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Früher Wochen- und Nachrichtsblatt Tageblatt sir Hifidis, Mit, ?Mbks, M»rs, St. Wn, HnMnt, Nmnn MW, vivmsins, Ms« St. UM, St. Kg. St. Meli, St««dls, Am, WmEs«. WchM a> BrschW Amtsblatt für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Lichtenstein , Älteste Zeitung im Königlichen Amtsgerichtsb^irk — ———————————————-, !—>« - KV. IgHdWMG» - — «» — >" Rr 145 L"LAM^LN Sovnabeud, de» 26. IM SNtMÄNS 1S0S vlese» Matt rrschektt tttgttch außer Lom,- und Festlag» uaehmUtag» fLr de» folge»dr» Tag. — VNrtchährlbker Aenvprrt»: I Mk. 50 PfL, dorch die Post bezogen 1 Mr. 75 pfg. M»zetne Lummern 10 Pfg. Lestettuugeu uehurru außer der Erpedttio» in tkichtenstet», Doiauärerstraste Ur. 5K, alte Latterluhe» postaxstatte», Postbote», sowie die -»»träger rntacheu. Inserate werden die sünsgespattrne Gruubzeite »U 10, M aurrvärttge Inserenten «U 15 Pitz, berechnet, «ebtmuereite SV psg. I» amtliche» Teile kostet die zweispaltige Leite 80 pfg. Fernsprech-nschlnßNr. 7. I»serate»-A»»ah»rt täglich vi» »«Wttt«gr 10 Uhr. Telegrmmn-LLrrsse: Tageblatt. Das Wichtigste. * Ter deutsche Reichstag lehnte gestern die Erb- anfallsteuer ab. * Tie Finanzkommisswn des Reichstages hat die Von der Regierung vorgeschlagene Erhöhung des Ef- stktenstempels unter weiterer Erhöhung der Sätze, gegen die sich die Regierung erklärte, angenommen. * In DeutschpLüdwestafrika sollen neue Diamant- selber entdeckt worden sein. * Ein neuer Giftmord-Prozeß beschäftigt das Hirschberger Schwurgericht. Tie Witwe Gläser ist der Vergiftung zweier Kinder angeklagt. * Tie Nachrichten aus Marokko lauten für Mu- ley tzafids Thron seit dem Siege der Sultanstruppen über die Leute des Roghi wieder etwas günstiger. Die Ablehnung der Erbschaftssteuer Tas war ein Tag ! Wenn man je von einer bis zur Siedehitze gestie genen Spannung im Reichstag svroäien konnte, dann gestern. Auf den Tribünen das erwartungsvolle, Stil lung erheischende Sensationsbedürfnis der Massen, unten im Saale nervöser Lärm. Fürst Bülow betritt den Saal, er bleibt während der ganzen Zeit seiner Anwesenheit im Hintergrund des Saales stehen, sieges- bewußt, wie es scheint. Hat er das Auflösungsdekret in der Tasche? Ter Referent Gräf-Weimar von den Wirtschaftlichen erstattet den Kommissionsbericht. Seine Worte gehen in dein Lärm unter. Freiherr von Richthofen verspricht, sich kurz zu fassen, unter dem lebhaften Beifall des Hauses, das nach der Entscheidung fiebert. Nur als er betaut, eine konservative Partei habe nie vor, einen Minister zu stürzen, lacht die Linke kräftig. Des Redners Gründe gegen die Vorlage werden ohne Zwischen fall angehört. Während Fürst Bülow mit dem bayerischen Gesandten Grafen Lerchenfeld lebhaft spricht, versucht Schatzsekretär Sydow in letzter Stunde die Erbanfallsteuer zu retten, die beste in dem ganzen Steuerbudget der Regierung. Mit einem Male tritt Ruhe ein. Ein national liberales Mitglied des Bundes der Landwirte betritt die Tribüne. Herr Sieg, der als Agrarier der Linken bekannt ist. Seine ehrlichen, derben Worte für die Erbanfallsteuer werden von der Linken mit donner- ähnlichem Beifall ausgenommen. Er sei glücklicher Familienvater, und doch falle cs seiner Familie nicht «in, ihm einen Vorwurf daraus zu machen, das; er jfür die Erbschaftssteuer stimme. Tie Kotierungssteuer bringe den kleinen Landwirten großen Schaden. Herr Sieg verleugnet sein agrarisches Herz nicht. Als treuer Freund der Landwirtschaft habe er über den Hansabuud nicht lachen können, der mit den großen ihnr zur Verfügung stehenden Mitteln die größten Schwätzer werde bezahlen können. Tie Heiterkeits ausbrüche werden beängstigend, als er gegen das dem Osten Gefahr bringende Bündnis zwischen Polen, Zen trum und Konservativen zu Felde zieht, das in stock finsterer, rabenschwarzer Nacht, wo nur Tastsinn und Gehör funktionieren, zustande gekommen sein müsse. Fürst Hatzfeldt verliest eine Erklärung für die Erb anfallsteuer, nach deren Ablehnung seine Partei