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2458 Nichtamtlicher Theil. ^ 152, 3. Juli. stadt Hauptstation machten, und ein guter Theil der gewonnenen fremden Kundschaft sprach bei erster Gelegenheit wieder von neuem vor. Unter der Leitung eines Geschäftsführers, welcher außer seiner Muttersprache sranzöstsch, englisch und italienisch sprach, gelangte das gedachte Geschäft zu immer höherem Aufschwung und coucurrirte eine Zeit lang selbst mit dem weit und breit bekannten Jügel'schen Hause. Also vorbereitet, konnte wohl erwartet werden, daß Carl Lud wig Krebs erfolgreich auch das eigene Anwesen emporrichten werde, als er am 15. Mai 1837 die Buchhandlung von Theodor Pergay in Aschafsenburg käuflich erwarb. Die außerordentliche Thätigkeit, welche der neue Besitzer alsbald entfaltete, fand den rechten aneifernden Stütz- und Ruhepunkt, als er dem häuslichen Herde am 30. Sep tember desselben Jahres eine mit allen Reizen leiblicher und gei stiger Schönheit geschmückte junge Frau, Throne Leske (aus dem oben genannten Hause) zusührte. Just um diese Zeit trat der Schreiber dieses in das aufstrebende Geschäft ein und er kann also aus eigener Anschauung berichten, wie sich am Stamm des Hauses ein Zweig zum andern fügte: zur Leihbibliothek eine Abtheilung zur Pflege des Sinnes für fremde Literaturen, dann Lesezirkel für schönwisscnschaftliche, wissenschaftliche und technische Neuigkeiten, ei» größeres Papiergeschäft u. s. w. Er kann bestätigen, daß sich schon im zweiten Jahre nach Uebernahme des Geschäfts dessen Um satz verdoppelte und binnen wenig Jahren vervierfachte. Eine Stadt sammt Umgegend, deren literarische Bedürsnißlosigkeit da mals männiglich bekannt war, zählte gar bald zu den guten und bessern Absatzplätzen für den Buchhandel und in diesem Sinne kann auch der College Krebs den verdienstvollen Pionniercn des Buchhan dels beigezählt werde». Aber was diesen Mann in unser» Augen am höchsten stellt, das war jene wunderbare Gabe der Uebertragung der eigenen Tüchtigkeit auf die ihn unterstützenden Mitarbeiter, Lehrlinge und Gehilfen, unter denen eine große Anzahl ihr späteres Fortkommen dem dirccten und fortdauernden intellectuellen Einflüsse ihres Prinzipals verdanken, dem daher auch alle ein dankbares Andenken bewahrt haben. Der Schreiber dieses schuldet ihm frei lich noch bei weitem mehr; er verdankt ihm, daß sein in den trüben Tage» der frühesten Jugendzeit erstarrtes Gemüth wieder erwärmt wurde, daß er sich selbst und sein Herz Wiedersand. Es ist ferner bemcrkenswcrth, wie es dem milden und vorur- theilslosen Sinne des protestantische» Buchhändlers gelang, nicht nur sich rasch das Vertrauen der in der großen Mehrzahl dem ka tholischen Glauben zugcwandte» Bevölkerung zu erwerben, sondern auch bis zu seinem Tode zu erhalten, wiewohl er kein Hehl daraus machte, daß er seiner Religion mit aller Innigkeit des Gemüthes zugcthan war und als einer der Vorstände der in den vierziger Jahren erstandenen protestantischen Kirchengemeinde auch nachmals in eifriger Thätigkeil verblieb. — Indessen ward die vom Vorgän ger gepflegte, bis dahin meist nur katholische Verlagsrichtung ver lassen, zumal Krebs für solche ohnehin nicht den rechten Boden unter sich verspürte und befürchten mußte, durch die außerordentliche Thätigkeit und Concurrenz der bereits in Blüthe begriffenen Firmen Stahel in Würzburg, Kirchheim, Schott L Thielmann in Mainz, Manz und Pustet in Rcgcnsburg u. v. A. völlig erdrückt zu werden. Mit um so größerem Eifer wandte sich der thätige Mann einer an dern Branche nach Wiedererrichtung der Forstakadcmic zu Ajchaffcn- burg und unter Anlehnung an dieselbe zu. Eine Reihe trefflicher der Forstcultur und dem dahin gerichteten Unterrichtswcscn gewid meter Werke verdanken ihre Entstehung der Mitwirkung unseres College», der es trefflich verstand, seine angenehmen Beziehungen zu den Professoren der gedachten Lehranstalt in der zweckdienlichsten Weise zu