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fahrt nach Port Viktoria aufzunehmen. Don dort wird die Reise nach London mit der Eisenbahn fortgesetzt. Die Dauer -es Aufenthaltes dtS Kronprinzen, der jn offizieller Mission zur Krönung des englischen Kö nigspaares in London weilen Mrd, wird durch die Ausdehnung der vorgesehenen Feierlichkeiten bestimmt. Rach Beendigung derselben, voraussichtlich am 23. oder 24. Juni, ist die Rückfahrt auf dem „Bon der Tann" nach Kiel vorgesehen, wo dann die Kieler Woche statt findet. Ein Begleitschiff für den Panzerkreuzer, der auch an der Revue von Spithead teilnimmt, ist nicht bestimmt worden. — (Neues Schiff.) Auf der Vulkan-Werft in Ham burg wurde Has Linienschiff „Ersatz Heimdall" nach einer Rede des Feldmarschalls von der Goltz auf den Namen „Friedrich der Große" getauft. — (Abberufung des italienischen Botschafters in Berlin?) Das „Berl. Tagebl." schreibt: Der „Mat tino" veröffentlichte am 8. Juni eine Depesche aus Berlin, nach der dje Abberufung des italienischen Bot schafters in Berlin, Pansa, bevorstehen soll. Als Grund der Abberufung wurde in der Depesche die Gleich gültigkeit des Botschafters gegenüber den Alarmnach richten der deutschen Presse über die angebliche Cho leraepidemie bezeichnet. — Abwarten! - (In einem Artikel „Schweinepreise und Schweine fleischpreise") weist die „Nordd. Allg. Ztg." darauf hin, daß seit Monaten die Schweinepreise in einem starken Rückgang begriffen sind und seit einigen Wochen einen Tiefstand erreicht haben, der die ernsteste Besorg nis für die künftige Entwicklung der Schiveinehaltung erwecken muß. Dagegen sind die Schweinefleischpreise in Preußen auch «nicht annähernd dem Fall der Schwei- ncpreise gefolgt und ähnliche Verhältnisse seien für Sachsen und Bayern ebenfalls festgestellt worden. Es könne daher nicht dringend genug auf das jetzige Miß verhältnis der Preise für Schlachtschweine und Schwei nefleischpreise hingewiesen werden, i>MN dies bedeute nicht nur direkt eine völlige ungerechtfertigte Belastung der Konsumenten, sondern sei auch indirekt die Ursache für künftige neue Preissteigerungen. Die Fleischer wer den dadurch verantwortlich für eine etwaige Verringer ung der Schweinehaltung. tunte MmiSkite ii MM- Tas Erdbeben in Mexiko hat weit verheerender ge wirkt als die ersten Nachrichten vermuten ließen; nach einem nach London übermittelten Telegramm hat das Erdbeben mindestens 1500 Menschenleben gekostet. Der anerqichtete Schaden dürfte sich aus über zwanzig Mil lionen belaufen. Auch von anderen Teilen des Landes laufen Unglücksbotschaften ein: Viele Dörfer liegen in Trümmern, und der Verkehr ist derart gestört, daß von einigen Gegenden überhaupt keine Kunde mehr seit dem Erdbeben eingetroffen ist. Die Zahl der Toten in der .Hauptstadt selbst wird jetzt auf 172 angegeben. Am schlimmsten hat das Erdbeben zwischen den beiden alten Vulkanen Pvpocatepetl und Colima gewirkt, die Heide wieder in Tätigkeit sind. Die Bewohner fliehen ans den noch nicht zerstörten Ortschaften in der Nähe dieser beiden feuerspeienden B^rge. Die Inseln des Tochimilco-Sees sollen in der Tiefe versunken sein und Hunderte von eingeborenen Bewohnern mit ihnen. SWil eins riWn SiMSWts Tie Revision des Senators Mevem in Sibirien hat zur Aufdeckung eines unglaublichen Vorkommnisses aus der Zeit des russisch-japanischen Krieges geführt. Auf der sibirischen Bahn entgleiste am 25. Dezember 1905 bei der Station Wodorasdel ein SaaitätSzug, der von der Großfürstin Olga Nikolajewna, der älte sten Tochter deS Zaren, ausgerüstet worden war, Von dem großen Zuge waren bei der Entgleisung nur drei Wagen beschädigt worden. Um die ganze Angelegenheit auf einfache Weise aus der Welt zu schaffen, ordnete der Stationschef an, den ganzen Zug mit seiner wert