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Marokko, ist von einem seiner gefährlichsten Rivalen befreit worden. Sein ältester Bruder Mulah Mohamed ist tot Der allgemeine Glaube geht dahin, daß er vergiftet worden sei. Mulay Mohameds Bedeutung bestand nicht darin, daß er seinen Brüdern an Geist, Cl-arakter und Energie überlegen gewesen wäre, aber er war als ältester Sohn des Sultans Mulah Hassan ein Thronprätendent, der unter Umständen leichter Anhang fand als andere. A«S Rah nab Fer i Lichtenstein, den 13. Januar 1909. Bautätigkeit der Stadt Lichtenstein. Im Jahre 1908 haben dem städtischen Baupolizeiamt insgesamt 36 Baugesuche vorgelegen. Davon entfallen 8 auf Wohnungsneubauten, 2 auf Fabrikerwciterungs- bauten und 26 auf sonstige Um-, An- und Ver- grötzerungsbauten. Bon den Wohnungsneubauten sind 2 vollständig ausgeführt worden, 4 befinden sich noch im Bau und 2 haben Genehmigung gefunden. Außerdem wurden 4 schon im Vorjahre begonnene Bauten fertiggestellt. Seit Beginn des Jahres 1900 sind in Lichtenstein nunmehr errichtet worden insge samt 68 Wohnungsneubauten — darunter 9 an Stelle solcher, die durch Feuer zerstört wurden —, 6 Fabril- neubauten und 9 Fabrikerweiterungsbauten. — Standesamt Lichtenstein Die Statistik vom Jahre 1908 zeigt nur Erfreuliches. Während 1907 der Geburtenüberschuß aus 35 gesunken war und diesem Umstande in volkswirtschaftlicher Be ziehung größte Bedeutung beigemessen wurde, ist dieser Ueberschuß im Jahre 1908 wieder aus 84 gestiegen. Die Zahl der Geburten erhöhte sich von 249 im Jahre 1908 aus 266. Weiter ist erwähnenswert, daß im Berichtsjahre 3 2 Sterbefälle weniger als 1907 vorkamen. 1907: 214, 1908: 182. Für die gesund heitlichen Verhältnisse Lichtensteins ein zufrieden stellendes Zeugnis! Die Ehe schlossen 80 Paare gegen bl im Vorjahre. Konzert. Im Saale des Schützenhauses zu Hallnberg, das unter der Bewirtschaftung des Herrn Schönfeld in erfreulicherweise wieder im Aufblühen begriffen ist, fand gestern abend ein gutbesuchtes Kon zert der städtischen Kapelle zu Lichtenstein statt. Das gutgewählte Programm kam unter der Leitung des Herrn Th. Warnatz in vortrefflicher Wesse zum Vor trag und gewährte den Musikfreunden einen herrlichen Genuß. Insbesondere begeisterten die anheimelnden Weihnachtsklänge „Traumbild in der Christnacht" von Th. Warnatz und „Fröhliche Weihnachten" von Koedel, tvie auch das von Herrn Schütze wieder prächtig ge blasene „An der Weser" die Hörer abermals zu rau schendem Beifall. An das schöne Konzert schloß sich ein Ball, der rege Beteiligung fand. *— Kurnttterstützungen Tas Ministerium des Innen» macht bekannt, daß auch in diesem Jahre eine Anzahl Unterstützungen zum Besuche sächsischer und böhmischer Heilquellen oder eines Luftkurortes zur Verfügung stehen. Gesuche sind unter Beifügung eines ärztlichen Zeugnisses, eines Staatsangehörig keitsausweises und einer obrigkeitlichen Bescheinigung über Erwerbs-, Familien- usw. Verhältnisse bis spä testens 15. März dieses Jahres an das Königliche Minii-rrium des Innern, 4. Abteilung, einzureichen. Drucksachen. Bei den gegen die Drucksachen- taze zu befördernden offenen Karten können auf dem linken Teile der Vorderseite gedruckte oder durch sonstiges mechanisches Vervielfältigungsverfahren her ¬ gestellte Angaben jeder Art angebracht werden Bei diesen Karten sind auch die bei Drucksachen allgemein gestatteten handschriftlichen Zusätze usw. — Tag der Absendung, Unterschrift oder Mrma, sowie Stand und Wohnort des Absenders und Empfängers — zulässig. *— Kär die Oyfer der Erdbebenkatastrophe in Süditalien werden Gaben