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tichtensteinLallnberger Tageblatt ' — »s. - . >> > -!>- 4. Beilage zu Nr. 290. Sonntag, den 13. Dezember 1S08. Die Waidhoftöchter. Roman von Erika Riedberg. >7 Nachdruck verboten Was taten andere Mädchen! Frauen sogar! Wie manches, verwegene, frevelhafte Spiel hatte sie in Berlin beobachten können. Warum ward sie für jedes Lächeln, für jedes freundliche Wort — und sie sprach deren wahrhaftig nicht zu viel — für jeden Blick zur Rechenschaft geigen ? Welche unerhörte Verantwortung lud der Mann da vor ihr auf ihre Schultern! Sollte sie büßen für etwas, was sie gar nicht verbrochen, nie gewollt hatte? Lebenslang leiden, weil seine Schwäche sie mit Schuld belud? Ihre Zukunft zerbrechen lassen von diesem schwankenden, haltlosen Menschen? Ein förmlicher Widerstand gegen ihn überkam sie. Und mit diesem Gefühl gewann sie Ueberlegenheit. „Lieber Oppen", sprach sie jm Ton ruhigen Aus- einandersehens. „Es kann gar keine Rede davon sein, daß irgend eine Gefühlsäußerung von meiner Seite Ihnen ein Recht auf Voraussetzungen oder Beschul digungen gibt. Ich habe Sie gern leiden mögen, schon ehe ich wußte, daß Sie ein Glied unserer Fa milie sein würden. Sie waren mir sympathisch — wahrscheinlich deshalb, weil Sie mir nicht den Hof machten — und das habe ich Ihnen und unserer Umgebung offen gezeigt. Aber das kann ich Ihnen ebenso offen sagen, diese Empfindungen brauchten sich nicht zu ändern, als ich ersuhr, Sie seien der Ver lobte meiner Schwester. Tie Sympathie, die ich sür den vermeintlich Fremden hatte, vertrug sich mit der sür den künftigen Schwager vollkommen. Daß dies nicht so blieb, daß sich nach und nach .häßliches, Unheil volles in unseren Verkehr mischte, hat Sie mir wahr haftig nicht näher gebracht und nicht werter gemacht. Jm vkgenteil, Sie hätten längst begreifen müssen, wie verhaßt mir Ihre Annäherungsversuche waren, wie schwächlich und verächtlich mir Ihr Benehmen er schien. Und wenn ich nun erleben soll, daß Sie die Verantwortung dafür mir ausbürden wollen, so denke ich, mir das durchaus nicht gefallen zu lassen. Ich habe Sie nicht gelockt, ich habe Sie nie haben wollen. Selbst wenn Sie frei gewesen wären und hätten mich statt Maria zur Frau begehrt, würde ich Sie nicht genommen haben. Ich will überhaupt nicht heiraten, ich habe ganz andere Lebensziele. Am wenigsten aber würde ich meine Freiheit hingeben an einen Mann, in dessen Clwraktereigmschaften ich kein Vertrauen setzen könnte." Sie richtete sich von dem Baumstamm auf und ging ein paar Schritte vorwärts. Sie fühlte sich jetzt ganz sicher. Sie hatte sich das, was sie vielleicht uneinge standen bedrückt haben mochte, von der Seele herunter gesprochen und nahm ohne weiteres an, daß sie ibn überzeugt habe. Sie sah nicht zu ihm hin, sie merkte nicht die ver zweiflungsvolle Erbitterung auf seinem Gesicht. — Schon im Gehen fiel ihr noch etwas ein. „Uebrigens", sagte sie zurückgcwandt, „ich will mich Nicht weiß waschen, wo ich es nicht verdiene. In einem Punkt habe ich doch schuld — ich hätte gehen müssen, da ich spürte, es fehlte Ihnen an Energie dazu. Vielleicht aber hielt mich die Erwägung hier fest, daß es für Maria besser sei, schon jetzt zu erkennen, auf wie tönernen Füßen Ihre Mann haftigkeit und Treue steht. Diese