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Lander sei. Guscciardini habe schon 1906 als Minister des Auswärtigen erklärt, daß er den Dreibund als in ternationale Avhlsohrtseinrichtung zur Aufrechterhal tung des Friedens und die Freundschaft mit Frankreich als wirksamen Faktor zu gleichem Zwecke betrachte und er sei heute noch derselben Ansicht. — Dasselbe Blatt schreibt in seiner Wochenschau über die Rede des deutschen Reichskanzlers wörtlich: „Hinsichtlich des Dreibundes und der italienisch-deutschen Bezie hungen gab der Reichskanzler Erklärungen ab, die nur die weiteste Zustimmung der enormen Majori tät der Italiener finden können, die nicht zusammen geworfen zu werden wünscht mit jener geringen Mi norität, auf welche der Reichskanzler hinwies, und die über die Opportunität mit den Wert des Dreibun des anders denkt. Aus Nah uuo Kern Lichtenstein, den 13. Dezember 1909. *— .Silberner Sonntag. Ter gestrige Sonn tag war der silberne, wie ihn die Geschäftswelt nennt. Zwar seht man im allgemeinen nicht so große Hoffnung auf ihn, wie auf seinen Nachfolger, aber immerhin gehört er mit zu den besten Geschäftstagen des ganzen Jahres. Möchte er sich wiederum als solcher bewährt haben! * - Die Weihnachtsbänme werden jetzt doch nicht so teuer, wie man anfangs anzunehmen schon berechtigt war. Wir sprachen kürzlich davon, daß eine bald eintretende Schneeschmelze der beste Regulator für die diesjährigen Preise für Weihnachtsbäume sein könne. Diese Schneeschmelze jst jetzt im größten Um fange cingetreten und die erst tief eingeschneiten Tan nen werden nunmehr, zwar mit etwas Verspätung, aber doch zeitig genug, an den Markt kommen. So hotten wir es vorausgesehen. Aus Schleiz wird zu dem gleichen Thema Leschrieben : In den Wal dungen ist der Schnee vollständig weg und die Aus hebung der Christbäume wird eifrig betrieben. Es ist also kein Mangel an Weihnachtsbäumen zu befürchten, sondern nur eine Verspätung im Handel. * — Das Schaufenster. Zu keiner Zeit des Jah res bieten die Schaufenster der Ladengeschäfte ein so reizendes, beinahe festliches Bild, wie vor Weihnach ten. Man findet da wirkliche Meisterleistrmgen der De- kvratwnskunst. Schlendert man durch die Straßen, von Laden zu Laden, so ist's eine wahre Augen weide. Wieviel Sehnsucht erwacht da in den Herzen der Kinder, vor allem in den Herzen der armen Kinder! Sie stehen an den Scheiben, drücken daran ihre Näschen platt und sehen voll Bewunderung auf die ausgebreiteten — ach, so verführerisch schönen! — Sachen, die in allen Farben Winken: nimm mich! nimm mich!! Ja, wenn man so mir nichts, dir nichts durch die Scheibe hindurchgreifen könnte! Aber die kalte Scheibe ist hart: sie läßt nur das Auge hin durch, nicht die Hand . . . Manche Puppe, schön ouf- geputzt, wird da von kleinen Mädchen nicht weniger vergöttert, wie später eine Theaterdiva, die sich bildlich im Kasten der Kunsthandlung präsentiert. Und man ches Spielzeug wird nicht weniger heiß gewünscht, wie später das große Los. Und wieviel Kindersehn sucht wird ungestillt bleiben müssen, weil die Eltern . . . . arm sind. Fest der Liebe und Freude, schütte deinen Segen nach allen Seiten aus, — vor allem dort hin, wo entbehrende Kinder sind! * Seltene Beute. Am vergangenen Mittwoch gelang