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«eine Auszeichnung und eine Anerkennung der großen i politischen Dienste, die er in seiner bisherigen Stel- lung geleistet hat. Eine große Ucberraschung be deutet die Ernennung des bisherigen Oberpräsidenten der Mark Brandenburg von Trott zu Solz zum Preußischen Kultusminister Für sein künftiges Ver halten bietet seine bisherige Tätigkeit kaum irgend welche Anhaltspunkte. Auch sür Herrn von Loebell ist bereits ein Nachfolger gefunden, wenn die Meldung des Lokalanzeigers recht hat, die erklärt, daß der bis herige Unterstaatssekretär von Günther das Erbe LvcbellS als Ches der Reichskanzlei antreten wird. * * * Die Rätsclsragen der Sphinx sind nun gelöst, und jetzt muß eine Periode des Besinnens, des Aus gleiches, der ruhigen Arbeit folgen. Cs ist viel zer stört worden und es muh ausgebaut werden — gerade für solche Ausgaben bringen die neuen Männer gute und tüchtige Eigenschaften mit, auch wenn wir sie wohl schwerlich jemals in der Rolle der Himmcl- stürmcr erblicken werden. De-tscht-Reich. Berlin. (Fürst Bülow) ist unter sehr bemerkens werten kaiserlichen Gnadenbezeigungen aus seinem Amte geschieden. Fu der gestrigen Audienz hat ihm der Kaiser die Brillanten zum Schwarzen Adlerorden verliehen und ihn außerdem durch ein .Handschreiben ausgezeichnet, worin er ihm in den wärmsten Aus drücken seinen Dank für die ihm geleisteten treuen Dienste ausspricht. Es heißt in dem Schreiben unter anderem: „Es ist mir aber ein Bedürfnis des Herzens, Ihnen bei dieser Gelegenheit für die Hingebung und Aufopferung, mit denen Sie in den ver schiedensten Aemtern und Stellungen Ihrer ehren vollen und segensreichen Dienstlaufbahn meinen Vorfahren, mir und dem Vaterlandc so hervor- , ragende Dienste geleistet haben, meinen wärmsten Tank auszusprechen. Gott der Herr schenke Ihnen nach einem so taten- und arbeitsreichen Leben noch viele Jahre ungetrübten Glückes. Indem ich Ihnen als äußeres Zeichen meiner Dankbar keit, Anerkennung und Zuneigung den hohen i Orden vom Schwarzen Adler mit Brillanten ver leihe und die Insignien desselben hierneben zu- gehcn lasse, verbleibe ich Ihr Ihnen stets wohl geneigter, dankbarer Kaiser und König Wilhelm . I. R. Berlin, Schloß,, den 14. Juli 1909." Daß das Scheiden deS Fürsten Bülow aus seinem Amte seine persönliche Beziehung zu dem Kaiser nicht berührt, dürste am besten der Umstand beweisen, daß zu seinem Nachfolger der Mann ernannt worden ist, den Fürst von Bülow einzig als seinen Nachfolger empfohlen hat. Fürst Bülow hat, wie er auch in der Sitzung des preußischen Staatsministeriums be tonte, von Anfang für seine Nachfolgerschaft keinen anderen Kandidaten gehabt, als Herrn von Bethmann- Hollweg, zu dem er das größte Vertrauen gehegt, und den er dem Kaiser sowohl bei seiner Ernennung zum preußischen Minister des Innern, wie zum Staats sekretär des Innern empfohlen hat. Ueberhaupt wird nyan anerkennen müssen, daß Fürst Bülow in wahr- Mst vornehmer Weise aus seinem Amte geschieden und seine Stellung seinem Nachfolger in einer Weise vorbereitet hat, die man geradezu als vorbildlich bezeichnen kann. — , Ausweisung von acht Teutsch-Amerikanern.) Eine peinliche Ueberraschung in, wie ein Berliner Mittagsblatt meldet, einer Anzahl amerikanischer Deutscher zuteil geworden, die einer Einladung des deutschen Schützenbundes Folge geleistet und sich an dem allgemeinen Bundesschiehen in Hamburg beteiligt haben. Acht von diesen Herren sind von der Polizei behörde mit dem Auswcisnngsbesehl bedacht worden und zwar, weil sie seiner Zeit sich ihrer Militärpslicht durch Auswanderung nach Amerika entzogen haben. Die Ausgewiesenen sind sämtlich hochangesehcne New porter Kaufleute, die mit ihren Frauen und zum Teil mit ihren Kindern die Gelegenheit benutzt haben, um dos alte Vaterland wiederzusehen und