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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.08.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080811013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908081101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908081101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-08
- Tag 1908-08-11
-
Monat
1908-08
-
Jahr
1908
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Anzeigen-Preis D« Inierat« au« Leipgta und Umgebung bi» -gespaltene Petitgeil« 25 Pl., knanziek« Sugeige» Lü Pt., Neklamen I Ni.; »ou autwärt« SV Ps., Reklamen 1.20 M.i »om Ausland S0Ps., stnani- Anzeigen 75 Pi.. Neklamen U50 M. Inserate». Behhrbeuin amllichen Teil «OB' Beilagegebltbr 5 Di. p. Dauiend rxkl. Posl- aebühr. Brschäftsanzeigen an bevorzugter Stell« im Preise erhäht. Rabatt nach Dar, Fefterteilte Suiträg« können ntchl zurück ««zogen werden. Für da« lirjchcu.en an bestimmten lagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen Mqeigen.Annahme! Augukusplatz bi, bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- lürpeditionen de« Ja» und Ausland«». Pauvt.Filiale verltn: <«»l Duncker, Herzog!. Baur. Hojbuch» Handlung, Lützowstratze 10. (Telephon Vl, Nr. 4S0S). Haupt-Filiale Dresden: Seestrase 4,1 (Telephon El). Nr. 22l Dienstag N. August 1908. 102. Jahrgang. Da» wichtigste. * Der Kaiser fuhr gestern abend nach Schloß Friedrichs- Hof, wo er heute den Besuch König Eduards erwartet. sS. Dtschs. R. und Letzte Dep.) * Reichskanzler FürstBüIow hat das Präsidium des Deutschen Reichskomitees zur Ausbringung einer Ehrengabe des gesamten deutschen Volkes für den Grafen Zeppelin übernommen. sS. d. des. Art.) * Der Regierungspräsident von Valentini ist, wie der „Staatsanzeiger" meldet, zum Geheimen Kabinettsrat er nannt worden. Ihm ist die Leitung des Geheimen Zivilkabinetts über tragen worden. * Der sozialdemokratische Parteitag ist auf den 13 September nach Nürnberg einberufen worden. sS. Dtschs. R > * Der P a rt ei t a g derSozialdemokratie in Sachsen, der gestern in Plauen begann, beschloß dieNeueinteilungder Agitationsbezirke des 11., 12. und 13. Wahlkreises. lS. d. des. Art.) * Der Wettinschützenbund im Königreich Sachsen hielt gestern in Wurzen seine Generalversammlung ab. Als Festort für 1910 wurde Großenhain gewählt. König Friedrich A u g u st wird heute zum Besuch des Bundesschiebens in Wurzen ein treffen. sS. d. bes. Art.s * Den Preis von Donaueschingen s25 OM Fs, der am zweiten Kölner Renntage gelaufen wurde, gewann Weinbergs „HorizontII" nach scharfemKampf um Hals gegen „Adjunct". sS. Sport.) Das Mysterium -er Doggerbank. Der Folgezeit mag es wie eine Sagendichtung unseres ach! so prosaischen Säkulums klingen, daß um die Wende des 20. Jahrhunderts sich eine neue Großmacht aus dem Schoße des Sonnenaufgangs-Meeres hcraushob. Und wie vieles ist auch den Zeitgenossen rätselhaft ge- blieben in dem ersten Kriege modern organisierter Massenheere, der an den Gestaden des Stillen Ozeans ausgefochten ist? Von den wunderbaren Kuropatkin-Depeschen an, in denen jeder einzelne Satz mit einer Zurückweisung der Japaner begann und mit einem Rückzüge der Russen endete! Ein besonders dichter Schleier des Geheimnisses lagert noch über allem, was mit der Kriegsfahrt des baltischen Geschwaders zusammenhängt, die es in sein Wellengrab hineinführte. Ganz vornehmlich über der Ouvertüre dieser Handlung, den Zwischenfällen in der Nordsee, bei denen eine tragische und eine komische