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Lichtenstein Lallnberser Tageblatt " « — — — »8. Sa,«O«»O ' Beilage zu Nr. 283.Sonnabend, deu 5. Dezember 1W8. M k Neuestes vom Tage. W -j- Die Tschechen in Berlin zählen Henie wohl 6000 bis 7000 Köpfe. Ihr Sokol zählt 300, ihr FortbtldungSverein Hamlett 200. ihr Tschechisch, nationaler Verein 100, ihr Orchesteroeretn 90, ihr Fußballklub Slavia 100, ihr Klub tschechischer Tamburitzaspieler 60, ihr Verein Huß tn RIxdors 60 und ihr Verein ZiSka in Stralau 60 Mitglieder. Sie haben in Berlin ihre eigene Turnhalle, sühren tschechische Theaterstücke aus und haben murr Stamm. Wirtshäuser, di« ungestört tschechische Firmatafeln führen. Ihr größtes Nationalrestaurant in Berlin ist dar Prager Wirtshaus in der Nähe des Spittel« Marktes. In RIxdors haben sie ihr« rig«ne Kirche, tn welcher am Sonntag tschechisch gepredigt wird. Di« meisten sindW«b«r. Schn«id«r. Schuster, Schlächter, Brauer. Tischler, Schlosser, Mechaniker, Klempner und Kellner. Nach ihrer Behauptung fei nicht nur NowaweS, sondern auch Nixdorf und Friedrichs« Hagen durch die Tschechen gegründet worden. (!) Jedenfalls können sich die Herren Tschechen in Berlin über nichts blklagen. Wenn da« angesichts der Prager Vorfälle schließlich ander» werden sollte, so wäre das kein Wunder. Durch ,Zauberer" überführt. Sin in der modernen Rechtspflege wohl einzigartiger Fall hat sich jetzt im Girichttsaal von Little Rock tn Arkansas zugetragen, wo gegen den amerikanischen Bürger LouiS H. Hursh wegen Mordverdachts ver« handelt wurde. Hursh war angeklagt, seinen Nach, bar Haywood erschossen zu haben, aber die vor handenen Beweismittel waren zu dürftig, um die Richter zu überzeugen. Plötzlich erhob sich ein schwarzer Beschworener und forderte den Angeklagten auf, sich Ler alten Zauberprobe de» Wodu zu unter- wrrskn. „die niemals lüge". „Richter," so sagte der Neger, „dieser Hursh ist verdächtigt, Mr. Haywood erschossen zu haben. Niemand hat «S gesehen. Wenn Du die Wahrheit wissen willst, so bringe daS Be wehr diese» Mannes her, lade »8 und seuere eS ab Wenn er Mr. Haywood erschossen hat, so wird sein Gewehr Blutspuren zeigen, so wahr al» der Teusrl hinter uns allen her ist. Ich habe daS schon ge« sehen, ich kenne die Kraft des Wodu." In höchster Erregung sank der schwarze Geschworene auf seinen Sessel zurück und seine dunklen Kollegen riefen ein« stimmig: „Verurteile ihn nach dem Wodu, Wodu lügt niemals!" Ungläubig, und nur um die schwarzrn Beschworenen zu befriedigen, beauftragte der Richter LrwiS den Gericht-dimer, daS Gewehr hrrbeizuholen. Die Waffe war noch geladen und der ÄerichtSdiener feuerte sie in die Lust ab. Dann, di« Waffe noch im Anschlag, wendrt« er die Mündung gegen Hursh. Der Lauf glitzerte spiegelblank im Sonnenschein, aber an der Mündung flackerte rötlich wie Blut ein rostiger Flecken. „Blut!" schrie entsetzt der Ange, klagte und ehe man ihn hindern konnte, war er da« vongeeilt und stieß sich vor der Tür des Bericht-. saaleS ein Messer in die Kehle. Am nächsten Tage gelang «S, überzeugende Beweise sür die Schuld de» Selbstmörder» hrrbeizuschaffen. (Wenn diese Ge schichte wirklich wahr sein sollte, so wirst sie auf die