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wird dem Hause au- «in« Borlag« betreff» Einführung «ine» allgemeinen tOstündraen Arbeitstage« für Fabrikarbeiter zu gehen. Weiter wird sich der Reichstag mit finanzielle« Bro- blemen zu befassen haben, die wegen der Verteilung der Be lastung eine große sozialpolitische Bedeutung haben. Di« Staffelung der Biersteuer wird die Ouvertüre zu der Erschließung neuer Steuerquell«« werd««, di« s«hr reichlich fließen müsse«, da trotz aller offiziösen Dementis neben den Heeressorderungen «ine Floltenvorlage kommen wird. Di« Novell« zum Börsen gesetz ist in den Kommissionsberatungen zu End« geführt worden und wird wahrscheinlich in der veränderten Form zur zweiten Lesung vor das Plenum kommen. Dagegen wird die Reform der Militärpensionsgesetzgebung, die noch unvollendet im BundeSrat liegt, in der nächsten Tagung kaum zu erwarten fein, umsomehr, als mit ihr neue finanzielle Verpflichtungen verbunden sein würden, die die Reichskaffe jetzt nicht zu tragen vermag. * Der geschästSführende Vorstand des Rabbiner, verbände- in Deutschland hat dem Justizminister den Wunsch vorgetragen, die Amtsgerichte möchten angewiesen werden, daß sie in gleicher Weise, wie sie den zuständigen evangelischen oder katholischen Geistlichen von Sühneterminen in Ehesachen Mit teilung machen, über die in Ehesachen jüdi scher Parteien anberaumten Sühnetermine den zuständigen Rabbiner benachrichtigen. Der Justiz minister empfiehlt in einer Verfügung vom 3l. den Amtsgerichten, diesem Wunsche nach Möglichkeit ent gegenzukommen und da, wo die Zuständigkeit eines bestimmten Rabbinats nicht offen liegt, die betreffende Mitteilung dem Vorstande der nächsten Synagogen gemeinde zugehen zu lasten, der für die Weitergabe seinerseits Sorge tragen werde. * Die Erkrankung des Oberhofmeisters der Kaiserin Freihern vonMirbach soll, wie von unterrichteter Seite verlautet, so ernster Natur sein — es handelt sich um ein Herzlelden —, daß man in Herrn von Mirbach nahestehenden Kreisen die dauernde Wiederaufnahme seiner dienstlichen Funktionen als Oberhofmeister für höchst unwahrscheinlich hält. England. * Der Zweck der englischen Tibetexpedition ist endlich erfüllt; am 7. September ist in Lhasta ein Vertrag zwischen dem Führer der Expedition. Obersten Younghusband und den Vertretern des Dalai Lama abgeschlossen worden, doch bleibt näheres über den Inhalt des Vertrages noch abzuwarten. Voraus sichtlich wird die britische Expedition alsbald den Rückmarsch nach Indien antreten. Ans Gtadt und Lichtenstein, 12. September. * — Freiwillig aus dem Leben geschieden. Gestern früh wurde der 36 Jahre alte Bahn-Assistent Alwin Meise von hier in einem in der Nähe des Güterbahnhofs befindlichen Teiche tot aufgefunden. Meise hatte freiwillig seinem Leben ein Ziel ge setzt. Der allgemein beliebte und gewissenhafte Be amte hat jedenfalls aus Schwermut infolge lang anhaltender Krankheit den bedauerlichen Schritt unternommen. Außer einer Witwe trauern noch 3 unerzogene Kinder im Alter von 7, 5' und 2 Jahren um ihren treusorgenden Ernährer. * — Am SonMbend abend versuchte der ca. 19jährige Kaufmann Max Görner hier sich durch Erschieße« das Leben zu nehmen. Die Kugel drang dem Lebensmüden in die rechte Schläfe, wirkte jedoch nicht tödlich. Trotzdem die Kugel ent fernt worden ist, soll der Zustrnd Görners besorg niserregendsein. Was den noch jugendlichen Menschen zu dieser bedauerlichen Tat veranlaßt hat, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. * — Ein im hiesigen Kgl. Amtsgericht wegen Schlägerei Inhaftierter aus Heinrichsort versuchte Enterbt Roman. Nach dem englischen frei bearbeitet von Klara Rheinau. 57. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Vivien hatte ganz den Brief vergessen, und als der Diener eintrat, um den Tisch abzuräumen, wurde sie wieder daran erinnert. „Ah, mein Bettelbrief," dachte sie, „denn ein solcher ist es ohne Zweifel. Nun, ich will sehen, wer in der Not ist." Sie hielt einen Moment inne, um die deutliche, klare Handschrift zu betrachten, dann öffnete sie ihn — öffnete ihn mit einem Lächeln auf den Lippen, das nie wieder dahin zurückkehren sollte. Das Zimmer schien sich um sie zu drehen, ein roter Nebel legte sich über die weißen Blätter und als er verschwand, leuchteten ihr die feurigen Buch staben die Worte entgegen — „Wollen Sie sogleich zu mir kommen, Lady St. Just? Mein Ende ist nahe, aber ich kann nicht sterben, ehe ich Sie gesehen habe. Kommen Sie allein — ich habe Ihnen etwas zu sagen. Zögern Sie nicht — kommen Sie noch heute zu ihrem er gebenen Gerald Dorman." Die angegebene Adresse lautete: Victoria Street, Regent's Park. Die Handschrift auf dem Kuoerte war ihr fremd, aber die in dem Briese, so schwach und fast unleserlich sie auch war, erkannte sie als die Geralds. Also er war in London — war von Amerika zurückgekehrt l Wie sonderbar, daß er dies nicht vorher geschrieben hatte. Was konnte er ihr zu sagen haben? Line töd lich Angst bemächtigte sich ihrer; ein plötzliches, un» st<bimmies Gefühl, für das sie keinen Namen hatte, l am Sonnabend abend in seiner Zell« sich das Leben ! zu nehmen. Durch Hinzukommen eines Beamten wurde der Inhaftiert« noch rechtzeitig von seinem Vorhaben abgehalten. Herr Postassistent Lehmann in Lichte»stei«' EaI«OerG wird vom 1. Oktober d. I. ab das Postamt in Schlettau verwalten. * — Be«rl««bt Herr Amtshauptmann Eb- meier ist bis 8. Oktober beurlaubt und wird durch Herrn Regierunasafsessor vr. Bach vertreten. * — Rach Süden. So lautet die Parole jetzt unter der Vogelwelt. In den letzten Tagen sind die Schwalben verschwunden. Zu Anfang der Woche um segelten sie noch zu Dutzenden die Gewässer, um die noch in übergroßer Menge vorhandenen Mücken und Fliegen zu fangen. Trotz de« ihnen noch reichlich gedeckten Tisches war aber ihres Bleibens nicht länger mehr bei uns Die Vorbereitungen für die Reise wurden eifrigst getroffen. Schon eine Woche vorher halten sie ja wahrhafte Schwalbenvoltsversammlungen ab, sitzen zu Hunderten auf Dächern, Mauecvorsprüngen, Gesimsen, Telephondrähten beisammen, stiegen abteilungsweise eine Strecke hin und wieder zurück, umkreisen ihre Ruhesitze und — plötzlich sind sie verschwunden. Kaum dürste jemand ihren Äbflug genau beobachtet haben; denn dieses Glück ist ein ganz seltenes. Sie bewerkstelligen ihn so geheimnisvoll, als ob sie Zechpreller wären oder wegen irgend eines anderen Delikts eine Verfolgung zu gewärtigen hätten. Und sobald sie fort sind, dann ist es Herbst, mag die Sonne auch noch so leuchtend am Himmel stehen und uns die blaue Ferne einen neuen Sommer vor zutäuschen suchen. Die Schwalben bilden das Haupt- korps der Rückzugsarmee, die begleitet wird von den verschiedenartigsten kleineren Abteilungen aus aller Herren Länder, von der Arriere-Garde der Stare, von Haidelerchen, Gerstenammern, Bachstelzen, Rot schwänzchen, Singdrosseln, Kiebitzen, Schnepfen, Tau chern, Rotkehlchen usw. Mögen unsere leichtbe schwingten herzigen Sommergäste alle Fährnisse der weiten Südlanvreise glücklich überstehen und als Lenzverkünder rechtzeitig und vollzählig wieder bei uns eintreffen! * — Eltern und Erzieher seien daraus aufmerk- sam gemacht, daß sich die tanzen Schwänze der Papier drachen, mit denen sich jetzt die Jagend zu vergnügen Pflegt, leicht in Telegraphendrähte verwickeln und hier eine Störung oder Beschädigung der Leitung herbei- führen können, was nach ZH 317 und 318 des Ätraf- gejetzbuches für daS Deutsche Reich mit Gffänzms bis zu einem Jahre oder Geldstrafe bis zu 890 Mark ge ahndet wird. DaS Königliche Ministeri«»» des In nern hat durch Verordnung vom 23. August d. I. angeordnet, daß die Erteilung von Auskünften zur Beantwortung von Briefkastenanfragen in Zeitungs blättern durch Behörden künftig unterbleibt. * — Die internationale Kochkunst-und Fachausstellung für das Gastwirtsgcwerbe, das große, unter dem Protekto rate Sr. Majestät deS Königs Georg von Sachsen stehende Unter nehmen, das in der Zeit vom 18. 