Auffassung gleich nahe liegt. Der erst: Eindruck drängte ja mehr zu der letzteren Betrachtungsweise. Ein Teil der Presse liebte es damals, den nervösen Admiral, der englische Fischerkutter mit japanischen Torpedobooten verwechselt hatte, viele tausend Meilen von Japan entfernt, mit einem malaiischen Amok läufer zu vergleichen. Aber der Vorfall hatte doch bitter ernste Folgen. Nicht allein, daß wochenlang eine englische Kriegserklärung in der Luft schwebte. Sagte man doch auch, daß damals aus Berlin ein Wink ge kommen sei, und daß diese deutsche Einmischung der Anfang der heute noch nicht überwundenen Spannung zwischen Deutschland und England geworden sei! Wir werden an die halbverschollene Geschichte von neuem erinnert durch eine jüngst erschienene instruktive Publikation. Beileibe keine amtliche! Schon der Titel des Buches sagt genug: Rasplata! Das russische Wort bedeutet „Abrechnung"! Es handelt sich um eine Aus arbeitung der eigenen Kriegstagebücher des russischen Flottenkapitäns Ssemenow, der das Schlußkapitel seiner Darstellung, die Schlacht von Tsuschima behandelnd, im voraus besonders herausgegeben und leider am Schlüsse seine? neuen Buches nicht wieder abgedruckt hat. „Zur Abrechnung": mit den Worten hat ein Freund des Ver fassers den unvermeidlichen Ausgang der Todesfahrt von vornherein charakterisiert. Auch Ssemenow selber war nicht Optimist genug, um der Prophezeiung seines Freundes ernsthaft zu widersprechen, obwohl er den Zustand der Ostseeflotte selber noch nicht kannte in dem Augen blick, als jenes Wort fiel. War er doch nur eben rechtzeitig zur Ab fahrt in Libau eiugetroffen, nachdem er die „Diana" im Port-Arthur- Geschwader kommandiert hatte, bis sie nach der Schlacht vom 10. August als Flüchtling im Hafen von Saigon von den Franzosen desarmiert wurde. Die Erlebnisse von Port Arthur machen den ersten Hauptteil des Buches Wladimir Ssemenow, RaSplata; übersetzt von Oberleutnant z. S. Gercke. Berlin, Müller L Sohn, 1908) aus, die Fahrt der baltischen Flotte bis zum Vorabend der Entscheidungsschlacht den zweiten. Für die Ruffen muß die Lektüre der Schrift unsagbar traurig sein. Wahrhaft himmelschreiend erscheint der Eigensinn der Petersburger Regierung, welche trotz aller „Abmahnungen drs Befehlshabers, „keine Flotte, sondern eine Armada", ein wirres Gemisch halbfertiger Neu bauten und alten Gerümpels, mit 10 OM braven Seeleuten in den sicheren Untergang schickte. „Wir fliehen vor Nabogatow", heißt es, der die allerunbrauchbarste Bagage als Reserve nachsührte, bloß um „die Zahl der Gefechtskoeffizienten zu erhöhen." Die „Flucht", das geplante Losschlageu vor dem Eintreffen der „Verstärkungen", die der Admiral mit gutem Grunde bloß für eine schwächende Last ansah, wurde ihm nicht gestattet. Roschdestwenskis Auftrag lautete: „die Seeherrschafr zurückzugewinnen." Als wenn selbst ein voller Erfolg nach der Nieder lage des Landheeres und dem Verluste von Port Arthur noch die Ent- scheidung hätte bringen können, da auf dem Festlande abgcschnitte- ncn japanischen Heeren doch die Verproviantierung von China aus wahrscheinlich gesichert war! Ein für Ruffenherzen trauriges Bild, die Vorgänge vor Port Arthur, wo, abgesehen von der kurzen Kommandozeit deS wenigstens energischen und heldenhaften Makarow, der am 13. April mit der „Prtropawlowsk" unterging, Alexejews Parole „nichts riskieren" galt! Aber noch trauriger die Zustande auf der nachgesandten Flotte, die monatelang in tropischer Schwüle jene elementaren Hebungen nach