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Ataatsbahnen gefällt und ein enthusiastisches Lob lied auf die Bertoaltung der französischen Staats- bahnen ««gestimmt. obwohl bekanntlich in Frankreich selbst man von dieser Verwaltung nicht eben sehr entzückt ist. Abgesehen davon aber, daß es bisher Mit Recht als nicht angebracht angesehen wurde, daß ein Minister Kritik an den anderen Ländern und ihren Staatseinrichtungen übt, hat Bertolini noch Nicht einmal den Milderungsgrund, daß er es getan hat, um sein eigenes Ressort in ein besseres Licht -u rücken, obtvohl dieses Ressort das nötig hätte. Der Minister mus; vor dem ganzen Parlament ein- gestehen, daß von 1000 italienischen Eisenbahnzügen S68 im Durchschnitt mit Verspätungen von mehr als einer halben Stunde ankommen Wie viele pünktlich ankommen, das sagt der Minister nicht, jedenfalls sehr ivenige. Und diese Leute wollen dann in ihrer romanischen Selbstüberschätzung die deutschen Verhält- »lisse kritisieren. Ausland. Wien. (Tie Exzesse in Prag.) Der be—rühmte Abgeordnete Klofatfch bestätigte gegenüber einem Kor respondenten des „Russkoje Slowa", daß die Prager Exzesse tatsächlich antidhnastischen Charakter hatten. Zugleich kündigte der „Held der Straßen Prags" an, haß vie Exzesse mit aller Kraft wieder losbrechen Würden, falls der Bummel der deutschen Studenten aus dem Graben wieder stattsinden sollte. Die tsche chische Bevölkerung Prags sei keineswegs beruhigt und ihre Erregung gegen die Deutschen ungemindert. Man darf also darauf gefastt sein, daß der Prager Pöbel den Wink seines „Meisters" verstehen werde. Ende Dezember begibt sich Klofatsch zu Jnformationszwecken nach Moskau und Petersburg. Wer nun noch daran zweifelt, woher die Tschechen die Instruktionen zu ihreni hochverräterischen Vorgehen erhalten, dem ist nicht zu helfen. » London. (Indische Sorgen.) Wenn nicht alle- Anzeichen täuschen, wird die englische Regierung recht bald mit ernsten Schwierigkeiten in ihrem großen indischen Reiche zu rechnen haben. Ein halbes Jahr hundert lang seit ihrem letzten großen vergeblichen Aufstandsversuche haben die Inder Ruhe gehalten und sich damit abgesunden, daß ihre Geschicke voll ständig durch englische Beamte geleitet werden. Neuer dings beginnt sich aber die mit europäischer Bildung und 'Gesittung vertraut gewordene Jugend hiergegen zu sträuben. Unterstützt von der heimischen Presse, verlangt sie Anteil an der Regierung ihrer Heimat und größere Berücksichtigung ihrer Interessen. Da die englische Verwaltung sich dagegen sträubt, be ginnen die Unzufriedenen zu Verschwörungen und Mordversuchen u greisen. Die englische Regierung ist hiergegen mit äußerster Strenge vorgegangen, hält es aber gleichzeitig für notwendig, den Wünschen der Inder in einzelnen Punkten entgegenzukommen. Wie Weir ihre Maßnahmen von Erfolg begleitet sein wer den, ist vorderhand nicht abzusehen. Aus Rah uud Fern Lichtenstein, den 21. Dezember 1906. *— Ler goldene Lonnta- hat gestern in der Hauptsache den Erwartungen entsprochen, die man aus ihn gesetzt hatte. Noch in weit höherem Grade als »Ul' im Zperiul-OesottLtt von 8. 8. M kfssrkt Gluckt Lucken Liv stets ckas Heuest« in - MM HM» s liesest« kardeo vklh« kn^ons Kragentzekonern in 8eläo in klüsed 8eiünen IUekem irvlss bunt rum Bestiegen, sonie sämtlichen Herreii-S^rtilreln Wirk kiek«! krlut» Kinnick! am Sonntage vorher entwickelte sich der Verkehr in der inneren Stadt. Der Umsatz war überall recht befriedigend. *- «ns der »«»kelsten Zeit tzes Fahre». Das ablaufende Jahr zählt nur noch nach Tagen und diese sind kurz genug. Frith sckwn breitet die Nacht ihre dunklen Fittiche über die Erde, sehr spät erst hebt sie diese wieder. Nur wenige Minuten übe« 7V» Stunden steht die Sonne jetzt über dem Horizont; mehr als 16 Stunden ist sie unseren Blicken entzöge«, theoretisch die längste Zett morgen Dienstag, der uns den kürzesten Tag bringt. Und diese dunkelst« Zeit wird oft, wie gestern und heute, noch verlängert durch