es Herrn Zimmermcister Lange, an dem von ihm «pachteten Teiche einen seltenen Bogel zu fan gen, der sich dort am Ufer nur schwer fortbewegen konnte. Jedenfalls ist es ein Seetaucher, ein nor discher Bogel, der im Winter auch nach Deutschland kommt und wahrscheinlich durch die letzten Stürme in unsere Gegend vertrieben worden ist. Der nordische Gast befindet sich wohl im Wasserbehälter des Herrn Lange, nährt sich von kleinen Fischen und erregt Be wunderung als Tauchkünstler. *— Die 11 Ha«Ptgewi«»e der XV. Sächsischen Pferdezucht-Lotterie, bestehend aus starkknochigen Zucht- und Gebrauchspferdttl, entfielen in der Rei henfolge auf die nachfolgenden Los-Nummern: 11091, 29 880, 60 201, 44 353, 39 419, 10105, 13 138, 80332, 78814 35217, 39 063. Die Ziehungsliste er scheint Dienstag abend. — Die Gewinnausgabe er folgt von Mittwoch, den 15. Dezember ab. Auswärtige Gewinner wollen die Lose nur an die Spedideurs Geucke L Co., G. m. b. H., Dresden, Freiberger- straße 39, einsenden, welche die Gewinngegenstände nach der Reihenfolge der Eingänge jener Lose ohne Berechnung der Verpackung unfrankiert übersenden werden. Die bis zum 30. Dezember 1909 nicht ab gehobenen Gewinne verfallen nach § 5 der Berlo- sungsbestimmungen. W Da« Hoäsrosts in > s KeyjßHrO- z W unä anderen Olüvkvnvsek » - Karte« - » » Kl gnäen Sie bei diUixer kreisatellllvx in äsr » s Isgeblstl-Ihuelcei'ki s A Ott« Loed nnck VHdelm bester A » Amotauorstrasse » M HZ. Weikvaedts-UssteUunxva ank Visiten- — ? und Oluokvansohksstsn erbitten vir uns M n nm tür xssehmaokvoUs W » ^.uslüdrnnA sorgen ra tönnon. W *— Auslosung. Am 8. d. M. und folgende Tage hat eine abermalige Auslosung Königlich Säch sischer Staatspapiere stattgefunden, von der die auf 3Vr Proz. herabgesetzten, vormals 4 Proz. Staats- schulden-Kasseuscheine von den Jahren 1852,55,58,59, 1862,66 und 68 betroffen worden sind. Tie Listen der gezogenen Nummern liegen bei sämtlichen Be zirkssteuereinnahmen, sowie bei allen Stadträten, Bürgermeistern und Gemeindevorständen des Landes zu jedermanns Einsicht aus. Neudörfel. (Seltene Belohnung.) Bei dem W» 2. Dezember im Thiele'schen Gasthofe hierselbst statt, gefundenen Ballvergnügen hat ein hiesiger Herr Voit einer gebildeten Dame aus Ortmannsdorf für sein« Liebenswürdigkeit (indem er der Dame die Saal türe öffnen wollte) eine kräftige Ohrfeige zum Danke bekommen. Sehr nett! Thur». (Die hiesige Brauerei) gmg durch Kauf in den Besitz des Direktors Kummer Zwickau-Pölbitz, über. DaS auch in weiter Ferne beliebte Thürmer Weißbier wird gewiß auch im neuen Betriebe feinen alten guten Ruf behalten. — Bon unserer Schmalspur wird Bahnverwalter Kunze mit - Jahreswechsel nach Kirchberg versetzt. Flöha. (Ein Einbruch in das hiesige Postamt) ist in der vergangenen Nacht von bis jetzt noch un bekannten Tätern versucht worden. Erfreulicherweise sind die Bemühungen der Diebe erfolglos gewesen. Der festverriegelte Fensterladen hat den Svrengver- suchen nicht nachgegeben, so daß die Täter unver richteter Sache abziehen mußten. Kamenz. (Aus Bruderliebe den Tod erlitten. Einige Kinder machten sich auf dem Eise in der Kohlen grube aus Flur Skaska zu schaffen. Der zwölfjährige Knabe Markatsch geriet hierbei in Gefahr zu ertrinken. Seine dreizehnjährige Schwester