26. März 1965 im Kristall- Palast zu Leipzig abgchalten wird, gewinnt, wie unS von infor mierter Seite geschrieben wird, von Tag zu Tag mehr an Interesse und nimmt wachsend die beteiligten Kreise in seinen Bann. Allge mein erwartet man, daß sich das Unternehmen glänzend gestalten wird. Das Komitee kennt nur ein Ziel, nämlich das, alle derartigen stattgefundenen Ausstellungen in den Schatten zu stellen. In den interessierten Kreien wird dies Streben schon heute erkannt und gewürdigt. Verschiedene Umstände sprechen dafür. Große Firmen haben in allen Gruppen ihre Beteiligung in einem Umfange zuge sichert, den sie auf allen früheren Ausstellungen nicht annähernd in Betracht gezogen. Wir erinnern an die „Vereinigten Eschebach'schen Werke A. G" mit ihren wunderbaren Kochherden, Wärmschränken, Eisschränken an die Maggi-Gesellschaft, deren Ausstellungsobjekt beispielsweise einen Raum von 50 Quadratmeter einnehmen wird u. a. m. Mit Wellfirmen, die sich in den letzten Jahren nie mehr sagte ihr, daß seine Mitteilung sich auf ihre Sünde beziehe. Dann machte sie sich Vorwürfe über ihre törichte Furcht. Sie kannte ja Geralds grenzenlose Ergebenheit für sie; der Arme wollte ihr gewiß nur vor dem Sterben ein ewiges Lebewohl sagen. Ihre Sünde war ja längst bereut — der arme Knabe war tot — die Sache war längst vergessen. Was sollte sie noch fürchten? „Ich will sogleich zu ihm gehen", sagte sie und erhob sich rasch, mußte sich aber wieder niedersetzen, denn sie zitterte wie Espenlaub. Als sie sich ein wenig erholt, wollte sie ihr Zimmer aufjuchen. Auf der Treppe be gegnete ihr Lord St. Just und sie wandte ihr Antlitz zur Seite, damit er ihre Blässe nicht bemerken sollte. „Adrian," sagte sie, „ich werde heute Morgen nicht mit Dir ausreiten. Ich muß in eigenen An gelegenheiten ausgehen." „Schon gut," mein Liebling," erwiderte er leicht hin, denn es kam ihm niemals in den Sinn, den Ausgängen seiner Gattin näher nachzusorschen. „Vielleicht werde ich Dich vor dem Diner nicht mehr sehen," sagte Vivien. „Ich kann nicht sagen, wie lange ich aufgehalten werde." „Aber vergiß nicht, daß wir Gesellschaft haben werden," erinnerte er sie — eine politische Gesellschaft, Vivien — und ich kann Dich nicht da bei entbehren." „Ich werde daran denken", erwiderte sie und eilte auf ihr Zimmer. „Ich gehe aus", sagte Vivien zu der treuen Joan, die immer noch als ihre Zofe fungierte. „Nein, nicht meinem Reitanzug — ein einfaches Kleid und einen Shawl. Joan, Du mußt mich begleiten; ich bin sr aufgeregt." Die treue Dienerin blickte besorgt zu ihrer Herrin aus. a» «fiter Au»ftell««k betewat, schweb« Berhandlmtgea.I wie ». iS. mit der berühmte« Liebig-Tvarpauy. Die Ausstellung 1S0S schetat dm Firm« ed« bedeutsam geaug, et» sestgffetzteS Prmztp m durch» brech«, Aber ebenso groß wie da» Jateriffe d« »u»ß ekler, doku- menstatt sich H«K schon da» der Besuch«, »roße Korporativ M hab« betatt» «nm gemetufamm Besuch d«r Au»stelluag zum Be schluß «tzaS«. So wird z. v. inmitten der Uu»stellung»«voch« der „Verband der Gaaliahader" in Leipzig zusammmlommm, um am Tag« di« Ausstellung zu besichtig« und dm Übend t« traulich- kollegiale« Lerkehr zu Verb ringen. Alle Faktoren mess« also darauf hin, oaß di« Ausstellung halt« wird, was sie verspricht: d« Ver gleich mit alle» schon Dagewesenen siegreich zu besteh« l * — Nödtttz. Heute vormittag gegen >/,12 Uhr entstand im Richard Müller'schen Wohnhause hier ein Schadenfeuer. Die bald erschienenen Wehren von Rödlitz, Hohndors und Heinrichsort nahmen die Lüscharbeiten sofort auf und beschränkten das Feuer auf seinen Herd. Die Entstehungsursache deS Brande- ist noch unbekannt. Leipzig. Gin großer Diebstahl von Schmuck gegenständen