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2. Beilage Dienstag. 2S. August 1SO8. Leipziger Tageblatt. Rr. 23ö. 1V2. Jahrgang. u^eftunden. M Amr Hein». Erzählung von Ernst Clausen. „Erst habe ich etwas mit Bohlmann geschwatzt. Er ist doch ein Original und meinte ganz treuherzig, ich sollte nur die Spökenmarie mit bringen, daß sic den Fuß Jochens bespräche, und dann, das glauben Sie mir gar nicht, habe ich Natur gekneipt. Ich bin nach dem Bach herunter gegangen, wo die dichten Tannen stehen und aus dem Fußboden kaum Lchnee lag, denn er war fast ganz an den Tannen hängen geblieben, die ihn geduldig tragen, bis der Wind die Gnade hat, ihnen die Last abzu schütteln. Ta war's beinahe behaglich und warm auf dem kleinen freien Platz, wo Sie im Sommer gern abends sitzen. Ich habe da über allerlei nachgedacht und mich gewundert, daß man ganz alberne sentimentale Stimmungen haben kann, wenn man daran denkt, daß man doch vielleicht einmal in die Großstadt wieder zurück müßte, und daß, wenn man cs täte, man eigentlich ein rechter Esel wäre. Aber das Escltum ist doch stärker angeboren, als man sich selbst zutraut. Na, nun wollen wir den armen Kerl von seinen Schmerzen befreien, aber wundern Sic sich nicht, wenn er schreit wie die Helden Homers." Und Dora half ihm bei der Operation, die er so geschickt machte, und sie freute sich über Jochen, der die schmerzhafte Operation scheinbar jo gelassen hinnahm, obgleich sie hörte, wie er mit den Zähnen knirschte, um nicht zu schreien. Auf der Tenne allerdings stand vor der Knechte kammer die Stine und heulte ganze Bäche von Tränen wegen Jochen, denn ihr Herz schwankte noch zwischen ihm und Bohlmann. Der hatte etwas und Jochen nichts, außer seiner Jugend, und das ist ein Konflikt auch für eine Bauern,deern, die ganz gut weiß, was Liebe ist, aber ihr ganzes Leben hört, daß Heiratssachen Vernunftssachcn sind und bleiben sollen, so wie nun einmal der Bauer denkt, auch meistens handelt. Als die Operation beendet war und Dänhardt seine Instrumente reinigte, die Dora in Lysolwasscr gelegt hatte, dachte er, wie glatt und schön das alles ginge, wenn eine verständige Frau einem zur Hand geht, und was Lilli wohl angestellt haben würde, wenn sie dabei hätte behilf lich sein müssen. „Sie hätten eigentlich Krankenpflegerin werden sollen, Fräulein Plattner!" „Tas wollte ich auch, Herr Doktor, und wenn mich damals meine Schwester nicht beredet hätte, hier die Stellung anzunchmcn, ich wär's vielleicht geworden." „Hm", machte Dänhardt. „Ich will mir noch meinen Mantel holen. Ist Lührsen allein im Wvhnzimmer?" Er sei vor kurzem dort allein gewesen. Wenn der Doktor mittags nach Bütfeld zurückkäme, möchte er doch ihrer Schwester sagen, daß Tora die nächste Nacht dort bei den Verwandten schlafen wolle. Er sah sie forschend an. „Na ja, ich verstehe. Ich will's bestellen. Es ist doch komisch, was ein Mensch mehr für Unruhe geben kann." Mehr sagte er nicht. Schon vor der Tür hörte er, daß Lührsen im Zimmer auf und ab ging, und im Krankenzimmer hörte er Lilli mit dem Kinde sprechen. „Der Jochen wird in acht Tagen wieder leichte Arbeit tun können. Ich wollte nur meinen Mantel holen", sagte er, indem er das Kleidungs stück vom Haken nahm. „Hast du einen Augenblick Zeit für mich, Dänhardt?" „Ja, wenn.du mir eine Zigarre gibst." „Dort steht die Kiste, nimm dir eine." Nachdem der Doktor etwas