Eugen Wangier wurde in der UdSSR geboren, wo er auch sein Klavier- und Orgelstudium absolvierte. 1972 schloß er mit Auszeichnung ab und errang den 1. Preis im Klavierwettbewerb der Sowjet republiken. Danach wirkte er als Dozent für Klavier und Orgel an der Musikhochschule Alma-Ata und begann zugleich eine umfang reiche Konzerttätigkeit mit zahlreichen Rund funk-, Fernseh- und Schallplattenaufnahmen. Von 1981 bis 1988 war er an der Leipziger Oper und an der Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn Bartholdy“ tätig. 1988 nahm er eine Lehrtätigkeit in Nürnberg und in Frank furt am Main auf. Seit 1991 ist er Professor für Korrepetiüon und Kammermusik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Daneben hat er viele Kon zertverpflichtungen als Kammermusikpartner und Liedbegleiter und arbeitet bei internatio nalen Meisterkursen mit Künstlern wie Galina Wischnewskaja, Aldo Baldin, Luisa Bosabali- an und Julia Hamari zusammen. Die Geschichte synagogaler Musik reicht bis an den Anfang unserer Zeitrechnung zurück. Ein erstes Zeugnis der Rehgionshand lungen und der Anfänge des Gesanges in der Synagoge findet sich bei Philo von Alexandria (jüdisch-hellenistischer Theologe und Philo soph; geb. in Alexandria um 20 v. Chr., gest. ebd. um 50 n. Chr.; d. Red.), der die Entste hung der „Sabbathäuser“ auf Moses zurück führt: „Moses befahl dem Volke, sich am sie benten Tage an einem gemeinsamen Ort zu versammeln und unter Scheu und Ehr furcht die Vorlesung des Gesetzes an zuhören, damit jeder mit dem Inhalte des selben vertraut werde. Und in Wirklichkeit versammeln sie sich regelmäßig und sitzen nebeneinander, die Menge gewöhnlich schweigsam, außer, wo es üblich, in das Gelesene einzustimmen. “ Aus dem Sprech gesang, mit dem die Zuhörer wiederholend in das Gelesene einstimmten, entwickelte sich allmählich ein Wechselgesang zwischen Vor sänger und Chor. Während es in den Tempeln bereits reiche künstlerische Mittel zur Aus stattung von Opferhandlungen gab, fanden die Synagogenversammlungen in nüchterner, mehr auf die Verbreitung religiöser Inhalte und neuer wissenschaftlicher Lehren orien tierter Atmosphäre statt. Allmählich jedoch hielt die Musik auch in den Synagogen Ein zug: Der Psalmengesang der Tempel wurde übernommen, und der Wechselgesang zwi schen Vorsänger und Chor gestaltete sich immer kunstvoller, so daß ein erfahrener Sänger, der Kantor, den Solopart überneh men mußte. Um wichtige Textpassagen her vorzuheben oder die Zuhörer zum Einstim men zu motivieren, bediente er sich improvi satorisch frei einer Vielzahl von Kolora turen, Melismen, Tonwiederholungen, Porta- menti und Glissandi. Dabei lagen seinem Ge sang nicht etwa siebenstufige Dur-Moll-Ton leitern, sondern Drittel- und Vierteltöne ein beziehende „Steiger“ (modoi) zugrunde, die sich allenfalls mit dem Charakter der natürli chen Moll-Tonleiter vergleichen lassen. Aus der Verwendung dieser „Steiger“, damit ver-