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sung. Was Rousseau für Schiller, den Jüngling, das wurde der Weltweise von Königsberg, Kant, für Schiller, den Mann. So bahnte sich Schiller, philoso phierend über Staat und Kunst, allmählich den Weg zur Kunst selbst zurück. Und in dem Heimweh nach der Poesie, dem eigentlichen Vaterland seines We sens, fand er sich auch endlich mit dem grossen Werk- genosfen zusammen, dem gleichfalls während der letz ten Jahre naturwissenschaftlicher Studien ein glei ches Sehnen die Seele erfüllte. Jetzt, im Jahre 1794, schloß sich der Freundschaftsbund, der nach Goethes Worten ihn, aber mit ihm auch Schiller, aus dem wissenschaftlichen Beinhaus in den freien Garten des Lebens zurückrief. Fortan ist es der Kampf um die ideelle Freiheit, der Schillers historische Meisterdra-, men seines Mannesalters erfüllt, und der sich im „Wallenstein" sowohl wie in „Maria Stuart" äußert. In der „Jungfrau von Orleans" und im „Teil" er klingt dann nochmals das Evangelium der politischen Freiheit. Kein Bekenntnis zur Republik mehr, wie im „Fiesko", und kein Bekenntnis zum ästhetischen Staat mehr, wie in den Briefen an den Herzog von Augusten burg, überhaupt kein Bekenntnis zu irgendeiner Staatsform ist es, das Schillers Schwanengesang ablegt. Laut und voll erhebt er seine Stimme zum Preis der Heiligtümer des natürlichen Menschen, zur Weihe von Haus und Familie, von Vaterland und Volkstum. Tie Ideale, die Schiller im Kampf mit seiner leidenschaftlichen Natur und mit der Not des Lebens sich erarbeitet hat, behalten auch im mo dernen Nationalstaat ihre hohe soziale Bedeutung. Haus, Familie und Volkstum bilden auch seine un veräußerliche Grundlage, und über allem notwendigen, staatlichen Zwang steht die freie Entfaltung des Ein- zclmenschen, über dem Sinnlich-Natürlichen das Sittlich-Vernünftige, über Pflicht und Neigung die Harmonie von Pflicht und Neigung, über dem Terro rismus von Gesinnung und Partei und über dem eisernen Mechanismus der Bureaukratie die Gedan kenfreiheit, über den Vorurteilen der Gesellschaft das. ewige Recht des Herzens. Alles das sind Güter, die nicht durch wirtschaftlichen Besitz oder durch soziale Machtstellung zu erringen sind, und die deshalb von allen Schichten der Gesellschaft erworben und be hauptet werden können. Sie allein überbrücken darum alle Klassengegensätze und -unterschiede und bilden das wahre Einigungsband für ein wirtschaftlich und Politisch tausendfach zerklüftetes Volk, wer für sie lebt und schafft, der arbeitet und kämpft im Geiste unseres großen Tichters für die wahre soziale Ein heit des deutschen Volkes, ja aller Völker der Erde: „Damit das Gute wirke, wachse, fromme, Damit der Tag dem Edlen endlich komme." Die Ausführungen des Vortragenden wurden von den Besuchern mit lebhaftem Beifall ausgenom men. Aus Nah uuo Fern. Lichtenstein, den 13. November 1909. *— Rauhe Stürme räumen jetzt schnell auf niit den letzten Spuren des Herbstes, mit dem wir in diesem Jahre allgemein zufrienden sein konnten. Nun behauptet der Winter sein Recht, wenn es ihm auch in unserer Gegend noch nicht gelungen ist, sein Lei chentuch dauernd über das iwnd zu breiten. In der Nordsee und in der Elbmündnng berrschen starke Ha gelböen und beeinträchtigen den Schiffsverkehr. *— Der Rchtuhr-Ladenschluß wird in den beiden SchwesterstädteN Lichtenstein und Callnberg Vom 29. diovember ds. Js. ab für die offenen Verkaufs stellen aller Geschäftszweige eingeführt. Es sind also von diesem Tage ab an allen Werktagen im Jahre die Geschäfte bereits um 8 Uhr zu schließen. Ausge nommen sind die Sonnabende und diejenigen Aus- uahmctage, die von der Ortspolizeibehörde gemäß 8 139 c der Reichsgcwerbeordnnng bestimmt worden sind oder in Zukunft noch bestimmt werden. Auch der Hausierhandel und das Feilbieten von Waren an öffentlichen Plätzen rc. wird von dieser Bestimmung betroffen. Am Dienstag abend wird in einer Ver sammlung der beteiligten Kreise das Nähere über den Achtuhr-Ladenschluß bekannt gegeben werden. *— Lotterie. Die Lose der 15. Sächsischen Pferdezucht-Lotterie (Ziehung am 7. Dezember — Lose a 1 Mark) erfreuen sich auch in diesem Jahre allseitiger Sympathien. Wie uns das Sekretariat des Dresdener Rennvercins mitteilt, dürfte im Laufe dieser Woche der nur noch ganz geringe Vorrat hierin wieder vollständig vergriffen sein, sodaß ein recht zeitiges Versorgen in den allerorts durch Plakate kenntlichen Verkaufsstellen nur zu empfehlen ist. — Alles weitere gibt das heutige Inserat dieser Zei tung bekannt. , *— Die Einkommensteuer-Deklarationen wolle man