Schuld, wenn sie eine ist, gestehe ich ein, alle andere lehne ich ab." Sie raffte ihr Kleid, das eine Baumwurzel fest hielt, an sich und wandte sich wieder dem Steg zu, sest der Meinung, die Sache sei nun abgetan. Ihr Herz würde nicht so ruhig geschlagen haben, hätte sie in vollem Umsange die Zerstörung begriffen, die seine lvahnsinnige Leidenschaft in ihm angerichtet. Die Em pörung, von ihm zur Mitschuldigen erniedrigt zu werden, versetzte sie in natürlichen Widerwillen gegen ihn, der sie vor sich selbst klein machen wollte. Sie sühlte, daß man nichts auf der Welt so haßt als das Geschöpf, welches die Macht hat, uns der Selbstachtung zu berauben, sei es mit Recht, sei es mit Unrecht. Fort, fort nur aus seiner Nähe! Er aber stürzte ihr nach, wie von einem Stoß vorwärts geschlerldert. „Lisa, Du bleibst!" keuchte er, ihren Arm mit brutaler Gewalt packeud. „Dir kommst nicht von der Stelle, bis Du gelobt hast, mein Weib zu werden. Denkst Du, nach solchen Kämpfen und Erniedrigungen ließe man sich den Preis entgehen? Schuldig oder nicht -- ha, ha, Du hast Dir da eben eine glänzende Ent lastungsrede gehalten — mein bist Du" — Elisabeth war trotz äußerer Selbstsicherheit keine Heldin. Heiße Angst überfiel sie unter seinem rohen Griff! Kein Zweifel, er war — unzurechnungsfähig. I Entsetzt starrte sie in jein glühendes, verzerrtes s Gesicht. Die Begierde, die ihr aus diesen Zügen entgcgen- brannte, stieg aus einem Abgrund herauf, in de» ihre Mädchenaugen noch keinen Blick getan. Schaudernd senkte sie die Lider. Einen Moment wollte die Furcht sie schwach machen, in der nächsten Minute jedoch stieß sie ihn mit ihrer jungen Kraft von sich. „Nie! Nie!" rief sie. „Du bist mir zuwider! Ich verachte Dich!" fuhr sie fort. Flüchtig, wie ein Wild, lief fie dein Ausgange des Waldes zu. „Lisa! Lisa!" Sie hörte nicht mehr. 7. llm Mitternacht war ein Gewitter niederge gangen. Mit Sturm war es heraufgezogen und hatte die Waldhofbewohuer um den Schlaf gebracht. Denn der Amtsrat hielt daraus, daß ein jeder während eines Unwetters aufstand, trotzdem sämtliche Gebäude durch Blitzableiter geschützt waren. Wer einmal den Schrecken eines Großseuers auf dem Lande erlebt hat, den leidet es bei Blitz und Donner auch nicht im Bette. Anne hatte doppelte Angst ausgestanden. Fred Hostmann hatte wie sie alle das Heraufziehen des Ge witters übersehen, und war dann, während es schon losbrach, in höchster Eile durch den Wald seiner Be sitzung zugeritten. Anne bat nicht um sein Bleiben, sic wußte im voraus, daß es vergeblich sein würde. Ein gewissen hafter Herr läßt unter solchen Umständen Haus und Hof nicht ohne seine persönliche Aussicht. In wundervoller Pracht kam daun nach Blitz und Krachen der Morgen. Um vier Uhr glühte der Himmel in Purpur. Weit hinten zerflattcrte» noch ein paar halbzerrisseue Wölkchen. Jedes Blatt, jeder Halm, die ganze Welt strahlte und funkelte im Mor gensonnenschein. Erquickende Frische stieg aus der feuchten Erde — weit, weit dehnte sich die Brust, die köstliche Lust zu atmen. In der Wohnung des llnterförsters Riemer standen alle Fenster offen. Er selbst kochte eben, fix und fertig für den ersten Waldgang angezogen, auf dem Petroleumkocher seinen Kaffee. Eine große Schnitte Brot, mit iveichem Käse be strichen, lag auf dem