Nebel, Wolken usw. Es ist, als ob die Nacht den Menschen den trüben Anblick der hinsiechende« Natur mitleidig verhüllen wollte und einen Schleie« würfe über die Agonie des sterbenden Jahres. Ja, die Dunkelheit ist jetzt Herrscherin, und dies zuweile« in den letzten Dezemberwochen den ganzen Tag — äußerlich wenigstens. Im Innern der Mensche« leuchtet in dieser Zeit das hellste Licht. Im Zeichen der Weihnachten überstrahlt der Dezember als Freuds« bringer alle seine Brüder. Er sendet dunkle Tage, aber bringt Helle Augen und einen neuen Lenz: de« des Gemüts und der Herzlichkeit. *— Das ziemlich starte Erdbeben, das wir vom Sonnabend morgen registrierten, ist fast in ganz Sachsen nnd auch über die Grenzen unseres engere« Vaterlandes hinaus verspürt worden. Wie die Leips ziger Erdbebenstation mitteilt, war das Beben nicht vulkanischen, sondern tektonischen Ursprungs. Der Stoß dauerte drei Sekunden uud mutz ganz in der Nähe Leipzigs erfolgt sein. *— Gedenket der Armen. Das Weihnachtsfest soll das schönste Fest des Jahres sein und es ist es auch, wenn wir selbst unser Herz der Weihnachts- stimmnng öffnen. Und dazu gehört in erster Linie, daß wir auch bereit sind, die vielen, vielen Arme« und Hungrigen zu unterstützen, soweit unsere schwache« Kräfte hierzu imstande sind. Wohlzutun und mitzu teilen! Das haben auch die hiesigen Frauenvereine auf ihre Fahne geschrieben und so bereiteten sie denn gestern im Goldenen Helm und im Goldenen Adler den bedürftigen Alten und Kindern unserer Schwesters städte stimmungsvolle Weihnachtsfeiern, bei denen Tannenbäume ihr Helles Kerzenlicht erstrahlen ließen und zu Herzen gehende Reden der Bedeutung des Liebeswerkes gedachten. Weihnachtliche Gesänge um rahmten die Beschernng, wobei manch' im Alter un8 der Not getrübtes Auge in Tränen dec Rührung glänzte und manches Kinderauge froh aufleuchtete! *— Krieg in Frieben. Eine Abteilung Kara biniers, wahrscheinlich auf einer Felddienstübung be griffen, passierte heute morgen unsere Stadt. Auch Infanterie mit Markierungsflaggen machte sich hier bemerkbar. *— Der Turnverein Eallnberg hält am erste« Weibnachtsfejertage im Gasthofe zum goldenen Adler eine, öffentliche Aufführung ab. Tas Programm, daL später veröffentlicht wird, weist außer gediegene» turnerischen und gesanglichen Nummern auch einig« humoristische Soloszenen, Duette und Lustspiele auf, so daß die Zuhörer wie immer auf einen genußreichen Die Waldhoftöchter. Roman von Erika Riedberg. 22 Nachdruck verboten. Ehrensache war geworden, was sich ihr als jungem Ting schon inl Kopfe festgesetzt. Sie wußte noch nicht, daß nicht das Talent einer Berufenen, sondern Hart näckigkeit und Eitelkeit sie zum Streben und Aus harren trieb. Alle Menschen waren gut und von ausgezeichneter Zuvorkommenheit gegen sie. Hier nnd da sprach auch einmal einer von ihrem Buch, wie man zu jemand spricht, der einen unterhaltenden Sport treibt. — Keinem fiel ein, wie ernst es der Verfasserin damit war, daß dieser Sport ihre Lebensaufgabe ausmachte. Sie hörte solchen gelegentlichen Aeußerungen mit höf- lichem Lächeln zu. Bei sich dachte sie: „Ob die es Wohl gekauft haben? Oder ob ihnen ein Freiexemplar geliehen wurde? Ob es wohl in den Leihbibliotheken zu haben ist?" selbst nachzufragen getränte sie sich nicht. Tie glaubte, Titel und Name würde ihr in der Kehle stecken bleiben. Mehrere der namhaftesten Schriftsteller und Schriftstellerinnen hatte sie kennen gelernt, doch - Elisabeth lächelte mitleidig über sich selbst — wo blieb die Anregung, die Inspiration, die ihre Unerfahren heit von ihnen erwartet hatte? Wohl hörten diese Großen das Lob eines auf strebenden, neuen Talentes ohne Neid, wenn sich auch in ihr anerkennendes Lächeln Ueberlegenheit mischte, aber Helsen, raten, unterstützen — welche Torheit derartiges zu erhoffen. Aengstlich hütete ein jeder seine Pläne und die Gebennnisse seines Erfolges. Zie war auch einigen Vereinen beigetreten. Aber ivr 'ehlte die Gabe, sich dort nnbemerkbar nnd