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zu bieten, sieh von der Leistungsfähigkeit der sächsischen Handspitzen-Industrie zu über zeugen und um ihnen ein oberflächliches Bild von der sächsischen Spitzenausstellung in Chicago vor Augen zu führen, wurden die für Chicago bestimmten Spitzenarbeiten in den Räumen der Königlichen Spitzenklöppel- Musterschule zu Schneeberg in der Zeit vom 26. October bis 4. November d. J. öffent lich ausgestellt. Diese Ausstellung erregte allgemeines Interesse, was durch den äusserst zahlreichen Besuch bewiesen wurde. Die in Chicago zur Ausstellung kommen den sächsischen Handspitzen werden daselbst in einem grossen, freistehenden, auf allen vier Seiten mit grossen Spiegelscheiben versehenen, eleganten Schranke untergebracht und zerfallen in vier Gruppen. Die erste Gruppe umfasst die kunst vollsten Klöppelarbeiten (Spitzen, Einsätze, Fächer, Fichus, Kragen, Taschentücher, Ja bots und Barben) in Torchon-, Guipure-, Cluny-, Idria-, Malin-, Chantilly-,Valengienne-, Duchesse-, Relief-, Mechelner-, Brüssler-, Ra- gusaner-, Venetianischen- und Blonden-Genres, sowie Points (Nadelarbeiten); für alle diese Spitzenarbeiten haben berufene Zeichner die Muster geliefert und zwar die Herren Professor Hermann Eckert in Dresden, Professor Richard Hofmann in Plauen i/V. und Director Otto Claus in Schneeberg. Die zweite Gruppe besteht aus Torchon , Guipure-, Idria-, Valemyienne- und Brabanter- Spitzen, Taschentücher, Kragen, Barben und Decken, sowie aus stark leinenen Spitzen, Decken, Kisseneinsätzen u. s. w. in gedrehtem und geflochtenem Grunde, wie sie hauptsäch lich auf dem Markte verlangt werden und fortwährend guten Absatz finden. Die dritte Gruppe umschliesst echte und unechte Metallspitzen (leonische, persische und Modespitzen), sowie echte Gold- und Silber spitzen auf Blondengrund. Die vierte Gruppe zeigt die verschiedene Verwendung geklöppelter Spitzen, Einsätze, Blumen u. s. w. zu Confectionszwecken. Die Arbeiten der ersten Gruppe sind aus schliesslich in der Königlichen Spitzenklöppel- Musterschule zu Schneeberg hergestellt wor den, während die Arbeiten der übrigen drei Gruppen Erzeugnisse verschiedener leistungs fähiger Fabrikanten im sächsischen Erzgebirge und Vogtlande sind und von Klöpplerinnen angefertigt wurden, die meistens ihre Aus bildung in irgend einer Klöppelschule erlangt haben. Hierbei sei bemerkt, dass für die säch sische Spitzen-Industrie die Klöppelschulen von grosser Bedeutung sind, da durch die selben tüchtige Arbeitskräfte herangezogen werden. Neben der Königlichen Spitzenklöppel- Musterschule zu Schneeberg bestehen zur Zeit 27 Klöppelschulen, die sämmtlich von der Königlichen Staatsregierung in wohlwollender Fürsorge für das Fortbestehen und die För derung des alten, immer noch wichtigen Industriezweiges der Spitzenklöppelei kräftig unterstützt werden. Die Königliche Spitzenklöppel - Muster schule zu Schneeberg, die am 19. Mai 1878 begründet wurde, wird von 15 erwachsenen Schülerinnen aus verschiedenen Orten des Erz gebirges, deren Zahl nicht überstiegen werden darf, besucht. Von den seither ausgebildeten Schüle rinnen wirken bis jetzt 13 als Lehrerinnen an Klöppelschulen mit sehr befriedigenden Erfolgen. Die im sächsischen Erzgebirge und Vogt lande bestehenden 27 Klöppelschulen ver- theilen sich auf die Amtshauptmannschaften Schwarzenberg (15 Schulen), Annaberg (5), Zwickau (5), Auerbach (1) und Freiberg (1). Diese Schulen zählten im vergangenen Jahre 1146 Schülerinnen und 29 Schüler im Alter von 6—14 Jahren und wiesen einen Gesammtarbeitsverdienst von 22 699,65 Mk. auf; der Arbeitsverdienst einzelner Schüle rinnen betrug bis 80 Mk. und mehr. Das Gesammtsparguthaben der Zöglinge betrug am Ende des Jahres 1891 18131,89 Mk. Die Sparcassenbücher der Anfängerinnen wie sen selbstverständlich nur geringe Beträge auf; aber die Gesammteinlagen vieler älteren Schülerinnen beliefen sich bis zu 100 Mk. und darüber. Carboxiisation.. Carbonisirtrommel mit rotirender Retorte nebst selbstständiger, geruchloser Einführung und Verdampfung der Säure von Scliirp, Lemmer & Cie. in Barmen- Rittershausen. Alle bisher bekannten Retorten für