Tisch, daneben ein in Jeitungs papier gewickeltes Wurstfrühstück. Riemer war Junggeselle und nicht darauf ein gerichtet, einen Mst zu haben, wie das nun bald vierzehn Tage der Fall war. Trotzdem hatte er dem Doktor Oppen ohne Weigerung, wenn auch innerlich verwundert, die leerstehende Kammer eingerünmt mit dem eisernen Feldbett darin, das zuweilen ein Wald Wärter benutzte. Er ließ auch den Schrank mit Kaffeebohnen, Brot und Butter zu seiner Benutzung offen, zeigte ihm, wie man die Petroleum-Maschine behandeln müsse, und teilte mittags sein bescheidenes Mahl mit ihm. Jm übrigen erlaubte sein Dienst nicht, sich um den schweigsamen Gast zu kümmern. Er wußte wohl, daß Doktor Oppen der Schwiegersohn des Amtsrats Lund war, er hatte das stattliche und schöne Braut paar manchmal gesehen: was nun plötzlich den Bräu tigam zu ihm in seine Einsamkeit geführt, darnach fragte er nicht. Tas Leben im Walde macht wortkarg, wie sollte er dazu kommen, jemand um seine Angelegenheiten zu fragen, wenn dieser sie ihm nicht von selbst au- vertraute? Eben schlug die Schwarzwälder llhr vier Uhr. Riemer trank eilig den glühheißen Zichorienkasfee, brockte der schwanzwedeluden Dachshündin noch einige Stücke Brot in die Schale und drehte vorsichtig die Flamme unter der Maschine aus. (Fortsetzung folgt.) Kirchenuachrichten. Lichtenstein. Am 3. Adventsonntag. Borm. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt von Oberpf. Seidel über Matth tl, 2—1V. Nachm. 2 Uhr Kindergottesdienst. Jünglingsverein: Besuch des Christspiels in der Blinden anstalt Chemnitz-Altendorf. Abends 8 Uhr Jungfrauenverein. Donnerstag, den 17. Dez. Abends 8 Uhr dritter Advents wochengottesdienst von ?- Ende mit Kommunion. Lallnberg. 3. Advent, den 13. Dez. 1908. Vorm. 9 Uhr Gottesdien t m. Predigt üb. Matth. 11,2 10-Abends 6 Uhr Gustav-Adolfstunde Donnerstag, den 17. Dez. 1908, abend 8 Uhr Advents wochenabendmahlsgottesdienst. Anmeldungen ani Nachmittage von 4 Uhr ab im Pfarrhaus« erbeten. Am 3. Advent: Vorm. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt über Matth 11, 2-lO. Donnerstag, den 17. Dez. abends 8 Uhr Missionsstunde in der ohereit Schule. Alle Freunde der Mission seien dazu herzlich eingeladen. 3. Adventsonntag, den 13. Dez. 1908, vorm. ',,9 Uh Beichte und heiliges Abendinahl. Vorm. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt über Matth. 11, 2-10. Nachm. VH Uhr Taufgottesdienst. vermLUsq. 3. Adventsonntag, den 13. Dez. vor. 9 Uhr Haupt- gotlesdienst mit Predigt über Matth. 11, 2—10. Nachm. 2 Uhr Kindergottesdienst. Dienstag, den 15. Dez. abends 8 Uhr Bibelstunde in der Schule zu Hermsdorf. Donnerstag, den 17. Dez. 9 Uhr Wochenkommunton. Die Inhaber von Missionsbüchsen wollen dieselben freundlichst bis Weihnachten auf dem Pfarramt adgeben. »t. «-wie». 3. Advent, 13. Dez., vorm. VH Uhr: Beichte. Vorm.9Uhr: Gottesdienst. Predigt über Matth. 11,2—10. Darnach Feier des heiligen Abendmahl». Mülsen St. Michel«. Am Z. Advent vorm. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt über Matth. 