Volltext Seite (XML)
189, 19. Juni 1902. Nichtamtlicher Teil. 5029 Nichtamtlicher Teil. Christian Friedrich Schwan. Zur Ehrenrettung eines deutschen Buchhändlers. Von I. H. EckardL. (Vergl. Nr. 88, 96 d. Bl.) III. scheint ihn, wie aus Briefen hervorgeht, als ^den Haupturheber der ganzen gegen ihn gerichteten Machenschaften betrachtet zu haben. Auch Wieland hatte etwas später als Lessing Veranlassung sich über das Verhalten der Mannheimer Kreise zu beschweren. Im dritten Buche seines satirischen Romans »Die Abderiten- schilderte er später seine und Lessings Erlebnisse in Mannheim. Mit Schwan ist Wieland gut Freund geblieben. 1784 beteuert er, daß die Zeichnung des Thlaps in den Abderiten nicht auf Schwan Bezug habe, und in späteren Jahren noch haben Schwan und die Seinen als Gäste im Wielandschen Hause geweilt. Der ganze ärgerliche Vorfall mit Lessing muß Schwan im höchsten Grade peinlich und unangenehm gewesen sein, hatte er doch die Vorverhandlungen mit dem Dichter geführt, dabei vielleicht auch etwas zu selbständig und gegen seine Instruktion gehandelt. Der Ausgang mußte ihm jedenfalls sehr schmerzlich sein, und in seiner Lebensbeschreibung schreibt er sehr bitter über die Lessingsche Angelegenheit. Das Jahr 1778 brachte eine bedeutsame Wandlung in der Geschichte Mannheims. Am 30. Dezember 1777 starb der Kurfürst Maximilian von Bayern; Karl Theodor war laut Staatsvertrag sein Erbe und reiste sofort nach München ab, die Verlegung seines ganzen Hofes dorthin anordnend. Mannheims goldene Zeiten waren vorbei. Die Stadt fürchtete, mit der Verlegung des Hofes dem völligen Ruin entgegenzugehen,' der gesamte Hofstaat, der Adel, die Hofmusiker und Sänger folgten dem Kurfürsten nach München; das künstlerische Leben schien dahin. Einzelne Männer waren es, die den Mut nicht sinken ließen und alles daran setzten, Ersatz zu schaffen für die schweren Verluste und Ausfälle, die die einst so glänzende Residenz erlitten hatte. Zu diesen Männern Sie schufen als neuen Hauptanziehungspunkt die »Nationalbühne«. Klein und Schwan suchten außerdem durch buchhändlerische Unter nehmungen der Stadt eine gewisse Bedeutung zu erhalten. Klein war bei allen seinen Fehlern ein gewiegter, praktischer Kopf. Als er seine Existenz durch den Wegzug des Hofes und des Adels gefährdet glaubte, sah er sich nach seinen Einnahmequellen um und warf sich auf große geschäftliche Unternehmungen. Krükl gebührt das Verdienst, diese geschäftliche Thätigkeit Kleins zum erstenmal nach den Akten geschildert und dodurck manche That- sachen klargestellt zu haben. 1778 begründete Klein in Gemein schaft mit dem Legationsrat und Postsekretär Joh. Caspar Becks die Gesellschaft der Herausgeber der alten klassischen Schriftsteller und ausländischen schönen Geister zu Mannheim. Beide schlossen mit einem gewissen Schmölling aus Gönheim bei Mannheim einen Vertrag, nach dem dieser ein Kapital von 2000 rheinischen Gulden, das mit 6 Prozent verzinst werden sollte, vorzuschießen hatte; dafür sollte er als Kassierer und Buchhalter angestellt werden und ein Jahresgehalt von 440 Gulden empfangen; 1000 Gulden Anzahlung leistete Schmölling sofort. Zur Sicherung des Unter nehmens erwirkten die Herausgeber für ihre Sammlung ein kaiser liches Privilegium und erhielten unterm 17. Juli 1778 auch ein krivils^iuw iwx>rs88oriuw für die Sammlung der alten klassischen Schriftsteller in Oktavo auf zehn