Säure verdampfung an Carbonisations-Einrichtungen liegen, getrennt von der Trommel, fest in schwerem Mauerwerk, und werden die in denselben erzeugten Gase durch eine Thon rohrleitung in die hohle Axe der rotirenden Trommel eingeführt. Dabei stellen sich aber folgende Nachtheile heraus: 1) dass man unbedingt über 2 Retorten, also auch über 2 Retortenfeuerungen zu einer Trommel verfügen muss; 2) dass reichliche b.iuregase in das Mauerwerk und durch die sehr leicht zerspringenden Thonrohre in den Arbeitsraum dringen; 3) dass die Säure man gelhaft verdampft und deshalb zu schwach wirkt; 4) ein grosser Verschleiss an Re torten, Rohrleitung und Mauerwerk, bedingt durch das Berühren der Stichflamme einer und derselben Stelle der festliegenden Re torte und durch die Reibung der Kuppelung an der Trommelaxe mit der feststehenden Rohrleitung an den Retorten; 5) grosser Verbrauch an Kohlen und Säure, bedingt erstens durch die durch die bisherige Ein richtung bedungene Doppelfeuerung und zwei tens durch das starke Entweichen der Säure gase; 6) gesundheitsschädliche Belästigung der bedienenden Arbeiter, hervorgerufen dui ch das oben angegebene Entweichen der Säure gase sowohl durch das Mauerwerk und die Rohrleitung als auch beim Einführen der Säure in die Retorten, da die Säurespeise vorrichtung bisher eine unverschlossene und keine selbstthätige war. Alle diese Nach theile fallen fort bei der von der Firma Schirp, Lemmer & Cie. in Barmen-Rit tershausen construirten, in allen bedeuten den Industrieländern patentirten Carbonisir trommel, von welcher wir nachstehend Ab bildung und Beschreibung geben. Die runde Retorte b ist an die hohle Axe der rotirenden Trommel a befestigt und dreht sich mit derselben. Unter der Retorte b befindet sich nur eine Feuerung d. Das Feuer umspielt die rotirende Retorte sowohl an der cylindrischen Seite als auch an der Kopfseite. Die Stichflamme findet infolge der Rotirung keinen permanenten festen Punkt, wodurch, wie sich in der Praxis gezeigt hat, der Verschleiss durch die Feuerung an der Retorte sehr unbedeutend ist. Der Rauch geht durch Schlot e in den Kamin. In die Retorte führt von aussen die Röhre an deren äusserem Ende sich ein Schöpfer g mit Selbstverschluss befindet, welcher beim Roti- ren der Trommel und Retorte, bei 2 1 / 2 —3 Umdrehungen pro Minute die Salzsäure aus dem geschlossenen Behälter h schöpft. Be findet sich der Schöpfer beim Rotiren der Retorte über der Höhe der Achse, so läuft die Säure durch die hohle Röhre f langsam in die Retorte b zum Verdampfen. Der Selbstverschluss des Schöpfers verhindert jedes Entweichen der in der heissen Retorte verdampften Gase. Die Gase treten aus der somit luftdicht verschlossenen gusseisernen Retorte direct durch die hohle Axe in die Carbonisirtrommel, so dass kein Atom Gas verloren gehen kann. Besonders hervorzuheben ist die grosse Kohlenersparniss, welche bei diesem Apparat allein schon aus dem Umstand resultirt, dass man nur eine ganz kleine Feuerung be- nöthigt, um das Verdampfen der Säure zu be wirken und daraus, dass sämmtliche, die Condensation befördernde, Rohrleitungen in Wegfall kommen, da die Gase, wie schon erwähnt, durch die kurze und hohle Trom melaxe i direct in die Trommel treten. Es braucht z. B. die Carbonisation von 1500 kg Lumpen nur einen Aufwand von 40—45 kg Kohlen. Von nicht zu unterschätzender Be deutung ist ferner die Raumersparniss, sofern die neue Einrichtung kaum 1 / 8 des Raumes in Anspruch nimmt, welchen sonst die Car bonisirapparate erfordern; auch ist der neue Apparat keiner Reparatur unterworfen und bleibt stets rein und proper, da jede Lehm dichtung fortfällt. Dabei geht die Carboni sation ohne jede Wartung regelrecht- und sicher vor sich, denn die Säure fliesst in vor her genau bestimmter Zeit gleichmässig in die Retorte, ohne dass der Geruch der kalten Säure zu bemerken wäre. Nachdem wir oben, im Zusammenhang mit der Beschreibung der Maschine, die Functionirung schon kurz berührt haben, ist es vielleicht von Interesse, auf letztere und auf die Bedienung des Apparates etwas näher einzugehen. Die Trommel a, welche fünfeckig und inwendig mit eigens construirten Greifern 62*