vollen Lazaretteinrichtung mit Petroleum zu begießen und zu verbrennen. Zn wenigen Stunden waren von dem Zuge nur noch die Eisenteile übrig, die von dem Stationschef als altes Eisen verkauft wurden. Der Inhalt des Zuges war etwa eine Million Rubel wert. Damit die Affäre nicht ruchbar werden sollte, wurde nach Petersburg gemeldet, der Zug sei von den Japa nern erbeutet worden. Dieser Willkürakt des Beam ten wurde jetzt v.om Baron Medem aufgedeckt und in ollen Einzelheiten untersucht. Aus Nah und Fern Lichtenstein, 12. Juni 1911. *— Die Wettervorhersage für morgen lautet: Nordwestwind, veränderliche Bewölkung, kühl, zeitweise Regen. *— Stadtbad. Wasser-Temperatur für heute: 17« Celsius. *— Drinitatis. Der erste Sonntag nach Pfing sten, den wir gestern feierten, ist das Trinitatisfest, und nach ihm werden alle folgenden Sonntage genannt: erster, zweiter, dritter usw. Sonntag nach Triniwtis. Die Sonntage nach Trinitatis erstrecken sich in der ungefähren Dauer eines halben Jahres bis zum To tensonntag (also bis Ende November). Das Trini tatisfest ist das Fest der heil. Dreieinigkeit. Es wurde ursprünglich etwa vom neunten Jahrhundert ab nur in den Klöstern der römisch-katholischen Kirche gefeiert. Im Jahre 1334 wurde es vom Papste Johann XXII. zum allgemeinen Kirchenfeste erhoben. *— Die Roggenblüte. Jüngst meldeten wir, daß auf einzelnen besonders geschützt liegenden Feldern sich die Blüten zeigen. Da ist eine zeitgemäße Warnung SM Platze. Es besteht die Unsitte, die blühende Aehre zwischen den Lippen durchzuziehen, die Blüten abzu streifen und zu verzehren. Davor kann nicht genug ge warnt werden. Vor kurzem starb in Glauchau ein jünger Mann, der im Vorjahre Roggenblüten genossen hatte. Es stellte sich nach einiger Zeit eine innere Vergiftung ein, die mehrere operative Eingriffe zur Folge l^rtte. Trotz aller ärztlichen Bemühungen konnte aber der Unglückliche nickt gerettet werden. Also Vorsicht! *— Ehrende Auszeichnung. Einem hiesigen Stadtkind, Herrn Polizei-Wachtmeister Robert Mar tin in Dresden, ist aus Anlaß des Geburtstages un seres Königs das Ehrenkreuz mit Krone und einige Tage darauf vom Großherzog von Mecklenburg die Mecklenburg'sche silberne Medaille verliehen worden. Auch wir beglückwünschen unseren Landsmann zu dieser doppelten Auszeichnung. *— Luftballon. Gestern in der 10. Vormittags stunde war längere Zeit ein Luftballon zu beobachten, der von Zwickau her kommend, die hiesige Gegend in der Nähe unserer Städt überflog. Die Insassen schienen bei Hohndorf landen zu wollen; da der Ballon aber dein Walde zu nahe kam, wurde Ballast ausgeworfen, und der Segler der Lüfte erhob sich wieder, u;m den Blicken der Beobachter in östlicher Richtung zu emt- schwinden. — Wie uns hierzu noch mitgeteilt wiird, war der beobachtete Dillon der Ballon „Zwickau", er landete gegen V2H Uhr glatt bei der Haltestelle Niederwürschnitz. ! *— DHeuter Zm «Krystallpalast" spielt heute das Schleichardt'sche Ensemble die zugkräftige Operette „Förster^Lhristel" von Jarnvw und vermittelt dadurch allen Besuchern angenehme Stunden. *— Jagd. Am Sonnabend wurde hie Jagd hiesiger Stadtflur auf 6 Jahre anderweit verpachtet und zwar zum Preise von 800 Mark jährlich an Herrn Baumeister Müller-Oberplanitz. *— SO Ailo«ete»r>>Becherfahrt. Gestern hielr der Ostbezirk des Gau 21a des D. R.