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kers in den Grenzgarnisonen sind schon jetzt offizielle Untcrrichtskurse eingeführt. Bon den 135 Grenz- bataillonen haben die Offizier« von 62 Bataillonen deutsche Kurse, ferner nehmen die Offiziere von 21 Grenzeskadrons daran teil. Auch in Nancy, Reims, Vincennes und Paris werden kostenlose Unterrichts kurse in deutscher Sprache abgehalten. Als Lesebuch dient übrigens, was bemerkenswert ersckieint, sür fortgeschrittene Hörer die demschc Felddienstübung. — (Englisches. Daily News ist freimütig genug, nm bei Besprechung der Acusterungen Greys über Deutschland zu schreiben: „Wir jürchtcn, die deutsüien Besorgnisse vor eiserner Umklammerung dauern fort. Man glaubt in Deutschland immer noch an eine inter nationale Verschwörung, die unter englischer Leitung das Reich matt zu setzen trachtet. Man must zugeben, dast diese Besorgnis nicht unbegründet ist. Das Deutsche Reich kann sich aus giftige Angriffe der eng- llischen Presse und das darin zutage getretene Bestreben berufen, das Deutsche Reich als den schwarzen Mann Eurovas zu kennzeichnen. Sogar auf allerlei Be- unrnlngungsversuche und Zcttelungen in höheren Re gionen kann Deutschland Hinweisen." * * * Der Reichstag verwies gestern die Vorlage über eine Sckissahrts- snbventivn sür den Norddeutschen Lloyd wegen der Linie nach Deutsch-Neuguinea au die Budgetkommis- fion zur Vorberatung. Zentrum und Sozialdemo kraten erklärten sich gegen jede Subvention. AuSNah und Fern. Lichtenstein, den 27. Januar 1909. - Dem Kaiser Heil! Kaisers Geburtstag ist beute, und das bedeutet eine nationale Festfreude für das ganze Volt. Taran soll nichts durch die Tatsache geändert werden, dast in den November- woclien des vergangenen Jahres eine Wolke der Ver stimmung über den deutschen Landen lag. Die ist ge- fchnrunden, nachdem Kaiser und Kanzler sich ausge sprochen haben. Jetzt heistt es vor allein ein ehr liches, herzliches Vertrauen haben. Das innige Zu sammengehörigkeitsgefühl zwischen Kaiser und Volk kant auch in unseren beiden Städten heute würdig tzum Ausdrucke. Revejlle von der Stadtkapelle unter Begleitung der Gewebrseklivnen der hiesigen mili- tärisclum Vereine leitete den bitterkalten Tag ein: auch in den Schulen wurde des Kaisers in entsprechen der Weise gedacht Im Mittelpunkte der Feser steht das Festmahl in der „Goldenen Sonne" am Nachmit tage, abends begeht der Kriegerverein noch eine größere Festlichkeit im Neuen Tchützenhause, während die Militärvereine von hier und Callnberg bereits Borfeiern veranstalteten. Die öffentlichen und eine Anzahl Privatgebäude haben Flaggenschmuck ange legt. — heil dem Kaiser! — Zu» Reform des Religionsunterrichtes. Um diese hochwichtige Frage gründlich in breiter Oefsentlichkeit erörtern zu können, haben die Lehrer in der Lausitz Elternabende veranstaltet, aus denen über' die bekannten Zwickauer Thesen gesprochen wurde. Der Gedanke hat sehr viel Gutes sür sich und verdient auch anderwärts praktisch ausgesührt zu werden. Jni Rochlitzer Schulbezirk ist man zur Verfolgung des gleichen Ziveckes einen anderen Weg gegangen. Auf Anregung des Rochlitzer Snperjntcndenten von Zim mermann und des dortigen Bezirksschulinspektors, Schulrats Dr. Schilling, finden in diesen Tagen Ver- sammlnngen von Geistlichen und Lehrern statt, in denen je ein Geistlicher und je ein Lehrer auf Grund der Zwickauer Thesen die Frage der Umgestaltung des Religionsunterrichtes behandelt Die erste der artige Konferenz fand kürzlich in Rochlitz statt: es sprachen Oberlehrer Nitzsche aus Penig und Pfarrer Urban aus Ratliendorf. Der Besuch der Versammlung ist nach den vorliegenden Berichten sehr zahlreich ge wesen. Gestern war eine