aber dennoch an dem Zustandekommen der Finanzrcform Mitarbeiten werde. Freiherr von Hertling, der Fraktionsvorsitzende des Zentrums, wird in seiner Polemik gegen die Vor- läge deshalb stürmisch begrüßt, weil er gleich ein leitend meint: „Tie Zukunft sei dunkel!" „Nein — schwarz!" schallt es ihm im Chor entgegen. Für die Auflösung plädiert der Sozialist Tr David. Die Abgeordneten kommen wieder aus dm Wandelgängen hervor, als Dr. Müll. r Mein ngen das Zentrum mit Hahn und Spott ob seiner Haltung in der Erbansall frage unter stürmischen Heiterkeitsausbrüchen über schüttet. Er warnt die Rechte, das Lamm, vor dem Untier, das jeden verschlingt, das es an den Hammel beinen hat. Ter Zentrumsabgeordnete Hein antwortet mit einem Gros guter und schlechter Witze. Das Zen trum will sich schier tot lachen. Schon während der Rede des Wirtschaftlichen Lutt mann rufen die Glocken zur namentlichen Abstimmung über den Kernparagraphen 9 a. In nervöser Hast zählen die Schriftführer die Karten, umstanden von einer Zahl neugieriger Abgeordneter. Grabesstille, als der Präsident das Resultat verkündet, das ein Zentrumsschriftführer glückstrahlend bereits in den Saal durch Fingersprache markiert hat. 1st4 Stim men gegen, 188 für die Steuer, bei einer Stimme Enthaltung. Ta nach der (Geschäftsordnung keine weitere Lesung einer Vorlage erfolgen darf, wenn deren sämtliche Teile abgelehnt sind, ist die Ablehnung eine endgültige und die Vorlage de finitiv erledigt. Tie Elsässer haben den Ausschlag gegeben, die erst in letzter Stunde nmgeschlagen sind. Kein Laut bei der Verkündung des Resultats. Auf der Linken ist man sichtlich niedergeschlagen. Gleichgültig steht man bei den folgenden Abstimmungen auf und setzt sich. Tie Majorität bleibt immer dieselbe. Der Reichs kanzler hat längst vor der Abstimmung den Saal ver lassen. Im Foyer warten eine große Zahl interes sierter Herrschaften auf das Resultat, darunter der Präsident des Herrenhauses. Ins Foyer pflanzt sich auch die Unterhaltung über den folgenschweren Be schluß des Tages fort. Wird aufgelöst, wird Bülow gehen? Schon die nächsten Stun den werden Antwort geben. An der Abstimmung über den entscheidenden Para graphen 9a — Ausdehnung der Steuer auf Deszen denten und Ehegatten — beteiligten sich 381 Abge ordnete. Tie Ablehnung erfolgte bei einer Stimm enthaltung mit 194 gegen 186 Stimmen. Gegen den Paragraphen stimmten die Konservativen mit Aus nahme der Abgeordneten Pauli, Fürst Hoheulohe- Oehringen, Wagner, Giese, Arnold und von Kaphengst, das Zentrum und die Polen. Dafür stimm ten die Reichspartei mit Ausnahme der Abgeordneten Varenhorst, von der Wense, Dirksen, die Wirtschaft liche Vereinigung mit Ausnahme der Abgeordneten Vogt-Crailsheim, Vogt-Hall, Kode, Bindewald und Lieberman« von Sonnenberg, die Reformpartei mit Ausnahme der Abgeordneten Werner und Köhler, die Nationalliberalen mit Ausnahme des am Donnerstag aus der Partei ausgeschiedenen Abgeordneten Leh mann, die sr.isinn gen Parteien und die Soziald.mo- kraten. * * * Die Würfel sind gefallen. Mit einer Mehrheit von wenigen Stimmen hat der Reichstag in zweiter Lesung sämtliche Paragraphen des Erbschafts- und Erbanfallssteuergesetzes abgelehnt, wodurch sich eine dritte Lesung erübrigt. Es ist damit eine innere Krisis herbeigeführt worden, die zu den schwersten gehört, die das Reich seit seinem Bestehen erleb: hat und deren Ausgang noch unabsehbar ist. Eine Auflösung des Reichstages gilt zunächst für unwahrscheinlich, weil eine halbe Milliarde neuer Steuern eine schlecht' Wahlparole bilden würde. Man wird jedoch die Ergebnisse der nächsten Tage abwarten müssen. Gelingt es, die sämtlichen übrigen Steuern unter Dach und Fach zu bringen, so ist es nicht un möglich, daß sich die verbündeten Regierungen vor läufig mit einem Torso der Reichsfinanzreform be gnügen, die Brau-, Branntwein- und Tabaksteuer, so wie sie aus dem Reichstage kommen, aunehmen und nur die Koti rungsste e-, den Kohl nausß h zll und die Mühlenumsatzsteuer