjährige Zusammenarbeit verband ihn mit Leonard Bernstein, der ihn als Dirigenten und Herausgeber vieler seiner Werke wählte, u. a. für die Europa-Erstaufführung von „Die Messe“ (Wien 1973), der Europa-Erstauf führung von „A Quiet Place“ {La Scala 1984) und der RAHMENPROGRAMM ZUR ERÖFFNUNG DES INTERNATIONALEN KURT-WEILL-JAHRES JOHN MAUCERI gebürtiger New Yorker - studierte Komposition, Musiktheorie, Architektur und Literatur an der Yale University - derzeit Chefdirigent des Hollywood Bowl Orchestra in Los Angeles, das von ihm 1991 gegrün det wurde, war davor Musikalischer Direktor der Washington Opera, des American Symphony Orche- stra/Carnegie Hall, der Scottish Opera und ist seit 1995 Musikalischer Direktor und Künstlerischer Leiter des Teatro Regio di Torino - dirigierte bisher die bedeutendsten Orchester und an den führendsten seinen Vortrag: „Die Via Dolorosa endet in Chemnitz.” Am 9. Juni lädt die Galerie oben zu einer Vernissage ein, auf der die bildenden Künstler des Vereins Kunst Tür Chemnitz e.V. ihre der Uraufführung zugeeigneten Arbeiten vorstellen, die sich allesamt mit einem Gedicht von Rose Auslaender beschäftigen, das auch zum Motto des Chemnitzer Synagogenbaus geworden ist: WIR WOHNEN WORT AN WORT. SAG MIT DEIN LIEBSTES, FREUND. MEINES HEISST DU! Am 10. Juni ist Prof. Guy Stem auch Festredner der Eröffnungsgala der Wissenschaftlichen Konferenz „Kurt Weill - Leben und Werk", zu der der Freundes kreis der Technischen Universität ins Renaissance hotel einlädt. Gast des Abends ist Andrea Thelemann mit. dem Weill-Abend des Staatsschauspiels Dresden „ICH BIN, WEIL ICH BIN“. Zu der Konferenz, die natürlich den „Weg der Verheißung" besonders würdigt, haben sich Weill-Experten aus aller Welt angemeldet. Die Wissenschaftler disputieren in einem zweitägigen Colloquium im Hörsaalgebäude der Wilhelm-Raabe-Straße, bevor sie die Ergebnisse und Kontroversen zu einer öffentlichen Abschlußdiskussion am 13. Juni um 11.00 Uhr im Rangfoycr der Oper zusammenfassen. Gemeinsam mit den an der Inszenierung beteiligten jüdischen Künstlern, den Gästen aus Israel und den USA, den ehemaligen Chemnitzer Juden und eingela denen Ehrengästen feiert die jüdische Gemeinde Chem nitz am 11. Juni im Schmidt Rottluff-Saal der Städti schen Kunstsammlungen einen Abendgottesdienst zum Schabbatbeginn mit anschließendem Kiddusch. Die 8. Tage der Jüdischen Kultur werden offiziell am 12. Juni um 18.00 Uhr mit der Vernissage der Aus stellung von Arbeiten des israelischen Malers und Graphikers David Sharir eröffnet. „Vom Atelier zur Bühne“ heißt die Präsentation von Malerei, Graphik und Szenographie eines der bekanntesten und aner kanntesten Künstlers Israels, der für die Ausstattung der Weill-Oper gewonnen werden konnte. Um 20.00 Uhr spielt die Pianistin Sherri Jones Klaviermusik um Kurt Weill und zieht die Bandbreite dabei zwischen Brahms und Gershwin. Am 13. Juni um 16.00 Uhr findet im Rangfoyer der Oper die öffentliche Ausrufung des Internationalen Kurt-Weill-Jahres statt, bevor sich um 18.00 Uhr der Vorhang zur Premiere öffnet. Das Schauspielhaus ist am 14. Juni Gastgeber eines weiteren Höhepunkts der 8. Tage der jüdischen Kul tur, die noch zu vielen Veranstaltungen in der Stadt einladen: Wolf Biermann gastiert mit „Der Große Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk“ von Jizchak Katzenelson. Am 21. Juni endet die erste Etappe des großen Opernereignisses mit der vorläufig letzten Veran staltung der Chemnitzer Schloßberggespräche. Die Chemnitzer Volksbühne e.V. lädt um 19.30 Uhr zum Zuschauergespräch über die Uraufführung ein. mö ""YV