zuholen versuchte, die in langen Friedensjahren versäumt waren. Die Hull-Affäre wird als Episode gestreift. Der Verfasser nimmt überhaupt für den unseligen Roschdjestwenski Partei» dessen Tod be kanntlich jüngst irrtümlich gemeldet wurde. So bemüht er sich denn auch, ihn von dem Vorwurf zu entlasten, daß seine „japanischen Torpedo boote" ein reines Hirngespinst gewesen seien. Auch bringt er wenig stens ein ins Gewicht fallendes Indizium bei. In den Protokollen der beschossenen englischen Fischer finde sich die Bemerkung, daß an der Unglücksstelle ein Torpedoboot die ganze Nacht verweilt habe, ohne den Unglücklichen zu Hilfe zu kommen. Da nun die russische Torpedo flottille unendlich weit von jenem Orte entfernt gewesen sei, so müsse cs sich um ein japanisches Boot gehandelt haben. Später hätten aller dings die Fischer ihre Aussage dahin geändert, daß das fragliche Schiff die „Kamtschatka" gewesen wäre. Es sei aber nicht denkbar, daß see erfahrene Engländer die Typen der russischen Kriegsfahrzeuge nicht zu unterscheiden vermöchten. Diese Voraussetzung beim Zivilisten geht doch entschieden zu weit. Vor allem bleibt zu bedenken, daß es sich um einen nächtlichen Vorgang handelte. Auch erzählt der Verfasser selbst, welche Schwierigkeiten die Einstellung des Feuerns gemacht habe, nachdem erkannt wurde, daß man gegen Kutter schoß. Wie soll man von Jischersleuten verlangen, was Militärs nicht vermochten? Hierzu kommt, daß dem Zwischenfall von Hüll andere Nenkontres mit deutschen und schwedischen Schiffen in den dänischen Gewässern vorausgegangen sind. Auch bcdünkt uns die sebr ausführlich geschilderte Minensucherei im Belt recht wunderbar, mit der Herr Siemenow sehr großtut, weil sie auf seinen Vorschlägen beruht habe. Offenbar stand der Verfasser stark unter der suggestiven Gewalt seiner Erlebnisse in Port Arthur. Er mag zu seinem guten Teile dazu beigetragen haben, den Chef in seiner fixen Idee zu be- stärken, daß die gelben Teufelskerle ihm schon in viele tausend Meilen entfernten Gewässern Schlingen werfen würden. Die Japaner hatten doch allen Grund, nicht die Feindschaft der neutralen Mächte dadurch heraufzubcschwören, daß sie das Fahrwasser des Beltes durch die hölli schen Dinger verdarben. Auf alle Fälle bleibt die Affäre dunkel, auch nach dieser Publikation. Im übrigen ist das Buch sehr beachtenswert durch die Unmittelbar keit dieser Tagebuchaufzeichnungen, welche teils im Rohen, teils über^ arbeitet wiedergegeben werden. Auch in den Ueberarbeitungen erscheint Herr Ssemenow geradezu peinlich korrekt in der Vergleichung, seiner Erinnerungen mit seinen momentanen Aufzeichnungen, die er stellen weise mit Beispielen belegt. Dieser Wille zu historischer Strenge hebt die private Veröffentlichung turmhoch über das, was wir von russischen amtlichen Darstellungen darüber zu erwarten haben werden. . > - - ... Der industrielle Aonig. König Leopold und der Pariser E l e k t r i k e r str e i k stehen in inniger Verbindung, wie Bürger Pataud, der in vergangener Woche den Parisern für zwei Stunden sämtliche elektrischen Lampen auslöschte, enthüllt hat. Die konzessionierten Elektrizitätswerke der Stadt hatten seit der Herabsetzung der Kilowattpreise nicht mehr allen Ansprüchen genügen können und sich darum mit drei privaten Gesell schaften verbinden lassen, um von ihnen die fehlende elektrische Energie zu beziehen. Innerhalb der konzessionierten Sektoren hat das Syndi kat der Elektrizitätsarbeiter seine Tarife durchzusetzen