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Die Cops-Färberei. Von Gustav Winkler in Barmen. (Hierzu im nächsten Hefte eine Tafel mit 8 Aus färbungen.) Seit Einführung der mechanischen Fär berei der Gespinnstfasern, der Wolle und Baum wolle, im rohen Zustande, als Kammzug, als Vorgespinnst oder als fertiges Gespinnst auf Kreuzspulen, hat speciell die seit einigen Jahren an verschiedenen Orten des In- und Auslandes begonnene Cops-Färberei das Inter esse der Fachleute auf sich gelenkt. Es war unterdessen auch mit den bisher vereinfachten Verfahren, die Wolle oder Baumwolle in irgend einem Rohzustande zu färben, schon ein wesentlicher Fortschritt gegen früher gethan, indem man nicht mehr das zu färbende Material in der Färb- oder Beizflotte hantirt, sondern ' umgekehrt die Farbflotte durch das fest und ruhig liegende Material circuliren lässt. Es wurde dadurch das leidige Filzen der Wolle und das Klumpigwerden der Baumwolle voll ständig vermieden; die Fasern bleiben weich und glatt, d. h. die Structur wird wenig verändert und der Stapel bleibt gut erhalten. Es sind dies für die Spinnerei wohl die Haupt- factoren, weil damit eine grössere Ausbeute, resp. weniger Abfall einerseits und grössere Feinheit des Garns bei sonst gleichem Mate rial andererseits verbunden ist. Immerhin machte sich für gewisse Branchen, so z. B. für die Buntweberei, welche wohl vielerlei Nuancen in verhältnissmässig kleineren Quantitäten benöthigt, dieser Fortschritt wenig bemerkbar, indem bei obigen Färbe systemen nur von sehr grossen Quantitäten bei geringerer Auswahl von Farben die Rede sein kann. Es blieb somit die mechanische Färberei speciell den Spinnereien Vorbehalten, welche ihre Fabrikate in gefärbtem Zustande an den Mann zu bringen suchen, oder über haupt solchen Fabrikationszweigen, welche einen gewissen Artikel en mässe herstellen und dafür nur einige Farbnüancen nöthig haben. Ein Hinderniss mochte, speciell in der geringen Rentabilität zu suchen sein, wenn es sich um kleine Parthien zu färben handelt. Auch mögen noch manche andere technische Schwierigkeiten mitsprechen, welche der Ein führung der mechanischen Färberei speciell für Vorgespinnste oder Kreuzspulen hemmend entgegentraten. Keinesfalls hat die Einführung der ver schiedenen Systeme, welche sich mit den Jahren herausbildeten, in der gehofften Weise stattgefunden. — Anders steht es mit dem oben angedeuteten Verfahren, die halb fertigen, oder fertigen Gespinnste in dem Zustande zu veredeln (färben, bleichen etc. etc.), wie die selben direct vom Spinnstuhl kommen, sei es auf Bobinen als Vorgespinnste oder fertigen Faden, als Schuss oder Kettcops (Pin-Warp- Cops) von den gröbsten bis zu den feinsten Titres. Wurden auch bisher gewöhnliche Garnnummern bis z. B. 60 singl. (für Schuss noch im Strang) gefärbt, so war dies für gewisse Farben immerhin schon eine schwierige Arbeit. Ganz unmöglich war es 80er, 100—120r singl. Schussgarn im Strang zu haspeln, zu färben und wieder zu spulen. Derartig feine Garne konnten nur in roh, direct vom Cops, mit Vortheil verwebt werden. Seit Einführung der Cops-Färberei ist dies ein überwundener Standpunkt. Es ist bis jetzt gelungen, die feinsten Singl-Garne in den verschiedensten Farben und fast allen Echtheitsgraden in Cops zu färben und zeigen dieselben einen Glanz und eine Weichheit des Fadens, wie man sie vorher nie gekannt. Um speciell auf die verschiedenen Systeme der Cops-Färberei zurückzukommen, sei be merkt, dass die Behandlung der Baumwolle in Cops durchaus nicht neuesten Datums ist. Seit circa 12—-15 Jahren wurden Garne in Cops gebleicht und wohl zuerst von Ch. Weber in Thann ausgeführt. Diese Firma ist es überhaupt, welche die Bahn dem Cops-Färber eröffnet und ist das Weber’sche System wohl eines der ältesten und nebenbei bemerkt für gewisse Artikel auch eines der besten von sämmtlichen Systemen, welche bis vor Kurzem aufgetaucht sind. Wie bei jeder Neuerung, so begann auch hier ein förmlicher Wettlauf in Erfindungen. Allerhand mögliche und unmögliche Systeme wurden zum Patent angemeldet. Viele waren berufen, aber wenige geeignet und somit ist die Zahl der wirklich brauchbaren und in der Praxis eingeführten Systeme eine sehr geringe. Von allen den vielen, bisher existiren- den Systemen verdienen wohl nur drei eine besondere Beachtung, welche denn auch seit