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In einer Broschüre niedergelegt hat, von dem Natten der Dame eine Pistolenforderung erhalten haben. Das Ehrengericht, dem der Fall unterbreitet wurde, er kannte, so meldet die „Post", nach sechsstündiger Ver handlung einstimmig, daß Dr. Mer-bach die Person der Frau von Elbe nur in wissenschaftlicher Weise beleuchtet, daß ihm jedoch eine beleidigende Absicht ferngelegen habe. Da die Gegner sich beide mit dieser Erklärung zufrieden gaben, so kam auf dieser Grundlage einVergleich zustande. Die gan te Nachricht klingt etwas reichlich romantisch. — (Die Lage im rheinisch.westfäli schen Bergarbeiterrevier.) In einer Sitzung der Siebener Kommission wurde nach der „Köln. Ztg." die durch das Scheitern der Einigungsverhand lungen in der Knappschaftsstatutenangelegenheit ge schaffene Lage besprochen. Es wurde beschlossen, Mit allen gesetzlichen Mitteln auf Beseitigung des Zwangsstatuts hinzuarbeiten. Ueber die Art des ge planten Vorgehens war nichts zu erfahren. — (Eine Konferenz der süddeutschen Fi n an zm i n i stc r.) Wie der „Schwäbische Mer kur" meldet, fand eine Konferenz der Finanzminister Bayerns, Badens und Württembergs statt, die den schwebenden Reichssteuerfragen gilt. Im Vordergründe der Beratungen steht die Frage der Verteilung der Matrikularbeiträge durch Umänderung des Systems nach der Einwohnerzahl in ein System nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Kon- serenz hat hiergegen Bedenken. Sie neigt zur Ein- sührung einer verbesserten Branntweinsteuer, einer Tabakfabrikatssteuer, einer Erbschaftssteuer und ei ner Wehrsteuer. Aus Nah und Fern. Lichtenstein, 2. Januar 07. *— Der Einzug des neuen Jahres fand in der üblichen Weise statt. Lustiger Gläserktang, Glok- kenläuten und um Mitternacht viel Volk auf dem Markte, das beim zwölften Glockenschlage in stür misches „Prosit Neujahr!" ausbrach und sich gegen seitig anulkte. In den Restaurants saß das Jung- Lesellentum älterer Jahrgänge beim dampfenden fPunsch und freute sich, daß ihnen das verflossene Jahr die Freiheit gelassen, oder hoffte im Stillen, im neuen Jahr doch noch unter die Haube zu kommen. In den Familien dagegen sah man dem JahreAvach^ sel bei heiterer Unterhaltung entgegen. Hier gos sen junge Mädchen Blei, um aus den Gebilden die Zukunft zu lesen, dort saß der Papa im Kreise ge ladener Freunde, die sich Bowle und Heringssalat schmecken ließen, und als die Uhr die Mitternacht kündete, als die Töne ferner Kirchenglocken durch die klare Winterluft zitterten, da öffneten sich die Fenster, und fröhliches Rufen scholl hinüber und herüber. Tas junge Volk aber, das gewöhnt ist, Sonntags das Tanzbein zu schwingen, drehte sich nach den Mangen schmeichelnder Walzermelodien in das neue Jahr hinein und überließ das übrige dem Schelm Amor. Nach den vielen Festtagen und der Schar der Neujahrsgratulanten verschwindet nun mehr die weihnachtlich-ncujahrliche Feiertagsstim mung in verdoppelter Schleunigkeit, die Feder fliegt, der Hammer Pocht, die Maschine saust, das Jahr der Arbeit hat sein volles Recht wieder nach den Tagen der Ruhe. In Ruhe und in Frieden sind wir in das neue Jahr hineingekommen, mögen diese beiden weiter uns geleiten bis zum AuSgang. *— Nauhfroft, der bereits vor einigen Tagen aus den deutschen Mittelgebirgen gemeldet wurde, ist rmu auch bei uns eingetretev. Tiefes Schweigert! geht draußen durch die Natur. ES ist, als hätte Mutter Erde den Atem angehalten, und Winterzauber strahlt uns überall entgegen. Ein wundervoller An blick, wenn auf jedem Ast die Eiskristalle hängen, und es auf den Zweigen liegt wie seines Silberfili gran! Solche Wintertage im Walde oder auf dem in EDbande geschlagenen Teich oder Fluß mit ma