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4264 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 80, 9. April 1910. Born Reichsgericht. (Nachdruckverboten.) Dürfen Grammo phonplatten ohne Erlaubnis gewerbsmäßig nachgebildet werden? — Uber diese interessante Frage hatte das Reichs, gericht in den letzten Tagen zu entscheiden. Vorausgeschickt sei, daß das Urheberrecht für die auf einer Grammophonplatte ent- haltenen Musikstücke und Vorträge einen Schutz nicht gewährt, da dieses nur das persönliche Recht des Urhebers schützt. Vorliegend wird der Anspruch aber mit Erfolg auf die §§ 823 und 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegründet. Klägerin ist die Deutsche Grammophon-Aktiengesellschaft in Berlin. Sie hat gegen die Beklagten I. in Leipzig und A. in Berlin Klage erhoben, da diese Schallplatten vertreiben, die den von ihr unter vielen Kosten hergestellten nachgebildet werden. Diese Möglichkeit bietet sich durch die Erfindung eines gewissen W., der es versteht, die Platten durch ein Abklatschverfahren genau so herauszustellen, daß sie dem Klange nach sich nur wenig von den echten Platten unterscheiden. Die Klägerin hat deshalb gegen sämtliche Beklagten, die die nachgeahmten Platten in Deutschland und auch in Rußland verbreiten, eine einstweilige Verfügung erwirkt und auch Klage auf Schadloshaltung erhoben. Das Landgericht Leipzig hat in der einen Klage und das Landgericht I Berlin in zwei weiteren Klagen die einstweilige Verfügung, die die Herstellung von Kopien der Grammophon platten untersagt, bestätigt. Oberlandesgericht Dresden und Kammergericht Berlin haben die Berufung der Beklagten zurück gewiesen. In den Entscheidungsgründen, die im wesentlichen übereinstimmend lauten, wird dargelegt, welche erheblichen Summen die Klägerin aufwenden muß, um solche Musik- und Gesangsvorträge auf die Platten zu bringen. Einzelne Sänger bekommen jährlich 20 000, Caruso 30 000 Ebenso müsse sie tüchtige Aufnehmer mit 15—20 000 ^ jährlich honorieren. Auch komme es vor, daß viele Aufnahmen mißlingen. Die Herstellung der Platten verschlänge somit reichlich geistige und körperliche Arbeit und großes Kapital. Es verstoße deshalb wider die guten Sitten, wenn die Beklagten diesen Aufwand der Klägerin für sich ausnützen und die Platten kopieren. Es sei mit den guten Sitten im Verkehr nicht verträglich, die Arbeitsleistung und Tätigkeit des andern für den eigenen Vorteil unter Benach teiligung des anderen zu verwenden. Das Kammergericht zu Berlin führt in dieser Beziehung besonders aus, daß § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches verletzt sei, weil es sich um eine Nach ahmung unter erschwerenden Umständen handle. Ob auch andere so verführen, sei unerheblich, da die Ausübung einer Unsitte diese nicht zu einer erlaubten mache. Das Reichsgericht ist jetzt diesen Ausführungen der Vorder richter beigetreten und hat die von den Beklagten eingelegten Revisionen zurückgewiesen. (7. April 1910. — Akt.-Z. VI. 87/06, 88/09, 344/09.) L. Post. Versendung von Drucksachen und Geschäftspapieren nach England. — Nach einer neueren Mitteilung des General Post Office in London werden Nachbildungen von Zeichnungen, die auf mechanischem Wege hergestellt und als solche leicht zu er kennen sind, englischerseits zur Beförderung gegen die Drucksachen taxe nicht beanstandet; ebensowenig Nachbildungen, die mit der Hand hergestellt sind, sofern diese als Geschäftspapiere versandt werden. Für beide Arten von Zeichnungen ist jedoch dabei Voraus setzung, daß sie nicht die Eigenschaft einer wirklichen und persön lichen Korrespondenz haben. Dagegen sind alle Sendungen, die Nachbildungen von Postwertzeichen (auch außer Gebrauch gesetzten) tragen, nach wie vor in Großbritannien und Irland von der Beförderung durch die Poll ausgeschlossen. (Leipziger Zeitung.) Staatliche Pensions- und Hinterbliebenen-Versicherung für Privat-Angestellte. — Im Reichstagsgebäude