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A«r Gta-t «ad Laad. Licht« stet«, 6. Ottober. * — Richtigsten«»«. In den Standesamtlichen Nachrichten von Ltchtenstem In letzter Nummer d. Bl. muß eS unter Geburten anstatt Zwillingsbrüder „Zwillingskinder" heißen. * — Versetzt wurde der Bureauasststent Reiher von Chemnitz nach Lichtenstein-Callnbera. * — Verdächtiger Todesfall. Am Dienstag ist hier ein dreijähriges Kind der Almosenempfängerin Göschel. daS am Sonntag verstorben ist, seziert worden, da der Verdacht entstanden war, daß das Kind infolge Mißhandlung und Vernachlässigung seitens seiner Mutter gestorben sei. Wie man hört, hat aber die Sektion keinen genügenden Anhalt für die Annahme eines Verbrechens ergeben. Die Leiche ist deshalb zur Beerdigung freigegeben worden. * — Internationale Ballonfahrt. Heute Donnerstag, den 6. d. M., fanden in den Morgen stunden internationale, wissenschaftliche Aufstiege mit Drachen, bemannten und unbemannten Ballons statt, und zwar in Erinar, Harbour, Trappes, Jtte- ville, Paris, Guadalajaca, Rom, Zürich, Straßburg, München, Barmen, Hamburg, Berlin, Wien, Peters burg, Kasan, Blue Hill U.-St.-A. usw. Der Finder eines jeden unbemannten Ballons erhält eine Be lohnung, wenn er der jedem Ballon beigegebenen Instruktion gemäß den Ballon und die Instrumente sorgfältig birgt und an die angegebene Adresse sofort telegraphisch Nachricht sendet. Um eine vorsichtige Behandlung der Instrumente usw. wird besonders gebeten. * — Tt. Egidieu. Ein schwer bestrafter Dieb ist, wie schon kurz gemeldet, in der Sonnabend-Nacht hier dingfest gemacht worden, der Dienstknecht Ernst Kämpfe aus Neudörfel bei Ortmannsdocf, der erst vor etwa 14 Tagen aus dem Zuchthause Waldheim entlassen worden ist, wo er eine 3 einhalbjährige Strafe wegen Rückfallsdiebstahls und Betrugs ver büßt hat. Hier ist er bei einem Kartoffeldiebstahle bei dem Gartenbesitzer Franke betroffen worden. Diesem sind aus einer Feime etwa 4 Zentner Kar toffel gestohlen worden. Kämpfe führte, als er er griffen wurde, einen offenbar ebenfalls gestohlenen großen Handwagen bei sich, auf dem er die Kartoffeln verhausieren wollte. Aus dem Wagen befanden sich leere Säcke, gezeichnet A. W., Heu, Aepfcl, Würste, Käse, Brot, Kleidungsstücke usw., die offenbar von Diebstählen herrühren. Die Eigentümer hierzu sind noch nicht zu ermitteln gewesen. Der Wagen ist an der Deichsel F. F. I. gezeichnet. Kämpfe wurde an das Amtsgericht Glauchau eingelieseit. Dresden- In der Zigarettenfabrik Josetti ist ein Streik ausgebrochen. Lttga« Der in der Nacht zum Montag bei der Messerstecherei m Neu-Oelsnitz vor dem Restaurant „Forsthaus- durch einen Stich in den Unterleib schwer verletzte Bergarbeiter Magnus Ze m ist im hiesigen Knappschaftskrankenhause unter gräßlichen Schmerzen gestorben. Seiner Mutter, einer armen Witwe, die noch schulpflichtige Kinder zu ernähren hat, wendet sich allge meinste Teilnahme zu, da sie in ihrem Sohn eine Stütze verloren hat. Falkenstein. Die Königl. Amtsyauptmann- schaft Auerbach verbietet den Zusatz von Mehl, so wie Semmel oder Brot bei Zubereitung von Wurst, namentlich Leberwurst. Nossen Auf der Eisenbahnstrecke Nossen- Freiberg wurde der 40 Jahre alte Bahnwärter Weßner in Grovvoigtsberq von einem Personenzuge Enterbt Roman. Nach dem englischen frei bearbeitet von Klara Rheinau. 72. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Dies wird am Klügsten sein", sagte Vivien, welche der Gedanke, daß Valerie wieder in der Abtei herrschen werde, fast von Sinnen gebracht hatte. „Ich seht bessere Tage für Lancewood voraus, Vivien", sMte Lord St. Just. „Oswald wird ein edler Mantl werden, dessen bin ich sicher. Wir müssen ihm raten, jung zu heiraten, und wenn er eine gute Wahl trifft, so werden wieder gute Tage für die alte Abtei kommen, darauf verlasse Dich". Mit einem Lächeln, wie er es seit langem nicht bei ihr gesehen, blickte sie zu ihm auf. „Adrian", sagte sie, „wenn es so kommen sollte — wenn ich wieder Ruhe und Frieden finden und Lancewood in guten Händen sehen würde — dann wäre ich glücklich". Und für sich dachte sie: „Ich entgehe der Strafe für meine Sünde". 4 3. K a p i t e l. Lord und Lady St. Just ergingen sich in den reizenden Anlagen von Kings Rest unter dem Schatten uralter Kastanienbäume; der Tag war schön und warm, der Himmel blau und wolkenlos, die Bögel sangen heiter, die Luft war mit Blumen duft erfüllt. In der Ferne, wo das Terrain sich senkte, floß ein klarer, tiefer Strom, dessen ruhige Oberfläche einen leicht über die gefährliche Tiefe täuschen konnte. „Wie prächtig der Fluß heute morgen auSsieht!" sagte Lord St Just. „Vivien, wir müssen ein neues Vergnügun gSboot haben; unser jetziges hat einen überfahren und sofort getötet. Der Verunglückte hinterläßt eine Witwe und acht Kinder. Au Beginn vorigen Jahres wurde die sächsische Ansiedlerfamilie Paasch auS dem Orte Schedewitz, die sich auf einer Reise im portugiesischen Gebiet befand, in der Nähe der Transvaalgrenze von Ein geborenen getötet. Von den sieben Angehörigen wurde nur ein elfjähriges Mädchen verschont, das nach seiner Befreiung grauenhafte Einzelheiten über das Blutbad zu Protokoll gegeben hat. Das Akten stück gelangt jetzt im „Zwickauer Tgbl." zur Ver öffentlichung. Wir entnehmen ihm folgende Zeilen: Die Familie war am Flusse Okuwango schon ein mal von den Eingeborenen, die sich erst freundlich gezeigt hatten, nachts überfallen worden, wobei das Familienhaupt durch Schüsse getötet und ein Sohn verwundet wurde. Nur mit Mühe konnte sich die Ansiedlerschar dem Verderben durch die Flucht ent ziehen. Am nächsten Tage gelangte man nach der Werft der Bogamandu, wo der Vater begraben werden sollte. Plötzlich wurden wir, so heißt es wörtlich weiter, auch hier umringt, und die Ein geborenen fingen an zu stechen. Meine Mutter, meine Schwester und Herr Arndt (ein Händler, der die Familie begleitete) wurde von den Eingeborenen durch Speerstiche schwer verwundet. Meine Mutter starb kurz darauf; meine Schwester, die ein kleines Kind bei sich hatte, wurde von den Eingeborenen mit dem Kinde in den Fluß geworfen. Herr Arndt konnte sich nicht mehr bewegen und bat mich, ich sollte ihm eine Patrone geben, damit er auf die Eingeborenen schießen könne; er schoß sich aber selbst tot. Ich hatte mich vor einem Eingeborenen, der mit dem Speere nach mir stach, in den Wagen ge flüchtet und wurde nun von den Eingeborenen er griffen und nach der Werft gebracht. Hier mußte ich sehr hungern, ich bekam nur saure Beeren. Auf der Werft sah ich noch zwei weiße Kinder, die eben so wie ich, nackend umherlaufen mußten. Ich er fuhr, daß es die Kinder von Boern waren, die von denselben Eingeborenen totgemacht wurden. Ich versuchte auch mit den Kindern, die im Alter von sechs und acht Jahren waren, zusammenzukommen, wurde aber stets getrennt. Später ist das kleine Mädchen von den Eingeborenen an eine oorüber- ziehende Boerntruppe ausgeliefert worden, die es dann nach Gcootfontein brachte. Schwarzenberg. Der bei emem Steinbruchs' besitzer in Arbeit stehende Arbeiter Schwarzer hatte einen Sprengschuß gelegt, um einen größeren Block zu sprengen. Als er im Begriffe stand, die Zündschnur anzuzünden, kam er dem noch daneben liegenden Pulver zu nahe. Dieses explodierte plötzlich und verbrannte ihm das Gesicht derartig, daß sich seine sofortige Ueberführung in das Zwickauer Kreiskrankenstift notwendig machte. Elterlein. In vorvergangener Nacht in der 