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wird. — Außerdem hat S. Kgl. Hoheit huldvollst in Aussicht gestellt, der feierlichen Eröffnung am 30. September mittags 12 Uhr persönlich beizu. wohnen. * — Was dte Bmmfsradfahrer leiste«, da für legte die Wettfahrt um die Meisterschaft von Europa über 100 Kilometer, die soeben in Leipzig stattfand, von neuem Zeugnis ab. Der Münchener Robl wurde Sieger in 1 Stunde 17 Minuten 32 Sekunden; er fuhr also mit einer Geschwindigkeit von über 70 Km. in der Stunde und kann mit unseren besten Schnellzügen konkurrieren, allerdings nicht auf die Dauer. * — CalvUl. In einem Aufsatz über Formobst- zücht als Nebenerwerb schreibt A. Bechtle in Waller, stein (Schwaben) im praktischen Ratgeber im Obst, und Gartenbau, daß in seinen Anlagen der Calvill bei 440 m Meereshöhe noch vorzüglich gedeiht. Die Ursache glaubt er in der starken, andauernden Be lichtung, in der Wärmestrahlung durch die vereinzelt stehenden, umliegenden Häuser, in der Luftbewegung durch die angrenzenden Straßen, Plätze und Wiesen, in der reinen Landluft und in dem guten Pflanz, material (daS er glücklicherweise erhalten hat) zu suchen. Es steht kein einziger Baum direkt an der Wand. ES bleibt vielmehr die weiße Mauer frei, damit ihr Effekt dem ganzen Garten zugute kommt. — Herr Bechtle beabsichtigt sich mit 300 8 schweren Calvilläpfeln an der Düsseldorfer Ausstellung zu beteiligen. — Die Nummer des praktischen Ratgebers, in der der betreffende Aufsatz enthalten ist, wird unsern Lesern vom Geschäftsamt in Frankfurt a. O. auf Verlangen kostenlos zugesandt. * — Für den bevorstehenden WohnnngS- Kündigungstermin ist eine in den „Bl. für Rechtspfl." mitgeteilte landgerichtliche Entscheidung beachtenswert, wonach die Kündigung eines zwischen einem Hauswirt und zwei Eheleuten gemein sam geschlossenen Mietsvertrages rechtswirksam nicht vom Ehemann allein erfolgen kann, vielmehr von beiden Eheleuten erklärt werden muß. Der Polizeihund Troll, den das Polizeiamt in Leipzig seit ca. einem Jahre besitzt, legte auf der Reit bahn neben dem Polizeigebäude unter der Leitung seines Dresseurs eine Probe ab, die zur allgemeinen Befriedi gung ausfiel. Der Hund, eine Kreuzung von Schäfer hund und Spitz, ist ein Geschenk des Leipziger Tier- fchutzverems und ist zwei Jahre alt. Das, was der Dresseur, ein Schutzmann, mit dem Hunde vorführte, läßt auch hier tue Frage offen, ob nur alles Dressur sei. Troll gab z. B. je nach der ihm genannten Zahl Laute von sich, er führte eme Reihe sogenannter Gehorsamsübungen aus, holte vergrabene Gegenstände hervor, stellte den Mann ohne zu beißen, suchte versteckte Personen auf, nahm Hindernisse, die em Mann ohne Hilfsmittel nicht übersteigen kann, und zeigte sich als schußfest, d. h. er ließ sich durch Schüsse in mchts beirren, aber auch als unbestechlich, denn er ließ eine ihm vor gehalten« Wurst unberührt. Er brachte allein einen Mann nach der Wache und zeigte noch andere Künste. Leipzig. Der Einbrecher, der, wie berichtet, am 9. September in der Rosentalstraße in Gohlis Schmucksachen mit einer großen Zahl von Diamanten im Werte von 3600 Mk. gestohlen hatte, ist in der Person des 16 jährigen Arbeiters Busch aus Lindenau in Magdeburg verhaftet worden. Die Wertsachen wurden bei ihm noch vollzählig vorgefunden. Auf die Ergreifung des vicloersprcchenden Bürschchens war eine Belohnung von 300 Mark ausgesetzt worden. Chemnitz. In Polizeigewahrsam gebracht wurde ein 13jähriger Schulknabe aus Heinrichs- ort, der dort entlaufen und sich vorvergangene Nacht in eine Scheune im Stadtteil Allchemnitz ein- geschlichen hatte. Die Kraftproduktion