solche Konferenz in Mitt weida. Tort sprachen Schuldirektor .Hartmann aus Mittweida und Pfarrer Rötzner aus Ottendorf. An die beiden Referate schlvst sich eine längere Debatte, in der von Geistlichen und Lehrern Meinungen und Erfahrungen, insbesondere über den Katechismus- Unterricht, zum Ausdruck kamen. Der Verlaus der Debatte zeigte, dast zwischen Geistlichkeit und Lehrer schäft mehr Berührungspunkte vorhanden sind, als es ursprünglich schien. Im tvesentlichen kam zum Aus druck, dast der Religionsunterricht nach wie vor zu den .hauptttuterrichtsgegenständen der Volksschule ge hören solle, dast Lehrplan und Unterrichtsform aber mehr dem Verständnis des Kindes anzupassen seien als bisher. *— Das Erdbebe« in Süditalien hat eine furchtbare Not unter den Betroffenen geschaffen, die sich kaum in Worten schildern lässt, herzliche An teilnahme tut sich überall im Deutschen Reiche kund, aber hier kann nur werktätige Hilfe zur Linderung beitragen und so wendet sich auch das Rote Kreuz mit einem Aufruf an die Bevölkerung, mitzuhelfen am Werke der barmherzigen Nächstenliebe und tunlichst Gaben zu spenden, die zur Unterbringung der Not leidenden und deren Versorgung mit Bekleidung und Nahrung dienen. Benötigt werden dennoch vor allem Bett- und Leibwäsche, Lagerdecken, Kleider, Konserven usw. Doppelt gibt, wer schnell gibt! In Lichtenstein ist Herr Fritz Seydel zur Annahme von Spenden bereit. Röblitz. (Herr Pfarrer Locke > sprach im Evan gelischen Arbeiterverein zu Hohenstein-Ernstthal über das Thema: „Evangelium und Arbeit". Redner bot, nach Berichten des dortigen Tageblattes, interessante Ausführungen über das Verhältnis von Arbeit und Genust, von Arbeit und Geivinn, von der sittlichen Pslicht der Arbeit (nach der christlichen Lehre), von der Arbeit, als notwendigem Uebel (nach der materia listischen Lehre, die in der modernen Zeit wieder nm sich greift, und von dem höchsten, letzten Ziel der Arbeit unter Ueberwindung der Selbstsucht das Reich Gottes zu bauen, den Dienst an den Brüdern, am grossen ganzen auszurichten. Zuletzt sprach der Herr Vortragende noch beherzigenswerte Worte über den Segen des Sonntags für die Arbeit der Wochentage. — Lebhafter Beifall der Versammlung bewies, das; die Gedankengänge überzeugend gewesen. e. Hohndorf. (Feuer) entstand heute vormittag neun Uhr in dem Hintergebäude des Fleischermeisters und Restaurateurs Gustav Schettler hier. Trotzdem keine Feuersignale gegeben waren, erschienen doch die Wehren von Hohndorf, Röblitz und Oelsnitz schnell am Brandherde. Wassermangel erschwerte das Lösch werk, endlich gelang es vom Brikettwerk aus drei Spritzen zu speisen. Tas massive Gebäude, in dem sich das Schlachthaus befand, ist vollständig ausge brannt, die Heu- und Strohvorräte sind vernichtet, ivährend die Schlachthauseinrichlung in der Haupt sache gerettet werden konnte. Auch zirka 30 Hühner sind mit verbrannt. Das Wohnhaus wurde geschützt. Die Entstehungsursache des Feuers ist unbekannt. THck - Prämien erlwlten die Rödlitzer und die Oelsnitz«! Feuerwehr. Mülsen St. Iakob. (Jugendlicher Dieb.) Int drei Geschäften unseres Ortes kamen in letzter Zeit: immer Sachen weg, wie Messer, Holzfiguren, Geld- und Zigarrentaschen usw., ohne daß man des Diebe- habhast werden konnte. Endlich wurde er von dem am schlversten geschädigten Geschäftsmanne in einem Schulknaben des hiesigen Ortes, der sich nun lvohl vor Gericht zu verantworten haben ivird, ertappt. Mülsen St. Niklas. (Ter älteste Soldat Sach- sens», Herr Schankwirt Ferdinand Straast hier, feiert gleichzeitig mit Kaisers Geburtstag auch sein Wiegen fest und wird nunmehr 96 Jahre alt Straaß erfreut sich noch einer leidlichen Gesundheit und erzählt gerne