vermocht, inner halb der drei privaten Gesellschaften aber werden die Angestellten schlecht behandelt, und dies insbesondere in der „Societö de Paris", die dem König der Belgier gehört. Pataud schrieb dem „Temps", daß der Zweistundenstreik, der in Paris so viele Unannehm lichkeiten zur Folge hatte, in der Hauptsache eine Warnung für Leo pold II. sein tollte. Die Solidarität der Pariser Elektriker gestatte nicht länger, daß der Herrscher des Kongostaats die Angestellten an seinen Dynamos in der französischen Hauptstadt gerade wie seine schwarzen Sklaven behandle. „Da der Respekt doch langsam ver schwindet, macht es uns gar kein Vergnügen, von dem König der Bel gier ausgebeutet zu werden." Ministerpräsident Clemenceau empfing gestern die Direktoren aller Pariser Elektrizitätswerke und sagte ihnen, daß die Beleuchtung der Stadt, der Theater, Restaurants usw. ihrer Bedeutung nach zu den Munizipaldiensten gerechnet werden müsse, weshalb er ihnen die Unter stützung der Negierung versprach. Nicht bloß das Wohl der gesamten Bürgerschaft, sondern auch die öffentliche Sicherheit geböten, daß es nicht wieder zu ähnlichen Streiks der Elektriker komme. Er habe so fort aus Versailles das militärische Elektrikerkorps rufen lassen und stelle es den Werken zur Verfügung. Die Direktoren dankten dem Minister, machten ihm aber begreiflich, daß bei so komplizierten Maschinen wie Dynamos ein sehr geschultes Personal nötig wäre, das man nicht augenblicklich durch fremde Leute ersetzen könne. Sie hoff ten aber, in Zukunft Maßregeln ergreifen zu können, um ähnlichen Ueberraschunaen vorzubeugen. Mehrere Zeitungen berichteten, Herr Clemenceau habe den Direktoren angedeutet, er wäre bereit, falls man auf den Streik der Elektrizitätsarbeiter mit einem tovk-ont antworten wolle, um die mutwilligen Angestellten klein zu kriegen, die Pionier abteilung des Elektri-itätsdienstes zur Verfügung zu stellen; deshalb hielt Bürger Pataud in einer stark besuchten Versammlung eine leiden schaftliche Rede, in der er Clemenceau einen wackeren Mitarbeiter des Proletariats nannte, der durch Blutvergießen und Aufhetzung die Ar beiterschaft immer fester aneinander schweiße und ihre Solidarität zur zwingenden Notwendigkeit mache. Auch müsse einaestanden werden, daß niemand in der Republik heute den Wert des Generalstreiks voll zu würdigen vermöchte, wenn nicht ein Mann jahrelang durch Wort und Schrift Propaganda dafür gemacht hätte: der ehemalige Genosse Briand, der heutige Justizminister. Der „Figaro" beklagt sich, daß Pataud nicht seit vierundzwanzig Stunden im Gefängnis sitze; dieser gefährliche Mensch, der nur die Hand zu erbeben brauche, um nachtS Paris in völliges Dunkel zu hüllen, müsse unschädlich gemacht werden. Auch der Streik auf den Bateaux-Mouches, den kleinen Seine- Kämpfern, dauert fort, zum größten Leidwesen zahlloser Pariser, die dieses billige, bequeme Verkehrsmittel besonders an Feiertagen, wo man damit in die Waldungen von Saint-Cloud gelangt, nicht benützen können. Aus allen Teilen der Provinz kommen weiter beunruhigende Nachrichten über Protestversammlunpen und Streiks. Hat die Regie rung mit den Verhafteten aus der Arbeitsbörse in Paris die „Con- sSdöration gensrale du travail" momentan schwer getroffen, so scheint Herr Clemenceau doch, wie Bürger Pataud sagte, durch die Rückwir kung seiner Strenge für die Zukunff dieser Conf^ration nur genützt zu haben, da sich ihr jetzt auch die Syndikate der Bergleute angeschlossen haben. Eine gewisse Beunruhigung