es ihren Kin dern zu zeigen. Tie von dem Ausweisungsbefehl Betroffenen haben sich an den amerikanischen General konsul gewandt, der sofort die Botschaft in Berlin von dem Vorkommnis in Kenntnis setzte. Tiefe wird ihrer seits nichts unversucht lassen, daß die Ausweisungs befehle wieder zurückgenommcn werden. Wie erinner lich hat ein ähnliches Mißgeschick jüngst den in Ber lin weilenden deutsch-amerikanischen Komponisten Ker ker getroffen. s «- (Rückkehr von Afrikakriegern in die Heimat.) Der voü Ostafrika zurückkehrende Reichspostdampfer Bürgermeister traf mit den Avlösungsmannschaften der auf der ostafrikanischen Station befindlichen Kreu tzer Seeadler und Bussard, 7 Offiziere und 145 Unter- vssizicre und Mannschaften stark, in Hamburg eiu. Ter Transport ging sogleich nach Berlin weiter, wo er ausgelöst wurde. — -Begnadigung der deutschen Deserteure?) Dem Journal zufolge soll die französische Regierung be absichtigen, den jüngst in Casablanca verurteilten sieben deutschen Deserteuren der Fremdenlegion einen Teil der Strafe zu erlassen. — Was den armen Teu feln nur zu gönnen wäre! >»» Rah Lid Fern. Lichtenstein, den 15. Juli 1909. * — Lie Wettervsrhersa-e für morgen läutet! Südostwind, aufheiternd, warm, trocken. * — Etadtbad. Wassertemperatur für heute: 18» C. * — Graste Ferien. Zum ersten Male nach der neuen Ferienordnung schlossen sich am 14. Juli mittags um 12 Uhr die Tore unserer Schule auf 3'/» Wochen. Sommerserien! Größere und kleinere Schüler kehrten mit freudig strahlendem Gesicht der Anstalt den Rücken, deren Nutzen zu verkennen in ihren Kreisen eine starke Neigung herrscht. Der goldenen Freiheit ging es heute entgegen. 3'4 Wochen! Für das Kind ein Zeitraum, der namentlich dem Sinn der A-B-C-Schützen, die zum ersten Male „große Ferien" haben, unermeßlich lang dünkt. Glücklich sind sie heute alle, die Kinder, ob sie nun in unsere erzgebirgischen Sommerfrischen, nach Thüringen, nach Oberbayern oder an die See reisen, oder ob ihnen die Aussicht winkt, 3'/2 Wochen zu nicht immer un getrübter Freude der nächsten Beteiligten in Woh nung, Haus und Straße ihre Herrschaft etablieren zu können. Ein nicht unerheblicher Teil unserer Schul jugend verläßt in diesen Tagen für längere oder kürzere Zeit die Stadt und geht in Sommerfrischen oder auf das Land zur Großmutter, zu Onkels, Tan ten, Bekannten oder anderen ähnlichen segensreichen Einrichtungen, deren man sich vor den nahenden großen Ferien mit besonderer Freundschaft und An hänglichkeit zu erinnern pflegt. Sie alle begleitet unser herzlichster Wunsch: Glückliche Reise! Gutes Wetter! Gute Erholung! Und dann: Glückliche Heim kehr! * — Das Parkfest in Lichtenstein findet bc kanntlich am 25. und 26. Juli in den herrlichen, idyllischen Anlagen des Stadlparks am Stadtwald statt. Die einzelnen Ausschüsse sind schon seit Wochen bemüht, dem Feste diesmal ein ganz besonders an ziehendes Bild zu verleihen, so unter anderem durch Aufstellung eines Varietees, Auflassung von gewal tigen Lustballons (die Gondel der letzteren enthält Platz sür vier Personen), Ringkämpfe und so viele, viele Ueberraschungen, die hier noch Nie geboten wor den sind. Tie Beleuchtung des Parkes wird eine ganz intensive, ebenso das an beiden Tagen abzubrcnnende Feuerwerk ein weit umfangreicheres als in den Vor jahren werden. Möchte recht günstige Witterung dem mit so vielen Mühen arrangierten Feste hold sein! * — Ehrung. Herr Gendarmerie-Brigadier Müller von hier nahm kürzlich an der Jahrhundert feier des Landgcndarmeriekorps teil. Aus Anlaß dieser Feier wurde dem verdienten Beamten die Krone zum Ehrenkreuz verliehen. * — Fahrraddieb. Der hier noch im „guten" Andenken stehende frühere Fischhändler Arno Christoph ist gestern von der hiesigen Schutzmannschaft ermit telt und dem Königlichen Amtsgerichte Lichtenstein zugeführt