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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.08.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080824024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908082402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908082402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-08
- Tag 1908-08-24
-
Monat
1908-08
-
Jahr
1908
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Bezuftt-Preit üe t!«»»!, «»» «joror» durch «<«r, TrLgrr »»» vmdu««, «1 Pa»« gebracht r «utgabe » t»»r morgerl) vteneljLbrlich ii Ll., manarlich 1 M.; «utgade > (morgen« and abend«) »trrttl» jLbrli« 4.SV M.. monatlich ».SO M. Durch »t« Pak ,» beglrteai st mal täglich) innerhalb Deutsch Ian b« und der deutlchen Kolonien »iertellthrlich b,2S M., monatlich I.7L M. autlchl Post- bestellgelb, ür LeKerreich « L VS d, Ungarn 8 L vieneliLhrlich. Ferner m Bei» giea. DLnemarl, den Donauttaaien. Jlaltr», tluiemdurg, Nieder iand«, «arwegen, «üb land. Schweden; schwer« an» Spanien. I» all«» tbriaen Staate» nnr direkt durch dt» Lum». °. Sl. «rdältlich. Ldonnemend-Lanalnu« i LuguLuSplatz bei nnieren litaern. Filialen, Spediteure» «id Lnaahmebellen, lowt» PokLauern nab Brrrnrtgern. Die «igeln« iltumorer kollei l» «ebakrta» »ab «rpedttlom Johanaitgasi« 8. Leterdo» Nr. I4SS2. Nr. l«Mi, Sir. I4SS4. Abend-Ausgabe 8. MpMcrTWMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Rotizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preit für Inserat« »a« tlmpgia nab Umgebung bt« Sgrlpalten« Petrtgeile 2d Pi-, ftnaaglell« Snzeigea SÜ Pi., ReNamea 1 M.; von an«wLrtt 30 PI., Reklamen 1.20 M.; vomAutlanddOPi., ünan». Anzeigen 7SM„ Reklamen I^O M. Jnserared.Behördeni> amtlichenr«ll«0M. Veilagegedübr d M. p. Tauiend «xkl. Po»- aebühr. «rlLLIUanieigen an bevorzugter Stell« im Prriie erb Sb t. Rabatt nach Laru FesterteUte LnitrLg« können nicht zurück- aerogrn werden. FLr da« Erscheinen an bestimmten Lagen und Plätzen wird kein« Baraati« übernommen Anzeigen-Annahme, AugustuSplatz 8, bei ILmtlichen Filialen n. allen Annoncen- Expeditionen de« Ja» und Au«lande«. HauM-Filiale Berlin, Karl Duncker, Lerzogi. Babr. Hosbuch» Handlung, Lützowsirabe 10. (Telephon VI, Nr. 4608). Haupt-Filiale Lretde»! Seeslratze 4,1 (Telephon 4621). Nr. 234. Montag 24. August 1908. 1V2. Jabrgang. Da» wichtigste. * Freiherr Speck v. Sternburg, der bisherige Deutsche Bot» schuster in Washington, ist in Heidelberg gestorben. sS. bes. Art.) * Zwei Straßburger Zeitungen ist die Eröffnung der Vor untersuchung wegen Beleidigung der Prüfungskom. Mission des Prinzen August Wilhelm von Preußen ange zeigt worden. sS. Dtschs. R.) —— * Bei der Couponkafie der Mitteldeutschen Kreditbank in Frankfurt a. M. wurden Unterschlagungen in Höhe von einer halben Million Mark entdeckt. sS. Letzte Dep.s * König Alfons von Spanien reiste von San Sebastian nach Paris, von wo er sich nach England begibt. * China soll beabsichtigen, das japanische Münz'ystcm einzusühren. Freiherr Speck von Sternburg Heidelberg. 2t. August. (Telegramm.) Ter deutsche Bot- schafter von Washington, Freiherr Speck von Sternburg, der sich zu ärztlicher Behandlung hier aufhielt, ist heute nacht gestorben. Freiherr Hermann Speck von Sternburg, Exzellenz, kaiserlich deutscher außerorcentlichcr und bevollmächtigter Botschafter in Wa shington, königlich sächsischer Major z. D., Dr. jur. b. c. der Univer sitäten Urbana, Pennsylvania und Chicago, ist in Heidelberg gestorben. Uns Leipzigern geht dieser Todesfall noch etwas näher an als das übrige Deutschland, denn in Lützschena bei Leipzig