verwerthen. Nachdem Carl Ludwig Krebs im häuslichen Kreise ein seltenes Glück gefunden, nachdem ihm drei begabte Töchter erblüht waren, wandelte den geistvollen Mann für den Rest seiner Tage nicht mehr die Versuchung an, in einem ausgedehnteren Wirkungskreise an einem der größeren literarischen Verkehrsplätze den Schatz seltener Kenntnisse und erworbener reicher Erfahrungen noch fruchttragender anzulegen, zumal ein männlicher Erbe ihm nicht geschenkt worden. Ueberaus schmerzlich empfand unser Freund die Wandlungen, welche das Haus und die Firma seines in den besten Jahren verstor benen Schwiegervaters C. W. Leske überkamen und die er selbst nicht abzuwenden vermochte; aber der herbste Schlag traf den zärt lichen Gatten, als ihm am 1. October 1850 nach kurzem Kranken lager die Zierde des Hauses, die treffliche Lebensgefährtin entrissen Wurde. Sechs Jahre betrauerte er den Hingang der liebenswürdigen Frau, deren Bild im Herzen aller Derjenigen sortlebt, welche die Edle gekannt und verehrt haben. Kaum minder freundlich, als bei der ersten Wahl, winkte das Geschick unser»! Freunde, als er die zweite Lebensgefährtin, die heitere, kunstsinnige Caroline Kaufmann aus Bonn sich erkor, mit der er sich am 5. August 1856 vermählte; sie hat ihm zwöls Jahre hindurch den früheren, reizend anmuthigen Hausstand von neuem bereitet. Wie die erste Gattin, so verstand es auch diese zweite, ihre Häuslichkeit zu einem Mittelpunkt des geselligen Lebens einer Klein stadt zu erheben. Insbesondere förderte Frau Lina Krebs, eine überaus gewandte Pianistin, mit seinem Derständniß alle musikali schen und verwandten Vereinigungen zur Pflege der geistigen Ge nüsse des Lebens. Bekannt wegen seiner Gastfreundschaft, stand das „Hotel Krebs", wie Frau Jda von Düriugsseld das vielfach von Freunden und Bekannten ausgesuchte gesellige Haus nannte, in welchem sich während geraumer Zeit die einzige Buchhandlung Aschaffenburgs befand, fast niemals leer; gar oft gaben sich dort liebe Bekannte und weniger oft gesehene Gesichter ein Stelldichein: wieSchreiber dieses, so auch andereFreunde aus älterer und neuerer Zeit, die sich dort vor Jahren gesehen, so die würdigen Professoren I)r. Merkel, Hocheder, der geistvolle katholische Prediger und Philo soph I)r. Schwab, der Minister Freiherr von derPsordten, dieDich- ter A. Kaufmann und Oskar von Redwitz, der Baron Otto von Reinsberg und seine Gattin Jda von Düringsfeld u. v. A. Rach dem Tode seiner zweiten Frau (29. December 1868) erlangte der Wittwcr die frühere Heiterkeit der Seele nie wieder, der hellste Sonnenblick des Glückes. war dahingeschwunden. Nur die steigenden Ansprüche, welche das Leben, vornehmlich seinePflich- ten als einer der städtischen Rathsherren an ihn stellten, so man cherlei Wandlungen im Geschäft und Haus, endlich die großenTage, welche zu Deutschlands Erhebung und Einigung im Jahre 1870 und 1871 führten, ließen ihn den Schmerz überwinden, welcher seit dem an seinem Herzen nagte. Krebs erlebte, wie so viele seiner Jugcndgenossen, noch die patriotische Herzcnsbesriedigung, daß das, was der Jüngling er träumte, der Mann erstrebte, dem Graukopf mit vollen Zügen zu genießen vergönnt ward: er sah noch die wieder erstandene Größe unseres theuren Vaterlandes und erfreute sich dessen mit der Frische eines ewig jugendlich gebliebene» Herzens. In dieser Stimmung, umgeben von drei hochgebildeten Töchtern, deren älteste verwittwet, während die jüngste glücklich verheirathet ist, trat er leichteren Muthes in das Jahr 1872 ein. So fand ihn Schreiber dieses, wenn auch schon etwas leidend, im Winter 1871. Die Krankheit, welcher unterdessen der Freund erlag, brauchte viele Monate, ehe sie den Körper des bis dahin meist gesunden Mannes völlig auflöste. Am 12. Juni, früh 7 Uhr, schwang sich die Seele dieses Gerechten empor zu jenen lichten Höhen, wo er seiner Ueberzeugung gemäß seine eigentliche Heimath zu finden hoffte. 8-rrs pia auiw»! Otto Spamer.