macht sich durch diese Agitation jetzt im gesamten Geschäftsleben geltend, und man fürchtet allgemein, daß cs über kurz oder lang einmal in Frankreich zu einem ernsten General streik kommen werde, der den Charakter einer blutigen Revolution an nehmen könnte. -er sächsischen Sozialdemokratie. k. Plauen i. V., 10. August. Im Saale des Schillergartens begann heute vormittag 10 Uhr der Parteitag der Sozialdemokratie in Sachsen. Namens des Lokalkomilee- begrüßte Redakteur Breslauer die Erschienenen und wies aus de:: starken Besuch s94 Delegierte) hin, der seines Wissens der stärkste sei, den man bis letzt habe verzeichnen können. Die Bureauwahl ergab, daß Redakteur F l e i ß n e r - Dresden zum 1. Vorsitzenden, L i P i n s k i - Leipzig zum 2. Vorsitzenden gewähl: wurden. Auf der Tagesordnung steht zunächst der Bericht des Zentral komitees über Orgauisation und Agitation, den die Referenten Karl Braune-Dresden und Ernst Sinder mann-Dresden ausgearbeitet haben und der gedruckt vorliegt. Beide Referenten geben dann noch einige mündliche Ergänzungen zu dem Be richte, dem folgendes cu entnehmen ist: Der Bericht erwähnt zunächst, daß das verflossene Jahr im Zeichen einer wirtschaftlichen Krisis gestanden, zu der sich noch eine durch die verschlechterten Handelsverträge herbeigeführte Lebensmittelteucrung gesellt habe. Trotzdem seien die bürgerlichen Parteien auf die Suche nach neuen indirekten Steuern gegangen, und ihre Blockpolitik sei dem deutschen Volke zu einem schweren Verhängnis geworden. In Sachsen selbst habe es im abgelaufencn Jahre an behördlichen Maßregeln gegen die Sozialdemokratie nicht gefehlt. Die Nadelstich politik sei fortgesetzt worden, und, wie Lipinski in einer besonderen Broschüre ausgeführt habe, sei von der Polizei ein regelrechter Kampf gegen das Vereins- und Versammlunasrecht geführt worden. Das neue Neichsvereinsrecht habe zwar einige Verbesserungen gebracht, doch wär- den die Ausführungsbestimmungen trotz der Aufforderung des Ministe- riums des Innern zu liberaler Auslegung noch immer nicht so gehand habt, wie man es wünschen müsse. Bei den Bildungsbestrebungcn sei eine erfreuliche Förderung wahrzunehmen durch Ver anstaltung von wissenschaftlichen Vorträgen, Kursen, Unter richtsabenden usw., doch konnten die kleineren Orte wegen der ge ringen finanziellen Mittel, Lokalmangel usw. nur mangelhaftes leisten, lieber die Anfänge der Jugendbewegung sei gleichfalls günstiges zu be richten, das Verlangen nach Bildung mache sich bei der Jugend beson ders stark bemerkbar. An den sächsischen Landtaaswahlen habe man sich unter dem herrschenden Dreiklassenwahlrecht nicht besonders erfolgreich beteiligen können, ganz anders verhakte es sich dagegen mit der Beteiligung der Massen an der Wahlrechtsbewegung, die am 8. Dezember eingesetzt und Hunderttausende von sächsischen Staatsbürgern zum Protest veranlaßt habe. Angesichts der VerschleppnngSbestreoungen, die durch die Wahl- rechtsdeputation gedroht hätten, habe die Protestbewegung erneut einge- setzt und endlich die Einführung der Öffentlichkeit zur Folge gehabt. Gegenwärtig stehe ein Pluralwahlrecht, das noch schlechter sei, als die Regierungsvorlage, im Vordergründe des Interesses. Was der Land tag im Herbst bescheren werde, stehe noch dahin, aber sicher sei, daß das arbeitende Volk in Sachsen nicht eher Ruhe geben werde, als bis ihm sein volles Recht geworden sei. Volle Anerkennung gebühre dem Abg. Goldstein für seine Tätigkeit im Landtage. Der Kassenbericht des