ist der Stammsitz der Familie Speck von Steinburg, und dort wohnen noch heute Familien mitglieder. Er ist der erste deutsche Bolschaster sächsischen Stammes gewesen, und bat bisher nur in dem früheren Staatssekretär des Aus wärtigen Amtes, ddm jetzigen Botschafier in Wien. v. Tschirschky- Bögendorff, der auch Sachse von Geburt ist, einen Kollegen erhalten. Eine politische Rolle in der Oesfentlichkeit hat der Verstorbene erst zu spielen begonnen, als er in den ersten Monaten des Jahres l903 sür den Washingtoner überaus wichtigen Posten designiert wurde. Vorher war Freiherr von Sternburg Generalkonsul in Kalkutta gc- we'en, und dies mag der Grund gewesen sein, weshalb seine unmittelbare Ernennung zum Botschafter in dem klassifizierten amtlichen Deutsch land nicht opportun erschien. Freiherr von Sieruburg wurde also nach Washington geschickt, ohne zugleich zum Botschafter ernannt zu werd,», das erfolgte vielmehr erst einige Monate später. Trotzdem war das Avancement, um red Verstorbenen eigene, auf amerikanische Auffassung zugelchnittene Sprechweise zu gebrauchen, ein 6 Fuß-Sprung, d. h., daß die Wabl eines Botschafters aus einem Konsularamtc eine ganz außer gewöhnliche Auszeichnung bedeutet. Sehr bald wurde Freiherr von Sternburg in spezifisch all deutschen und verwandten Blättern karikiert, und es ist richtig, daß manches von ihm und über ihn bekannt gewordene Wort dem unkundigen Beobachter das zu motivieren schien. Was hat da allein das Wort Spccky, wie Roosevelt seinen Freund Sternburg zu nennen gepflegt haben soll, sür Unheil angerichtet! Wie haben da ferner manche, dem deutschen Empfinden schwer anzupafsende Reden des Botschafter« gewirkt, und wir selbst haben manchmal finden müssen, daß Freiherr von Sternburg in der Beziehung vielleicht nicht immer die kluge Rücksicht auf den Eindruck in Deutschland genommen hat. Aber wir halten es geradezu für eine Pflicht, zur Ehre des Verstorbenen den politischen Naiven, die immer nur kritisieren, ohne einen richtigen Einblick in die Verhältnisse zu haben, das Bild des Toten zu zeichnen, wie eS die Wahrheit gebietet. Freiherr von Sternburg hat so ziemlich die Hälfte seines Lebens in eng lischen Sprachgezenden zugebracht. Er war mit einer Amerikanerin, Lillian M. Langhanr, verheiratet und sein Deutsch halte eine unverkennbare englische Färbung. Dies ist ihm oft verdacht worden. Aber anzunchmen, daß hier eine Absicht vorgelegen habe, ist absurd. Und es ist ferner sicher, daß ibm gerade wieder die überaus seltene, b''s ins Intimste gehende Kenntnis der englischen Sprache eine unschätzbare Waffe im Kampf um die deutschen Interessen geworden ist. Freiherr von Sternburg, der schon im Jahre 1888 Militär-Attache in Washingion war und schon damals zum späteren Präsidenten Roosevelt in e nein Freundschaftsverhältnis stand, hatte sich einfach in seiner Methode, die Geschäfte zu führen, amerikanisiert und arbeitete mit den Mitteln, die allein im Lande des Dollars Wir kung versprechen. So erklärt sich manches, was verwunderlich schien. So erklärt sich auch sein verspottetes und — von allen andern Washing toner Diplomaten beneidetes persönliches Verhältnis zum Präsidenten. Man könnte hier entgegenhalten, daß die positive Ausbeute der Washingtoner Tätigkeit des Freiherrn von Sternburg nicht sehr groß gewesen sei und sich im wesentlichen aus die Beseitigung einiger Zollschikanen beim amerikani'chen Import deutscher Waren beschränke. Der große Wurl, der Abschluß eines deutsch-amerikanischen Handels vertrags, ist ihm nicht gelungen. Aber eS wäre höchst unrecht, einen einzelnen Mann dafür