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Wachsen nicht alten Ursprungs. Sie stammt aus Leip zig und ist daselbst seit 1833 üblich geworden In jenem Jahre wurde am 24. Juni das Johannistal ringeweiht und die Kirchhöfe der Stadt wurden förm lich in Blumengärten umgewandelt. In Dresden hat sich der Brauch des Gräberschmuckes am Johannis tag« erst seit 1862 eingebürgert und seit dieser Zeit wurde die Sitte in sächsischen Städten immer mehr verbreitet. Der gestrige Akt auf unserem Friedhöfe hat abermals bewiesen, daß. er sich jetzt auch bei uns eingebürgert hat. Dicht gedrängt bewegten sich die, so die Gräber ihrer toten, aber nicht vergessenen An- vehörigen schmücken, ihnen auch etwas von der Pracht und dem Segen des Sommers mitgeben wollten, in den langen Gängen des Friedhofes. Die Fülle der Blumen auf den Gräbern erfüllte die Luft mit Duft und das Hen mit eigenartiger Stimmung; denn die Feier ist so allgemein, man begegnet so einfachen und doch ergreifenden Szenen und Bildern mitten in all diesem Gewirr und Gedränge, daß man das Empfinden nicht los wird, der Deutsche bleibe im In nersten seines Herzens doch stets der Alte. Bei der erst maligen kirchlichen Feier inmitten der Grabstätten hielt Herr Pastor Ende eine Ansprache, während der Kirchenckior mehrstimmige Lieder sang. Jung und Alt aus allen Kreisen der Bevölkerung blieben dann Nock), der' eine längere, der andere kürzere Zeit bei den Toten, man besichtigte andere Gräber, und erst bei Eintritt der Dämmerung nahm man Abschied von den Toten. * — Der Sächsische Landesverband für Volksbildung, dessen korporatives Mitglied der hiesige Stadtrat und der Gewerbeverein sind und der in Lichtenstein und Eallnberg auch eine Anzahl per sönliche Mitglieder zählt! hält bekanntlich in den Mauern unserer Stadt am 26. und 27. Juni seine Hauptversammlung ab. Wir sind gewiß, daß die Be völkerung Lichtensteins den auswärtigen Gästen ein herzliches Willkommen bieten wird. Um mit ihnen in nähere Beziehung zu treten, bietet sich am besten 'Gelegenheit bei dem öffentlichen Untcrhaltungsabend am Sonnabend im Goldenen Helm, der außerordentlich reich ausgestaltet wird und Unterhaltungsgelegenheit die Fülle bietet. Jedermann hat hierzu freien Zutritt Md ist herzlich willkommen. Ebenso wird unsere Be völkerung gebeten, die öffentliche Generalversamm lung am Sonntag vormittag im Ratsk.Ncr recht rege zu besuchen. Der Bortrag des Universitätsprofessvrs Dr. Paul Barth aus Leipzig über „Die wahren geistigen Werte" usw. wird viel Interessantes bieten und all gemein fesseln. Auch zum Festmahl im Goldenen Helm am Sonntag ist eine zahlreiche Teilnahme erwünscht. Und so hoffen wir, daß es den eintreffendcn Gästen bei uns gefallen möge. Näheres ist aus dem Inseraten teile ersichtlich. * — Flaggen heraus! Tie Bewohnerschaft un serer ctadt wird höflichst gebeten, anläßlich der in Lichtenstein stattfindenden Tagung des Sächsischen Landesverbandes für Volksbildung zur Bewillkomm nung der auswärtigen Gäste die Häuser zu be flaggen. * — Plahmufik. In anbetracht der Tagung des Sächsischen Landesverbandes für Volksbildung, dessen Hauptversammlung am Sonntag vormittag 11 Uhr im Ratskeller abgehalten wird, findet die Platzmusik diesmal in den Parkanlagen statt. *— Pavillon-Bau. Der Bau der Untergrund mauern des auf dem „Kroatenberg" zu errichtenden Pavillons wird Ende der Woche soweit gediehen sein, — „Zirkusleute". Roman von Karl Muusmau«. Einzige autorisierte Uebersetzung. 