Zentralkomitees verzeichnet eine Gesamteinnahme von 19 737,55 .il, eine Gesamtausgabe von 13 931,12 also einen Kassenbestand von 5 806,43 .4. Organisiert waren 1907/08 insgesamt 86 940 Personen, darunter 6830 weibliche, in der Partei Sachsens, Zunahme 6981 Mitglieder. Der Finanzbericht ergibt mit dem vorhergehenden Kassenbestand eine Gesamteinnahme der Partei in Sachsen von 401 442,18 .X gegen 362 332,72 .E im Vorjahre strotz der Kosten der Reichstagswablenj. An Mitgliederbeiträgen waren 287 206,94 .L gegen 223 068,28 F im Vor jahre zu verzeichnen. Der Parteivorstand erhielt 68 799,35 .<l gegen 47 793,98 im Vorjahre. Der Kassenbestand in allen 23 sächsischen Kreisen belief sich auf 67 078,81 K. Namens der Mandatsprüfungskommission teilte Redakteur F l e i ß n e r-Dresden mit, daß gegen die Mandate nichts einzuwen den sei. Die Vertreter des 16. Wahlkreises sChemnitzs seien allerdings auf Grund eines anderen Organisationsstatuts gewählt worden, als die der übrigen Wahlkreise. Nach ziemlich lebhafter Debatte wird aber beschlossen, die Mandate der Chemnitzer Vertreter als gültig anzu erkennen. Eine gleichfalls sehr lebhafte Debatte entfesselte hierauf ein vom Abg. Lipinski begründeter Antrag des 11., 12. und 13. Wahlkreises auf Neueinteilung der Agitations- und Verbreitungsbezirke der Partei presse. Er lautet wörtlich: Die Landesversammlung beauftragt die Agitationskomitees, der im Jahre 1909 tagenden Landesversammlung geeignete Vorschläge für eine Neueinteilung der Agitationsbezirke, sowie der Vcrbreitungsbezirkc der Parteipresse zu unterbreiten. Die Komitees haben die Verpflich tung, Vertreter der in Betracht kommenden Reichstagswahlkreise, sowie der Parteigeschäste und Redaktionen gutachtlich zu hören und im Be darfsfälle zu ihren Beratungen hinzuzuziehen. Ferner nahm der Parteitag eine scharfe Resolution gegen die Politische Tätigkeit der Kriegervereine an, wie uns ein Telegramm unseres Korrespondenten meldet, sowie einen Antrag, daß in Zukunft die Vereinigung von Reichs tags- und L a n d t a g s m a n d a t e n in einer Person un statthaft sein soll. Als Ort für den Parteitag 1909 wurde Zittau gewählt. Zeppelin. Das Präsidium des Deutschen Reichskomitees zur Aufbringung einer Ehrengabe des gesamt.>n deutschen Volkes für den Grafen Zeppelin ist, wie aus Berlin gemeldet wird, vom Reichskanzler Fürsten v. Bülow übernommen worden. Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg hat den Ehrenvorsitz übernommen. Dem Komitee sind ferner beigetrctcn: der württembergische Ministerpräsident v. Weizsäcker, Ministerialdirektor Just im Reichsamt des Innern, Reichskommissar Geheimrat Lcwald. Oberstmarschall Graf Vitzthum, Dresden, Gesandter Graf Götzen, Ham burg, die regierenden Bürgermeister von Bremen und Lübeck, der badische Gesandte Graf v. Berckhcim, Unterstaatssekretär im Rcicbs- kolonialamt v. Lindequist, Geheimrat Buslcv, Vorsitzender des Dcutickcn Luftschiffvereins, Geheimrat Andreae, Präsident der Handelskammer Frankfurt a. M. Oberbürgermeister Adickes, Franffurt a. M., Statt halter Graf Wedel, Straßburg, Staatssekretär Kractke. Nochmals das Kaisertelegramm. Die „B. Z. am Mittag" läßt sich aus Friedrichshafen melden: DaS Telegramm „Halte Ihnen nach wie vor die Stange", das angeblich der Kaiser an den Grafen Zeppelin gerichtet haben sollte und dos vor kurzer Zeit so viel Aussehen erregte, stammt, wie sich ,ebt heraussicllt, vom Kronprinzen. Als damals das Gerücht in die
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