zu Berlin hat am 2. d. M. eine Sitzung der Siebener-Kommission des Hauptausschusses zur Herbeiführung einer staatlichen Pensions und Hinterbliebenen-Versicherung für die Privat-Angestellten statt gefunden. An der Beratung nahmen als Vertreter des Reichs amts des Innern die Geheimen Oberregierungsräte Koch und Vr. Bekmann teil, die die Erklärung abgaben, daß ein ent sprechender Gesetzentwurf gegenwärtig von der Regierung aus gearbeitet werde. Die Vorarbeiten sollen dergestalt gefördert werden, daß der Gesetzentwurf tunlichst im kommenden Herbst dem Reichstage vorgelegt werden könne. Der Siebener-Ausschuß nahm diese Erklärungen mit Genugtuung entgegen und beschloß gleichzeitig, einer an ihn ergangenen Einladung Folge zu leisten, wonach am 9. April im Reichsamt des Innern eine Besprechung über die Ausgestaltung der Pensionsversicherung mit Vertretern aller Richtungen stattfinden soll. Die Ausarbeitung des Gesetz entwurfs wird nach den Mitteilungen der Vertreter des Reichs amts des Innern auf Grundlage der zweiten Denkschrift erfolgen. (Leipziger Zeitung.) * Aufnahme von Baudenkmälern Berlins. — Der Deutsche Reichsanzeiger teilt folgendes mit: Die Königlich preußische Meßbildanstalt zu Berlin beginnt jetzt eine erschöpfende Auf nahme der Baudenkmäler Berlins. Zuerst sollen hierbei die Privatgebäude berücksichtigt werden, die vor oder bis Anfang des neunzehnten Jahrhunderts errichtet und von baugeschichtlichem Werte sind. Vor allem anderen kommen die Häuser zur Auf nahme, die Neubauten zum Opfer fallen sollen. Bei der allge meinen Wichtigkeit der Aufnahmen, besonders für die Haupt- und Residenzstadt Berlin, ist zum guten Gelingen der Arbeit das weit gehendste Entgegenkommen zu wünschen. Wertvolle Ansichten finden sich aber nicht nur auf den Straßen, sondern auch im Innern der Häuser, auf Höfen, Treppen und in Sälen und Hauseigentümer und Mieter möglich, der bisher ja auch immer bereitwilligst gestattet worden ist. Hoffentlich finden die Auf nahmearbeiten auch ferner von seiten der hauptstädtischen Bevöl kerung die zu ihrem Gedeihen nötige Unterstützung, selbst wenn diese mit einigen Unbequemlichkeiten für die Bewohner ver knüpft ist. * Neue Bücher, Kataloge usw. für Buchhändler. ÜNLArilLL ALI0NL6L NO HS1LL» (Bücher-Chronik der Hauptverwaltung in Angelegenheiten der Presse). St. Petersburg, Kontor der Redaktion des »Regierungs boten« (UpaLL-rs^LerLClnn-iü L^crsmn). (Auch zu beziehen durch A. S. Suworin, die Gesellschaft M. O. Wolfs und die Gesell schaft N. P. Karbasnikow.) 1910, Nr. 11 (vom 20. März a. St.) Groß-8°. 44 S. Erscheint wöchentlich einmal. * Gehilfen-Kantatefeier Leipzig 1910. (Vgl. Nr. 76 d Bl.) — Im Nachtrage zu unserer Mitteilung in Nr. 76 d. Bl. teilen wir mit, daß Anmeldekarten zur Gehilfen - Kantalefeier 1910 sowohl in der Geschäftsstelle des Allgemeinen Deutschen Buch handlungsgehilfen-Verbandes, Leipzig, Sternwartenstraße 38, als auch in der Geschäftsstelle der Deutschnationalen Buchhandlungs gehilfenschaft, Leipzig, Johannisgasse 4, zur Entnahme bereit liegen. * Beilagen zum Börsenblatt. — Der heutigen Nummer 80 liegen als besondere Beilagen der Abschluß der Jahres- Rechnung des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig auf das Jahr 1909 und der Voranschlag für die Jahres-Rechnung auf das Jahr 1910 bei. * Beilage zum Börsenblatt. Der heutigen Nummer 80 des Börsenblatts liegt Nr. 3, März 1910, der neugeschaffenen Bei lage: Vorzugspreise, Subskriptionspreise, Serien- und Partiepreise bei. Personalnachrichten. * Waldemar Hoffmann (vgl. Nr. 76 d. Bl.). — Die Bestattung unseres am 2. April in Nervi gestorbenen Kollegen Waldemar Hoffmann (in Firma Robert Hoffmann) findet am Sonnabend, 9. April, mittags 12 Uhr, in Leipzig von der Kapelle des Südfriedhofs aus statt. * Gestorben: am 27. März im Alter von einundfünfzig Jahren der Buch händler Herr Oscar Barthel, Inhaber der Reise buchhandlung Oscar Barthel in Berlin.