lerischer Umgebung durch Baum und Strauch am Ufer sind so eigenartig reizvoll, daß nicht des Som mers herrlichste Pracht ihnen gleichkommt. Der gan ze Wald, jeder Baum und Strauch blitzt und fun kelt, als wäre er mit Diamanten und Edelsteinen übersäet. Ein Zaubermärchen aus tausend und einer Nacht scheint hier Wirklichkeit geworden zu sein. Für- wahr, der Januar ist trotz aller Witterungsunbill ein ganz köstlicher Monat im Jahre, und das kri stallene Parkett, das er aus unseren Teichen und Flüssen inmitten einer so reizvollen Winterlandschaft schuf, ein heiteres stimmungsvolles Bild der fröh lichen Jugendzeit! *— Rechnungen. Nun hat wiedxr die Zeit be gonnen, wo der Geschäftsmann seine Bücher wieder in Ordnung bringt und an das Ausschreiben der Rechnungen geht. Es ist eine alte Erfahrung, daß je eher dies geschieht, desto eher auch Bezahlung er folgt. Ganz verkehrt ist es, die Rechnungen erst Mitte oder Ende Januar zu versenden. Sie müssen schon in den ersten Tagen des Januars in den Händen der Kunden sein, dann wird auch mancher weniger als bisher über schlechten Eingang der Gelder zu klagen haben. Sehe jeder jetzt seinen Vorrat an Rechnungsformularen und Kuverts nach, damit er fehlendes sofort ergänzen kann. Unsere Druckerei liefert Rechnungsformulare jeder Art für jeden Stand, und zwar in der saubersten Ausführung. Muster liegen in unserer Druckerei zur Ansicht aus und wird sich jeder durch Inaugenscheinnahme der selben und durch Kenntnisnahme unserer Preise davon überzeugen, daß es wirklich nicht nötig ist, seinen Bedarf an geschäftlichen Formularen und son stigen Drucksachen von auswärts zu beziehen. Tas Bestellen in unserer Druckerei hat außerdeni den Vor teil, daß die Ausführung genau nach Aufgabe er folgt, denn auf Wunsch wird den Auftraggebern erst Korrektup^übersandt. der Sparkasie zu Lichtenstein wur "sten an Einlagen im Monat Dezember in 970 Posten 122 210,20 Mark eingezahlt und in 521 Posten 155 640,59 Mark zurückerhoben. Insgesamt wurden im Kalenderjahre 1907 in 13124 Posten 1826 370,03 Mk. cingezahlt und in 5534 Posten 1490 862,81 Mk. zurückerhoben. Berücksichtigt man noch die den Einlegern gutzuschreibenden Zinsen im Betrage von rund 260000 Mk., so ergibt sich, daß die Sparkasse im Kalenderjahre 1907 einen Einlagcn- zuwachs von rund 595 500 Mk. erhalten hat und daß das Einlegerguthaben nunmehr 8 022 000 Mk. betrügt. (Ende 1906 7 426 900 Mk.) *— Bortrag. Am 14. Januar, abends 1-9 Uhr, wird der Kaiserliche Bezirksamtmann a. D. Dr. Bongard im Saale des „Gvldnen Helm" über das interessante Thema: „Verlauf und Ergebnisse von Dernburgs Reise nach Deutsch-Ostasrjka" unter Vorführung von Lichtbildern einen Vortrag halten. Hierzu läßt die hiesige Abteilung der Deutschen Ko- lonialgesellschast noch öffentliche Einladung ergehen. Es wird nur ein geringes Eintrittsgeld erhoben werden. * Ein kleiner Stubcnbrand entstand am Silvesterabend gegen 9 Uhr in der Wohnung eines Hauses am Tuchmarkt, deren Bewohner nicht za Haust! war. Die Hauswirtin wurde infolge des Rauchgex ruchs auf den Brandherd aufmerksam, der sich itr der Nähe des Ofens vorfand. Da» Feuer/ da» be reits einen Balken und die Diele ergriffen hatte, wurde unter Leitung des Herrn Branddirektor Lade mann von Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehr sofort gelöscht. Allem Anscheine nach ist es durch all» dem Ofen gefallene glühende Kohlen entstanden. Eine Brandstiftung erscheint nach dem Vorgefundenen Bestand vollständig ausgeschlossen. *— Ei» Reujahrsvergnügen veranstaltete am gestrigen Tage im „Goldnen Helm" die Ortsgruppe Lichtenstein-C. des Deutschnationalen Handlungsge- Hilfen-Verbandes. Der brennende Christbaum gab dem Saale ein weihnachtliches Gepräge. Das Pro gramm