20 Nachdruck verboten Da glitt wieder ein eigentümliches Lächeln über Has Antlitz des Murmeltieres, während er mit einem gewissen Ernst sagte: „Wenn Sie ein solches Vertrauen zu dem Glück haben, so sollten Sie mitspiclen, junger Mann. For tuna ist nicht nur blind, sondern sie hält es auch mit ihren Leidensgefährten und denjenigen, die ebenso blind sind als sie selbst." „Glauben Sie", antwortete Hugo unsicher. Tie Aussicht, hier vielleicht so viel gewinnen zu können, daß er den Kaufpreis für die „Juno" gleich bar bezahlen konnte, war zu verlockend. Was würde die Fürstin wohl sagen? Sicherlich würde sie eine große Hochachtung vor ihm bekommen. Tas Murmeltier, das am Spieltisch ein feiner Beobachter war, ivußte sofort, was in dem jungen Jockei vor sich ging. „Wenn Sie spielen wollen, so wechseln Sie Ihr Geld. Frau Wassermann besorgt Ihnen alles." Hugo holte seine Brieftasche hervor und entnahm ihr eine Hundertfrankeuuotc. Tarans begab er sich zu der Brillantentante, die den Schein zwischen ihren gierigen Fingern wandte und drehte, und dann 100 Franken in Gold auf den Tisch legte, wobei sie bemerkte: „Ich bitte um einen Franken für meine Be mühungen." Während Hugo in seinem Portemonnaie nach einem Frankenstück suchte, sagte Frau Wassermann: „Also der junge Herr wollen auch spielen. Wenn Sie einmal in Verlegenheit kommen sollten, so leihe ich Ihnen gerne auf den schönen Ring dort 100 oder auch noch mehr Franken." daß man dann wird Prüfert können, ob die Höhe ge nügt, um ein« gute Aussicht von dem erwählten Platze aus zu gewährleisten. Ist das d« Fall, dann wird das Mauerwerk angeböscht, der Oberbau des in seinen Formen architektonisch schönen Pavillons kann be ginnen und wird bald eine Zierde unserer prächtigen Berganlagen bilden. Auch mit der Aufstellung von Ruhebänken ist bereits begonnen worden. i *— Stiftung. Auf schönem, freiem Platze am Wege nach der „Einsiedelei" am Kroatenberge hat Herr Rentier und Stadtverordneter Theodor Arnold eine prächtige eiserne Laube mit der Inschrift: „Ruhe sitz für ältere Leute" als Geschenk aufstellen lassen. Der Ruhesitz ist rechts und links mit Farrenkräutern und an der Rückseite mit wildem Wein bepflanzt. Dem edlen Geber sei auch an dieser Stelle herzlichster Dank ausgesprochen. Möchten sich recht bald noch andere Freunde unseres herrlichen Stadtparkes finden, die mit ähnlichen oder anderen Geschenken ihre Sym pathien für die Ablagen bekunden. *— Bei Begin« der Hauptreisezeit erscheint es angebracht, erneut darauf hinzuweisen, daß sich auf den Gepäckstücken, die als Reisegepäck aufgegeben werden sollen, ältere Eisenbahn-, Post- und andere Beförderungszeichen nicht befinden dürfen. Reisende, die dies nicht beachten, setzen sich sehr leicht unan genehmen Weiterungen und der Verschleppung des Gepäcks aus. * - Duruerisches. Für die am nächsten Sonn tag in Hohndorf stattfindende 100. Gauvorturnerstunde des 19. niedererzgebirgischen Turngaues ist folgende Turnordnung festgesetzt: Ordnungsübungen, Ricgen turnen, Turnen an 8 Pferden, volkstümliches Turnen und Kürturnen. Sie beginnt vormittags 11 Uhr, nach derselben ist Mittagpause. Nachmittags V23 Uhr wird dann im Gasthaus Deutsches Haus (Masserschänke) eine Versammlung der Vorturnerschast abgehalten. Wie wir schon einmal erwähnten, findet nach der Ver sammlung aus Anlaß der 100. Jubiläumsgauvor turnerstunde im großen Saale des Deutschen Hauses ein Kommers statt. s. Mülsen St- Micheln. (Zusammenschluß.) Gestern abend tagten in der Krone zu Mülsen St. Jacob die Ausschüsse der Freiwilligen Feuerwehren von Mülsen St. Jacob, Micheln, Niclas und Neudörfel, um einen Zusammenschluß zwecks einheitlicher Or ganisation der Wehren des Mülsengrundes und eine gemeinsame Aussprache über das Feuerwehrwescn herbeizuführen. Der Zusammenschluß kam zustande. Als Vorsitzender wurde auf zwei Jahre der Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr zu