worden. Er dürfte bald nach Chemnitz gebracht werden, da er von der dortigen Staatsanwalt schaft als Fahrraddieb gesucht wird. * — Vom Militärvereinsbund. Der gegen wärtig 1666 Vereine mit rund 200 000 Mitgliedern zählende Königlich Sächsische Militärvereinsbund, der am Sonnabend und Sonntag in Chemnitz seine Bun des-Generalversammlung abhielt, gehört zu deu größ ten Vereinigungen des Landes; er steht seit dem Regierungsantritte Königs Friedrich August III. unter dessen Protektorat, und bekanntlich waren auch König Albert und König Georg Protektoren des Bundes. Seit einigen Jahren hat Prinz Johann Georg das Ehren-Präsidium desselben übernommen, und seit zehn Jahren steht der verdienstvolle Präsident, Derr Justiz rat Windisch, Major der Landwehr-Infanterie außer Dienst, als Leiter der Geschäfte an der Spitze des Bundes. Ter Militärvereinsbund hat seinen ur sprünglichen Zweck, eine kameradschaftliche Zusammen fassung aller sächsischen Militärvereine zu bilden, schon längst weit überholt; denn er hat sich durch seine segensreich wirkenden Wohlfahrtseinrichtungcn, die sür andere Landesverbände vorbildlich geworden sind, als eine gemeinnützig wirkende und dabei die Pflege der Vaterlandsliebe und Königstreue för dernde Vereinigung erwiesen. Daß ein solcher Bund, der sür seine Vereine und Mitglieder die idealsten Ziele erstrebt und dabei wirtschaftliche Ungleichheiten unter seinen Mitgliedern durch seine Kassen und Stif tungen möglichst zu lindern sucht, nicht allein von den Bundesangchörigen, sondern auch von ihm Fernstehen den und von Behörden des Landes als ein wesentlicher Faktor in der Lösung sozialer Fragen erkannt und geschätzt wird, ist bei der Vielseitigkeit seines gemein nützigen Wirkens naheliegend. * - Eine gefährliche Giftpflanze. Auf Schutt halden, Aschenplätzen, Nnland und an Hecken blüht gegenwärtig eine Giftpflanze, die schon durch ihr Aeußeres ihren Charakter verrät. Dunkle Blätter mit langem, seidenglänzenden Haar besetzt, schmutzig gelbe Blüten, deren Blätter fein geadert erscheinen, so zeigt sich das Bilsenkraut, das von den Tieren ängstlich gemieden wird. Sämtliche Teile enthalten ein scharfes Gift, das tödlich wirkt. In Klitschin in Mestböhmen starb dieser Tage ein vierjähriges Mäd chen, das beim Spielen an den Blüten des Bilsen krautes gesaugt hatte, an den Folgen der Vergiftung unter gräßlichen Schmerzen. Ein zweites Kind liegt aus derselben Ursache krank darnieder. Diese Vor fälle feien Mr Warnung Nitgeteilt. Neudörfel. (Schützengesellschaft.) Am Sonnt«« und Montag sand das Vogelschießen mit gleichzeitige« Weihe des neuen Schießhauses statt. Eingeleitet wurde es durch einen Zapfenstreich am Vorabend. Da« anr Sonntag stättgefundene Konzert auf der Vogel wiese wurde leider durch das schlechte Wetter stark beeinträchtigt. Eine Reveille am Montag rüttelte die Langschläfer aus den Federn. In den Vormits tagsstunden sand nach vorheriger Abholung des Schützenkönigs Münch nebst Familie aus Oelsnitz Um zug statt. Unter den Ehrenmitgliedern im Zuge bv4 fand sich auch der 83jährige, leider ziemlich er blindete Ludwig Auerswald. Gegen 6 Uhr abends erschienen in starker Anzahl die Brudervereine vo» Mülsen St. Niclas und Ortmannsdorf. Tie Königs-, würde ging von Herrn Münch auf Herrn Ritterguts-i Pächter Emil Baumann über; ersterer spendete wäh rend des Tages ein solennes Frühstück. Ein Ball beschloß die Festlichkeit. Erimmitschalt. (Flüchtig geworden) ist nach Unterschlagung von zirka 3600 Mark der am 4. MärK 1877 in Torf Diendorf, Mecklenburg-Schweren, ge borene Burcauvorsteher Paul Rudolf Wilhelm Hubert Ehlers. In seiner Begleitung befindet sich vermutlich eine 22 Jahre alte Kellnerin. Dresden. (Pfarrerwahl. — Alpensonderzüg«-! Ter Kirchenvorstand der Auferstehungskirche in Vor stadt Plauen wählte mit großer Mehrheit für die durch Emeritierung