verantwortlich machen zu wollen, daß er die großen Richtlinien der Politik eines fremden Landes nicht anders zu legen vermocht habe. Die Hochsckutzzöllner regieren noch heute die Vereinigten Staaten, und selbst Roo'evelt hat ja im Kampfe mit den Trust-Magnaten, die alle Hochsckutzzöllner sind, manchen Pflock zuriickliecken müssen. Man muß den Wert der Arbeit des Verstorbenen darin sehen, daß er nickt nur einer Verschlimmerung der Handelsbeziehungen vor,gebeugt, sondern sie tatsächlich um Nuancen z-b fiert und vor allem den Weg zur Verständigung immer offengehallen hat. Auk rein politischem Gebiete kommt noch hinzu, daß Frei herr von Sternburg mit außerordentlichem Erfolg nicht nur die Ncgicrungskreise, sondern auch die ganze öffentliche Mei nung Amerikas zu Gunsten Deutschlands beeinflußt hat. Man darf ruhig aiinehmen, daß die Geheimarchive der Kabinette manches Material bergen, dessen Veröffentlichung die Tätigkeit des Ver storbenen weil imposanter erscheinen ließe, als dies ohne Kenntnis dieser Dinge der Fall ist. Jedenfalls ist sicher, daß die guten Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten ein überaus wertvolles Objekt sür die deutsche Diplomatie geworden sind, daß sie zeitweise gerade in Perioden äußerster Spannung, mit England z. B., unschätzbare Dienste geleistet haben und daß England seine besten Leute in Washington daran gesetzt hat, um dem fest im Sattel sitzenden sächsischen Diplomaten den Nanz abzulausen. So betrachtet, nehmen sich die Dinge doch ganz anders aus. Und wenn man bedenkt, daß das amerikanische Empfinden es für ganz selbstverständlich hält, daß z. B. ein europäischer Bühnen dichter als Gast in Amerika dem Publikum von der Loge deS Direktors aus vorgestellt wird unv zu den fremden Leuten sprechen muß, wenn man an die Monster - Händeschüttelei im Weißen Hause von Waihington denkt, so wird man erkennen, daß Freiherr von Stern burg lediglich in genauer Kenntnis der Psyche deö amerikanischen Volkes gehandelt hat, und daß mit dem Verstorbenen uns einer der wenigen Diplomaten entrissen woiden ist, die nicht in der bureau- kratischen Erfüllung ihrer Ausgaben aufgehen. In welch mustergüliiger Weise hat Freiherr von Sternburg die amerikanische Presse zu behandeln gewußt! Er hatte ständige Beziehungen zu allen großen amerika nischen Zeitungen, war von größtem Entgegenkommen auch deutschen Journalisten gegenüber und hatte ein ganz ausgeprägtes Stilgefühl in seinem Verkehr mit der Presse. Seine Frau ist Amerikanerin, und man bat seinerzeit viel darüber debattiert, ob der Bismarcksche Grundsatz, keinen deutschen Diplomaten in einem Lande zu lassen, unter dessen Töchtern er die Gattin gewählt habe, außer Kurs gesetzt sei. Der Grundsatz ist unzweifelhaft ein Gebot der Vorsicht, und noch heute ist er in den allermeisten Fällen angebracht. Ob er aber auch gerade bei einer Mission in den Vereinigten Staaten Geltung zu beampruchen habe, ist schließlich doch wohl eine Doktorfrage, denn ernst hafte politische Gegensätze zwischen Deutschland und Amerika sind auf absehbare Zeit ausgescklossen. Es dürfte von Interesse sein, sich der Worte zu erinnern, die Freiherr von Sternburg dem Schreiber dieses Nachrufs über die Erfahrungen sagte, die er als sächsischer Staatsangehöriger im diplo matischen Dienst gemacht hat. Es war kurz vor seiner Uebernahm: der Washingtoner Geschäfte, als er sich darüber folgendermaßen ausließ: „Ich habe immer beobachtet, nicht nur in Amerika, auch in China, Japan, Indien und anderen Orten, wie hoch man fäcksuche Intelligenz und Kraft, namentlich auf industriellem Gebiete, achtet und