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*- Der SS. -deutliche «czirlsta« der «gl AmtShauptmannfchaft Glauchau tagte, wie schon kurz Gerichtet, gestern mittag von V«12 Uhr ab in der Be- -irksanstalt Lichtenstein in Gegenwart des Herrn AreiShauptmannS v. Burgsdorff unter Vorsitz des Herrn AmtShauptmanns Ebmeier. Anwesend wa« ren 36 Herren, 16 fehlten. Der Herr Vorsitzende ge dachte zunächst in warmen Worten der verstorbenen Königin Carola, dann der Anwesenheit des Herrn Kreishauptmanns, zu dessen Ehren sich die Versamm lung von den Plätzen erhob, hierauf der aus der Be- »irksversammlung ausgeschiedenen und der neuein- vetretenen Mitglieder, wies kurz auf die Vorlagen des Tages hin und gab endlich einen Rückblick auf Ackerbau, Handel, Industrie und Gewerbe unseres Bezirkes im verflossenen Jahre. Redner bezeichnete bas Bild im allgemeinen als nicht unerfreulich, wenn auch etwas getrübt durch schwierigen Geldmarkt, Ar beitermangel, Verteuerung der Lebensmittel usw. und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die leisen Zei chen des Umschwunges im Glauchauer Bezirk nicht gu einer Krisis, sondern zu einer Gesundung der Ver hältnisse führen möchten. — In die Tagesordnung eintretend wählte zunächst der Bezirkstag Herrn Bür- germeister Brink-Glauchau als Kreisausschußmitglied wieder und zwar auf die Zeit von 1908—1913. In den Bezirksausschuß wurden aus dieselben Jahre die ausscheidenden Herren Kommerzienrat Lossow-Glau chau, Kommerzienrat Mahla-Remse, Amtsverwalter Sonntag-Grumbach und Bürgermeister Wirthgen- Meerane wieder gewählt. Als Vertrauensmann zu dem Ausschüsse für die Aufstellung der Geschworenen liste für den Amtsgerichtsbezirk Waldenburg für 1908/09 wurde an Stelle des verstorbenen Gutsaus- züglers Graichen-Uhlmannsdorf Herr Gemeindevor- ßtand Schumann-Oberwiera berufen. — Darauf schritt der Bezirkstag zur Beratung des Haushalt- Plans für die B ezi r ks an st a l t L i ch t e nst c in auf 1908, dessen Abschluß eine Einnahme von 49170 Mk. und «in« Ausgabe von 51 020 Mk. aufweist, sodaß der durch die Bezirkskasse zu deckende Fehlbetrag sich auf 1850 Mk. beläuft. Der Haushaltplan wurde geneh migt, ebenso Genehmigung fand der Haushaltplan für das Bezirksgenesungsheim „KönigGe- vrg Stift" auf das Jahr 1908, der eine Einnahme Von 16 850 Mk., eine Ausgabe von 22 590 und einen Fehlbetrag von 5 740 Mk. verzeichnet, der durch die Bezirkskasse zu decken ist. Im Haushaltplan der Be zirkskasse ist die Einnahme auf 20502 Mk., die Ausgabe auf 15 480 Mk. festgesetzt. Ta aber die Versammlung auf Vorschlag des Herrn Vorsitzenden noch 250 Mk. zur Unterstützung des Sanitätsko lonnenwesens im Bezirk einsetzt, erhöht sich letz terer auf 15 730 Mk., sodaß ein Ueberschutz von 4772 Mk. verbleibt. — Zur Vermehrung der Einnahmen machte Herr Bürgermeister Prahtel den Vorschlag, den Zinsfuß des hypothekarisch ausge- lieheneu Bezirksvermvgens von 4 auf '4V4 Proz. zu erhöhen. Dieser Antrag wurde pußer durch Herrn Bürgermeister Steckner noch durch andere Herren unterstützt, sodaß nach längerer Aus sprache beschlossen wurde, diese Frage dem Bezirksaus schüsse zur Erwägung zu überweisen. Die Bezirks versammlung steht aber in dieser Angelegenheit in per Mehrzahl auf dem Standpunkte der mittleren Linie, will also, um eine Beunruhigung der Hhpo- thekennehmer zu vermeiden, nicht immer dem je weiligen Geldmarkt Rechnung tragen. — In Aus gabe sind unter Punkt 3 n zur Errichtung und Un terhaltung einer Gemeindediakonie in Mülsen St. Niclas 500 Mk. eingestellt. Auf eine Anfrage, wie lange diese Unterstützung gezahlt werden solle, er widerte der Herr Amtshauptmann, daß cs wegen der Armut der bett. Gemeind« angebracht