in der Expedition des Lichtenstein-Callnberger Tageblattes entgegen ge nommen. Hilfe tut dringend not! Auch die kleinste Spende ist willkommen. *— Eallnderg Heute Mittwoch abends 8 Uhr findet die erste diesjährige öffentliche Stadtgemeinde ratssitzung statt, deren Tagesordnung 6 Punkte auf weist, unter anderem: Einweisung und Verpflichtung der neu- bezw. wiedergewählten Stadtverordneten, so wie Erstattung des Verwaltungsberichtes auf das Jahr 1908. i. Mülsen St. Iakob. (Statistisches.) Im Jahre 1908 waren Geburtseinträge 122 und Sterbefall einträge 108. Es sind beides die niedrigsten Zahlen seit dem Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes. Ehe schließungen waren 54. Fast di« Höchstzahl während dieser Zeit, sie wurde nur überschritten im Jahre 1897 mit 56 Eheschließungen. Im Jahre 1876 waren 248 Geburtseinträge und 167 Sterbefalleinträge. Das Mehr der Geburten in diesem Jahre betrug 81 — im Verhältnis zu den Sterbefällen. In 2 Jahren — im Jahre 1890 und 1904 — waren die Sterbefall einträge höher als die Geburtseinträge. Die höchste Zahl der Geburten war 1876 mit 248 und die der Eterbefälle 1877 mit 217. Seit 1. Januar 1876 bis Ende 1908 sind Geburtseinträge 5391 und Sterbe falleinträge 4587. Trotzdem nun in diesem Zeitraum die Geburtseinträge 804 mehr betragen als die Sterbe falleinträge zählt unsere Gemeinde jetzt zirka 1000 Einwohner weniger als 1876. Mülsen St. Riklas (Tie Evangelisationsver sammlung), die am Montag abends 8 Uhr im Saale des Herr»: M. Döhler stattfinden sollte, mußte auf Donnerstag verschoben werden g. Mülsen St. Riklas. (Schnell und uner wartet) verstarb gestern vormittag der hier wohn hafte, im 66. Lebensjahre stehende Weber Eduard Griebel. Mitten in der Stube brach der sonst rüstige und gesunde Mann, vom Herzschlag getroffen, tot zusammen. z. OrtmannSVovs. (Verschiedenes.) Der König lich Sächsische Militärverein begeht die Feier des Geburtstages des deutschen Kaisers durch Ball im Saale des Gasthauses zum Kastanienbaum. — Die Anmeldung zur Stammrolle hat zu erfolgen in der Zeit vom 15. Januar bis mit 1. Februar dieses Jahres. Annaherg. (Mädchenhündler.) Kurz vor Ueber- fchreitung der sächsischen Grenze wurde in der nahen böhmischen Stadt Weipert ein Mädchenhändler aus Turn bei Teplitz festgenommen, als er eben im Be griffe war, zwei Mädchen in eine sächsische Weinstube zu bringen. Die Mädchen wurden in ihre Heimat zurückbefördert. Großenhain. (Wvhltätigkeitsspende.) Frau Anna Eckhardt, geborne von Wolf, hier hat, von dem Wunsche geleitet, alten, siechen Personen, insbesondere Frauen, ihre Lebenslage möglichst zu erleichtern, dem Bezirkssiechenhause „König Friedrich August-Stift" zu Großenhain ein Kapital von 7500 Mark als Schen kung überwiesen. Mylau. (Todesnachricht.) Hier verstarb der älteste Einwohner der Stadt, der 92 Jahre alte Fabrikbo» sitzer Moritz Forbrig, Gründer der weithin bekannt« Kammgarnspinnerei Mhlau. Reuftiidtel (Grubenwasser-Untersuchung.) Unter der Leitung des Herrn Professor Schiffner von der Berga kadeniie Freiberg sind in der vergangenen Woche auch die Grubenwässer des hiesigen konsortschaftlich« Schneeberger Kvbaltreviers auf ihre Radioaktivität hin untersucht worden. Da die Untersuchungen sehr zahlreich sind, so konnten sie noch nicht abgeschiloss« werden und sollen in nächster Zeit fortgesetzt werd«. Ueber die Ergebnisse wird auch hier vorläufig nicht berichtet. Plauen i. V. (Selbstmordversuch.) Aus Aerger darüber, daß ihn der Vater gescholten hatte, unter nahm der 19jährige Fädler Clemens Krumsdorf hier einen Selbstmordversuch. Er stürzte sich aus dem Fenster