umständlich und ohne große Eile die Zigarre angezündct hatte, holte er aus der Rocktasche einen Brief heraus. „Da, lies den erst mal! Professor Tommsen will mich an seine Klinik in Berlin haben." „Donnerwetter, und das sagst du so kühl?" fragte Lührsen uud über flog schnell das Schreiben. „Ja, Lührsen, offen gestanden, habe ich leine rechte Lust dazu. Es müßte ja auch sehr bald sein." „Aber, Dänhardt, das ist doch sehr ehrenvoll! Tu greisst natürlich zu, wenn du kein Narr bist!" „Und wenn ich wun ein Narr sein wollte —?" „Unsinn! Du mußt einfach so etwas annchmen, um deine Fähig keiten auszubilden." Da lachte Dänhardt kurz auf und sah Lührsen verschmitzt an. „Sich mal einer an! Das rätst du mir? An dir selbst übst du doch eine ganz andere Lebcnspraxis. Was du mir da sagst, das sagic dir eigentlich mit andern Worten damals deine Frau." Lührsen sann eine Weile nach. „Nein, Dänhardt, das ist etwas anderes. Mein Beruf war der eines Landwirtes, wenn ich ihn auch nur theoretisch ausgeübt batte bis dabin. Dir bieten sich Möglichkeiten, dich weiter auszubilden. Möglich keiten, die dir hier fehlen. Wenn das ein Mensch sicht, ist's Sünde, nicht zuzugreifen." „Angenommen, daß du recht hättest, Lührsen. Ich verstehe das selbst nicht recht in mir. Ich könnte, weiß Gott, Heimweh nach Bütfeld und Halligbostcl bekommen. Die Spökenmarie wird nur auch fehlen. So ein Original gibt es in ganz Berlin nicht wieder! Ihr habt hier so ne Dosis Heimat-Ozon in der Luft. Man gewöhnt sich dran wie andere Leute an Morphium." „Alles Gewohnheit, mein Junge! Vier Wochen Berliner Luft, dann glaubst du, daß man nirgend andcrSwo leben könnte." „Lührsen, du überschätzest mich. Mir geht so allerlei durch den Kops. Stell dir mal vor: Fräulein Dora Plattner, erster Rang Residenz theater in Berlin vor so ncr netten französischen Schweinerei!" Das Bild nmr so komisch, daß Lührsen lachen mußte. „Na, ja, aber wozu das? Mr sprachen doch von deiner Zukunft?" „Ganz recht, von meiner Zukunft." Dänhardt legte starke Betonung in das Wort „meiner". Aber Lührsen achtete nicht daraus. „Na, das wird sich olles finden. Dänhardt, etwas anderes, wir sind ja alte Freunde. Ich möchte deinen Rat, aber aufrichtig, deinen Rat als Freund und Mann!" „Großer Gott, Mensch, stelle mich bloß nicht vor Konflikte. Tas liebe ich nicht einmal auf der Bühne." Lührsen blickte eine Weile sinnend zu Boden, und Dänhardt zog an seiner Zigarre und sagte schließlich: „Na, schieß los!" „Hältst du es für richtig, daß wir, meine Frau und ich, so getrennt leben ohne gesetzliche Scheidung?" Das war nun eine Frage, wie Dänhardt sie gar nicht liebte. Wes halb fragte ihn Lührsen, und weshalb hatte Lührsen hieran bis jetzt nicht gedacht? Ihm war cs, als ob seine Freundschaft merklich kühler würde. „Eine kitzlige Frage für einen Junggesellen! Solange keines von beiden Grund hat, sich nach gesetzlicher Scheidung zu sehnen, ist es ziem lich belanglos." „Ach so? Daran hatte ich weniger gedacht. Tieie Tage sind zu fürchterlich, das ist ungesund, unehrlich, verlogen, das ganze Verhältnis zwischen mir und ihr." „Sag mal, Lührsen, ist es denn ganz unmöglich —?" „Was? Du denkst doch nicht —! Unmöglich allerdings!" „Und doch wäre es gut, Lührsen!" „Ah, machen wir doch keine Redensarten! Ich kenne Lilli. Was früher ein Riß war, tvürde eine Kluft, über die keine Brücken mehr führen." „Das kann ich natürlich