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*- Die Vorführungen des Erv- bebens in Süditalien haben überall graben Anklang gesunden. Da infolgedessen der Mm auswärts länger In Anspruch genommen wurde, konnte er erst heute hier eintreffen, und so bietet nun Herr Lässig diese treffende Naturaufnahme von dem furchtbaren Ereignis am Montag und Dienstag seinen hoffentlich zahlreichen Besuchern. Morgen ist vor allem den Kindern noch mals für ein billiges Geld Gelegenheit gegeben, die Katastrophe im Bilde zu besichtigen. * - Bockbier heibt seit einigen Wochen die Lo sung der Biertrinker, und man sieht ihre Schritte nach den Lokalen lenken, in welchen der unter dem Namen Bockbier und sonstigen Bezeichnungen be kannte, kräftig und süffig eingebraute Stoff kredenzt wird und es außerdem angenehm nach Borkwürstchen und Rettig zu duften pflegt. Da geht es alsdann alleweil fidel und lustig zu bei Klavier-, Konzertina- oder sonstiger musikalischer Begleitung. Auch in diesen Tagen fanden hier und in der Umgegend eine ganze Anzahl Bockbierfeste, beziehungsweise Ausschank, wie es nach dem Buchstaben des Ortsgesetzes heißt, statt, wie man aus der gestrigen Nummer ersehen konnte. Alle Freunde des edlen Stoffes mögen daher den Ausspruch beherzigen: „Kinder trinkt, die Brauerei braucht leere Fässer." — Ausweiskarten für ausländische Ar beiter. Tie immer fühlbarer gewordene Leutenot auf dem Lande hat die Besitzer landwirtschaftlicher Betriebe gezwungen, sich in steigendem Umfange aus ländischer Arbeiter zu bedienen. Dabei hat sich neben anderen Unannehmlichkeiten gezeigt, daß der Kontraktbruch unter diesen Ausländern in geradezu erschreckender Weise zunahm, ohne daß es gelang, dieser bedenklichen Erscheinung wirksam entgegen zu treten. Infolgedessen kamen diese Klagen im Landes kulturrate mehrfach eingehend zur Erörterung. Dies hat nun den Erfolg gehabt, daß vom 1. Februar dieses Jahres nach dem Beispiele Preußens und anderer Bundesstaaten die ausländischen Arbeiter für die Zeit ihres Aufenthaltes in Sachsen inländische, in deutscher Sprache abgefatzte Ausweispapiere haben Müssen. Dabei kommt nicht in Betracht, ob sich Arbeiter nur vorübergehend oder dauernd in Sachsen aufhalten. Tiefe Legitimationen werden durch Ver mittelung der deutschen Feldarbeiterzentralstelle in Dresden und Oelsnitz im Vogtlande, wo sich zur Vorbereitung der Unterlagen sprachenkundige Beamte befinden, von den zuständigen Staatsbehörden aus- gefertigt. Die Ausstellung dieser Legitimationskarten muß bei der Ortspolizeibehörde beantragt werden. Die Farbe der Karten richtet sich nach der Nationalität des Arbeiters; so haben die Polen gelbe, die Ruthenen rote, Italiener grüne, die Niederländer blaue und die sonstigen Nationen weiße Karten. Der Zweck der Kar ten ist der, daß die Polizei die ausländischen Arbeiter besser überwachen und ihnen, wenn es not tut, den nötigen Rat erteilen kann. Ausländische Arbeiter ohne Karten werden nicht geduldet, sondern des Lan des verwiesen. Die Arbeitgeber hoffen von diesen Neuerungen einen wesentlich verbesserten Schutz gegen den Kontraktbruch und sonstige Ausstände aus dem Gebiete des Verdingungswesens. Es ist daher auch Aufgabe eines jeden Arbeitgebers, ausländische Ar beiter sofort bei ihrem Antritt an die Ortspolizei behörde zu verweisen. Besser wäre es freilich, wenn auf die Ausländer verzichtet werden könnte, zumal ge rade jetzt viele Leute in Großstädten arbeitslos sind. Lhe»Xitz. (Schrecklicher Selbstmords Die Kauf, mannsgattin Schreiter übergoß sich mit Petroleum und zündete es an. Gestern ist sie an den Verletzungen gestorben. Die Tochter, die zur Hilse eilte, erlitt schwere Brandwunden. Crimmitschau. (Durch