nicht vergessen, rechtzeitig, d. h. innerhalb drei Wochen vom Empfang der Deklarationsauffor derung an gerechnet, bei der Gemeindebehörde einzu reichen, da die nicht rechtzeitige Einreichung den Ver lust des Rcklamationsrechtes nach sich zieht. Kann ein Steuerpflichtiger aus irgend einem Grunde die dreiwöchige Frist nicht einhalten, so kann er bei der Gemeindebehörde um eine weitere Frist bis zu einer Woche nachsuchcn, jedoch ist das Ersuchen um Frist verlängerung noch vor Ablauf der ersten Frist zu stellen. *— JnvalibcnrcntenantrSge. Immer noch kommen Fälle vor. in denen Versicherte, die aus den oder jenen Gründen einige Jahre außerhalb von Lohnarbeit standen, -um Teil in ganz unverzeihlicher Weis« versäumten, sich in der arbeitslosen Zeit frei willig fortzuverfichern, so daß sie einzig aus diesem Grunde die Rente nicht erhalten können. Nach dem Gesetz gehen alle Ansprüche an die Versicherung ver ¬ loren, wenn in einem zweijährigen Zeitraum nicht mindestens zwanzig Beiträge gezahlt werden. Ta hier- i für die niedrigste Markensorte von 14 Pfg. genügt, § so schützt schon eine Ausgabe von 2,80 Mark in! zwei Jahren gegen den Verfall. Wird diese Fort- ! Versicherung unterlassen, so steht cs nicht in der Macht > der Versicherungsanstalt oder irgend einer Instanz! Rente zuzusprechen. Möchten alle beteiligten Kreise! dazu beitragen, daß diese höchst unbefriedigenden Vor- kommnisse bald zur Seltenheit gehören. e. Mülsen Kt. Jacob. (Kurzer Bericht übe« die Sitzung des Gemeinderates vom 9. November.^ 1. Es sollen «in, ev. zwei Knaben der Fürsorgserzie» hung überwiesen werden. 2. wurde Beschluß gefaßh über Verteilung von 139 Mark Legatzinsen der Eduardi Fritsche-Stiftung. 3. wurde Beschluß gefaßt über bau liche Veränderung im Krankenhaus«. 4. wurde Kennte nis genommen von den Verhandlungen über Verkauf des Kohlenunterirdischen in hiesiger Gemeindeflur, Man wird bei einem ev. Verkauf die Interessen dev Gemeinde wahren. 5. Zur Beratung standen dann noch einige, vorläufig nicht zur Veröffentlichung ge eignete Sachen. g. Mülsen St. Niclas. (Tie Zinsen des Köhler- und Fritsch-Legates), insgesamt 279 Mark, werden am Sonntag, den 14. November d. I., nachmittags 3 Uhr im hiesigen Gemeindeamte an 49 hiesige Arm«, verteilt. Tie beiden Wohltäter, Gutsauszügler Karl Friedrich Köhler und Rentier Eduard Fritsch haben letztwillig bestimmt, daß die Zinsen jedesmal an ihrem Geburtstage — 14. November — verteilt werden. Tas Köhlersche Stiftungskapital beträgt 4000 Mk. und dasjenige von Fritsch 5000 Mk. Manche Träne haben die beiden edeldenkenden Menschen schon ge stillt und Tank gebührt ihnen bis über das Grab hinaus. Chemnitz. (Professor Max Pohle,t der lang jährige Leiter der hiesigen städtischen Kapelle, ist in der Nacht zum Freitage in seinem 58. Lebensjahrs nach langem Leiden gestorben. Das Chemnitzer Musib» leben verliert eine der Persönlichkeiten in ihm, um die es sich vertrauensvoll scharen durste. Ter Name Pohle wird unvergänglich auf dem Ruhmesschilde un serer städtischen Kapelle eingeprägt bleiben als der ihres großen Meisters, der ihre Leistungsfähigkeit auf eine bis dahin nicht geahnte Höhe der Kunstlerschaft gehoben hat, so daß sie heute in der vordersten Reihe der besten Orchester marschiert. Nicht nur als de« erfolgreiche Orchesterdisziplinator, als auch der fein« Interpret musikalischer Schöpfungen, der uns Unver geßliche Stunden der Erbauung beschert hat, wird cr in unserem Gedächtnis und in der Geschichte des Geisteslebens unserer Stadt fortleben. Eibenstock. (Der Winter hat sich eingestellt.) Vom- Auersberge wird gemeldet, daß dieser jetzt eine herr liche Winterlandschaft bietet. Tie Bäume tragen star ken Rauhfrost, die Schneetiefe beträgt 12 Zentimeter^ Tie Temperatur betrug gestern früh —3,5 Grad Cel-, sius. Es herrscht anhaltender Schneefall. Tie nun mehr fertiggestcllte Rodelbahn harrt ihrer Benutzung. Falkenau bei Flöha. (Ten Verletzungen erlegen.)! Tie Ehefrau des Streckenarbeiters Seyferth, die am- 2l. vor. Monats durch Explosion einer Petroleum lampe schwere Brandwunden erlitten hatte, ist Ton- Mtszieveztea HoodeleALnt« tlastsr W-Nt» krilri! LIIIIlNi frei»! l NojliZs vsieks 8to8s krMi8ehs k'ssZons lelek.^b Loäea-Zoppe« Lrprobte HaalitLton sparte §»8800» MseaMe Lntrüelcsllä« älu8tsr LIsZmits kLrnisnwxov . ' > ^7 M W. Seipel Merve Zlozea üeäwAsns 8toüs Mter Metok Lrprokto tzualitätsu tz KeckisAsoste VsrurbsituoAH Merke« IwxräAvisrt Iwäsu Llüvedever P»driIcLt« Iscttett-kvrSze Iloedmockörns ) VollencletLts kssslorm In grö88lsr kWNLklß 8 zam ?Is1rs! ß In?grv88ten ^u8^aßl sm plstre!