ablehnen. Es bliebe dann nur die Erbschasts- und Erbanfallssteuer einer späteren Er ledigung Vorbehalten, und mit dieser liehe sich als Wahlparole schon eher etwas anfangen. Erfreulich wäre auch diese Aussicht nicht, denn der Wahlkampf der bürgerlichen Parteien untereinander würde mit einer kaum je dagewesenen Erbitterung geführt wer den: die Konservativen würden starke Verluste er leiden und die Liberalen kaum etwas gewinnen. Ledig lich würden die Sozialdemokraten und das Zentrum triumphieren. ' Tiefbeklagenswert wäre es, wenn der Reichskanz ler sich veranlaßt sehen müßte, um seine Entlassung zu bitten, denn mit ihm würde das Reich einen Staats mann verlieren, der von der deutschen Nation leide« noch lange nicht genug gewürdigt Worden ist. Noch aber ist es nicht an der Zeit, alle Konsequenzen der heutigen Abstimmung auszudenken: erst nach einigen! Tagen wird sich die Situation klar übersehen lassen. Deutsches Reich. Berlin. (Dreibund-Treue.) Zu dem in Verona zusammentrctenden Kongresse gegen die „gefahrvolle Germanisierung des Gardasees" haben, wie Corrieret della Sera meldet, bereits über 500 hervorragend« italienische Politiker, Abgeordnete, Akademiker und aktive Verwaltungsbeamte ihre Teilnahme zugesagt. Das Komitee hat auch 26 französische und englische italienfreundliche Parlamentarier eingeladen. Wenn vorstehende Meldung sich in der Hauptsache bewahr heitet, so haben wir es mit einem offenbar wohl- organisierten Ausbruch deutschfeindlicher (Besinnung zu tun,-an dem dann auch Vie deutsche Regierung nicht mehr achtlos vorübergchen kann. Tie Wirkung auf weite Kreise des deutschen Volkes aber wird sich vielleicht noch unmittelbarer, schneller und empfind licher für Italien bemerkbar machen. — (Uebcrsührung des Zeppelin 1 nach Metz.) Tie für gestern in Aussicht genommene Uebcrsührung des Reichsluftschiffes Zeppelin 1 nach Metz mußte ver schoben werden, weil die Reichsdrachenstation Nach richten ausgegeben hatte, wonach für die nächsten 24 Stunden ein starker Sturm eintretcn dürfte. Tie Fahrt wird jedenfalls heute abend erfolgen. — (Tie Nachricht von der Ermordung der beiden deutschen Reisenden in Südchina» wird jetzt leider endt gültig bestätigt. Aus Peking wird nämlich der Deut schen Kabelgrammgesellschaft gemeldet: Jetzt ist fest gestellt, daß die Forschungsreisenden Tr. Brunhuber und Schmitz Anfang Januar durch Leute des Nu- Stammes getötet worden sind. Zwei Diener, die ge fangen waren, sind durch chinesische Truppen befreit worden, die neun der Hauptschuldigen ergriffen Ein Teil der Ausrüstung der Forscher ist geborgen. Ausland London. (England baut Luftschiffe und Luftschiff- hallend Wie Daily Mail meldet, hat das Parlament tarische Luftverteidigungskomitee die Spende des Blattes im Betrage von 5000 Pfund Sterling zum Bau einer Luftschifshalle angenommen und will so fort mit dem Bau beginnen. Tas Blatt bringt außer dem einen längeren Artikel über das geplante neue Luftschiff, das nach dem System Clement-Bayard ge baut und fünf Personen tragen soll und bereit? Ende August 1909 aufsteigen dürste. Auch andere Blätter sprechen von dem Bau neuer Lustschisse, so der Tele graphie, der wissen will, daß die Regierung ein großes Luftschiff nach dem Zeppelin Typ geheim in Auftrag gegeben habe, und der Standard, d-r von dem geheime,:, Bau eines großen Luftschifies durch die Firma Vickers, Maxim and Zons in Barrow in Furneß berichtet. Hier hat sich eine Frauenliga zur Förderung der englischen Luftschiffahrt gebildet. (Man strebt also mit allen Kräften danach, Großbritannien die Vorherr schaft, die es zur See besitzt, auch auf dem Gebiete der Lustschifsahrt zu sichern. T. R.) Aus Nah uud Fern. Lichtenstein, den 25. Juni 1909. * — Die Wettervorhersage für morgen lautet» Nordwestwind, veränderlich, Neigung zu Gewittern und Niederschlag. * — Stadtbad: Wasserwärmr heute 13° C. * - Johannisfeier anf de« Friedhöfe. Die erbauliche Einrichtung, am Johannistage die Gräber auf den Friedhöfen mit Blumen zu schmücken, ist in