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dieselben knappen Meldungen zu veröffentlichen. Das amtliche „Kolonialblatt", das eS in erster Reihe als seine Augabe betrachten müßte, über die Ereignisse in Deutsch-Südwest-Afrika zu berichten, beschränkt sich in seinen alle 14 Tage erscheinenden Nummern fast durchweg auf die Wiedergabe der längst bekannten Mitteilungen deS „Wolffschen Telegraph.-Bur.". Auch die neueste Nummer deS „Kolonialblattes" enthält zwar eine Verlustliste und sieben Nachrufe für die in Deutsch-Südwest-Afrika gefallenen Offiziere, im Übrigen aber nur Mitteilun gen über den Bau der Usambara-Bahn, über die Rechtsanschauungen von Kamerunnegern in bezug auf Grundeigentum, über die Verbreitung der Sand flöhe in West-Afrika, die Landungsbrücke in Lome, und neben zehn Mitteilungen von Nachrichten des „Wölfischen" Bureaus" einen Bericht des Ansied lungskommissars vr. Rohrbach, der mit den kriege rischen Ereignissen nichts zu tun hat, sowie zwei Auslastungen aus Missionskreisen über den Herero- aufstand aus den allerersten Tagen der Unruhen, außerdem allerdings noch einen Bericht des Be zirkshauptmanns v. Burgsdorf vom 9. März über die Verhältnisse im Süden von Südwest-Afrika. — Daß diese Art der Berichterstattung angesichts der großen Truppenmacht, die für Südwest-Afrika auf geboten ist, völlig unzureichend ist, darüber kann kein Zweifel obwalten. * Kriegsbilder aus Deutsch- Südwest-Afrika veröffentlicht die „Kreuzztg." in Briefen des am 9. April bei Onjanjiro gefallenen Sohnes des Abg. Frhrn. v. Erffa. Darin heißt es in einer Schilderung der Ereignisse bei Beginn des Hereroaufstandes: Nur etwa drei Kilometer von Windhuk fanden wir die ersten Spuren des Auf standes: einen ausgespannten Ochsenwagen, von dem die Reis- und Mehlsäcke und Bierkisten nur heruntergeristen, aber nicht mitgenommen waren. So gesättigt waren dieKerlsschon, selbstmitGetränken ! Als Beispiel dafür noch folgendes : Als eine Windhuker Patrouille nach Seeis kam und dort vor einigen Hundert Herero Halt machen mußte, schickte ihr der Unterhäuptling Friedrich zur Stärkung zwei Flaschen Schnaps und ließ sagen, „das sollten sie aus sein Wohl trinken; wenn sie Sekt wollten, möchten sie ihn sich holen — den tränke er allein". ""Prinzessin Marie von Hannover, die sich kürzlich einer Blinddarmoperation unterzogen hatte, ist am Sonnabend früh in Gmunden gestorben. Da die Verstorbene eine Tante der Prinzessin Alexandra von Cumberland war, so dürfte der Trauerfall möglicher weise einen Aufschub der Gmundener Hochzeitsfeierltch- keilen bewirken. * Auf deutscher Seite scheint man Anlaß zu haben, sich durch das Verhalten der englischen Behörden bei vorläufiger Festnahme von Ver brechern beschwert zu fühlen. Durch Ministerialver- fügung sind die preußischen Polizeibehörden ange wiesen worden, allen ihnen unmittelbar zugehenden Ersuchen englischer Behörden um vorläufige Fest nahme von Verbrechern, die von England aus ver folgt werden, sowie etwaigen Anträgen englischer Behörden auf Beschlagnahm: von brieflichen oder telegraphischen Mitteilungen behufs Ermittelung flüchtiger Verbrecher künftighin grundsätzlich nicht mehr nachzukommen, da die Gegenseitigkeit in dieser Hinsicht von englischer Seite nicht sichergestellt ist. Ihrerseits sollen die preußischen Polizeibehörden ähn liche Anträge bei englischen Behörden unterlassen. * Von Seiten der bayerischen Zentrumsleute sucht man dem bayerischen Kriegsminister v. Asch Im Schlöffe der Ahnen. Original-Roman von Otto König-Liebthal. « 16. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Er traf Frau Horsten. Sie wußte, woher er kam, denn sie hatte die ganze Unterredung im Nebenzimmer mit angehört. „Nun?" „Ich habe mein Ziel nur halb erreicht," seufzte er. „Sie erbat sich eine Bedenkzeit aus." „Verzweifeln Sie nicht, lieber Herr von Schwaben stein," tröstete sie ihn. „Ihre Werbung kam ihr gewiß zu überraschend. Kommen Sie nur nach dem Manöver wieder, und dann werden Sie Ihr Ziel ganz erreichen." „Ich hoffe es zuversichtlich, gnädige Frau," entgegnete der Offizier, obwohl er wußte, daß es für ihn hier nichts mehr zu hoffen gab. „Doch nun gestatten Sie mir, daß ich mich von Ihnen gleich verabschiede. Ihr Herr Gemahl ist wohl in seinem Zimmer?" „Jawohl. Und nun leben Sie wohl." Sie hatte ihm die Hand gereicht, die Schwaben stein, sich verbeugend, ehrerbietig küßte. — Bald darauf rollte ein Wagen, in welchem Herr von Schwabenstein saß, nach dem Bahnhof. — Während Hellmut am heutigen Vormittag seine Stunden gab, saß Herr Horsten nachdenklich in feinem Zimmer vor dem Schreibtisch. Er hatte in der Nacht wenig Schlaf finden können, infolgedessen zeigten seine Gesichtszüge einen müden Ausdruck. Aber dennoch beschäftigte sich sein reger Geist. Er dachte an Herrn Kraft, den er schon längst recht lieb gewonnen hatte. Sein gerader, männlicher Sinn gefiel ihm, seinen Mut bewunderte er. Da kam nun Herr von Schwabenstem mit seiner Mit immer wieder eins am Zeuge zu flicken. So hatte der „Bayerische Kourier" das Gerücht gebracht, daß ein sehr hoher Offizier aus dem UntrrstützungSfondS für Offiziere eine Unterstützung von 30000 Mark erhalten habe, und ließ weiter durchblicken, daß der Kriegsminister hierfür verantwortlich zu machen sei. Die offiziöse „Korrespondenz Hoffmann" erklärt nun diese Nachricht sür völlig unbegründet und versichert weiter, der Kriegsminister habe auf Bewilligungen aus genanntem Fonds überhaupt keinen Einfluß. Balkauhalbiusel. * Zwischen dem ökumenischen Patriarchat und der heiligen Synode in Konstantinopel sind Meinungs differenzen entstanden über die Schritte, welche bei der Pforte gegen deren Unterstützung der Kutzowal- lachischen Kirchenaspiralion zu unternehmen sind. Die Differenzen können weitere Folgen nach sich ziehen. Auch sonst gibts gegenwärtig allerhand kirchenpolitische Differenzen in der Türkei. Dem Vernehmen nach hat die Pforte vom ökumenischen Patriarchal die Absetzung des serbischen Metropoliten in Prizrend, Nikiphoros, verlangt. Dies Verlangen der Pforte wird mit dem Widerstande des Metropo liten gegen das von der Pforte beanspruchte Be- stätigungscecht bei Ernennung serbischer Lehrer in Zusammenhang gebracht. — In den Kreisen Castoria und Florina sind in letzter Zeit zahlreiche bulgarische Dörfer vom Patriarchat zum Exarchat übergetreten. Die türkischen Behörden haben diesem Uebertritte keine Hindernisse in den Weg gelegt. AnS Stadl und Laud Likdteuftei«, 6. Juni. * — Ortskrankenkasse. Die neuen Statuten sind fertiggestellt und können Mitglieder und sonstige Interessenten solche an der Kassenstelle erhalten. * — Ausflug. Der Königl. Sachs. Militär verein Kavallerie, berittene Artillerie und Train unternahm gestern, vom herrlichsten Wetter be günstigt, einen Ausflug nach dem schön gelegenen Park Herrenhaide. Frühzeitig hatte sich ein große Anzahl, ca. 70 Kameraden mit Frauen, zusammen gefunden, um mit verschiedenen Geschirren dem ge stellten Ziele zuzusegeln. Der Ausflug nahm einen sehr schönen Verlauf und wird gewiß für alle Teil nehmenden frohe Erinnerungen hinterlassen haben. * — Bezirksversammlung Wie wir hören, findet am 26. Juni d. I. im Modes ' schen Gasthof in Rödlitz die diesjährige Früh jahrs-Bezirksversammlung des Bundesbezirks Glau chau statt. Die Beteiligung an dieser Versammlung dürfte eine ziemlich umfangreiche werden, da eines teils die herrlichen, neuzeitlich eingerichteten Lokali täten des Modes'schen Gasthofes ganz vorzüglichen Aufenthalt gewähren, und andernteils auch die günstige Bahnverbindung manchen nach dem schönen Rödlitztale locken wird. Wir werden später noch einmal auf diese Bezrrksoersammlung des Näheren Hinweisen. * — Bei der am gestrigen Sonntag in Chemnitz eröffneten Bäcker-FachAusstelluug fungiert u. a. auch Herr Bäckerobermeister Robert Hofmann aus Lichtenstein als Preisrichter mit. * — Die Internationale Kochkunst- und FachanSstellnng für das Gastwirtsgewerbe, die 1905 in Leipzig und zwar vom 18.