seiner Schlafkammer im dritten Stock auf die Straße herab und erlitt dadurch einen Bruch beider Arme, sowie schwere innere Verletzungen. Matt brachte ihn in bedenklichem Zustande nach dem Kran- kenhause. Reichenbrand bei Chemnitz. (Großfeuer.) Am Montag abend kurz nach 7 Uhr brach im Warenlager der Th. Müllerschcn Trikotagenfabrik infolge Kurz schlusses Feuer aus, das sich schnell über die ganze Fabrik verbreitete und dieselbe mit allen Maschinen und sonstigem Inventar in einen großen Trümmer haufen verwandelte. Das Fabrikpersonal, durch wel ches das Feuer entdeckt wurde, konnte sich rechtzeitig — aber unter Zurücklassung der Kleidungsstücke — aus dem brennenden Gebäude retten. Die Geschäftsbücher konnten geborgen werden. Der entstandene Schad« beläuft sich nach oberflächlicher Schätzung auf über 200 000 Mark, wovon nur ein Teil durch Berssicherung gedeckt ist. Eine Entlassung von Arbeitern dürft« nicht eintreten. Reichenbach. (Jagdunfall.) Bei einer TreibjagS auf Schneidenbach-Weißensander Revier, an der sich eine größere Anzahl Herren aus hiesiger Stadt be teiligten, ereignete sich «in schwerer Jagdnnfall. Einer der Jagdteilnehmer, ein hiesiger Fleischermeister, soll ans dem glatten Boden ausgerutscht und zu Fall ge kommen sein. Dabei entlud sich sein Gewehr und di« volle Schrotladung traf den hinter ihm hergehend« Jagdpächter, Herrn Restaurateur Karl Löffler, Be sitzer des Restaurants „Bismarck" hier, in den linke» Fuß,'so daß derselbe ganz zerschmettert wurde. Der Verlebte wurde sofort mit der Eisenbahn in das Krankenstift Zwickau gebracht, woselbst ihm sofort der zerschossene Fuß amputiert werden mußte. Riesa. (Ein gräßlicher Uttglücksfall) ereignet« sich! im Sägewerk der Firma Moritz Förster. Der 59 Jahr«; alte Arbeiter Wittig aus Grödel wurde von der TranZ^ Mission erfaßt, mehrere Male herumgeschleubert und so zugerichtet, daß der Tod des Unglücklichen sofort eintrat. Zwickau. (Wassermangel» droht auch in Zwickau infolge geringer Niederschläge. Der Rat hat die hie sigen Industriellen schriftlich ersucht, sparsam mit dem Wasser umzugehen, da bereits seit einigen Tag« das Wasser schwächer läuft. Tiefem Ersuchen sollten auch die Haushaltungen nach Möglichkeit stattgebeu. »PO Asch. «Wassermangel.) Das hiesige Bürgermeister amt teilt durch eine Kundgebung mit, daß infolge der mangelnden Niederschläge und des anhaltenden Frostes die Quellenzuflüsse immer mehr versagen und daß es nicht möglich ist, in den Reservoiren einen Wasser Die Waldhoftöchter. I Roman von Erika Riedbers. 36 Nachdruck verboten. Er iah Marias sanftes Gesicht, die Augen, die nickt verbergen konnten, daß sie geweint, den Mund, dessen leiser Schmerzenszug von überwundenem Leid erzäblte — er sah sie, und fragte fick: „rannst Tu mit diesem Bild in der Seele, das dort eingegraben ist für alle Zeit, Josefa an Dein Herz nehmen? Ihr ehrlich, aufrichtig von treuer, Warmer Zuneigung sprechen? Als freier, redlicher Mam, um fic werben?" Mit rückhältsloser Wahrhaftigkeit horchte er in sich hinein, und die Antwort, die ihm vom heimlichsten Herzensgrund entgegentönte, war ein freudiges Ja. Er würde Maria immer lieben in tiefer, ehrerbietiger Bewunderung, aber er fühlte, er begehrte sie nicht mehr. Es war eine Liebe, die, freigeworden vom Ver langen, fich zu bedingungsloser, reinster Ergebenheit abgeklärt hatte. Er beging, indem Josefa fein Weib wurde, keinen Verrat weder an diesem Gefühle, das das beste in feinem Leben gewesen, noch an dem Mädchen, das sich ihm zu eigen gab. Und heute erwartete Maria ihn mit seiner Braut. „Soll ich die Maschine schon anzünden, Fran