fei, diese Dum me solange zu gewähren, bis ein Betrag angesam melt sei, der die Anstellung einer Diakonisse i» dem Orte ermögliche. — Schluß der Tagung Uhr, an die Beratung schloß sich ein Mittagsmahl im «Goldnen Helm." *— Auf de« Wege der Bessern«-. Gestern war in der „Bolksstimme" zu lesen, daß das 6jährige Kind der Familie Naumann, welches bekanntlich vor kurzem schwere Brandwunden erlitt, gestorben sei. Diese Nachricht ist falsch; erfreulicherweise be findet sich das kleine Mädchen auf dem Wege der Besserung, und ist begründete Hoffnung vorhanden, daß es mit dem Leben davon kommt. Auch der Vater, der an den Händen arge Brandwunden davon trug, ist auf dem Wege der Genesung, wenn er auch noch einige Zeit arbeitslos sein wird. * - Steuerzuschlag. Bon der Handelskammer zu Chemnitz soll für das Jahr 1908 mit dem 2. Einkommensteuertermine zur Befreiung ihres Auf wandes ein Steuerzuschlag zur Einkommensteuer von 2 Pfennigen für die Mark desjenigen Steuersatzes, der auf die in Spalte d des Einkommensteuerkatasters (für Handel und Gewerbe) eingestellten Beträge ent fällt, erhoben werden. Dieser Steuersatz gelangt nur von den Steuerpflichtigen zur Erhebung, die mit einem Einkommen von mehr als 3100 Mark eingeschätzt sind. * Keine Militärbilletts für Konzertrei sen von Militärkapellen. Nach einer Mitteilung des „Tresd. Anz." ist an die Bahnverwaltungen eine Verfügung des Kriegsministeriums ergangen, wonach den Militärmusikern für Konzertreisen keine Militär sahrkarten mehr abgegeben werden dürfen. Damit hat die Regierung eine jahrelang immer wieder er hobene Forderung der Zivilmusiker erfüllt, die unter der Konkurrenz der Militärkapellen schwer zu leiden haben und durch die billige Fahrt der letzteren bis her noch mehr im Nachteil waren. r. Mülsen St. Jacob. (Ausführung.) Der hiesige Jnngfrauenverein hielt unter bewährter Lei tung am 6. d. M. im Deutschen Hause einen wohlge lungenen Unterhaltungsabend ab. Tie gebotenen Gesänge, Deklamationen und Melodramen, wurden vorzüglich wiedergegeben und die sehr zahlreich an wesenden Zuhörer spendeten den jugendlichen Dar stellern reichen Beifall. Eine freiwillige Tellersamm lung, behufs Beschaffung eines Harmoniums im Jungfrauenverein, brachte ein hübsches Sümmchen zusammen. g. Mülsen St. Ricla- (In den Schulvor- stand) wurden auf weitere 3 Jahre gewählt die Herren Eduar Modes, Richard Haase und Richard Donath. — (Vortrag.) Am vergangenen Sonn abend hielten im Gasthaus „Zum Mülsental" die Herren Ingenieure Radschin vom Elektrizitätswerk an der Mulde und Hammel von der Firma Köhler u. Büttner in Mosel Vorträge über elektrisches Licht. Die zahlreich Anwesenden hörten mit Interesse den Ausführungen der beiden Herren zu. Aue. (Unter tragischen Um st än den verstorben) ist die Gattin eines hiesigen Hoteliers. Sie wollte ihrem mit mehreren Freunden aus der Eisbahn weilenden Gatten mit einem wärmenden Trunk eine Freude bereiten, wurde aber unterwegs von einem Herzschlag getroffen, an dessen Folgen sie, in die Wohnung zurückgekehrt, in Gegenwart zweier sofort herbeigerufener Aerzte verstarb. Glaucha«. (In der Badewanne gestor ben.) Als Montag abend gegen V2H Uhr die Ehe leute Diener, Dchloßstraße hiersetbst woPchaft, nach Hause kamen, fanden sie die 19jährige Schwe ster der Frau in der Badewanne, in der sie Gebadet hatte, tot vor. SIS Todesursache wurde Herzichla« sestgestellt. Leipzig. (Drei Arbeiter verunglückt.) Im Keller unter dem Maschinenraum der Etablisse ments Krystallpalast waren drei Arbeiter der Baufir ma Zimmermann u. Kühn beschäftigt. Plötzlich Platzte mit gewaltigem Krache das Leitungsrohr der Dampf heizung. Durch den ausströmenden Dampf wurde» der 