nicht wissen, aber eines mußt du dir klar machen: Wenn nun Dora Plattner mal heiraten wollte? Was dann?" Da drehte sich Lührsen kurz um und sah ihn erstaunt an: „Wie kommst du darauf?" „Es wäre doch möglich. Tann säßest du hier wieder allein." Lührsen sah ihn lange erstaunt an, dann wurde sein Blick unsicher und er wandte Dänhardt den Rücken. Tic Fragen DänhardtS hatten ihn getroffen, plötzlich eine Dunkelheit in ihm erhellt. Dieser gereiste Mann fühlte, daß ihm die Röte ins Gesicht stieg, und er wußte zugleich, daß Dänhardt ihn scharf beobachtete. „Das ist ganz einerlei. Solange sie nicht fort will von hier, gehört ihr der Platz. Sie hat hier wahrlich genug getan, daß cs eine Sünde wäre, sic zu veranlassen, Platz zu machen, nur weil cs einer — einer andern cinfällt —" „Nun", meinte Dänhardt, der klarer in Lührsens Herzen las als dieser selbst, „Dora Plattner wäre die erste, die hier den Platz räumen würde." „So! Und woher weißt du das? Da bin ich gut für, daß hier keine Ungerechtigkeit geschieht. Nein, ich weiß, was ich will!" Da lachte Dänhardt sarkastisch auf. „Wenn du das weißt, weshalb fragst du mich denn?" „Tu hast recht. Einerlei, ich bin dir dankbar. Mau plagt sich innerlich und ist froh, wenn man einen — einen —" „Du meinst, wenn man einen Statisten findet!" Damit ging Dänhardt hinaus. Als er dann die Birkenallee hinuntcrging, war es ihm, als würde seine Freundschaft für Lührsen noch auf manche schwere Probe gestellt werden. Aber er wußte doch nicht, in welcher Gemütsverfassung Lühr- scn zurückgeblieben war. Den starken Mann hatte cs schwer getroffen, nämlich die plötzliche Erkenntnis, daß er sich Dora Plattner nicht mehr aus seinem Leben wegdencken konnte. Nebenan hörte er Lilli mit dem Kinde plaudern. Me war das nur alles so gekommen? Wie stark, frei und ruhig stand er bisher Lilli doch gegenüber, gerade, weil er sich ihr gegenüber ganz frei gefühlt hatte von irgendwelcher Schuld, auch nur Gedankenschuld. Und wenn Lilli jetzt vor ihn hintral und sagte: „Du liebst ja eine andere!" was sollte er antworten als ehrlicher Mann? Und ehrlich war Lührsen. Die Worte Dänhardts hatten alles in ihm klar gemacht. Es war wohl in ihm gewesen, aber er hatte tatsächlich nicht gewußt, wie er mit Tora zusammengewachsen war, anscheinend nur in Kameradschaft. Wenn ihm hin und wieder der Gedanke früher kam, was ihm diese Dora be deutete, dann hatte er sich selbst ausgelacht. Für ihn waren die Zeiten ja doch vorbei, wo man noch Leidenschaften fühlt. Er war sich selbst so alt vorgekommen, trotzdem er erst in der Mitte der Dreißiger stand. Lühr sen litt^ furchtbar unter diesem Bewußtsein. Es nahm ihm den Swlz, ?IMe> UW Ivlspdov 5033 (vonm, 8svks L kesvk) Islbpkvir 5033 d I-eipriss, örükl 4, Leks 8ain8li»a88S. 8x»«LtaId»n8 kttr iua«I«rav HV»daai»88-Iltar1«dtna8va ti» ^r«l8l»8v. «Id. 2000. 1 Salon, boll oäor alt madagoui . . Lld. 675.— 1 Speisezimmer, Liede „ 625.— 1 Sedlakriwwer, satin. oäer Liede . „ 550.— 1 elegante LUedeneinriodtunx 150.— «Id. I0SS — 1 eleganter Salon, eedt Xussdaum . Lllc. 425.— l >Vodn- oäer Lpeissrimmsr ... „ 300.— 1 .^eklakrimwer, satin. oäor Liede . „ 285.— 1 Lüedsneinricdtung: 85.— ^u88tvu«r IlÄr «Id. SS0 — 1 elexanter Salon Lid. 350.— 1 LVobn- oäer Spoiserimmer ... « 230.— 1 Sedlakmmmer 200.— 1 komplette Lückoneiniicktung: . . 70.— 8». Illlt. 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