Obenn?" Tas Mädchen hatte alles zierlich und hübsch ge ordnet. Maria sah auf die Uhr. „Nein, Resi! Tie Herrschaften kommen erst in einer halben Stunde. Ich klingle dann." Mn der Geräufchlofigkeit, die dem Personal in den Krankenhäusern zur Gewohnheit wird, verschwand das stinke, anstellige Kind. Kaum aber war Maria ivieder allein, so trat auf ein leises Klopfen eine Krankenschwester ein. Sie war erstaunt, denn zu diesen Stunden ließ sie sich nicht stören. Die Schwester entschuldigte sich auch mit vielen Worten — aber — „Wenn Frau Oberin nur einen Augenblick kom men möchten. Herr Berner ist wieder so aufgeregt, er ruft inimerfort nach Frau Oberin. Wir können nichts mit ihm anfaugen." Maria seufzte. Ja, Berner, der Unglückliche! Seit einigen Wochen war er in der Klinik. Lang sam war das Schreckliche gekommen, hatte ihn lange umschlichen, wie ein Raubtier grausam spielend sein Opfer umschleicht, hatte hinter ihm gestanden bei der Arbeit mit drohend ausgereckten Armen, bis es ihm endlich den Pinsel aus der Hand gerungen hatte. Freunde sanden ihn, wie er gleich einem Rasenden im Atelier umhertobte, mit den Händen tastend, in grauenerregendem Eifer Bilder von den Wänden ritz, die Rahmen auf dem Boden zerschmetterte, Skizzen mappen unter Hohngelächter aus die Erde schüttete und den Inhalt mit Füßen trat. Skulpturen lagen zertrümmert auf der Erde, bei jeden, Schritt knirschten die Splitter. Jeden, der sich ihm nähern wollte, stieß er mit wilden Flüchen und Verwünschungen zurück. „Laßt mich! Rührt mich nicht an! Ich bin blind! Ich bin blind! Ich tauge zu nichts mehr! Schlagt mich tot, schlagt mich tot!" Er rannte mit dem Kopf gegen die Wände, er raufte das Haar, schlug mit den Fäusten Stirn und Brust. „Schlagt mich tot, schlagt mich tot!" Sie zwangen ihn schließlich nieder Wie einen Tob süchtigen. Mit Gewalt ward er der Klinik zugeführt. Es vergingen Tage, ehe es dem Professor Schuch möglich ward, eine eingehende Untersuchung der Auge« vorzunehmeu. Berner rannte beständig in seinem Zimmer auf und ab oder lag Ivie zerschlagen auf dem Diwan, biß in die Kissen und stöhnte, nein — brüllte vor Verziveifelung. Man stellte ihm vor, daß er durch diesen Paroxys mus sein Leiden außerordentlich verschlimmere, daß nichts zu seiner Heilung, nicht einmal in der Behand lung etwas gescholten könne, bevor die Nerven aus dieser unsinnigen Spannung zur Ruhe gekommen — alles vergeblich, bis Maria kam. Sie war für einige Zeit verreist gewesen, mch wenn sie je einen Beweis gewünscht von ihrer Unent behrlichkeit in der Anstalt, von ihrer beruhigend« Macht über diese Kranken, deren Seelen verängstet waren, wie sonst keine der physisch Leidenden, in deren Gemüt wohl ausnahmslos die gleiche Nacht war, wie vor ihren Augen — hier bei dem Maler Berner sah sie es, erlebte es wie ein Wunder. Ihre Gegenwart, ihr Zuspruch bändigten den Unglück») lichen. Er fiel auf die Kuiee. Er hob die Hände auf zN ihr wie zu einem Heiligenbild. Er flehte, er beschwor sie um Rettung. Und wen» bei solchem Schmerzensausbruch ihre Hand sanft uni» beschwichtigend über die glühende Stirn, die arm« Augen strich, verbarg er das Gesicht in ihren Kleider, falten und schluchzte — tränenlos, denn Tränen hatte Maria streng verboten. Unbefangen und ablenkend fing sie dann zu er zählen an. Vom Waldhof, von Anne in Neuhof, fragte, warum er damals nicht zurück nach Berlin, sondern nach München gegangen sei, warum er sie hier nicht schon einmal besucht habe, ob er nichts von ihrem Beruß gewußt, sprach ihre Freude an seiner letzten, prächk tigen Landschaft aus, auf der sie die mächtige Wal8t