eines Infanteristen der 106er erregte am Dienstag abend in „Stadt Frank» furt" in Zwick«« das allgemeine Interesse der zahlreichen Gäste. Der militärische Herkules zeigte seine Kräfte unter anderem dadurch, daß er zwei Soldaten von ganz respektablem Gewicht (mit jedem Arm einen) in dre Höhe hob und mit ihnen eine kleine Freiübung durch Heben und Senken der Arme veranstaltete. Der Kraftmensch gilt als der stärkste Soldat des 19. Armeekorps. Netzschka« i. B. (R euiger Di eb.) Dem hiesigen alten Konsum-Verein ging folgender Brief zu : „Ein Ungenannter hat dem Konsum-Verein in früherer Zeit etwas veruntreut, besten ungefähren Wert derselbe auf zwanzig Mark schätzt. Sein Ge wissen läßt ihm keine Ruhe, bis es zurückerstattet ist, was mit dieser eingezahlten Summe, Mark zwanzig in vier Scheinen, geschieht." Dem Schreiben entnahm man vier Fünfmarkscheine. Adorf i B. Auf der Straße von HundSgrün nach hier wurde ein hiesiger Einwohner durch Messer stiche in den Rücken ganz erheblich verletzt. Bon den Verübeln fehlt jede Spur. Leugenfeld. In Plohn ist am Sonntag abend ein bedauernswerter Mißton in das Verhältnis zwischen Zivil und Militär getragen worden und zwar nur durch Rüpeleien zweier daselbst wohnhafter Arbeiter. Nicht allein, daß nach einem zur 5. Batterie des Feldartillerie-Regiments Nr. 32 gehörigen Feld webel auf seinem Patrouillengange mit Steinen ge worfen worden sein soll, so daß dieser Deckung und Schutz im Brauerei-Restaurant suchen mußte, sondern es wäre sehr leicht auch ein Leutnant in eine ähn liche Lage gekommen, wenn nicht durch die Besonnen heit und Klugheit des bester gesinnten Teils der Bewohnerschaft dies verhütet worden wäre. Der Vorgang hat im Orte überall die schärfste Verur teilung erfahren, zumal die in Plohn oerquartiert gewesenen Truppen des Lobes voll waren über liebenswürdige Aufnahme, die sie daselbst gefunden haben. Buchholz. Die gemeldete Vergiftung durch Pilze nimmt noch einen glücklichen Ausgang. Sämtliche fünf Personen sind, dank der Bemühungen des Krankenhausarztes, wieder außer Gefahr. Im Interests der Allgemeinheit sei mitgeteilt, daß die Familie verschiedene der bekannten Mittel angewandt hat, um festzustellen, ob unter den gesammelten Pilzen sich giftige Exemplare befinden. Sämtliche Anzeichen, wie das Verfärben einer Zwiebel, das Anlaufen des Löffels, sind nicht eingerroffen. Da raus ergibt sich, daß lediglich eine gute Kenntnis der Pilzsorten vor Vergiftung zu schützen vermag. In Ebersbach bei Löbau haben die Katholiken ein Grundstück am Jeremiasberg erworben, um darauf eine neue Kirche zu bauen. Gerichtszeitung. Straßburg i. E. Der Unteroffizier Warschau vom 14. Fußartillerieregunent wurde wegen unerhörten Mißhandlungen zu achtzehn Monaten Gefängnis und Degradation verurteilt. Allerlei. 7 Der Doppelgänger. Die Angelegenheit des unschuldig zu einer Zuchthausstrafe von den Londoner Gerichten verurteilten Adolf Beck, über die wir berichtet haben, hat jetzt, wie aus London gemeldet wird, vor läufig ihre Erledigung gefunden. Der wirklich Schuldige, der sich William Rome- nannte, eigentlich ab« Weiß hieß, doch unter ein« Menge falsch« Ramen mehrfach abgestraft ist, wurde jetzt zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. - j- Bertt«er Leben. Bon einem kaum glaublichen Vorgang macht die Berliner Ztg. Mit teilung : Nahe der Hofjägerallee im Tiergarten, ge riet eine Dame mit ihrem 12jährigen Sohne wegen einer Taschengeldforderung in lebhafte Auseinander- setzung. Zunächst versuchte der Junge durch eine Reihe gröblichster Schimpfwort« sein Ziel zu erreichen, und als das nichts fruchtete, nahm er seinen Spazier