war sehr reichhhaltig, es wechselten Musik sätze mit anheimelnden Zithervorträgen ( Herr Eichler), gewandte Keulenschwingen (Herr Schmidt), zündende komische Darbietungen (Herr Uhde), herr lichen Liedern für Sopran (Frl. Riedel). Außerdem wurden zwei innigempfundene Weihnachtsbilder ge boten Den Höhepunkt des Abends erreichte die frohe Stimmung während der Verlosung der Ge schenke. Der Nietenball schloß sich dann für die „Leidtragenden" gleich an. Noch sei erwähnt, daß der Vorsitzende der Ortsgruppe, Herr Paul Winkler, die Gäste und Mitglieder an der Jahreswende be grüßte, während Herr Lorenz eine Festansprache hielt. *— Warnung. Wie gefährlich es ist, geschlos sene Wärmflaschen in den Ofen zu stellen, zeigt fol gender Fall: Als ein Einwohner in Klosterlausnitz eine aus Versehen geschlossene in den Ofen gestellte Wärmflasche herausnehmen wollte, explodierte die selbe, sodaß der Betreffende durch das kochende Wasser im Gesicht schwer verletzt wurde und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Chemnitz. (Ein vierjähriger Knabe verbrannt.) In tiefe Trauer wurde kurz vor Jahresschlutz ein auf der Zietenstraße wohnhafte Schuhmachersfamilie versetzt. Am Montag nach mittag in der 5. Stunde hatte sich die Frau in den Keller begeben und ihre vier Kinder im Alter von 4, 3, 2 und'/- Jahren, in der Wohnung zurückgelassen. Bei ihrer Rückkehhr fand sie das älteste Kind, einen Knaben, arg verbrannt vor. Ter kleine Knabe, der kurz darauf verschied, hatte mit einem Stearinlicht gespielt und war vermutlich damit dem geheizten Ofen zu nahe gekommen, sodaß seine Kleider in Brand geraten waren. Gröba bei Riesa. (Tie Vergiftungsaf färe,) bei der nun dem Vater auch ein Kind in den Tod gefolgt ist, ist in ihrer Ursache noch immer in Dunkel gehüllt. Ausklüruug wird auch nicht eher zu erlangen sein, bis die Frau vernehmungsfähhig geworden ist. In vergangener Nacht kehrte bei ihr das Bewußtsein zurück, doch war sie heute noch nicht soweit, daß sie hätte vernommen werden können. Tie Untersuchung der Speisenreste und des Magenin halts der Erkrankten ist noch nicht abgeschlossen. Nicht ausgeschlossen erscheint eine Kohlenoxydgasvergif tung, da der Schieber im Herd der an die Schlaf kammer anstoßenden Küche geschlossen war. Das siebenjährige Kind ist heute früh 4 Uhr verstorben. Tas kleinste Kind, ein einjähriger Knabe, ist wieder wohlauf und befindet sich bei seinen Großeltern in Pflege. Hohcnstein-E. (Eine Petition) in Sachen der vielerörterten Seminarangelegenheit Teuer erkauft. Roman von Ida von Conring. 3 (Nachdruck verboten.) Möchte Ihnen die Meta gefalten, sie ist ein liebes, schönes Kind — und nochmals meinen Dank für Ihren Besuch." — Er grüßte und hastete eilig weiter, um die versäumte Zeit einzuholen." — „Ter Mann ist mir sympathisch," sagte Ulla nachdenklich. „Er hat etwas Ehrliches an sich und drückt sich merkwürdig gebildet aus. Ich Hosse, Metas Mutter ist ebenso angenehm wie ihr Vater?" — „Na," erwiderte Richard mit einem Anflug von Ver legenheit, „das ist weniger der Fall Aber Tu wirst ja selbst urteilen. Ta sind wir." Tie große Mietskaserne der Kornerstraße wurde von lauter sogenannten „kleinen Leuten" bewohnt. Ein ohrenzerrcißender Lärm herrschte in der Straße. Lastwagen rumpelten über das ungleiche Pflaster, Fisch- und Gemüsehändler, die vierrädrige Karren hinter sich Herzogen, schrieen mit gellender Stimme ihre wenig verlockende Ware auS — die Kutscher der eilig daherjagenden Bier- und Schlächterwagen knallten mit den Peitschen und Kinderstimmeu wurden überall laut. Wie in einem Ameisenhaufen wimmelte es. Kinder aller Größen, bis zum schulpflichtigen Aller hinaus, ivaren hier beim Spiele, fast alle un gesund und skrophulös, bleichgelbe, krummbeinige