amerikanische Justiz, die mit „saulem Zauber" ar- beitet, ein bezeichnendes Licht. D. Red.) s- Massenüderwinterung auf Spitz, bergen. Auf Spitzbergen wird tn diesem Winter, so wird geschrieben, die Jagd aus Pelztiere in einem Umfange wie nie zuvor au-geübt. Von Tromsö haben sich nicht weniger als 15 Fangexpediticnen dorthin begeben, um Eisbären, den wertvollen Blau füchsen, Remitieren und anderem Wilde der Arktis nachzustellen, sowie Eiderdaunen zu sammeln. Selbst die enllegrnstrn Teile Spitzbergens, in denen ost schwierige EiSoerhällniffe herrschen, die die Heimkehr erschweren, werden ausgesucht. So weilen Expeditionen an der sp tzbergtschen Nordküste in der Redbai und in der Hinlopenstraße, und eine Expedition ging nach dem fernen Köntg-Karl-Land, das an der schwer zugänglichen Ostseite Spitzbergens liegt. ES ist da» erste Mal, daß hier eine Expetition über wintert. Aü dem ebensall» gewöhnlich von vielen EiSmoffen bedeckten Storijord, an der südlichen Ost- küste, überwintern vier Expeditionen, und auf der weit östlich davon belegenen, schwer zugänglichen Insel Hopen hat sich gleichfalls eine Expedition ntrdergrlvffen. Ferner sind zwei Expeditionen zur Bärentnsel und eine Expedition rach Jan Mym, weit nördlich von Island gefahren. Dir spitz bergischen Expeditionen umsaffen 76 Fangleote. so Laß der Tterbestand Spitzbergens getörig gelüstet werden dürste, ein« Methode, die schließlich zur gänz lichen Ausrottung der Tiere führen muß. Es wäre daher wünschenswert, wenn sich die nach N-ujahr tn Chrtstiania beginnenden internationalen Verhand lungen über da» herrenlose Spitzbergen auch über dte Jagdoerhältntsse erstreckten. Ebenso macht di« fortsahnnde Besitznahm« von kohlrnsühr«nd«n Land« gebieten, dte tm nächsten Sommer einen besonders g Umfang anzunehmen droht, dringend eine Regelung der staat»rechtlichen Stellung Spitzbergen» erforderlich. -j- Kindereien d. Di« Kais«rin hat ange« ordnet, daß ihr über den Stand der Schulkinder« sptisung in Berlin au»führltch berichtet wird. Und wahrlich, da» Elend ist groß, wenn auch die Hilf« nicht fehlt. In sechzehn Berliner Volksküchen wird Kindern bis sechs Jahren «in Mittageff«» für 5 Psg„ schulpflichtig«» Kindern für 10 Psg. verabfolgt. Noch ärmer« werden un«ntg«ltlich gesprist. Welch rin G«g«nsatz, w«nn man neben dieses Bild der Not folgender Inserat tn einer großen Berliner Tages zeitung hält! „Junge Dame mit besten Empfehlungen aus guter Familie empfiehlt sich zu dm Ktnderg«s«ü- schaftrn zur Unterhaltung und Beaufsichtigung d« Kinder, die so gewandt im Gedankenlesen — sie kann die schwierigsten Zauberkunststücke auSsührrn— unterrichtet. Sie versteht es sehr gut, die Kinder ihrer Herkunst und ihrer Umgebung gemäß zu b«. handeln!" Dieses Inserat spricht Bände; «S paßt sich dem „Allermodernsten" in unserm heutigen Ge- sellschastSleben an, den Ktndergesellschaften, bei denen schon di« schulpflichtig Bewordenen in Smoking und GrsrüschastStoilett« «rscheinrn Und was da» Inserat alle» verspricht! Daß dte „Herren Kinder" sich nicht mehr selbst zu bemühen brauchen mit kindischem Spiel, sondern „Gedankenlesen" treiben werden und Zauberkünste. Warum nicht auch gleich etwas Tisch- rücken und Spiritismus! Aber