Jahre. Zwischen den Unternehmern gab es jedoch, wie vorauszusehen war, bald Zwistigkeiten, die schon 1779 zum Bruch führten. Klein scheint die Hauptschuld gehabt zu haben, seine Gewinnsucht muß unangenehme Scenen herbeigeführt haben. Schmölling hatte sich schon vorher zurückgezogen, Becks machte den Fehler, in ein Konkurrenz-Unternehmen einzutreten und die Angabe zu verbreiten, Klein habe die Herausgabe der klassischen Schriftsteller vollständig aufgegeben. Seine Absicht war, dadurch die Kollekteure zur Ab nahme der Konkurrenz-Ausgabe zu bestimmen. Es kam zur Klage, und Klein, dem ein gutes Geschäft zu entgehen schien, strengte alle Mittel und Wege an, um bald ein Urteil zu erlangen, und er reichte auch nach einem Jahr, daß Becks abgewiesen und den Kollek- Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 69. Jahrgang. teuren auf kurfürstlichen Befehl durch ein Zirkular mitgeteilt wurde, daß Klein der Leiter des Geschäfts geblieben sei und nur die Spedition der klassischen Schriftsteller an die akademische Buch handlung übertragen habe. Trotz seines Sieges hatte Klein eine nicht unerhebliche Einbuße erlitten und suchte diese auf andere Weise wettzumachen. Zuerst plante^ er eine Uebersetzung der zu verbieten, daß unter Androhung hoher Strafe wider das Institut oder dessen Stifter etwas unternommen oder geschrieben, noch irgend ein Werk nachgedruckt werde. Der Kurfürst übergab die Angelegenheit der Bücher-Censur- Kommission. Diese erkannte zwar Kleins Verdienste um die Wissenschaften ^an und begründete das ^Urteil in einem ausfiih^ haupt Uebersetzungen von Werken, die^ er zur Ausgabe für wert erachte, nicht gemacht werden dürsten, verwahrte sich die Kom mission entschieden. Bezüglich des Antrages von Klein, daß der Druck anderer Werke, die er etwa noch zu verfertigen und zu verlegen Lust hätte, verboten werden möchte, gab die Kommission eine ziemlich energische Abweisung. Das Begehren sei viel zu unbestimmt und viel zu allgemein, als daß die Kommission imstande wäre, davon Vertrauen habe, daß seine Lebenszeit zureichen würde. Schließlich ging der Vorschlag der Kommission dahin, das Privilegium nur mit großen Einschränkungen zu erteilen. Zu dem Gesuch Kleins nahm Schwan gleichzeitig im Namen Schwans Ausführungen ist es wohl in erster Reihe zu danken, daß Klein doch nicht alles erreichte, was er wünschte und mittelst seiner Verbindungen, durch Maitreffen hoher Herren, Günstlinge des Fürsten u. s. w. zu erlangen hoffte. Schwan vertritt hier in ausgezeichneter Weise das Interesse und geißelt die Eitelkeit des Herrn Geheimen Sekretärs Klein, der sich auf seine vorzüglichen Uebersetzungen so sehr viel zu gute thue. Die pfälzischen privilegierten Buchhändler sähen nicht ein, welchen Schaden sie Klein zufügen sollten, da sie im Gegenteil seine Werke mit verkauften, und es ihnen nur genehm sein könne, wenn sie recht viele davon verkauften. Die Buchhändler erklärten sich gern bereit, ihm die schriftliche Versicherung zu geben, daß sie schon eine stillschweigende Verpflichtung sei, die alle Verleger gegeneinander hätten, die in einem Lande und unter einerlei Gesetz miteinander lebten. Ganz energisch verwahrt sich Schwan gegen Kleins Forderung, daß keine anderen als seine Uebersetzungen ausländischer Werke verkauft werden dürften, noch daß später solche Uebersetzungen dort gedruckt werden könnten. Er bezeichnet diese Forderung als 659