Geschöpfe mit versilzten Haaren. Ans den Trottoiren kugelten sie übereinander, kratzten mit verbogenen Blechlösseln in den Rinnsteinen nnd umstanden in KKten Gruppen, atemlos lauschend, die Finger im weitgeössneten Munde, den von einem großen, räu digen Hunde gezogenen Leierkasten. Ter einbeinige Besitzer des rumpligcn Musikinstrumentes entlockte ihm unermüdlich die populären Klänge des LiedeS: „Mein Herz das ist ein Bienenhaus", dessen Text die Kleinen im Chor sangen. Auch aus den Sandstein stufen des großen Hauses, vor deni Richard Halt machte, saßen kleine, unsaubere Kinder, die mit kopflosen Puppen spielten und soeben im Streit um einen solchen Torso wütend mit ihren schmutzigen Fäustchen aufeinander hieben — sodaß Richard kaum sür seine Schwester Platz schaffen konn te — die kleinen Wilden hörten und sahen in ihrem ! Eifer nicht, was um sie her vorging. ! Ulla >var ein bißchen blaß geworden. Sie sah ! sich in dem schmalen Flur, von dem eine steile Treppe ' mit sehr schmalen und sehr unsauberen Stufen nach ! oben führte, beklommen um. Tie Lust war schlecht ! und verbraucht — aus dem Keller kam ein häßlicher ! Seisendnnst und fade riechender Qualm. Tort wurde gewaschen. Ter Wasscrdampf setzte sich in großen Tropfen an de» Oelsarbenanstrich des Treppenhauses und zog in grotesken Schwaden nach oben. Von links her schallte auS einer halboffenen Tür gellen des Kindergeschrci und eine scheltende Frauenstimme. Richard fühlte wohl, was Ulla empfinden mußte. „Es ist sehr häßlich", sagte er sanft, „aber Ulla — wir wollen ihr doch aus dieser Lage hcraushelsen." — Sie nickte, drückte ihm die Hand und begann tapfer die Stufen bis zur zweiten Etage zu ersteigen. Tas ziemlich große Vorzimmer war hell und sauber. Es enthielt einige altmodische, mit schwar zem Wolldamast überzogene Möbel. Ueber dem So- ' sa hing ein bunter Oelfarbendruck, Kaiser Wilhelm ! bei Sedan darstellend, aus dem der alte Held in türkisfarbcnem Wasfenrock und grünlichem Bart über ein schrecklich blutiges Leichenfeld dahinjagte. In der Ecke am Ofen stand eine Kostümfigur, wie die ' Schneiderinnen sie gebrauchen. Sie war mit einem luftigen Batistkleide angetan und trug aus ihrem kopflosen Halse eine Dienstmütze des Hausherrn, was. ganz merkwürdig aussah. Am Fenster saß ein sehr hübsches Mädchen, das vorzüglich frisierte rotblonde Köpfchen über eine Näherei gebeugt. Der Leierkasten störte fie in ihrem Fleiße — sie summte die wohlbekannte Melodie mit, steckte den Kops ein wenig zum Fenster hinaus und fuhr mit einen kleinen Schrei des Schreckens wieder zurück, „Meta, Meta," rief sie, „komm' schnell her!" „Was willst Tu denn," rief eine dicke Frau in zweifelhaft sauberem Hansanzug, die unter der Tür des Nebenzimmers erschien, „was soll Meta? Die ist noch beim Anziehen." — „Herr Pfeiffer kommt eben mit einer Dame ins Haus, sicherlich ist das feine Schwester, die er herbringen wollte." — „Ach Gott ne," ries die Frau, „das ist ja eine nette Geschichte — ich bin nicht in Anzug, und hast Tu ja wohl die ganze Stube mit Deinem dämlichen Nähkram voll gepackt Räum' das man fix ein bißchen aus dem Weg und dann ras' Meta, ich will mir ein Kleid über ziehen. Hätt' er nu nicht 'ne Karte schreiben kön nen und sich anmeld'n, wer denkt denn, daß er mor gens uni 11 Uhr all kommen nüirde?" „Mach schnell," rief Klara, die mit raschen Händen ihre Näherei in einen großen Korb packte und jetzt die losen Fäden von ihrem hübschen, sau beren Kleid absammclte. „Die beiden wollen doch nur Meta sehen, das andere wird ihnen ja wohl egal sein. Ich würde an Deiner Stelle der Dame nicht so viel erzählen, es ist gewiß besser, wenn wir uns ein bischen zurückhalten, hörst Du, da klingeln sie schon." (Fortsetzung folgt.)