Micheln, Herr Kauf mann Camillo Junghanns, als Stellvertreter Herr Branddirektor Dittrich von St- Jacob gewählt- Tas Amt des ersten Schriftführers übernahm Herr Lehrer Richter in Micheln, als Stellvertreter fungiert Herr "Paul Naumann-Neudörfel. Es wurde noch beschlossen, alljährlich drei Ausschußsitzungcn, abwechselnd in den einzelnen Ortschaften, stattfinden zu lassen, einmal aber im Jahre sollen die beteiligten Gesamtwehren tagen. Die nächste Sitzung ist für Ende August in Neu dörfel bestimmt. x. Mülsen St« Michel». (Die hiesige Schützen gesellschaft) hat in diesem Jahre von der Abhaltung eines Schützenfestes abgesehen. o. Rödlitz. (Die segensreiche Einrichtung einer unentgeltlichen ländlichen Krankenpflege) soll nunmehr auch unser Ort vom 1. Januar 1910 erhalten. In einer hierzu abgehaltenen Vorstondssitzuug wurde als Krau- „Danke, ich brauche aber kein Geld zu leihen", § antwortete Hugo stolz und ging, während die Bril- ! lantentante ihm lächelnd nachschaute und murmelte: „Ach, wie schön grün er noch ist. Wie lange wird es dauern, und er wird ebenso wie die anderen sein." * * * 3. Kapitel. Hugo kam nicht in die Verlegenheit, von dem Anerbieten der Brillantentante Gebrauch zu machen. Er mochte setzen, was er wollte, stets war das Glück auf seiner Seite. Während Hugo bereits einen kleinen Haufen Banknoten vor seinen Platz angesammelt hatte, hatte das Murmeltier längst alles verloren und war schon gezwungen gewesen, bei einigen jüngeren Kol leggen Anleihen zu machen. Hugo war indessen von nichts so sehr in Anspruch genommen, als von dem Gedanken: Wenn ich jetzt aufhörte, so könnte ich die Juno kaufen und außerdem würde ich noch etwas Geld zurückbehalten. Eine innere Stimme sagte ihm aber, daß ein solches Benehmen nicht fair sei. Er blieb deshalb ruhig auf seinem Platz sitzen, spielte aber vorsichtiger, als früher, denn das Glück fing bereits an, ihn zu verlassen. Es sollte aber nicht lange dauern. Eine eigen artige Unruhe pflanzte sich von Tisch zu Tisch und veranlaßte die Gäste, sich gegenseitig mit Mißtrauen und forschenden Blicken zu betrachten. Das Spiel fing an zu stocken und die Unterhaltung wurde im ängstlichen Flüsterton geführt. Der kleine Araber tauchte hier und da auf und eilte mit vielen Handbewegungen umher. Die Unterhaltung wurde lauter, und Hugo unter schied mehrmals das Wort: Polizei! Dies eine Wort genügte, um ihm klar zu machen, was auf dem Spiele stand. Offenbar befand er sich kenpflegerin Frau Anna verw. Geidn-r auS St EgtdieHE gewählt, die mit Anfang Oktober an^ einem AuS- bildungskursuS in Leipzig teilzmnhmen gedenkt. Lre-deu. (Eine Nachtfahrt des Ballons Dresden.) Der Ballon Dresden des sächsischen Vereins für Luft- schiffahrt stieg am Donnerstag abend zu einer Nacht fahrt auf, an welcher mehrere Herren teilnahmen.. Freiberg. (Zwei dunkle Angelegenheiten.) Auf Veranlassung der Königlichen Staatsanwaltschaft ist vor kurzem auf dem hiesigen Friedhöfe die Leich« des vor vier Wochen gestorbenen früheren GasthofS- besitzers Behrisch ausgegraben worden. Es haben sich Verdachtsmomente dafür ergeben, daß Behrisch eine- unnatürlichen Todes gestorben sein könnte. Im Ziv! sammenhange damit steht die erfolgte Verhaftung einer Tochter des Verstorbenen, in deren Familie de» hochbetagte Behrisch die letzten Jahre verbracht hatte, lieber das Ergebnis der Leichenschau verlautet jedoch noch nichts. — In der Nacht zum 14. dieses Monats kam es im nahen Frankenstein zwischen dem Wirt- schaftsgehilfen Nestler und dem Schirrmeister Beyse auf dem Nachhausewege vom Gasthofe zu Streit uNd ernsten Tätlichkeiten. Seit dieser Nacht ist Beyer ver schwunden und man nimmt an, daß er das Opfer einer Gewalttat