ist in einer Wohnung in der Rosen- talstraße in GohliS verübt worden. Der Wett der Schmuckstücke beziffert sich auf 3600 Mark. In Eutritzsch wurde in einer Abortgrube der Leichnam eines neugeborenen Kindes gefunden. Wahrscheinlich liegt ein Verbrechen vor. Flüchtig geworden ist am Mittwoch nachmittag der in GohliS wohnhaft gewesene Markthelfer Franz Dornheim, nachdem er seinem Prinzipal, einem dortigen Eisenwarenhändler, 1000 Mk., die er zur Begleichung von Rechnungen erhalten hatte, unter schlagen hat. Chea»«itz. Wie schlimm die wirtschaftliche Lage auf dem Eisenmarkte im vorigen Jahre gewesen ist, läßt recht deutlich der in der gestrigen Aufsichts- ratssitzung der Sächs. Maschinenfabrik vorm. Rich. Hartmann, A.-G., vorgetragene Jahresbericht über 1903—04 erkennen. Er ergibt unter Hinzurechnung der normalen Abschreibungen einen Verlust von 728176 M , welcher aus dem in Höhe von 2601847 M. vorhandenen Reservefonds geoeckt weroen soll. Die Spezialreserve von 900000 M bleibt bestehen. Die ordentliche Generalversammlung findet Mitte Oktober statt. In Zwickau werden fortan zu den Jahrmärkten Hausierer nur noch zugelassen, wenn sie einen festen Stand haben. — Der neue dortige Stadtkapellmeister Wilh. Schmidt aus Elberfeld tritt sein Amt am 15. September an. Die Kapelle wird bedeutend verstärkt. Zwickau. Auf der fiskalischen Straße in Culitzsch wurde der 17 Jahre alte Schlofsergeselle Hantsch schwer verletzt ausgefunden. Der junge Mann hatte sich in früher Morgenstunde von der elterlichen Wohnung mit seinem Fahrrade nach seiner Arbeitsstätte in Werdau begeben wollen. Man nimmt an, daß er von zwei Radfahrern, deren Er mittelung noch nicht gelungen ist, überfahren worden ist. Der junge Mann, der u. a. auch eine schwere Gehirnerschütterung erlitten zu haben scheint, ver mag infolge seiner Verletzungen bisher nur wenig Auskunft über den Unfall zu geben. Glauchau. Das hiesige Waisenhaus konnte am Sonntag auf ein 150jähriges Bestehen zurück blick n. Am vorvergangenen Sonntag nahm in Werda« die im 17. Lebensjahre stehende Fabrikarbeiterin Doris Schwarz daselbst an einem Tanzvergnügen in lebhafter Weise teil. Als sie mit ihrem Begleiter gegen V2I Uhr an ihrer Behausvng angelangt war, fiel sie plötzlich leblos um; ein Herzschlag hatte dem blühenden Menschenleben ein schnelles Ende bereitet. Am Donnerstag fand die Beerdigung unter großer „Es ist doch nichts passiert, Mylady, hoffe ich?" „Was sollte passiert sein, Joan ?" fragte Vivien. „Ach, ich fürchtete nur; aber Mylady, Sie haben wieder den ängstlichen Ausdruck im Gesicht, den ich seit ihrer Verheiratung nicht mehr gesehen habe." „Wirklich? Dann muß ich sorgen, daß er wieder verschwindet. Ich werde nicht den Wagen nehmen," fuhr sie fort. „Willst Du mir nicht selber einen Fiaker besorgen, Joan? Ich möchte Bemerkungen über mein Ausgehen vermeiden. Aber richte Dich gleich, Joan, daß Du mich begleiten kannst." Die treue Joan schüttelte ernst den Kopf, als sie eilig dem erhaltenen Befehle Folge leistete. „Sie mag sagen, was sie will, ich bin überzeugt, es ist etwas vorgesallen. Sie sieht wieder gerade so verstört und bekümmert aus, wie früher." Lady St. Just bestieg den Fiaker und gab dem Kutscher die Adresse; dann wandte sie sich zu ihrer Zofe. „Ich kann Dir jetzt sagen, wohin ich gehe. Joan", sagte sie. „Herr Dorman liegt im Sterben und hat nach mir geschickt." „Dahinter steckt etwas, das ist sicher", dachte Ioan Habley von neuem; „aber was, kann nur der Himmel wissen." 3 5. Kapitel. Es war ein großes, respektabel aussehendes HauS, vor dem nach kurzer Zeit die Droschke anhielt. Ein paar verkümmerte Blumen wuchsen in dem kleinen Gatten an der Vorderseite, die Fenster hatten alle grüne Läden und weiße Vorhänge. „Soll ich mit Ihnen eintreten, Mylady ?" fragte Joan. „Rein," erwiderte Lady St Just. „Erwarte mich hier, einerlei, wie lange ich bleibe." (Fortsetzung folgt.)