-B., wozu auch Lichtenstein gehört, seine 50 Kilometer-Becherfahrt ab und zwar auf der Strecke: Bergschlößchen bei Mosel, Pelikün, Dennheritz, Glauchau, Jerisau, Waldenburg, Schlawitz, Zeisig bis Penig (Wendepunkt) zurück nach Gasthof Jerisau. Es starteten 21 Fahrer, die sich in zwei Gruppen teilten; 1. Jugendgruppe, Fahrer unter 35 Jahre, (Zeit 21/2 Stunde); 2. Altersgruppe,'Fahrer über 35 Jahre (Zeit 3 Stunden). Von der Jugend gruppe cpfüllten Röll-Meerane in 1,45, R. Fried rich-Meerane in 1,47, R. Engel-Gersdorf in 1,59, P. Fritzsche in Glauchau in 2,02, K. Zierold-Lichtenstein in 2,02 Std. R. Madlo in Lichtenstein in 2 Stunden 9 Minuten. In der Altersgruppe gingen durchs Ziel H. Schäfer-Zwickau in 1,58, A. Liesenberg-Lichten stein in 2,09, O. Weber-Waldsachsen in 2,11, M. Päßlcr-Glauchau in 2 Std. 13 Min. Die zwei ersten einer jeden Gruppe erhielten einen wertvollen Ehren preis, während alle übrigen Fahrer, welche innerhalb 2 Vs bezw. 3 Stunden erfüllten, einen schönen Erin nerungsbecher bekamen. Am Ziel hatten sich viele Sportsfreunde eingefunden, um die Fahrer zu empfangen Nach einem gemütlichen Beisammensein fuhr man dann in fröhlicher Stimmung nach Hause. Mülsen St. Micheln. (Die Eröffnung des Wan- derkochkursus) findet am kommenden Mittwoch, abends 8 Uhr im Kochfchul-Unterrichtsraum statt. Der Koch unterricht beginnt daselbst am Donnerstag. Bantzen. (Als Brandstifter ermittelt) wurde der 18jährigc eigene Sohn der Frau verw. Mühle in Schwarznaußlitz, in deren Scheune in der Nacht zum Donnerstag Feuer ausgebrochen war, dem außerdem noch die Wirtschaften der Besitzer Kowan und Wenck zum Opfer gefallen sind. Hainsberg. (Ein Eisenbahn-Unglück) hat sich am Freitag abend auf der Hainsberg-Kipsdorfer Linie auf der Station Ober-Carsdorf ereignet. In Schmiede berg war ein beladener Rollblock abgegangen, der mit voller Wucht auf den Personenzug fuhr, der von Ober- Carsdorf 8 Uhr 8 Minuten nach Kipsdorf weiterfährt. Die Lokomotive des Zuges wurde stark beschädigt, der Pack- und Postwagen zertrümmert. Der Mafchinenfüh- rer mußte, schwerverletzt, im Automobil fortgebr-rcht werden. Der Postschaffner erlitt leichtere Verletzun gen. Die Passagiere sind mit dekü Schrecken davonge kommen. Kirchberg. (Ein gräßlicher Unglücksfall) ereignete sich Sonnabend mittag in einem -Hause der Alten, Zwickauerstraße. Der ca. 10jährige Sohn des Hand arbeiters Kürt Schmidt trug seinem Vater das Mittag essen nach seiner Arbeitsstätte in Cunersdorf. Auf dem Wege dahin will er eine Patrone gefunden haben, die er, als er wieder in seiner elterlichen Wohnung angekommen war, zu öffnen versuchte. Plötzlich explo dierte die Patrone und riß dem bedauernswerten Knaben die rechte Hand weg. Tie Gewalt der Explosion war so groß, daß auch noch einige Zimmergegenstände und Fensterscheiben zertrümmert wurden. Der Knabe wurde sofort in ärztliche Behandlung gebracht. Wer der eigent liche leichtfertige Besitzer der Unglückspatrone ist, wird Aus erster Ehe. Roman von H. Couxths--Wahler. 4 (Nachdruck verboten.) Wit Freuden willigte Woltersheim ein. Er zahlte Klarissa einen kleinen Erziehungsbeitrag, der ihr mit ihrem eigenen kleinen Vermögen ein zwar bescheidenes, aber sorgloses Leben sicherte. Und so kam Eva in ihrem zweiten Lebensjahr zu ihrer Tante. Herr von Woltersheim war froh, der Sorge um das Kind enthoben ^u sein. Seine geschiedene Frau hatte in Amerika insofern Glück gehabt, als sie einen Tollarmillionär durch ihre Reize fesselte und seine Gat tin wurde. Seit dieser Zeit blieb jede Nachricht von ihr aus. Wahrscheinlich wollte sie ihre Vergangenheit vergessen. Auch nach ihrem Kinde hatte sie nie mehr gefragt. Herr von Woltersheim war wenige Monate nach seiner Scheidung durch den Tod eines Vetters Majo- ratserbc seines großen Familienbesitzes. Auf Wunsch seines T Heims, -es derzeitigen Majoratsherrn, ver heiratete er sich ein Jahr nach seiner Scheidung mit der jungen Witwe des Barons Herrenfelde. Trotzdem diese gleichfalls eine Tochter aus erster Ehe hatte, war keine Rede davon, daß Eva nun bei ihrem Vater Auf nahme finden sollte. Dem Sprößling des Barons stan den die Türen von Woltersheim offen; vor dem Kinde der Schauspielerin blieben sie »»erschlossen. Eva blieb unbeachtet in dem bescheidenen Heim ihrer Tante. Tie zweite Frau ihres Vaters hatte sie bisher vollständig unbeachtet gelassen. Nur einmal im Jahr kam der Vater, meist kurz vor Weihnacht, um nach seiner Toch ter zu sehen. Es waren förmliche Pflichtbesuche. Vater Und Tochter wußten nichts miteinander anzufangen. Er fragte nach ihren Veihnachtswünschen, die immer sehr bescheiden waren, — bis auf den Flügel, den sie sich brennend wünschte. 