3. Stunde wurde hier ein Doppelmordversuch verübt. Der in Wien geborene Gelegenheitsarbeiter und gelernte Bäcker Josef Hahn, der seit mehreren Jahren ein Liebes verhältnis mit der siebzehnjährigen Gorlnäherin Anna Magda Daubner unterhielt, dem ein jetzt vierzehn Monate altes K'nd entsprossen war, drang um die eingangs er wähnte Zeit in die Wohnung seiner Geliebten ein. Er fiel, mit einer Hacke bewaffnet, über das wehrlose Mädchen her und versetzte ihm einige wuchtige Schläge über den Kops. Die Ueberfallene wollte entfliehen, wurde aber von dem Unhold festgehalten und weiter mißhandelt. Die Mutter der Däubner, die den Ein dringling abwehren wollte, wurde ebenfalls Niederge schlagen. Der Täter ist entflohen und soll gestern vor mittag in der Nähe von Zwönitz gesehen worden sein. Leck und ist nicht mehr sicher. Ah, hier kommen die Knaben!" Aber es waren deren nur zwei, der junge Oswald und der kleine Arthur, Master Francis hatte es vorgezogen, bei seiner Wärterin zu bleiben. Lord St. Just blickte herzlich lachend auf die muntere Jugend — denn der große Knabe hatte sich einen Zügel angelegt und der Kleine trieb ihn nun luftig darauf lospeitschend vor sich her. „Sieh, mein Pferd, Mama!" rief der kleine Arthur — sein schönes Gesicht war erhitzt von dem Spiele, seine Locken flatterten im Wind. Er sah so reizend aus, daß Lady St. Just ihn rasch erfaßte und küßte. „Halte mich nicht auf, Mama, — sieh mein Pferd!" rief das Kind. „Tragen Sie Sorge stets für ihn, Harry", sagte Vivien; „er ist noch so klein, „geben Sie acht, daß ihm nichts passiert. Welch ein nobles Kind erst ist!" sagte sie, sich zu ihrem Gatten wendend. „Und wie merkwürdig wäre es, wenn Oswald ihm schließlich Lancewood hinterließe". „Oswald muß heiraten", entschied Lord St. Just. „Wir haben hinreichendes Vermögen für unsere Kinder, wir brauchen das seinige nicht". Sie gedachten beide später dieser Worte. Sie sahen den Knaben nach, bis sie hinter den Bäumen verschwunden waren. „Sie werden hoffentlich nicht in die Nähe deS Flusses gehen", sagte Lady St. Just. „O nein", erwiderte ihr Gatte, „Oswald ist sehr vernünftig". Und in bester Stimmung betraten beide daS HauS. Alles ging seinen gewohnten Gang an diesem sonnigen Morgen. Lord St. Just machte einen Ritt In der Mordsache de» Waldarbeiter- Gerber irr S»»d«h»b«l, welche die dortigen Gemüter in solche Aufregung versetzt hatte und eine Reihe Beleidigungs klagen im Gefolge hatte, wobei sogar der Gemeinde- Vorstand wegen einer unvorsichtigen Aeußerung einen Monat Gefängnis erhielt, scheint endlich Ruhe ein zutreten, obwohl der Mord noch keine Sühne ge funden hat. Der als Mörder Gerbers von einem großen Teil der Einwohnerschaft zu unrecht verdäch tigte Waldwärter Huster ist in einem anderen Revier angestellt worden. Der in ungerechter Weise oft angegriffene Oberförster Härter ist ebensalls schon vor Wochen versetzt woroen, ebenso ein s. Zt. mit verhörter Forstgehilfe. Dieser ist übrigens in seinem neuen Wohnort tödlich verunglückt, indem ihm beim Photographieren durch Selbstentladung seines Ge wehres ein Schuß durch den Kopf ging. Johanngeorgenstadt. Gräßlicher Selbstmord. Im nahen böhmischen Orte Salmthal übergoß die 54 Jahre alte, geistig nicht ganz zurechnungsfähige AuSzüglerin Cäcilie Ziener in selbstmörderischer Absicht ihre Kleider mit Petroleum, zündete dieselben sodann an und rannte auf eine Wiese, wo die Be klagenswerte mit schrecklichen Brandwunden bedeckt zusammenbrach. Nach wenigen Stunden wurde sie durch den Tod von ihren gräßlichen Leiden befreit. Gerichtszeitung. Dresden. Ein trauriges Bild aus dem Familienleben in der Großstadt entrollte eine Gerichtsverhandlung gegen die DekorationsmalerS- Ehefrau Götze aus Leipzig. Blaß und