35jährige, in Leutzsch wohnhafte Maurerpolier Zahn, der 42jährige Maurer Müller aus Torditz »nd der 50jährige Handarbeiter Arkhner, Lindenau, Reuterstraßc Nr. 57 wohnhaft, schwer verletzt. Limbach. (Bruch eines Wasserleitungs rohres.) Am Montag vormittag gegen 9 Uhr brach — offenbar infolge des Frostwetters — auf der Chem nitzer Straße ein Rohr der städtischen Wasserleitung. Das Wasser strömte in das Grundstück der Firma Louis H. Schaarschmidt und richtete unter den Garn- und Warenvorräten großen Schaden an. h. Plaue« i. P. (Großfeuer.) Wie aus Tannenbergsthal gemeldet wird» ist gestern abend die mechanische Weberei von E. Keffel, in der 350 Webstühle standen, nebst zugehörigen Maschinen vollständig niedergebrannt. Der Schade» wird aus V- Mill. Mark geschätzt. Es wird Brand stiftung vermutet, etwa 130 Arbeiterinnen sind brot los Die Ledertuch- und Wachstuch-Fabrik ist nicht in Mitleidenschaft gezogen. Rcicheubranb. (Ueb erfahren.) Am Sonn tag nachmittag wurde ein hiesiger 65jähriger Ein wohner von einem Kutschgeschirr aus Siegmar über fahren. Der Verletzte, der außer einem Arm- und einem Beinbruch noch verschiedene Kopfverletzungen davontrug, wurde von den Insassen des Geschirrs in seine Wohnung gefahren und in sofortige ärztliche Behandlung gegeben. Die Verletzungen des alten Mannes sind leider so schwere, daß es noch nicht ge wiß ist, ob er mit dem Leben davonkommes wird. Waldenburg (Beide Beine erfroren.) Am Sonnabend wurde in Oberwinkel ein am Bach rand sitzender Handwerksbursche aus Mülsen St. Jacob in halberstarrtem Zustande aufgefuuden, dessen Beine im Bache eingefroren waren. Bei der ärzt lichen Untersuchung stellte sich heraus, daß beide Beine erfroren waren und amputiert werden müssen. Es ist fraglich, ob er mit dem Leben davonkomm«» wird. Zschopau. (Neuer Se m i n a r d i r e kt 0 r.) Ter Oberlehrer am Seminar zu Annaberg Herr Dr. Seyfert ist für Ostern zum Seminardirektor in Zschopau ernannt worden. Zwickau (Brand in einem Geflügel hause.) Durch Uebcrheizung des Ofens eines Gar ten- und Geflügelhauses hier ist dieses weggedrannt. Dabei sind für 400 Mk. Tauben und Hühner unv- gekommen. Auf der Fahrt zum Südpol Die englische Südpolarexpcdition hat am Ne»- jahrstage von Neuseeland aus die Fahrt indie Re gionen des ewigen Eises angetreten. In einem län geren Aussatz giebt ihr Führer Leutnant Shackleton in der Daily Mail interessante Einzelheiten über seine kühnen Pläne. 7 „Die neue britische antarktische Expedition wird die erste auf dem Kampfplätze sein", so schreibt der Forscher. „Unsere Kenntnis der antarktischen Ge- Teuer erkauft. Roman von Ida von Conring. 7 (Nachdruck verboten.) „Da ist ein Garten, Vater, Du könntest wieder Rosen ziehen." — „Wahrhaftig, ja!" sagte er, leb haft werdend. „Sehen Sie, gnädiges Fräulein, das ist meine einzige Leidenschaft. Mein seliger Vater war Gärtner, von dem habe ich die Freude an allem, Was blüht, geerbt. So was Schönes, wie eine Tee rose gibt es nicht noch einmal auf der Welt. Selbst auf unserem elenden kleinen Balkon habe ich welche gezogen — sie wollten allerdings in dem Ruß und Schmutz nicht recht gedeihen — Sonne hatten sie auch nicht viel. O Gott, wie will ich mir Mühe geben, die seltensten Sorten zu bekommen und Sie sollen die schönsten Blüten haben, gnädiges Fräulein!" Ter alte Mann war plötzlich Feuer und Flamme für die Villa. „Ter alte Bello wird es da auch besser haben. Sie glauben nicht, wie "die abscheulichen Kin der in der Körnerstraße das arme Tier quälen und Hetzen, wenn er ihnen in die Finger gerät." Und auf UllaS teilnehmende Fragen erzählte er, daß der alte Lund ein Vermächtnis seines Hauptmanns sei, der das Tier in keine