ist das nicht auch Ktnderelend? Bott bewahre den Nachwuchs unserer sührenden GesellschaftSschtchtm vor solcher „geistigen Verelendung." Und da dies« neuen Sitten aus Eng land und Amerika importiert scheinen, so sperre man ihnen schleunigst dte Grenze. XrM Zie »ick! svvSrk! ru 'M staunena Milizen kreisen io äsr Drogerie u. LiMutergevölbe rum Lrvur. («rt Lieir«saa. 8ie üoäso äis ! ! ! KIMbsiM ! selniM 1- DaS „unstttltche" DornöSchen In der Schule rtne» Städtchens in Niederbayern befand sich tn dem Lehrzimmer für die unterste Ab teilung unter den für den Unterricht bestimmten Wandbildern auch eine Abbildung vom Dornröschen. Meinhold, dessen AnschauungSbtlder allgemein und rühmlichst bekannt find, hat auf diesem Bilde dir wohlbekannte Szene dargestellt, wie daS schlafende Dornröschen vom Prinzen geweckt wird. Niemand wird e» je eingefallen fein, daß die jugendliche Schamhaftigkeit dadurch auch nur im mindesten ge- sährdet würoe. Dat zu entdecken, war, nach der „Bayrischen Lehrerzettung", einem jungen Herrn au» dem Priesterfiande Vorbehalten. Dieser kam al- Katechit der obenbrzeichneten Schulabtetlung in da» betreffende Lehrzimmer und fand da» genannte Bild so sittlichkeitSgrsährlich, daß er «S ohne weitere» au« dem Lokale entkernte. DaS gefährliche Bild gehört zu den amtlich genehmigten Lehrmitteln. Verurteilung eines Mörder». Die Verhandlung gegen den de» Morde» angeklagten Agenten Btever in BrÜffel, die während der vir« gangenen Woche da» Publikum der belgischen Haupt- stabt tn starker Spannung erhielt, endete am Sonn« abend mit der Verurteilung -um Tode. Bi«v«r «ar beschuldigt, seine Frau vorsätzlich getötet zu haben, um seine Geliebte heiraten zu können. Das Schwur gericht sällte da» Urteil auf Gmnd «inet scharfsinnigen Jndt-ienbewrtseS. Ausschlaggebend war ein blutiger Fingveabdruck de» Mörder» auf dem großen Z«iaer der Wanduhr, roelchen « vorgerückt hatte, um sich ein Alibi zu sichern. Die Opfer der Farmsirene. wirhaben seinerzeit mitgetetU, daß durch «inen Brand auf ein« Farm in Laporte (Indiana) di« Entdeckung gemacht wurde, daß deren Besitzerin, dir bet dem Brande zugrunde ging oder floh, viel« Mord« brgansen hall«, indem si« durch Annoncen tn den Zeitungen oeurtttelte Männer auf dte Farm lockte, um sie zu heiraten und dann, sobald si« tm vesitze ihrrS vermögen» war, verschwinden zu lasten. Etn junger Farm arbeite» au» Neuyork hat sich sür schuldig bekannt, der Mr». Gunne», so hieß dte Frau, dte tn Amerika dte „Farm- sirene" genannt wird, bet den Morden behtlfltch ge wesen zu sein. Er zeigt« der Polizei rin« beträchtlich« Anzahl von bisher noch nicht ausgegrabenen Stellen auf der Farm und man fand dort nach wettere Leichen. De, Verdacht, daß Mr». Gunne» sich immer noch am Leben befindet, trotzdem einer ihr«, Arbeiter unter der Anklage steht, sie ermordet und dt« Farm eingräschert zu haben, wächst. E» meldete sich b«t dem Gericht ein Farmer au» der Nachbarschaft der Mordfarm, der behauptete, daß er auf der oerlastenen Farm Stimmen gehört hätte. Er habe gesthen, daß etn Mann und etne Frau tn der Nähe der Grabstätten gruben, und dte Frau habe tm ärarrlichen Ton ge rufen : „Ich kann dt« Gelbkist« nirgend» Hiden." In