einen Unglücksfall) wur den hiesige Familien in tiefe Trauer versetzt. Der 22 Jahre alte, in Brandenburg in Stellung befindliche Webmeister Kurt Engelmann von hier erlitt in der Unachtsamkeit durch einen Revolverschuß so schwere Verletzungen, daß er nach zweitägigem Leiden ver storben ist. Da der Schuß Magen und Lunge durch bohrt hat, nimmt man an, daß Engelmann den ge ladenen Revolver in der Tasche getragen und daß dieser infolge einer Unvorsichtigkeit sich entladen hat. Döbeln. (Infolge der Ueberschwemmung) war die hiesige Stadt auch gestern abend noch ohne Gas, da die mit unter Wasser gesetzt gewesene städtische Gasanstalt noch nicht wieder in Betrieb gesetzt werden konnte. In den Geschäftsläden, Werkstätten, Gast wirtschaften, aus der Post usw. wurde notdürftig mit zusammengesuchten Lampen beleuchtet, die beiden Bahnhöfe erglänzten an den beiden letzten Abenden im magischen Schein der Fackelbeleuchtung und in den meisten Fabriken kann am Abend nicht gearbeitet werden. In der Körnerplatzschule steht der Heizraum unter Wasser, es mußte deshalb der Unterricht aus- fallen. Ueberall herrscht emsige Tätigkeit, das Wasser aus den Häusern zu entfernen. Die in die Keller eingebauten Zentralheizungen stehen im Wasser. Das Stadttheater kann keine Vorstellungen abhalten. Ebersbach i. S. (Schweres Unglück.! In der hiesigen Tuchfabrik von Wünsche explodierte eine Kupfertrommel, wobei der Appreturmeister Rösler und der Appreteur Lange so schwer verletzt wurden, daß sie nach kurzer Zeit verstorben. Flöha. Megen Sittlichkeitsverbrechens> wurde am Sonnabend abend hier der 40 Jahre alte ver heiratete Kutscher Walther verhaftet. Der Festge nommene hat seine Tat bereits eingestanden. Glauchau. (Gasexplosion.! Auf dem Grundstück der Firma Hedrich erfolgte im Stalle, in dem sich aus noch unaufgeklärte Ursache Gase angesammelt hatten, ejne Explosion, wodurch Herr Hedrich selbst und zwei seiner Arbeiter schwer verletzt wurden. Leipzig. (König Friedrich August) wird in den Tagen vom 16. bis 18. Februar unsere Stadt besuchen. Voraussichtlich wird der Monarch am 17. Februar einer Vorstellung im Neuen Theater und am 18. Fe bruar dem Gewandhauskonzert beiwohnen. Ter Be such verschiedener größerer industrieller Etablissements dürfte auch in diesem Jahre wieder erfolgen. Leisnig. (Diebstahl.) In der Nacht wurde in Abwesenheit des Besitzers im nahen Skoplau einge- brvchen. Den Dieben fielen etwa 3000 Mark in die Hände, davon sollen etwa die Hälfte Bargeld und das übrige Wechsel gewesen sein. Letztere werden die Diebe kaum verwenden können. Hoffentlich gelingt es, den Tätern bald auf die Spur zu kommen. Mittweida. (In der bekannten Lauenhainer Mühle) hat das Hochwasser großen Schaden ange richtet. Die Flutwellen reichten herüber bis an das Restaurationsgebäude, das vom Ufer ziemlich weit entfernt ist. Am schlimmsten sind die Folgen des Hochwassers im Mühlen- und Fabrikgebäude. Was serräder und Maschinen wurden teilweise vernichtet, Eisschollen und Holzstämme drangen durch die Fenster und mehrere hundert Zentner Pappe und große Holz Vorräte Mttben wLSgetrievett. Der entstandene KHcht? den beziffert sich auf Tausend« von Mart. Awicka». (Infolge des Konfliktes der Mitglied« der Zwickauer Stadtkapelle) mit dem städtischen Kapeillt meister haben erstere beschlossen, nach Ablauf d« Kündigungsfrist als neues selbständiges Orchesters weiter bestehen zu bleiben. DaSHochwasser bl Deutschland. Aus den meisten Hochwassergegenden wird ein ge-t ringer Rückgang des Hochwassers gemeldet: in dev Nacht zum Sonntag schlug der Winter seine eisige« Bande um die Wasserfluten und dämmte sie damit sichtlich ein. Immerhin lauten aber die Nachrichten: von dem Rhein, der Donau, denen die angeschtvollene» Nebenflüsse ihr Wasser zuführen, noch schlimm genug; Brücken- und Häusereinstürze, viele Menschenverlustp usw. geben Kunde von den grausigen Verheerungen der Fluten. Außerordentlich bange Stunden habM auch die Anwohner der Elbe in den letzten Tagen vev, lebt. Wir erhalten dazu folgende Nachrichten: Dresden. Ganz Dresden war am Sonnabenk abend auf den Beinen nach der hoch angeschwoklene« Elbe beziehungsweise nach der hart bedrohten Iw, terimsbrücke. Infolge der mangelhaften Nachrichten, die aus Böhmen über das rapide Wachsen des Elbe Wassers in Dresden heute einliefen, war man i» Dresden auf eine derartige Hochflut mit solch ungo heuren Wassermassen nicht vorbereitet. Die Erregung des Dresdener Publikums stieg deshalb auf das höchste. Kam doch von der hpdrologischen Landesab-- teilung in Prag die Hiobspost, daß der HöchststaM der Hochflut erst Sonntag abend mit fünf Meter, das bedeutet immer noch drei Meter Wuchs, zu erwarten: sei. Sonnabend abend wurde der Elbckai an der Brühlschen Terrasse, da das Straßenniveau dort über flutet wird, ebenfalls für den gesamten Verkehr ge sperrt. Die dort mündenden Straßenbahnlinie?» konnten den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten. Bott 8 Uhr ab begann die Elbe rapid zu steigen. Hundert« von Arbeitern waren beschäftigt, um den Brückenneü- bau zu schützen. Gegen 9 Uhr traf das böhmische Eis ein. Tie Schollen hatten eine Stärke von einen? Meter, so daß alle Schutzmaßrcgeln nichts nützten, um die Stege zwischen den einzelnen Bögen der Jn> terimsbrücke zu schützen. Sie brachen zusammen und schwammen weg. Die großen Balke», die matt aufgestapelt und mit eisernen Trägern beschwert hatte, wurden von den Schollen sofort weggcspttlt. Für etwa 10 000 Mark zugerichtete Balken gingen verloren^ Gegen 11 Uhr staute sich das Eis an der Jnterims- brücke, die starken eingerammten Pfähle der Brücke hielten nur zum Teil stand, etwa zehn wurden weg gebrochen und fortgeschwemmt. Kurz nach 11 Uhr war die Gewalt des Eises gebrochen und die Gefah« für die Brücke vorüber. Der Strom steigt zwar noch langsam, aber geht ruhig durch die Bögett durch. Dresden. Schneller als erwartet, trat bereits gestern abend 10 Uhr der Höchststand der Elb« mit nicht ganz vier Meter über Null «in. Die Pfeiler der Jnterimsbrücke halten sich noch gut, doch soll die Brücke eine Schiebung bezw. Senkung er litten haben, so daß sie zwecks Reparatur wird sechs bis acht Wochen gesperrt bleiben müssen. Das be-< deutet eine empfindliche Verkehrsstörung. Sehr schlimm ist auch Leipzig von den Wasser fluten heimgesucht worden. Am härtesten betroffen. Regina. ! , Roman von I. Jobst. 17. Nachdruck verboten. Fünftes Kapitel. Man war schon im Februar. Tiefer Schnee bedeckte die Erde und verwandelte Groß-Ellern in ein Märchenland. Was tat es Regina, wenn Förster Eckardt über Schneebruch klagte, der vielen seiner Lieblinge im tiefen Forst ihr Leben gekostet hatte, sie ging im Walde umher wie in einem schönen Traum Schon dieses Schweigen! Jedes Leben schien durch die weichen, weißen Mas sen begraben. Ter Himmel darüber tagein, tagaus vom tiefsten Blau und die Nacht voller Mondschein! Regina saß in ihrem kleinen Schlitten, jeder wei teren Begleitung wehrend, und fuhr durch ihr Reich. Das waren ihre schönsten Stunden! Nur ihre große Dogge begleitete sie zum Schutz. Wodan war ein grimmer Wächter. Mit dem Fischmeister unten im Bruch hatte sie gute Freundschaft geschlossen. Er schimpfte weidlich gleich seinem Vertrauten Eckarüt über die Schneemassen, die das Rohrschneiden bis zur Stunde unmöglich gemacht und die langen Halme vielfach geknickt hatten. Tie junge