11, 2—10. Abends 7 Uhr Abendkommunion. Die Beichte hält Herr Pfarrer Auerswald aus Thurm. Mit Genehmigung des Landeskonsistoriums und auf Beschluß des Kirchenvorstandes sollen in diesem Winter zwei Abendkommunionen abgehalten werden. Die 2.Ond lewe der selben findet nächsten Sonntag statt und beginnt um « Uhr. Man hofft dadurch dem zu starken Andrand, der früherbei der einen stattfand, zu begegnen. " Standesamtliche Nachrichten für OrtmannSvorf. Monat November 1908 Geburten: Dem Weber P. L. Göckeritz h. 1 S. Dem Weder A. Bucher in Marienau 1 S. 2 unehel Kinder. Eheschließungen: Zimmermann P. Cl. Bahner hier mit Wirtschastsgeh. A. E. Thuß hierselbst. Gartendös. P. M. Baumann in Mülsen St. Niclas mit Wirtschastsgeh. F. Fl. Ebersbach hierselbst. Güterbodenarb. P. R. Simon in Chem nitz mit Wirtschastsgeh Tl. F. Dietz!hierselbst. Bergarb. M. B. Thiele in Marienau mit E. Fl. Pfau, Fabrikarb. daselbst. Sterbesällr: Pens. Schutzmann H. H. Röhner, 8ü I. 10 M. alt. Handarb. K. H. Kunze hier, 89 I. 24 Tg. K d. i M. H. Wagner hier, 2 M. 13 Tg. alt. E. P. Hammer hier, 4 M. I 1 Tg. alt. E A. Seidel hier, S M. 1 Tg. alt. «. «Ist-. Werner, 2 Tg. alt. Ein Wettblatt ist das „Berliner Tageblatt" geworden. Es ist unstreitig die gelesenste der politischen deutschen Zeitungen. Seine Leitartikel sinden im In- und Aus lande außerordentliche Beachtung. Durch Spezial- körrespondenten an allen Plätzen der Welt vertreten» unübertrossen in der Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der Berichterstattung, gediegen und vielseitig in seinem Inhalt, hat es sich große Beliebtheit nament lich in den besser situierten Kreisen erworben. Zu dieser Beliebtheit und umfassenden Verbreitung haben die sechs wertvollen Wochenschriften mit beigetragen, die jeder Abonnent mit dem „Berliner Tageblatt" gratis erhält, und zwar an jedem Montag: „Der Zeitgeist", wissenschaftliche nnd feuilletonistische Zeit schrift: jedem Mittwoch: „Technische Rundschau", illustrierte polytechnische Fachzeitschrift: jedem Don nerstag und Sonntag: „Der Wellspiegel", illustrierte Halbwochen-Chronik: an jedem Freitag: „Ulk", farbig illustriertes, satirisch-politisches ' Witzblatt: jedem Sonnabend: „Hans, Hof, Garten", illustrierte Wochen schrift sür Garten- und Hauswirtschaft- Das Roman- Feuilleton des „Berliner Tageblatt" bringt hervor ragende Novellen und Romane erster Autoren. — Bei einem sorgfältigen Vergleich der Leistungen der deutschen Zeitungen wird man sich bald überzeugen, daß in Bezug aus Reichhaltigkeit und Gediegenheit des gebotenen Inhalts, sowie im Hinblick auf die rasche, zuverlässige Berichterstattung das „Berliner Tageblatt" an erster Stelle steht. Die sorgsältig redi gierte vollständige „Handelszeitung" des „Berliner Tageblatt" erfreut sich wegen ihrer unbeeinflußten Haltung in kaufmännischen und industriellen Kreisen eines vorzüglickwn Rufes und wird wegen ihrer Un abhängigkeit als zuverlässiger Wegweiser auch von Privat-Kapitalistcn geschätzt — Tas „Berliner Tage blatt" erscheint täglich zweimal, auch Montags, in einer Morgen- und Abendausgabe, im ganzen drei zehn Mal wöchentlich. Abonnementspreis für alle sieben Blätter zusammen bei allen Postanstalten des Deutschen Reiches 2.00 Mark für den Monat oder tt.00 Mark für das Vierteljahr. Dieser Betrag ist im Verhältnis zu dem überaus reichen Inhalt des Blattes und der obengenannten gediegenen sechs Wochenschriften ein sehr mäßiger. Annoncen im „Ber liner Tageblatt" finden namentlich in den gebildeten und wohlhabenden Kreisen die erfolgreichste Ver breitung.