un entbehrlich zu macl>cn. Sie ward nicht als Kollegin, als brauchbares, helßmdes Mitglied betrachtet, sie ward lediglich über all, wohin sie kam, als schöne interessante Frau aus gezeichnet, die zudem noch der Nimbus der Selb ständigkeit und eines netten Vermögens nmgab. Man war auch durchaus nicht unempfindlich gegen die reichlick>en Geldbeträge, die man stets mühelos von ihr erlangte. Was jedoch sollte ein solches Wesen in den Reihen der Kämpferinnen? Denn kämpfen mußten und wollten sie alle. Tie einen um Brot und Erfolg, die anderen um vorent- haltene Rechte, fast alle aber um das Freiwerden vom Manne. Daß unter diesen letzteren Elisabeth Lund viel leicht die einzige Ehrliche war, hätte ihr kein Mensch geglaubt. Ihr waren die Ideen von der Freiheit der Frau keine Modesache. Ihre Abneigung gegen die Ehe, gegen die werben den, schmeichelnden Männer war vollkommen auf richtig. Die traurige Affäre mit ihrem Schwager hatte wahrlich nicht dazu beigetragen, ihren Respekt vor dem starken Geschlechte zu erhöhen. Jedoch öffentlich unter tönenden Worten und gro ßen Phrasen mit diesen Anschauungen chervorzutreten, war ihr nicht gegeben, trotz ihrer großen Unbefangen heit und der Sicherheit, mit der sie gewohnt war, die verschiedensten Situationen zu beherrschen. Sie blieb fremd in dem Kreise dieser fieberhaft redenden nns schreibenden Frauenrechtlerinnen. Nur mit einer jungen Schriftstellerin trat sie in näheren Verkehr. Sie war berühmt, die reizende Frau von Rainer Ihre Romane und Plaudereien erschienen in einein der vornehmsten Journale. Sie hätte zehnmal so viel schreiben können, als sic schon tat, und würde stets Abnehmer ihrer Sachen gefunden haben. Sie traf immer und überall den Ton, auf den das Publikum gerade gestimmt war. Sie sagte alles, aber sic sagte es so anmutig, in so blumenreichen Redewendungen, so duftigen, blühenden Worten, unter so zarten Schleiern — die vielbeschäftigten Mütter, die nicht zum Lesen kamen, ahnten nicht, was sie ihren Töchtern mit dem neuesten Band der be liebtesten, von jedem Buchhändler eifrig angepriesenen Verfasserin in die Hände gaben. Und die jungen Dinger lasen sich die Köpfe heiß und rot, tagsüber und nachts heimlich im Bette. Ihre erhitzte Phantasie spiegelte ihnen nur Rainersche Helden und Heldinnen vor. Immer wieder durchlebten sie mit plötzlich er wachtem Verlangen, mit sehnsüchtigen Seufzern jene Szenen, welche sic die wundbar ritterlichen Männer, die überirdisch edlen Frauen des Rommrs erlebe« sahen. Elisabeth kaufte die Bücher. In den Leih bibliotheken waren sie nie zu haben. Es mußte schmt ein günstiger Zufall sein, wenn man dort eins bekam> denn obgleich jeder Band in mehreren Exemplaren angeschafst wurde, hieß es fast immer: „Ausgegeben." Elisabeth betrachtete diese Lektüre als Studium. Sie studierte namentlich die Technik und wunderte sich, wie oft sie ihreni Geschmack und ihrer Ansicht nach auf Nachlässigkeiten im Stil, auf Unrichtigkeiten im Satz ball stieß. Sie las mit nüchternen Sinnen, unbeeinflußt von der blumenüberdeckten, vergiftenden Glut einer ihr fremden, sinnlichen Denkweise. Und wenn sie zu Ende war, gestand sie sich, daß neben diesen kühnen, um nicht zu sagen perversen Dar stellungen, diesem Entblößen der menschlichen Seele ihre zaghaften, mühsam gedrechselten Novellchen wie der leidlich stilisierte Aufsatz einer höheren Tochter wirken mußten. Nun begriff sie die Verleger. Diese Männer waren abhängig vom Publikum. Sie konnten, wenn sie verdienen wollten, nichts anderes bringen, als was dieses haben wollte. Nicht sie erzogen die lesende Menschheit, sie selbst wurde« durch den Geschmack der Leser und Rezensenten ge zwungen, solche Sachen zu veröffentlichen, init dene« ein Gesck)äst zu machen Ivar, die nicht zu Hundert«« unverkauft herumlagen. Anfang April kam die Abrechnung — fast nichts! verkauft. Es war Elisabeth, als habe man ihr einen Schlagt versetzt. Verzweifelt schob sie das Roman-Manuskript bei Seite. (Fortsetzung folgt.) , Z