demselben Augenblick hab« «tn Butz dt« G«flcht«r der Grabenden beleuchtet und er hab« mV Bestimmt heit Mr». Gunne» «rkannt. Die „Farmfirene" ist eine Norwtgerin von gewaltiger Kvrptrkraft und be strickendem Wesen. Auf ihrem Grundstück« wurden bi» jetzt die Leichen von 17 Personen au»-e-raben, di« naL und nach tn d«m Distritte auf unervärliche Weif' spurlos verschwunden waren. > -f-Doch der Segen kommt von oben. Eine brave Bürgerin tn Nanterr« (Frankreich) hat jüngst in staunenswerter Zerstreutheit recht unfrei willig dte Stelle der Vorsehung übernommen. Ste schüttelte nämlich ihren Mantel zum Fenster hinaus und vergaß dabet vollständig, daß sie in diese» Kleidungsstück ihre Ersparnisse, bestehend tn 10000 Mark Papiergeld, sorgsam versteckt hatte. Ste merkt« auch nicht «tnmal, «i« der Umschlag mit d«n zehn Tausendmartscheinen au» dem Mantel hinunter tn den Rinnstein fiel. Straßenfeger fanden ihn, glaubten, die Scheine seien falsch und belustigten sich damit, sie zu zerreißen und dte Papierschnitzel dt« Straß« entlang zu streuen. Durch Zufall entwischt« Ihnen aber etn Tausendmarkschein, der wiederum von eine« Arbeit» gesunden wurde. Dies« gute Mann sah wohl, daß der Schein echt war, wechselt« thn und richtrt« damit bi« Hochzett feiner Tochter au», di« schon lang« auf «inen glücklichen Zufall wart«t«, der ihr und ihrem Liebsten zum Ehering verhelfen sollte. Indes war aber die sparsame Unvorsichtige schon zur Polizei gelaufen und hatte dort ihren Verlust brklagt. Man wurde auf dte außrrgewöhnlichen Ausgaben tn d«r kleinen Wirtschaft de» Arbeiter» aufmerksam und llrß sich da» Kleeblatt, den Vater und die glücklich Liebenden, kommen. Dt« Stück« der -erriffenen Geldscheine ab« wurden zusammen gesetzt und von d« Bank in Frankreich durch neu« ersetzt. So kam die Frau mit einem blaue« Auge davon und hat noch ein Paar glücklich gemacht. Sie wird jetzt ab» doch wohl ein sichere» Versteck finden, al» ihren der Reinigung bedürftigen Mantel. Revolver-Attentat auf einen Po lizei-Sergeanten. Auf de« Markte tn Köpe nick unternahm der Schlächter Johann Schnorr« einen Mordversuch gegen den Polizeisergeante« Krekow, der schwer verletzt wurde. Der Polizeibe hörde war htnterbracht worden, daß von einigen Marlihändlern Unehrlichkeiten verübt würden, so daß dte Behörde mehrsach eingreifen mußt«. Al» nun d« Poltzeisergeant den Stand Schümm» pas sierte, trat dieser plötzlich hervor und zog einen unter der Schürze verborgen«« Revolver, den er «tt den Worten: „Ihr Strolche, Ihr habt mich zum Verbrech« gemacht!" aus Kretow abfeuerte, d« schwer verwundet wurd«. Der Attentäter wurde ge- fesselt und nach d« Polizei gebracht. Lhemnitzer «ich und SWaAch-MriUt. 3. Dez. 1808. Auftrieb: Ochsen 35, Kalben und Küh« 63, Bullen 31, Kälber 441, Schafe 148, Schweine 536, zus. 12S4 Tier«, Bezahlt in Mk. für 50 kg Schlachtgewicht: Ochsen 63—80 DU. Kalben und Kühe 40—74 Mk. Bullen 60—75DU. Kälber 83—90 Mk. Schafe — Mk. Schweine 66—74 Mk. Bei Schweine« verstehen sich die Lebendgewichtspreis« unter iSewährvnG von 20—25 kg Tara für je ein Schwein, die Schlachtgewicht» preise ohne Schwergewichts MietztusquittungSbücher rält stet» vorrätig und «mpfiehll dte TaHeblatt« Dsm-kostz,