noch von feiner Militärzeit. Er diente beim Schützen- bataillon, 2. Kompanie, in Leipzig und ist Ehren mitglied des Königlich Sächsischen Militärverein-, hier. Eppendorf. «Großseuer» hat gestern in den zeitige» Morgenstunden die Svielwarensabrik vo« Paul Leonhardt eingeäschert. Tic Holz- und Waren vorräte boten dem Fencr gute Nahrung, welches da her nnanshaltsam um sich grisf. Turch den Brand sind 46 Arbeiter brotlos geworden. Tie Entstehungs- »rsache des Feuers ist noch nicht ermittelt. Falkenstein. (Verhaftete Brandstifter.» Die Brandstifter, welche am zweiten Weshnachtsfeiertas das Brücknerjche Bauerngut im benachbarten Trieb in Schutt und Asche legten, sind ermittelt worden. Tie beiden Burschen, namens Pürzel aus Ellefeld und Conradi ans Reichenbach, haben im Auftrage des Pächters Mokonsch uud dessen Ehesran, die die Scheune und das .Haus vorher mit Beuziu und O«k getränkt batten, gehandelt. Alic vier Beteiligten bo« finden sich in Haft. Gpotzcnhain. 'Opfer der Spielerei mit Streich hölzchen. Jin benachbarten Lötzschen brannten am Sonntag nachmittag die Wohngebäude, Scheune und Stallungen des Wirtschaftsbesitzers August Pesclwl bis aus die Umfassungsmauern nieder. Der vierjährige Sohn Peschels hatte in der Scheune mit Streichhölz chen gespielt und so das Feuer verursacht. Der kleine Knabe selbst sand dabei seinen Tod und wurde am Montag nachmittag völlig verkohlt unter den Trüm mern hervorgezogen. Leipzig. tTvppelselbstmord.» Im benaclcharten Leutzsch wurden gestern vormittag zwei nnverluhratete Schwestern im Alter von 65 nnd 55 Jahren tot in! ihrer Wolmung ansgesnnden. Wie verlautet, habe« siel; die beiden Damen mit Lysol vergsstet. Jhve Papiere batte» sie geordnet, was darauf schließen läßt, das; der Selbstmord, als dessen Ursache man Lebensüberdruß anuimmt, seit längerer Zeit vorbe reitet war, !Olbe»nhau. (Ranbmocdrersuch?» Dieser Tags sand man den im Kanzleigebäude des Amalienstifts wohnenden Wärter Hölzl blutüberströmt am Eingänge des Gebändcs liegen. Wie sich herausstellte, hatte Hölzl aus seinem Rundgange die Tür offen gefunden und ivar ejngctreten In diesem Augenblicke wurden eine Anzahl Schüsse auf ihu abgegeben. Hölzl ist schwer, aber nicht lebensgefährlich, verletzt. Von deins Täter, der es zweifellos aus Raub abgesehen hatte, fehlt jede Spur. Schwarzenberg. Die Schäden der schweren Wvlkeiibrucbkatastrvphc», die am 7. August 1908 übec die erzgebirgjschen Orte Blauenthal, Carlsfeld, Steins Regina. Roman von I. Jobst. 7. Nachdruck verboten. So zogen sie uu» zu dritt weiter, der alte Baron kn munterster Laune voran. Selbst Sibylle mußte lächeln, als der Gärtner mit strammen Schritten derejinnarschierte nnd mit einem Auslug an ver gangene militärische Zeiten sein Geschenk überreichte. Regina dankte mit herzlichen Worten und ver- spracy, das schöne Bäumchen gut Pflegen zu wollen. „Für den Brautkranz gibt es frische Blüten, gnädiges Fräulein, dann blühen schon unsere alten Bäuinc", versprach Konrad Berger noch im Fort gehen, als er die seine Hand der Braut zum Abschied schüttelte. „Tu bist schon gut Freund mit allen Leuten, Regina, das sreut mich", lobte Ellern. „Mil Berger stehe ich besonders gut, Vater, ich lerne bei ihm." „Tn glaubst nicht, Vater, was Regina alles lernen will", neckte Wilhelni. „Man muß doch eine Beschäftigung haben, und die Gärtnerei ist stets meine besondere Liebhaberei gewesen." „Na, dann muß ich wohl die Veranda, die an Eure zukünitige Wohnung stößt, in einen Wintergarten ver wandeln. Sie ist mit Glas gedeckt, nnd ein Ofen ist leicht anzubringen." „Wir Tu nur daran denkst, mir Freude zu mache», lieber Vater", sagte Regina herzlich und legte ihren Arin zärtlich um seine Schultern „Ich