längerer Zeit mit Erfolg Anwendung in der Praxis gefunden haben. Es sind das die Systeme Weber, Graemiger und Hahlo. Mit Folgendem will ich nun die Haupt unterschiede dieser drei Systeme beschreiben. Charles Weber in Thann kam durch sein Cops-Bleich-Verfahren vor vielen Jahren zu erst auf die Idee, dass Baumwolle auch in Cops zu färben sei und zwar in grossen Quan titäten, nachdem es ihm gelungen war, Cops in Apparaten bis zu 600 kg aufeinandergelegt en mässe zu bleichen. Diese Idee gab er je doch bald wieder auf, nachdem ihm die Ver suche gezeigt, dass sie wohl beim Bleichen möglich war, sich aber nicht auf’s Färben über tragen liess. Sein Bleichverfahren für grosse Quantitäten von einfach in den Bleichapparat fest aufeinandergelegten Cops hat sich vor züglich bewährt und ist seit langer Zeit in Thann und St. Die im Betrieb. Dieselbe Idee, wie Weber, verfolgte man vor einigen Jahren in England, doch auch hier verliess man sie wieder nach vielen er folglosen Versuchen, welche zeigten, dass ein Färben der Cops nur möglich sei, wenn man jedes einzelne Stück für sich allein mit der Farb oder Beizflotte durchdringen lässt, und dass bei Cops, welche in einem Apparat quasi wie in einer Kiste verpackt sind, niemals ein gleichmässiges Färben möglich sei, was denn auch jedem Fachmann leicht verständlich sein wird. Um so mehr ist es zu verwundern, dass jetzt auf diesen früher misslungenen Versuch in Deutschland zurückgegriffen wurde (Patent Mommer), welcher voraussichtlich wieder zu unbefriedigenden Resultaten geführt hat, wie dies die Fachleute nach eigenen Erfahrungen voraussagten. Charles Weber construirte nun einen Apparat, bestehend aus einer Tafel mit dop peltem Boden, auf welchem die durchlöcher ten (perforirten) Spindeln fest aufgeschraubt waren. In der Mitte der Tafel ist ein Rohr an gebracht, welches durch einen Schlauch mit einem höher stehenden Kessel verbunden ist. Letzterer steht andererseits mit einer Luftpumpe in Verbindung, so dass man durch ein leicht zu handhabendes Ventil ein Vacuum in dem Kessel erzeugt oder durch ein zweites Ventil atmosphärische Luft eindringen lassen kann. Die mit Cops besetzte Tafel wird nun in die Farbkufe gesenkt. Indem man nun ab wechselnd eine Luftleere oder ein Einströmen gewöhnlicher Luft in dem hochstehenden Kessel herstellt, wird die in der Farbkufe be findliche Flotte (Farbflüssigkeit) durch die Cops in den Kessel gesaugt, um darauf den selben Weg (aus dem Kessel durch die Cops in die Farbkufe) zurückzuströmen. Der den Kessel mit der Tafel verbindende Schlauch hat den Zweck, die Tafel ohne Lösung der Verbindung bequem aus einer Kufe in die andere bringen zu können. —• Der Haupt- vortheil dieses Systems ist, dass die Cops von beiden Seiten mit Farbflotte durchdrungen werden, wodurch ein gleichmässigeres Färben auch bei schwerlöslichen Farbstoffen ermög licht wird, und wodurch diese, soweit sie sich beim Saugen an die Aussenseite der Cops angesetzt haben, beim Rückgang der Flotte von denselben wieder abgespült werden, was bei echten Farben, welche nicht abschmieren dürfen, von besonderer Wichtigkeit ist. Es sind die Cops durch dieses wechselseitige Durchströmen in beständiger Bewegung, d. h. beim Saugen zieht sich der Cops zusammen, beim Rückgang wird er ausgedehnt. Diese beständige Athmungsbewegung der Cops er höht bei allen Farbprocessen die Sicherheit einer vollständigen und gleichmässigen Durch färbung. — Ein weiterer Vortheil dieses Systems besteht darin, dass bei entsprechen der Dimension der Luftpumpe, eine oder mehrere Tafeln zu gleicher Zeit gefärbt wer den können, so dass man im Stande ist, be deutende Quantitäten auf einmal zu färben. Als Nachtheile sind zu bezeichnen, dass bei allen kochenden Flotten ein kleiner Theil derselben aus dem Vacuumkessel in die Luft pumpe gesaugt wird, welcher dadurch nicht allein verloren geht, sondern wodurch das Verhältniss im Färbebad sehr zum Nachtheil verändert wird, was bei Graemiger und Hahlo vermieden wird. Ein Hauptübelstand ist das Festsitzen der Spindeln auf der Tafel, wo durch das Aufspindeln (Aufstecken) der Cops sehr erschwert wird, desgleichen auch wie derum das Abnehmen derselben. Auch ist es hierbei ausgeschlossen, auf den Spindeln zu trocknen, wodurch die innere Höhlung zusammenschrumpft, während bei Graemiger und Hahlo, welche auf Spindeln trocknen,