anderen Hände als in die Möllers hatte geben wollen, als er starb. „Ja, der alte Bello soll es jetzt wieder gut haben," wiederholte er ein paar Mal, „ich werde ja wohl auf meine alten Tage noch ganz großartig werden — eine Villa und einen Garten mit Rosen. — Lieber Gott, wie soll ich das nur alles wieder gut machen?" — So ging der Tag unter allseitiger Befriedigung Zu Ende. Ter Konsul küßte seiner Schwiegertochter die rosigen Lippen und schüttelte dem alten Möller warm die Hand. „Ich begreife, Richard, daß Du das Mädchen lieb hast," sagte er freundlich, „Gott führe alles zum Besten!" — Die Familie Möller fuhr in des Konsuls offenem, mit feurigen Grauschimmeln bespannten Landauer nach Hause. In der Körner straße schauten die Leute aus allen Fenstern. Mutter Möller stand mit dem verbundenen Kopse auf dem Balkon und freute sich über den unverholenen Neid der Nachbarn. Inzwischen ging die Kunde von der „merkwür digen Verlobung" des jungen Pfeiffer, von inehr oder weniger liebevollen Bemerkungen begleitet, von Mund zu Mund. Die „Gesellschaft" beschloß, sich abwartend zu verhalten, bis jetzt hatte noch niemand das Wunder in der Nähe gesehen, als Richters, aus denen ja nie etwas herauszubringen war, und John Fowler, der in einer Weise von der Braut sprach, daß es notwendig übertrieben sein mußte. Aber wer konnte sich auf John Fowler verlassen, wenn es sich um ein schönes Mädchen handelte? Zwei Tage nach dem Diner schlenderte John Fowler in einem übermodernen Sommerpaletot und glänzendem Seidenhut auf dem Jungfernstieg einher. Der kleine magere Mann mit dem unschönen Gesicht, aus dem ein paar ehrliche Augen schauten, sah un- glücklich und mißmutig aus. Er konnte mit diesem Ausdruck, der in seltsamstem Gegensatz zu der Eleganz seines äußeren Menschen stand, leicht etwas Komisches haben. Patenkatzke nannten ihn seine Feinde, deren er, wie jeder reiche, unabhängige Mensch, einige hatte — die Freunde hießen ihn einen „famosen Kerl" —, nur die Unglücklichen und Hilfsbedürftigen, die ein guter Stern zu ihm geführt, wußten, wie er zu helfen und zu geben verstand. In diesem Moment war er unentschlossen, wohin er sich begeben sollte. Die Wände seines Kontors waren ihm zu eng geworden. Er ging in tiefen Gedanken seines Weges, als eine Hand, die sich auf seine Schulter legte, als er vor einem Juwelierladen die Auslagen betrachtete, ihn aus seinem Sinnen aufschreckte. — „Richard, Du? Was machst Du denn hier? Geh' doch zur Börse und verdiene Dir Dein täglich Brot!" — „Heute bin ich frei," ries Richard, und sein hübsches, frisches Ge sicht strahlte dabei. „Papa hat mich losgelassen. Ulla und meine Braut haben Besorgungen in der Stadt gemacht — wollen Mama und mich im „Ham burger Hof" treffen. Komme mit zum Frühstück, alter John! Ich lade Dich ein." — „Das kann ich nicht," knurrte John mißmutig. — „Weshalb nicht? D» machst ja ein merkwürdiges Gesicht — hast Du Schul den oder einen Kater?" — „Vielleicht einen morali schen," meinte John bittersüß, „ichkann wirklich nicht mit Dir gehen, weshalb nicht, werde ich Dir spät« einmal erklären." — „Nein, jetzt gleich sollst Dn'O tun, Du Geheimniskrämer!" — „Aber doch nicht zwischen allen diesen Gaffern! Laß uns wenigsten- auf die Promenade drüben gehen! Wir können ja ins Wasser gucken und Miene machen, als staunten wir die schmutzigen Alsterschwäne an. — Weißt Du's den« wirklich nicht, Richard, ohne daß ich Dir's erst sage?" — „Nein kein Wort. Was sjst Dir nur?" — „Sie hat Dir's nicht gesagt?" — „Was denn? Und wer?" „Deine Schwester Ulla!" — „Nein kein Wort — hast Du etwas mit ihr gehabt?" — „Sie will mich nicht!" — Richard pfiff durch die Zähne und schwieg. Kwrtsetzung folgt.)