'Dann erkundigte er sich nach ihren Schulfortschritten, Plauderte ein wenig mit Kla rissa und war heilfroh, wenn er der Pflicht genügt hatte und wieder abreisen konnte. Eva verbarg in ihrer scheuen Art, was in ihr vorging. Sie beantwortete tonlos seine Fragen und schien kühl und unberührt durch seine Anwesenheit. Der Vater hielt sie deshalb für kalt und oberflächlich, wie ihre Mutter, und er wärmte sich nicht für diesen Sproß einer im leidenschaft lichen Rausch geschlossenen Ehe. Er ahnte nicht, daß Eva bei seinem Anblick das Herz bis zum Hals hinauf schlug und daß sie sich am liebsten an ihn geklammert hätte mit der heißen Bitte: „Hab mich lieb und gestatte inir, Dich zu lieben; denn mein Herz ist einsam und von Sehnsucht erfüllt nach einem Menschen, zu dem Sie sprach es nie aus; und er hielt sie sür indolent ! und gefühlsarm. Dazu kam noch, daß seine zweite , Gattin ihn darin bestärkte, daß Eva bei der Tante am j besten aufgehoben sei. Seiner zweiten Ehe entstammte t abermals eine Tochter. Sein Wunsch nach einem ; Majoratserben blieb unerfüllt. Nach seines Oheims Tod war er Herr auf Woltersheim geworden. Und da ihm männliche Erben versagt blieben, harte er den Sohn eines jüngeren Vetters, der dem Erbrecht zufolge nach ihm Majoratsherr sein würde, nach Woltersheim berufen, um an ihm eine Stütze zu haben bei der ! Bewirtschaftung der Güter. Eva hatte keine Ahnung von dem Leben und Trei ben in ihres Vaters Hause. Sie wußte nur, daß er wieder verheiratet war und daß sie eine Schwester hatte, die Jutta hieß »md drei Ähre jünger war al» sie selbst. j Nach dieser Schwester sehnte sie sich im Stillen unsagbar. Sie hätte Jahre ihres Lebens dahingegeben, um sie einmal zu sehen. Aber noch nie hatte sie gewagt, diesen Wunsch, der doch so natürlich war, zu, äußern. Klarissa streichelte eine Weile in ihrer unbeholfenen Art das Haar des jungen Mädchens. „Ich habe nie gewußt, daß Du so unter den Ver hältnissen leidest, unter welchen Du aufgewachsen bist," sagte sie leise, und ein gequälter, kranker Zug lag auf ihrem Gesicht. Eva sah es und trocknete schnell ihre Tränen. „Du hast wieder Deine Nervenschmerzen, Tante Kla rissa, — und daran bin ich diesmal schuld mit mei nem Ungestüm. Verzeihe mir, S tut mir so leid," sagte sie hastig. „Laß nur, Kind, ich bin ja an Schmerzen gewöhnt. Und Du sollst mir nicht umsonst Deine Herzcnsnot ge beichtet haben. Arme Eva! Mir ist es erst in diesem Augenblick klar geworden, daß Du gedarbt hast an meiner Seite. Ich glaubte, Du seiest glücklich. Mir scheint es ja das höchste Glück, gesund zu sein, mit gesunden Gliedern laufen und springen zu können und keine Schmerzen zu haben. Daneben schien mir alleÄ andere so unbedeutend. Aber nun sehe ich, daß auch ein, gesunder Mensch Schmerzen haben kann." Eva zwang sich zur Ruhe. „Du hast recht, Tante Klarissa. Ich hätte . mich nicht Hinreißen lassen sollen von meinen Gefühlen. Deine Leiden sind viel größer, und Du trägst sie mit Geduld. Vergiß, was ich Dir sagte." . „Nein, nein, — das will ich nicht. Du hast nnch »vachgerüttelt; ich werde nun immer wissen, daß Du nicht zufriÄen und glücklich bist. Arme Eva — wen« ich Dir nur helfen könnte! Aber von Deiner Mutter kann ich Dir wirklich nichts sagen. Nie habe »ch nne- der von ihr gehört, seit sie mir mitteilte, Aß ste ernv zweite Ehe eingehen und alles, was hinter »hr lag, Vev»