stock und hieb damit auf seine Mutt« ein. Die Frau wehrte sich nicht, hielt nur die Arme schützend vor Kopf und Gesicht und ließ sich, laut weinend, schlagen. Ein hinzueilender Herr faßte den Lümmel beim Kragen. Der wütende Junge suchte sich durch Schlagen, Treten und Beißen zu befreien, bis er durch Maulschellen besänftigt wurde. Auf die Frage, ob der Junge ihr bekannt sei, antwortete die Dame: „Es ist mein Sohn; er kann nichts dafür." (!) Darauf ließ der Herr den Schlingel los, der mit den seiner Mutter zugerufenen Worten: „Na, komm nur nach Hause!" daoonging. - j- Karlsruhe Abends erschoß in einem hiesi gen Hotel der 19jährige Sohn des Kapellmeisters Rieß seine Geliebte, ein junges Mädchen von hier. Darauf richtete er die Waffe gegen sich selbst und verletzte sich durch drei Schüsse schwer. DaS Motiv der Tat ist darin zu suchen, daß die Eltern des jungen Mannes dessen Verhältnis mit dem Mädchen nicht dulden wollten. - j- Offenburg. Auf einem Tabakfelde bei Altenheim sand man die Leiche eines unbekannten Mannes, der nur mit Hemd und Hose bekleidet war, alle übrigen Kleidungsstücke sowie Wertsachen fehlten. Es liegt, soweit bisher ermittelt werden konnte, Raubmord vor, der von Handwerksburschen an ihrem Kollegen begangen wurde. f Der Naturmensch Gustav Nagel hat jetzt leine Reife nach Amerika angetreten und sich in seiner Heimat mit folgender „Bekanntmachung* verabschiedet: „Ich bin fon heute ab ferreist, her schüzenwirt schünemann welcher di ferwaltung meines Heimes übernommen hat besridigt gerne nach entrichtung des üblichen eintritts- geldcs das ferlangen nach bestchtigung meines sonnen- bades obgleich ich gegen feuer un einbruch fersichert bin so hoffe ich doch das ich mein heim bei meiner rükkunft unverfert widerfinde, got befohlen, gustav nagel. Arend see i. altm.* - f Das Armesüuderhaus. Eine Stätte un heimlichen Angedenkens verschwindet zur Zeit in Spandau von der Bildfläche. In einer abgelegenen, früher an dre inzwischen niedergelegte Stadtmauer grenzenden Straße stand ein kleines unansehnliches Gebäude, das zuletzt einem Barbier gehörte. Vorher war es Eigen tum des Fiskus und wurde zur Unterbringung der jenigen armen Sünder benutzt, die von außerhalb nach Spandau transportiert wurden, um hin gerichtet zu werden. Die dem Beil des Henkers verfallenen Verbrecher trafen Tags vorher ein und verblieben die letzte Nacht ihres Lebens in dem be zeichneten Verließ, einem engen, von meterstarken Mauern umgebenen düsteren Raum. Das uralte Bauwerk wird abgebrochen und zur Ver größerung der Klostermühle verwendet. Sein letzter unfreiwilliger Insasse war der wegen seines Atten tats auf Friedrich Wilhelm IV. zum Tode verurteilte Bürgermeister Tschech. -f El« schwerer Manöverunsall hat sich, wie aus Vlotho gemeldet wird, bei Vössen ereignet. Etwa 80 Pferde vom Westfälischen Kürassier-Regiment Enterbt Roman. Nach dem englischen frei bearbeitet von Klara , Rheinau. 66. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Ich habe Zeiten, wo ich fast wünsche, daß wir nicht gerade arme Leute wären, aber doch eine weniger verantwortliche Stellung cinnähmen, damit wir mehr Zeit mit den Kindern verbringen könnten. Ich würde beinahe auf King's Rest dafür verzichten." „Aber ich nicht auf Lancewood!" fiel Vivien rasch ein. Ihr Gatte lachte. „Wenn es nicht profan wäre, so möchte ich sagen, daß Du fast lieberauf den Himmel verzichten würdest," sagte er; und sie schrak zurück vor seinen Worten, als ob sie einen Schlag erhalten hätte, und sagte zu sich selbst: „O mein Gott, vielleicht habe ich schon um Lancewoods willen den Himmel verloren!" Lord St. Just sah ihren