eilte ihm zu Hilfe, brach aber dabei ein und ertrank. Der Knabe konnte gerettet werden. Leipzig. (Das Leipziger Schwurgericht) verurteilte den Kaufmann Grosser aus Berlin wegen der Bluttat im Reichsgericht zu zehn Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrenverlust. Meerane. (Vermißt.) Seit Ende September wird von seinen Angehörigen der 19jährige kaufmännische Reisende Biber aus Meerane vermißt. Er hielt sich zuletzt in oder in der Nähe von Trünzig oder Teich wolfranisdorf auf. Aus den damaligen Umstände» kann geschlossen werden, daß er geistig nicht recht i» Ordnung gewesen ist. Der Vermißte ist 1,66 biS 1,68 groß, das Haar ist dunkelbraun, er trug Trauer flor am linken Arm und am Hut. Kleidung: dunk ler Sonrmerüberzieher, dunkler großkarierter Rock anzug und grüngrauer weicher Hut. Plaue» i. B. (lieber 1000 Sticker) beschlossen den sofortigen Streik. Der vogtländischen Stickerei- industric wird dadurch zugunsten des Auslandes der größte Schaden zugefügt. Die Lage ist ernst. Zwickau. (Landesversammlung) Der Verband der Handelsgärtner Deutschlands, der über 6500 Mit glieder zählt, hielt gestern seine Landesversammlung hier im ..Radegarten" ab. Es wurden hierbei nach Erledigung des Geschäftlichen und der Wahlen einige beruflich fördernde Vorträge gehalten. Oeffentliche Sitzung des Köuigl. Schöffengerichts zu Lichteuftei« am 8. Dezember 1909. (Nachdruck verboten.) Ltrafsackeu. 1. Haud-riedcnKbruch. Der wiederholt vorbestrafte Bergarbeiter Friedrich William L. in Lichtenstein hat trotz eines an iün ergangenes Verbots die Tanzmusik im Goldnen Adler in Callnberg am 7. November 1909 besucht und sich dabei wiederum unangemessen betragen. Da er der erneuten Aufforderung des Wirts und des Schutzmanns, das Lokal zu verlassen, nicht Folge leistete, wurde gegen ihn Strafantrag gestellt. Er wurde nunmehr wegen Hausfriedensbruchs zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt. Die Geschwister. Roman von H. Courths-Mahler. 38 (Nachdruck verboten.) : j ,Ha? Gefällt Ihnen das?" - - sehr, ich habe frohe Leute furchtbar gern." ' „Also mich auch?" ' „Wer wird so neugierig sein? Bitte, geben Sfe acht, wir sind am Tanzen." Er legte den Arm um ihre schlanke, feingeglie derte Gestalt und führte sie sicher im Tanze dahin. Als die Musik abdrach, sagte Liesa zu Fred: „Bitte, führen Sie mich zu meiner Mutter hin über." „Sie haben wohl große Sehnsucht nach ihr?" „Meine Eltern reisen morgen früh schon wieder nach Hause, da muß ich mich Mama heute noch etwas widmen, sonst hält sie die lange Trennung von mir gar nicht aus. „Und doch erlaubt sie Ihnen, länger hier zu bleiben?" „Mama und Tante Haller sind sehr zärtliche Schwestern. Da will die eine immer der anderen helfen. Ich werde großmütig an Tante Haller ausgcborgt, weil Maina mich ja noch nicht herzugeben braucht, wie Tante ihre Inge." „Noch nicht — aber lange wird Ihre Frau Mutter dies Glück auch nicht mehr genießen." „Ach — wer weiß," sagte sie ein wenig ver legen und zuckte die Achseln. Nun waren sie bei Frau Wagner angelangt. Die kleine rundliche Dame sah ihrer Schwester sehr ähn lich. Auch die freundliche, liebenswürdige Art des Benehmens erinnerte sehr an diese. Sie sah sehr interessiert in das hübsche, ge bräunte SolAatengesicht Freds. Der