Frau lachte ihn aus und nahm den Graubart eine Strecke Weges mit, damit er ihr den Weg zeigte. Er setzte sich nicht neben sie, nein, das erlaubte ihm der Respekt nicht, aber er stieg hinten auf, und dann fuhren sie schweigend über das gefrorene Moor, die Wasseradern entlang zwischen den hohen Rohr wänden her. Tas Erlendickicht stand da Wit gepudert, und die breiten Schilfblätter erschienen wie aus Eiskrjstallen geformt. Zu ihrer Rechten begleiteten sie die waldigen Höhen mit den stillen, weißen Bäumen, an denen noch kein Wind geschüttelt hatte. Ein jedes Zwerglein trug seine glitzernde Last, an den dunklen Stämmen klebten die Flocken wie hingeweht und der Tannenwald beugte sich geduldig unter den weißen Massen, die wie dicke, flaumige Wolken auf das dunkle Grün des breiten Geästes niedergefallen waren. Sin und wieder flog ein großer, dunkler Bogel durch die verzauberte Wett, oder es huschten Fasanen über den Weg, die sich in ihrem bunten Federkleid wunderlich genug in der weißen Schneewelt aus nahmen. Sie kamen an künstlich offen gehaltenen Wasser löchern vorbei, an denen die wilden Enteu faßen, die, durch die reichliche Fütterung verlockt, den Winter über hier blieben. Auch die Drosseln verließen ihre Heimat nicht, sie fanden genug Nahrung an den wilden Beeren der Gesträuche, die hier sorglich für ihren Unterhalt ge pflanzt worden waren. Regina kam überall hi«, in jeden noch so ver steckten Winkel von Groß-Ellern und den beiden Neben gütern guckte sie hinein. Sie nannte diese Fahrten scherzend ihre Ent deckungsreisen und hatte abends immer Wunderbares zu berichten, wenn Wilhelm in der Stimmung war, ihrer wohlklingenden Stimme zu lauschen. Und trieb ihn die Arbeit noch zu später Stunde von ihr fort, so blieb ihr der Vater, der sich immer finden ließ. Sogar Sibylle stellte sich oft zu diesen gemütlichen Plauderstunden ein. Das Zimmer der Schloßfrau war aber auch wunderbar anheimelnd. Regina hatte es wirklich durchgesetzt, die Ein richtung der Großmutter zu ihrer eigenen zu mache«- Nur entfernte sie alles Dunkle: sie war darin ein echtes Kind ihrer Zeit, das Lichte, Sonnenumstrahlte gehört«: zu ihrem Dasein. So bildeten die kostbaren Schnitzereien des schtparH gebeizten Birnbaumholzes die wirksamste Folie für: den Hellen Gobelinstofs, den sie zum Ueberzug de« Polster gewählt hatte. An den Wänden zog sich eine Stoffbespannung bis zu zwei Dritteln der Höhe des Zimmers hin. D« übrige Raum war von Künstlerhänden mit einem Fries bemalt worden, der den einfarbigen GruM noch der ebenso getönte» Decke zu abschloß. Auch diese trug einige Ornamente in den Ecke« und in der Mitte, von der der alte Kronleuchter aus venezianischem Glas hinabhing. Man hatte ihm statt der Kerzen zahlreiche Glühz lämpchen ausgesetzt, was von feenhafter Wirkung war, An der einen Wandseite füllte der mächtige Kami» von grünem Marmor einen großen Raum aus. Bo* ihm saß man mit Vorliebe in den bequemen Sessel« und vergrub seine Füße in dem dicken Pelz eines mächtigen Eisbären. Zwei Kandelaber aus Schmiedeeisen, deren jede« zwölf Arme befaß, die an der Spitze eine elektrische Flamme trugen, standen zu beiden Seiten. An des ebenso hohen wie breiten Fenstern hingen zarte TüAj Vorhänge mit einem schmalen Behang von Helles Seide, so daß selbst an Winterlagen Licht und' Sonny hineinfluten durfte, soviel hinein wollte. Doch cutt Abend wurden die Stores aus matt glänzendem Ne» webe vorgezogen, die jedem Neugierige«, der ettval die Terrasse betrat, den Einblick wehrten. Auch heute verhüllten sie in dichte« Falten Hs Glasscheiben und Regina wußte sich allein. Vater war in den alten Bau gegangen, um sei» abendliches Spielchen mit Sibylle zu mach««, m»U