geworden und sein Leickmam be-, feitigt worden ist. Trotz eifrigster Nachforschungen der staatsanwaltschaftlichn Organe konnte aber noch kine Spur von Bever entdeckt werden. Auch Polizei hunde vermochten keine aufzuspüren. Nestler selbst bestreitet immer noch entschieden, von Beyer etwas zu wissen. Jetzt glaubte man eine neue Spur ge funden zu haben. An einer dem Vater Nestlers ge hörigen Kalkgrube hatte man Fußspuren und auf fällige Abbröckelungen am Grubenrande festgestellt. Man nahm deshalb an, Beyer sei in die Grube ge worfen worden. Daraufhin fand in Gegenwart deS Oberstaatsanwalts vom Landgericht Freiberg eine Ab suchung der etwa 30 Meter tiefen Grube statt, ohne daß aber etwas von dem Vermißten entdeckt worden! wäre. Der Wirtschaftsgehilfe Nestler befindet sich iM Untersuchungsgefängnis des hiesigen Landgerichts. Grünbach i. B. (Eisenbahnunsall.) Von dem nach Muldenbcrg fahrenden Personenzuge sind gestern vormittag vier Personenwagen entgleist und umge stürzt. Sie waren glücklicherweise nicht besetzt, doch wurde ein Schaffner verletzt. Hohenstein-Ernstthal. (Vergiftung durch Ge nuß von Pferdefleisch.) Die Untersuchung in der so genannten Pferdefleischvcrgiftungsangelegenheit — mindestens 100 hiesige Einwohner waren erkrankt — hat noch dicht ihr Ende erreicht. Man ist auf den Aus gang sehr gespannt. Lichtentanne. (Große Diebereien) sind in einer- hiesigen Villa verübt ivvrden. Unter anderem wurde eine goldene Uhr im Werte von 400 Mark gestohlen. Als Täter ist ein Malergehilfe in Zwickau ermittelt! worden, der in der Villa beschäftigt war. Lommatzsch. (Unterschlagung.) Der Buchhalter- Pohl der hiesigen Stadtbrauerei ist nach Unterschlag gung einkassierter Gelder verschwunden. Zwickau. (Eine Goldauelle der Stadtgemeinde.) Der alljährlich der Stadtgemeinde als Erträgnis deÄ Kohlenabbaues unter ihren Grundstücken zufließend« Kohlenzchnten hat noch nie eine solche Höhe erreicht wie für das abgelaufene Jahr. Nach der jetzt vor liegenden Abrechnung erhielt die Stadt diesmal ruiü» 325 000 Mark Kohlcnzehnten, gegen 229 601 Mark im Vorjahre, das an und für sich auch schon ein gutes Jahr war. Von dieser Summe sollen 120 000 Marl hier aus verbotenem Wege und vielleicht sah er noch größeren Unannehmlichkeiten entgegen. Viele Spieler begannen sich zu erheben, ihr Gelli zusammen zu scharren und ganz lautlos zu ver- schwinden. Kurz darauf erscholl es von feiten der Bang kiers: „Das Spiel ist für heute abend geschlossen!" Alle erhoben sich. Einige fühlten es als ein« Befreiung, andere waren verdrießlich darüber, daß si« keine Revanche bekamen und somit keine Gelegenheit fanden, ihren Verlust wieder einzuholen. Niemand sagte aber etwas und man verschwaE fast geräuschlos, während ein Diener das Gas ausg drehte. Hugo hatte die Banknoten in seine Brieftasche gelegt und sie in die innere Westentasche gesteckt. ES! waren im ganzen 800 Franken in Noten, außer einige« losen Geldstücken, die er in die Westentasche steckte. „Kommen Sie jetzt mit", sagte das Murmeltier. „Sie haben einen glücklichen Abend gehabt, und müsse« jetzt, nachdem das Spiel zu Ende ist, auch etwas zumt Besten geben." Auf der Wendeltreppe stiegen sie in die Bar hinunter. Dort saßen etwa ein Dutzend Menschen, oder rich^ tiger gesagt, sie hingen auf hohen Stühlen, während! sie ihre Beine baumeln ließen und den Oberkörpe» über das Büfett lehnten, hinter dem einige verschlafen« Damen die verschiedenartigsten Getränke in verschlos senen silbernen Behältern zusammen mischten. ,Jch rühre derartige Gifte nicht an", sagte daH Murmeltier, während es auf einen Stuhl klettert«, -.Lassen Sie nns lieber eine vernünftige Flasche SeU trinken." . Kortsetzu« folgt.)