werde noch eifersüchtig auf Dich", ries da Willielm scherzend, aber in seinen Augen flackerte es auf in unstetem Licht. Noch nie hatte feine Brant ihn aus freiem Antrieb so umfaßt. Auch Sibylle blickte mit aufslammender Eifersucht am die beiden, die sich so gut verstanden. Wenn fie auch jeden Widerstand aufgegeben hatte, so trug sie doch gegen Regina noch denselben Haß. Er ivar uni so glühender, je mehr sie ihn verbergen mußte. Voller Ungeduld rief sie den Gatten zn sich: „Du hast noch keine Einsicht in die Briefe genom men, die die letzte Post gebracht hat." „Erbarmen, Sibylle! Ich werde doch nicht alle Glückwünsche lesen müssen." „Auch Wolf Dietrich hat geschrieben." „Endlich! — Aber warum kommt er denn nicht selbst ?" fragte Wilhelm und griff nach dem Schreiben, das die Mutter in der Hand hielt. „Er mußte nach Berlin. Er schreibt sehr kühl, so gar nicht Ivie sonst." Wilhelni dnrchslog die ivenigen Zeilen und, sie dem Vater reichend, spottete er: „Wolf Dietrich hatte sich vielleicht schon mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß ich gor nicht mehr heiraten würde. Tann war meine Verlobung aller dings eine bittere Enttäuschnng für ihn." Bevor noch der Vater seiner Mißbilligung über diese gehässige Bemerkung Worte zu leihen vermochte, ries Regina empört aus: „Wie darfst Tu Deinen Vetter solcher niedrigen Gesinnung zeihen!" „Kennst Tu Wolf Tietrich so genau, daß Du Dich zu seinem Anwalt aufwirsst?" fragte Wilhelm ver wundert und faßte Regina scharf ins Auge, als er ihre flammenden Augen und die tiefe Röte gewahrte, die ihm große Erregung verrieten „Wilhelm hat es nicht so ernst gemeint, Regina", siel der alte Herr begütigend ein, „er hat einen schlech ten Scherz gemacht, denn ihm ist die lautere Gesinnung Wolf Dietrichs ebenso bekannt wie uns. Ich finde den Inhalt des Briefes flüchtig, aber nickt kühl. Solche Glückwünsche haben ja stets etwas Langweiliges für den Schreiber, ebenso wie für den Empfänger, be- sonders wenn diese Herren sind. Bei Damen ist eA etwas ganz anderes, die pflegen mehr Gefühl Hineins zulegen. Toch nun wollen wir einmal gründlich dass bevorstehende Verlobnngsfest besprechen, damit ick meiner Abreise nach Berlin alles Nötige mit dem Koch und meinem Anton besprechen kann. Vielleicht gibt es nocb allerlei dasür zu besorgen, das geht dann in einem hin." „Tu willst schou jetzt reisen, Ellern?" fragte Sibylle verwundert. „Ja, ich fühle wieder Beschwerden und möchte nun endlich den dringenden Wunsch unseres ArzteL erfüllen und eine Autorität befragen." „Es soll unser ganzer Bekanntenkreis eingeladen werden?" fuhr Sibylle fort, ohne über das Befinde« ihres Gatten eine Frage zu tun. „Alles, was da kreucht und fleucht, Sibylle. Dan« können wir später die Hochzeit in gemütlichem Kreis« feiern, mir die Verwandten und die intimen Freunt« werden geladen. Ich denke, Ihr seid damit einver standen Ta sie schon Anfang Juli stattfinden soll, will ich gleich bei einem Möbelgeschäft vorsprechen, damit sie einen kundigen Mann schicken, der unA bei der Instandsetzung Eurer Wohnung Rat erteilt- Es wird manches zu erneuern sein, sowie einige Zim mer dem jetzigen Geschmack und Komfort gemäß ganr neu zn beschaffen sind. Wie steht es damit, hat mein Töchterchen besondere Dünsche ? Ick werde miM freuen, sie erfüllen zu können." „Regina sand alles schön, Vater. Wenn es na<A ihr ginge, sie ließe nichts ändern." „Bei so viel Stolz diese Bescheidenheit. Kind. 8aU überrascht mich immer bei Dir." „Ach. Väterchen, das ist nickt zu verwundere wenn man die Umgebung bedenkt, in der ick autzs wuchs. In das Zimmer der Großmutter möchte ich, fh» wie es da ist. hineinziehen." „Warum nickt. Regina, wenn es Djr genügt", ft«R