bewundert. ES ist schon der Nanie saxoo, der nun einmal als Bezeichnung alten Germanentums etwas Acktunggebietendes in sich sckließt. Daß ick neben meiner Aufgabe als deutscher Vertreter immer noch speziell d m Woble Sacksens meine Aufmerlsamkcit gewidmet babe, ist sür mich, dem früheren sächsischen Offizier, selbstverständlich." — Deutschland und Sachsen verlieren in dem Verstorbenen einen ebenso liebenswürdigen wie tüchtigen Diplomaten. * Freiherr von Sternbnrg wurde am 21. August 1852 in Leeds ge boren, war aktiver sächsischer Kavalleneofsizier, wurde 1888 als Militärattache der Deutschen Botschaft in Washington zugeteilt, 1891 in Peking Legationsselretär, war als solcher in BuenoS-Ayreü und Belgrad tätig, ging im Jahre 1898 als erster Sekretär abermals nach Washington, war 1899 Mitglied der Samoa-Kommission, wurde 1901 zum Generalkonsul in Kalkutta ernannt und 1903 Botschafter in Washington. Er litt in den letzten Jahren an einer chronischen Muskel erschlaffung der Aug-nlider, die schon mehrfach Gerüchte Uber seine be vorstehende Demission erzeugt hatte. Der Sieger Mrilsy Hcrfid. Die allgemeine Anerkennung Muley Hafids in Marokko ist nach seinem letzten Siege nur noch eine Frage der Zeit. Tanger, 23. August. (Reuter-Meldung^ Die hiesigen Bc- Hörden Haven an alle Hafcnplätzc ein Telegramm gerichtet, das ihnen die Proklamation Muley Hafids in Tanger mitteilt und sie Feuilleton. Es gibt Menschen unv Zeiten, wo einen recht schaffenen Mann nicht« mehr erquicken könnte, als Prügel — die er gäbe. Jean Paul. * Aorndorf. (25. August 1758.) Bon Karl Bleibtreu. Ueder die vor ISO Jahren tobende Mordschlacht bietet das ältere GeneralltabSwerk (1824 als Manuskript für die Armee gedruckt) nur ziem, lich summarische, ungenaue und teilweise wohl geradezu falsche Angaben. Das heutige Werk des Großen Generalstabcs gedieh noch nicht über Leutben hinaus und so sind wir denn für Einzelheiten auf spärliche Quellen ohne die nur dem Generalstab zu Gebote stehenden Archiv forschungen angewiesen. Vor 15 Jahren machte eine Studie von Jmmich einige» Aufsehen, wonach die Preußen nicht 30 000, sondern 36 000, die Ruffen nicht 50 000, sondern 42 000 Mann gezählt hätten. Erstere Ziffer beanstanden wir nicht, bei letzterer aber spielt — wie auch bei Mahlowskis Angaben für KuncrSdorf — die Täuschung mit, daß die Russen ihre Irregulären in der Ordre de Bataille nicht mit anführten. Sei dem nun, wie ihm wolle, jedenfalls brachte eine preußische Minderzahl den Barbaren einen vernichtenden Schlag bei und lehrte sie die kriegerische Ueberlegen- hcit de» Kulturmenschen geradeso wie die Franzosen von Austerlitz bis Borodino. Die Moskowiter hatten die Neumark verwüstet, Küstrin in Asche gelegt. Das in beispiellosem Gewaltmarsch au» Schlesien in ärgster Sommerhitze heraneilende Korps des Königs brannte daher ebenso auf Rache, wie das ostpreuhische des Grafen Dohna, das sich der Verheerung Ostpreußens erinnerte. Sofort nach Bereinigung beider Korps über schritt Friedrich die Oder, er selber allen vorauf, und drängte zur Schlacht. Eine Gelegenheit, die russische Wagenburg bei Kamin aufzuheben, ließ er entschlüpfen, angeblich weil dann den Ruffen, in ihrer Unbehilflichkeit ganz an ihren Train gebunden, schlachtlo» abziehen würden. Er fand den feindlichen Feldherrn Fermor, einen Balten, vor den Dörfern WilkerSdorf und Zorndorf aufgestellt, im Ouartschener sumpfigen Gelände. Nach ihrer lieblichen Gewohnheit steckten die Kosaken beide Dörfer in Brand, ehe sie sich vor den anrückenden Preußen zurückzogen. Der durch den Wind abgetriebene Rauch soll dabei einige Verwirrung