zitternd betrat die letztere, ein armes abgehärmtes Weib, die Anklage bank und gab unter einem Strom von Tränen, der selbst dem abgehärtesten Besucher der Gerichtssäle das Herz erweichen machte, ihre Leidens- und Ehegeschichte kund. Danach ist die erst 29 Jahre alte, aber wie eine Fünfzigerin aussehende Frau im vorigen Jahre mit ihrem Mann und dessen 2 Kindern aus erster Ehe von Leipzig nach Dresden übergesiedelt. Hier habe ihr bts dahin stets sich als ein treuer und fleißiger Familien vater bewährter Gatte ein Verhältnis mit einem jungen Mädchen geschlossen, daS den Ehemann seiner Familie gänzlich entfremdet habe. Als es schließlich nicht mehr zum Aushalten war, habe sie dem Treulosen heftige Vorwürfe gemacht und ihn auf sein kleines, erst einige Wochen altes Kind hingewiesen. Nun habe der Mann sie furchtbar angefahren, am Arm gefaßt und an einem kalten Februarabend sie und ihr Kind schütz- und mittel- los auf die Straße gesetzt. Während es schneite und stürmte, sei sie mit dem 4 Monate alten Kinde draußen herumgeirrt. Jammernd und vor Hunger weinend habe sie und ihr Kind schließlich für die erste Nacht bei mit leidigen Leuten ein Unterkommen gefunden. Am folgen den Tage aber sei sie noch einmal in das Haus ihres Mannes zurückgekehrt, habe den letzteren zwar nicht an getroffen, sich aber bei diesem Besuche 2 Unterbetten für sich und ihr Kind, sowie ein Paar alte Ohrringe ange eignet. Diese Gegenstände waren indessen Eigentum der beiden Kinder ihres Mannes aus dessen erster Ehe. Dieser hatte nun nichts Eiligeres zu tun, als die un glückliche Frau wegen Diebstahls zur Anzeige zu bringen. Inzwischen war die Ehe zu gunsten der Frau geschieden und d.r Ehemann zur Alimentation seiner Frau und seines Kindes verurteilt worden. Der Mann war in dessen niemals seinen Verpflichtungen nachgekommen und hatte sogar die Arbeit eingestellt, um nicht zum Unter halte für die Seinen herangezogen werden zu können. Der Gerichtshof empfand, wie wohl ein jeder im Saale, mit der schwergeprüften Frau aufrichtiges Mitleid. Da sie die Ohrringe nur an sich genommen, um aus dem ^Erlöse Milch für ihr Kind zu kaufen, um letzteres am durch seine Besitzungen — er hatte einige kleine An gelegenheiten zu ordnen; Lady St. Just mußte Ein ladungskarten schreiben; die Dienerschaft ging ihren Geschäften nach. Niemanden fiel die Abwesenheit der beiden Knaben auf. Lady St. Just war sehr nachdenklich — denn ihr Gatte hatte ihr gesagt, er halte es jetzt an der Zeit, dem jungen Sir Oswald seine Geschichte mit zuteilen. Sie dachte darüber nach, welche Folgen diese Erzählung haben könnte, und vergaß darüber zu fragen, ob die Knaben zurückgekommen seien. Der erste, der Verdacht schöpfte, es sei ein Un glück passiert, war einer der Gärtner. Als er an dem Fluß vorüberkam, sah er das umgestürzte Ver- gnügung-boot langsam darauf herumtreiben. Er konnte sich dies nicht erklären, besonders als er im BoothauS sah, daß auch die Ruder fehlten. „Da ist etwas nicht in Ordnung", brummte er vor sich. Lord St. Just hatte streng verboten, daS Boot zu berühren, und wäre jedenfalls sehr erzürnt, wenn er es auf dem Wasser sähe. Wer mochte es vom Stapel gelaffen haben? Keiner der Dienstboten hätte dies je gewagt, und die Knaben waren doch gewiß nicht in der Nähe gewesen. Von einem unbehaglichen Gefühl getrieben, be eilte der Mann seine Schritte, als er Lord St. Just in der Ferne reitend erblickte. „Mylord," sagte er, „das Vergnügungsboot ist auf dem Fluß, aber umgestürzt." Lord St. Just zog die Brauen zusammen; er liebte eS nicht, daß man seinen Befehlen zuwider handelte. „Wer nahm das Boot heraus. Simonns — eS war nicht sicher," sagte er. „Ich weiß nicht, wer eS wagte, Mylord. Die Ruder fehlen ebenfalls."