Schrecken — er sah den bekümmerten, schmerzlich erregten Ausdruck ihrer Züge und wunderte sich im Stillen darüber. Francis' Hals wurde examiniert und der zärtliche Vater erklärte lachend, der Kleine habe sich nur einige gute Zuckerplätzchen erschleichen wollen. Der Knabe vergaß auch bald seine eingebildeten Schmerzen, i „Wenn ich ein groß« Mann bin, Papa," sagte er, „dann dürfen die Leute mich nicht mehr Frank nennen, mein Name ist FranciS." „Ja," erwiderte sein Vater ernst; „und Du mußt streben, auch ein gut« Mann zu werden, denn Du wirst Francis Lord St. Just sein." „Und was werde ich sein?" fragte der Jüngere mit seinem feinen Stimmchen. Lord St. Just sah di« leidenschaftliche Liebe, mit welcher Vivien das Kind in ihre Arme schloß. „Du mein Liebling, mein Sohn, mein höchstes Gut," rief sie — „wirst einst Arthur Neßlie von Lancewood sein!" „Ich liebe Lancewood," lispelte der Kleine. Sie bedeckte sein Antlitz, sein Haar, seine Lippen, seine Augen mit leidenschaftlichen Küssen. „Was auch vorfallen mag, mein Knabe soll Lancewood haben." In plötzlicher Verwirrung hielt sie inne, denn sie sah die Augen ihres Gatten voll Verwunderung auf sich geheftet. „Was könnte Vorfällen?" fragte er. „O, ich plauderte nur Unsinn mit dem Kleinen," erwiderte sie und wandte sich ab. .Hier ist etwas nicht in Ordnung," dachte Lord St. Just, und langsam drängte sich ihm die Ueber- zeugung auf, daß dieses „etwas" sich auf Lancewood beziehe. Dieses Wort allein genügte, um seine Gattin mit einer sonderbaren plötzlichen Leidenschaft zu er füllen. Er bemerkte, daß sie ihren Knaben so fest mit ihren Armen umschloß, als ob sie ihn vor aller Welt schützen wolle. „Meine geliebte Vivien," sagte er, „Du sprichst, als ob jemand die Macht hätte, den Knaben Lance wood zu entreißen — aber dies ist doch nicht der Fall." „Dem Himmel sei Dank dafür," rief sie leiden schaftlich. Lord St. Just verlor sich in Mutmaßungen über das Geheimnis, das seine Gattin vor ihm hatte. Seine eigenen Gedanken verwirrten ihn. Alle mög lichen Fälle nahm « an, nur daS Richtige blieb ihm aus. Er hatte so wenig von dem Keinen Oswald erfahren — weder von seinem Leben, noch von seinem Sterben; an ihn dachte er bis jetzt nicht im ent ferntesten. Aber fein Entschluß stand fest, er mußte des Geheimnis ergründen. Er fragte seine Battin, ob sie mit ihm ausreiten wolle und als sie verneinte, schloß er daraus, daß sie wiedereinen ihr« geheim nisvollen Besuche in Hammersmith abzustatten ge denke. „Dann wollen wir unsern Ritt auf morgen ver schieben," sagte er. „Ich habe heute morgen ver schiedene Besuche zu machen." Lady St. Just erwiderte einige Worte und eilte weg. Er haßte sich selbst, den Beobachter seiner Gattin zu machen — aber was konnte er anders tun? Wie sollte er sonst ihren Kummer entdecken? Er sah sie einfach gekleidet das Haus verlaffen — so auffallend einfach, daß es ihm schien, das Kleid diene als Maskerade. „Mein armes Weib," dachte Adrian St. Just, „dies alles gleicht ihr so wenig." Dann ließ er sogleich anspannen und befahl dem Kutscher, nach Hammersmith zu fahren. 4 0. Kapitels Vor Doktor Lesters Anstalt angekommen, fand Lord St. Just, daß seine Vermutungen richtig ge wesen waren; eine Droschke hielt vor der Tür und er war überzeugt, daß seine Gemahlin dieselbe be nutzt hatte. Er fragte, ob der Doktor zu Hause sei und der Diener antworte ihm, man ermattet ihn jede Minute. „Dann will ich seine Rückkehr abwarten," sagte Lord St. Just. „Das Vorzimmer ist nicht mehr frei," sagte d« Lakai. „Wollen Sie hier eintreten, Mylord?" Und jetzt machte sich Lord Just seines ersten Betruges schuldig. (Fortsetzung folgt.)