klugen und sorg samen Mutter entging nicht, daß ihre Tochter mit Fred Gotzegg nicht ganz so gemütsruhig uiü> unbe fangen verkehrte, wie mit anderen jungen Herren. Vorsichtig hatte sie Erkundigungen bei ihren Ver wandten eingezogen. Tie Auskunft war befriedigend. Taß Fred Goßegg arm war, störte sie nicht- Sie hatten eS ja dazu, ihren Kindern in dieser Beziehung keine Schranken aufzuerlegen. Wagners besaßen außer Lisa noch einen Sohn, der des Vaters Geschäft später übernehmen sollte. Tiefer weilte jetzt im Ausland, um neue Verbindungen für die Firma anzuknüpfen. Als Fred sich nach einigen artigen Worten von Mutter und Tochter trennte, sagte Frau Wagner lächelnd: „Nun, Liesa, wie amüsierst Tu Dich?" „Himmlisch, Mama. Es ist furchtbar interessant hier." „Du freust Dich Wohl, daß Du noch hier bleiben kannst?" „Offen heraus — ja. Lieber wäre es mir freilich, Ihr bliebet auch mit hier. Aber da es nicht ßein Aann, muß ich mich fügen." „Du wirst uns nicht sehr vermissen, Onkel und Tante werden Dich so verwöhnen, daß Dn gar nicht nach Hause verlangst. Und an Gesellschaft wird es Dir auch nicht fehlen." „Sicher nicht. Leutnant Goßegg hat mir bereits gesagt, daß er sich mir zur Verfügung stellt. Ist er nicht charmant, Mama?" „Er gefällt mir sehr gut." „Mir auch. Er ist so lustig und so natürlich. Ich kann den geschraubten Ton nun einmal nicht vertragen. Herr von Goßegg ist ganz reizend." Und nun ging es an ein Aufzählen aller Vorzüge, die Fred in den Hugen der jungen Dame besaß. Und Marno Wagner hörte still lächelnd zu und dachte sich ihr Teil. Sie wußte nun Bescheid. * * » . Schwester Magda stand vor ihrer Oberin. „Liebes Kind, ich freue mich sehr, daß Sie sich so schnell und gut einrichten. Ich sehe, Sie nehmen es sehr ernst mit Ihrem Beruf, und Ihre frische, freudige Art ist sehr wohltuend. Wenn es Ihnen recht ist, werde ich Sie ron morgen an in unserer Frauen- abteilung mit anstellen." „Mir ist alles recht, was Sie über mich be schließen. Wo ich nützen und helfen kann, da ist mein liebster Platz." „So ist es recht, Schwester Magda. Später werd« ich Ihnen auch Privatpflege übergeben. Tie ist zwar ost mühevoller, aber auch befriedigender. Man nimmt dann immer stärkeren persönlichen Anteil an seine» Kranken. Und nun, wenn Sie heute Ihre Angehö rigen noch einmal besuchen wollen, gestatte ich eS Ihnen gern. Von morgen an sind Sie mehr ge bunden." „Ich mache gern von dieser Erlaubnis Gebrauchs Frau Oberin." Schwester Magda küßte ihr die Hand und war entlassen. Sie Passierte einen langen, Hellen Korridor und betrat ihr einfaches Stübchen. Weiße Mullvorhängr an den Fenstern, ein blütendweißes Bett — auf dem Tisch eine ebensolche Tecke — alles schlicht und vo» peinlichster Sauberkeit. Schwester Magda trat an das Fenster und sah in den Garten hinab. Dort lagen in bequemen Lehn stühlen einzelne Kranke und ließen die warme Früh lingssonne heilkräftig auf sich einwtrken. Einige Re konvaleszenten gingen auf den breiten Kieswegen ans und ab. Die junge Schwester sah sirit freundlichen Augen auf das friedliche Bild. Wie schön war es, wenn man seine Kranken ge sund gepskegt hatte und die Genesungsfreude in ihre» Augen glänzen sah. Schwester Magda war sehr zu-« frieden mit ihrem Schicksal, (Fortsetzung folgt.)