beim Borschieben der preußischen Linken verursacht haben, mit welcher Friedrich angriff, die Rechte nach seiner Gewohnheit versagend. Es fällt auf, daß er trotzdem sein bestes Fußvolk, die aus Schlesien mitgebrachten Kämpfer von Leuthen unter General Forcade, zur Rechten hatte, das ostpreußische Korps links f als Angriffsflügel. Dies hatte freilich bei Jägersdorf sehr brav gegen große Uebermacht gefochten, doch konnte cs sich an Kriegserfahrenheit nut dem schlesischen Korps nicht messen, das größtenteils aus Brandenburgern bestand. Außerdem sollte sich zu trauriger Ueberraschung zeigen, daß den Ostpreußen doch ein gewisser Schrecken vor moskowitischer Wildheit seither in den Knochen saß. Was Friedrich bewog, mit der Linken anzugreifcn, ob strategische oder taktische Gründe, ist nicht recht ersichtlich. Die russische Linke lehnte sich freilich an Moräste und Kiefernholz, die Rechte aber deckte sich auch durch den anscheinend unzugänglichen Zaberngrund. Dort auf der äußersten linken Flanke hielt Seydlitz, der jugendliche Sieger von Roßbach, mit der Gardebrigade (Gardedukorps, Gendarmerie), seinen eigenen Ohlauer Kürassieren und den gelben ostpreuhischen Husaren (Malochowski, zehn Schwadronen), während andere schwere Reiterei und die schwarzen Husaren die Rechte deckten und mehr nach der Mitte zu die vier ostpreußischcn Dragonerregimenter hinter dem Fußvolk standen. Das letztere in seiner Gesamtheit befehligte Feldmarschall Fürst Moritz von Dessau, der Held von Kesselsdorf und Leuthen. Vor der Linken schritt die Avantgarde her, meist Grenadiere, unter dem in Pommern so rührigen General Manteuffel. Eine Zwölfpfünderbatterie begleitete sic mit vieler Beweglichkeit, wie sie bei Roßbach und Leuthen diese schwere Artillerie schon bewies. Zwei andere Batterien wurden vor dem Zentrum aufgefahren und kreuzten ihre Geschosse mit denen der Vorhut. Obschon die Russen über eine bedeutende Geschühzahl verfügten, ihre Schuwalow- schen „Einhörner" schon eines bösen Rufes genossen und sogar reitende Artillerie bei ihnen früher als in europäischen Heeren cingeführt war, scheinen ihre Kanoniere nicht auf der Höhe der preußischen gestanden zu haben. Sicher ist jedenfalls, daß die Kanonade des Königs sofort eine furchtbare Wirkung übte und die russischen Massen vor dem Galgengrund übel zurichtete. Als daher die Avantgarde dicht heranrückte und Salven schleuderte, wich die erste russische Linie und auch die zweite wankte. Hier soll sich nun das Unheil von Kollin wiederholt haben, indem die Avant garde zu rasch vordrang und das nachfolgende Gros zu weit zurückblieb. Die russiscken Hintertreffen drängten seitwärts vor. das geworfene Vorder treffen machte kehrt und die ganze unförmliche Masse wälzte sich zer- malmend auf die dünne preußische Linie. Sic wurde überwältigt, ihre Batterie wcggenommen und die nun herangekommenen Brigaden Kanitz, Below und Rebentisch in die rückgängige Bewegung verwickelt . Nach land- läufiger Darstellung seien die Ostpreußen von Panik ergriffen worden und bis Wilke»Sdotf zurückgeflohen, ebenso die ihnen beigcgebenen Pommernregimenter Moritz und Bevern (bei Kollin so brav). Aber dieser Darstellung widerspricht der bedeutende Blutverlust mehrerer ostpreußi- scher Regimenter, die sich also beherzt genug wehrten. Auch läßt das so- fortige Erliegen der siegreichen Ruffen und Seydlitz' Angriff darauf schließen, daß sie durch das vorherige Jnfanteriegcfccht schon sehr erschüttert waren. Während nämlich die ostpreußischcn Dragoner, vom tapferen Für. sten Moritz persönlich vorgeholt, frontal sich, Ivie rS scheint, schon