frei werdende Psarrstelle den dortigen Pastor Eugen Steinbach. — Mit den gestern nach den Alpen abgegangenen sächsischen SonderzügrN wurden insgesamt rund 3000 Personen befördert. Dresden. (Erschossen.) Der Mitinhaber der be-i deutenden Weingrotzhandlung H. Schönrock Nachfolger in Dresden und der Sektkellerei Bussard in Nieder lößnitz bei Dresden, Handelsrichter Edmund Grahl, hat sich in seiner Wohnung in Niederlößnitz erschossen, lieber das Motiv zirkulieren zur Zeit noch unkontrol-j licrbare Gerüchte. ' Glauchan. (Unverhofftes Ende.) Einige Mitglieq der eines hiesigen Vereins, die von einem Ausflug zurückkamen, gerieten in einem Restaurant in Rein holdshain in Streit. Auf dem Heimwege wurden die Mitglieder von den Gästen jedoch aufgelauert und, derart geschlagen, daß sie sich noch in derselben Nacht in ärztliche Behandlung begeben mußten. Großenhain. (Tie Saalinhaber der Amtshaupt-f Mannschaft Großenhain- erklärten sich in einer Verq sammlung bereit, ihre Säle allen Parteien zu Ver sammlungen, in denen öffentliche Angelegenheiten beK handelt werden, jährlich einmal bedingungsweise zur Verfügung zu stellen. ' Hohenstein-Ernftthal. (Außer Betrieb gesetztes Erzbergwerk.) Tas einzige Erzbergwerk im niederen Erzgebirge, der SjW"^mpertusschacht, an der Zecheu-i straße gelegen, in^Z.'ger Betrieb gesetzt worden, do- vermutlich die Ausbeute — gefunden wurden Arsen, Kupferkiese und Gold — nicht gewinnbringend genug ist. Ter Schacht gehört einer Aktiengesellschaft. Leipzig- (Zur Beseitigung der Stadttheater^ sinanznotz beschloß die Stadtverordnetenversammlung einstimmig den Funduscrwcrb für 300000 Mark, den Pachtwegfall und eine Erhöhung der Eintrittspreis«. Plauen i. B (Tas Stadtverordnetenkollegium) stimmte der Vorlage, betreffend Errichtung einer Ueberlandzcmrale des Elek.rizitätswcrkes, mit großer Mchrhcie zu und bewilligte dazu 1323 000 Mark. Weiter beschloß es eine Neuordnung, betreffend Er4 Höhung der Gehälter der evangelischen Geistlichen, was sür 1909 eine Mehrausgabe von 6840 Mark be-< deutet. Gerichtszeitunz. Verurteilung. - Zwickau. Wegen versuchter Nötigung un8 Körperverletzung im Amte hatte sich der 41 Jahre alte, aus Niederplanitz gebürtige Polizeiwachtmeister Edmund Tröger in Oberplanitz vor Gericht zu ver antworten, welches Vergehen er sich am 20. Oktober in der Gemeindeamtsexpedition zu Oberplanitz dem jugendlichen Bergarbeiter Texter daselbst gegenüber schuldig gemacht haben soll. Texter ließ sich auf deM Gemeindcamte ein Arbeitsbuch ausstellcn. Als Texter sich wieder entfernen wollte, rief ihn Tröger zurück in die Polizciwachtstube und fragte ihn dort, wann! er die 3 Mark Geldstrafe, die ihm als Fortbildungss schüler wegen unerlaubten Besuches eines Tanzverq gnügeus vom Gemeindevorstande aufcrlegt worde« war, bezahlen wolle und ob er Geld eiustecken habe^ Hierbei hat er ihn auch aufgefordert, seine Geldbörse vorzuzeigen, was Texter jedoch nicht getan hat- Tröger soll nun versucht haben, Texter mit Gewalt die recht« Hand aus der Hosentasche zu ziehen, in der er daA Portemonnaie vermutete. Texter hat den Angeklagte« Tröger aber schließlich freiwillig in die Tasche greife» lassen, in der jedoch ein Portemonnaie nicht steckte. Texter hat nach diesem Auftritte dem Wachtmeister Tröger mit Anzeige gedroht, worauf letzterer ein« in der Wachtstuoe stehende Peitsche ergriffen und zu Texter gesagt haben soll, wenn er nicht gleich ruhig sei, werde er ihn durchhauen. Ties stellte aber Trö ger entschieden in Abrede und Texter vermochte die« auch nicht mehr aufrecht zu erhalten. Während de« ganzen Vorganges hat aber Tröger dem Texter zwei Schläge ins Gesicht versetzt, was dieser bestätigte. Al« Zeugen waren außer Texter noch der Gemeindevor-, stand Müller, der Schutzmann Lange und der Boll^ streckungsbeamte Böhme aus Oberplanitz anwesentz,