jetzt den Ruffen entgegenwarfen, hatte Seydlitz einen Uebergang über den Zabcrn. gründ gefunden und stürzte sich auf die Russen. (Offenbar in Flanke und Rücken, obschon dies nirgends gesagt.) Der Anprall war überwältigend. Die russische Reiterei, der deutschen niemals gewachsen, wurde zerstreut, die rückwärtige Artillerielinie gesprengt und teilweise erobert und nun das eingekeilte Fußvolk in die Mache genommen. Nach bisheriger Darstellung hätte schon hier der legendäre Vernichiungskampf getobt, von dem phan tastische Anekdoten berichten, daß inan die Moskowiter Mann für Mann töten mußte. Im ersten Stadium einer Schlacht dürfte aber für solch Vertilgungswerk bis aufs Messer schwer genügende Zeit gewesen sein. Die rückwärtige Lehne deö Galgengruudcs gewährte so auch dem Fußvolk noch ziemlich sichern Rückzug, Kavallerie konnte dort nichts mehr auSrichtcn und eS heißt daher bedeutungsvoll, daß Seydlitz nach dem großen Erfolg seine Reisigen aus dem zu nahen feindlichen Feuer zurückzog. Da noch abends am Galgengrund heftig gefochten wurde, wird es mit angeblicher Ver nichtung der russischen Rechten durch Seydlitz wohl noch gute Weile gehabt haben. Die Wendung, „sie existierte nicht mehr", wird dahin ciuzuschrän ken sein, daß die Vordertreffen nicdcrgehaucn und die Hauptmasse taktisch zersprengt wurde, die jedoch in ungeordneten Haufen am Galgengruud noch stehen blieb. Der Wirrwarr wuchs freilich so sehr, daß Fermor sclvst und sein >Atab, dabei der österreichische und sächsische Militärattache, in alle Winde versprengt wurden und von da ab höhere Leitung russischerseiic- wegfiel. Neuere Forschung will freilich überhaupt nicht zugcbcu, daß Lend- litz' Attacke hier allein Entscheidung brachte, vielmehr habe Fürst Mcritz dem lautjammerndeu König zugerufcn: „Majestät müssen aus Gott incbr vertrauen als auf Menschen!", habe den Huk geschwungen: „Bursche, t-c Schlacht ist gewonnen, hock) lebe unser großer König!" und sm unverzüg lich mit dem Brandenburger Fußvolk in den Feind cingcbrochcn. Diele Korrektur scheint aber etwas Richtiges wieder falsch auszulcgcn. Nichtig ist offenbar, daß keineswegs, wie die Legende will, die Reiterei allein da > Beste tat, falsch aber, daß sich dies schon auf das erste Stadium bczic'.u. Denn es läßt sich um so weniger annchmcn, daß Moritz mit Infanterie der „versagten" Rechten schon ins Gefecht der Linken cingriff, als um diese Zeit auch die ihm gegenüberstehcnde russische Linke sich vorwärts bewegte. Ihre Reiterei unter General Dimicow stürzte sich mit Wut auf die vor. geschobene Batterie der Rechten, nahm sie und brach ins Fußvolk ein. Him' schlug jedoch ein Spandauer Bataillon (Prinz von Preußen) standbaft d:e Attacke ab und ein späterer Angriff preußischer Reiterei warf die russische völlig über den Haufen. Von hier ab verwirren sich alle Angaben. Jii Seydlitz wirklich mit seinen siegreichen Schwadronen von links nach rechts hinübcrmarschiert, wie Cromwell bei Marston Moor? Oder hat er am nachfolgenden Kampf aus seiner ursprünglichen Stellung tcilgenommcn. d. h. das russische Zentrum von links her angesallen? Kommt das erste siegreiche Zurückwcrfen DimicowS aufs Konto der ostpreußischcn Drago- ncr und haben diese vielleicht schon vorher an Seydlitz' Sieg von vorn mitgearbeitet? Wir wissen c-Z nicht. Sicher scheint nur, daß das russische Fußvolk der Linken nun auch herankam und ein höchst mörderisches Ge fecht mit den Brandenburgischen begann. Dies fing unerschütterlich den Vorstoß auf, auch mehrere schlesische Bataillone hielten sich wacker, be-
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