—26. März in sämt lichen Räumen des Krystall»Palastes abgehalten werden soll, verspricht große Dimensionen anzunehmen. Schon jetzt liegen zahlreiche Anmeldungen von nam- haften Firmen vor, obgleich die Anmeldeformulare teilung, die den guten Eindruck, den Horsten von Hellmut hatte, vollständig zu vernichten schien. Nachdenkend blies er den Rauch seiner Zigarre weit von sich; bald erhob er sich und wanderte im Zim mer auf und nieder. Sollte er ihn entlassen? Oder aber, sollte er über das Gehörte schweigen? Nein, keins von beiden schien ihm recht zu sein. Er konnte und durfte nicht verdammen, ohne auch ihn, den schwer Beschuldigten, gehört zu haben. „Ich kann es nicht glauben," murmelte er, in seiner Wanderung innehaltend: „Ich muß Klar heit haben, und zwar sogleich." Schon wollte er Herrn Kraft zu sich kommen lasten, da öffnete sich die Tür und Frau Horsten trat ein. Auch sie hatte sich in ihren Gedanken mit Herrn Kraft beschäftigt, das bewies ihre Frage. „Nun. wie denkst Du über das, was uns Herr von Schwaben mitgeteilt hat?' Horsten antwortete nicht sogleich. „Ich will es Dir sagen," fuhr Frau Horsten erregt fort, „was geschehen muß. Er muß seine sieben Sachen sofort packen und unser Haus ver lassen. Das ist meine Meinung. Und wenn auch Du Dir die Sache überlegt hast, kannst auch Du zu keinem anderen Entschluß kommen." „Aber ich bin doch zu einem anderen Entschluß gekommen, Ella," erwiderte Herr Horsten. „Das, was Du verlangst, geht nicht so ohne weiteres. Ist denn seine Schuld schon erwiesen?" Frau Horsten sprang erregt vom Stuhl auf. „Alex, Herr von Schabenstein hat es Euch doch erzählt!" „Ja, wenn auch. Wie mancher Mensch schon wurde angeklagt und hernach stellte sich seine Un schuld heraus. Jeder gemeine Verbrecher wird bei uns hier zu Lande nicht verurteilt, ohne sich ver- noch nicht zum Versandt kommen konnten. Den Ehrenoorsitz hat Herr Oberbürgermeister Justizrat vr. Tröndlin übernommen und als Ehrenförderer haben sich an die Spitze des Unternehmens eine Anzahl hervorragende Männer gestellt. Die Liste der Garantiezeichner hat bereits geschloffen werden können, da die Garantiesumme die Höhe von Mk. 200 000 überschritten hat und das Komitee eine weitere Stei gerung dieser Summe nicht für nötig erachtete. *— Giue internationale, wissenschaftliche Ballonfahrt fand in den Morgenstunden des Freitags statt. Es stiegen Drachen, bemannte und unbemannte Ballons auf in: Scotland, Driman, Trappes, Jtteoille, Paris, Rom. Pavia, Zürich. Guadalajara, Straßburg i. Els., Barmen, München, Hamburg, Berlin, Wien, Petersburg, Torbino, Kasan, Blue Hill 084. usw. Der Finder eines jeden Ballons erhält eine Belohnung, wenn er der jedem Ballon beigegebenen Instruktion gemäß den Ballon und Instrumente sorgfältig birgt und an die angegebene Adresse sofort telegraphisch Nachricht sendet. Auf eine vorsichtige Behandlung der In strumente usw. wird besonders aufmerksam gemacht. Völkerschlacht Nationaldenkmal. Die Ziehung der 5. großen Geldlotterie zum Besten des vom deutschen Volke längst ersehnten RuhweSmales sür die Helden von 1813 beginnt bereits morgen Dienstag, den 7. Juni und dauert bis zum folgenden Sonnabend. Gewiß wird jeder gern sein Scherflein zu diesem großen Dankeszeichen beitragen wollen, zumal mit der Lotterie neben der Freude ein Wahrzeichen deutschen Mutes mit aufbauen zu helfen die Aussicht auf vlele größeren Gewinne besteht. *— Mülsen St. Jacob. Bei der Pferde musterung am 3. Juni kamen von 146 hiesigen Pferden 86 zur Vorführung, wovon 10 als Reit pferde, 23 als Zugpferde 1. Klaffe, 21 als Zugpferde 2. Klasse und eins als besonders schweres Zugpferd bezeichnet wurden. 31 Pferde erklärte man für dauernd untauglich. In den letzten Musterungen waren bereits 60 Pferde sür untauglich befunden worden. Auch die mitgeführten Lastfahrzeuge unter zog man einer Besichtigung. Bei eoent. Mobil- machungsfalle sind von den hiesigen Gutsbesitzern zehn Lastfuhrwerke zu stellen. DreSde«. Graf Miromont, der am 3. Juni verhaftet wurde, ist gegen Erlegung von 60 000 Mark Kaution aus der Haft entlassen worden. Dresden. Die Pirnaer Duellaffäre wird nächster Tage vor dem Oberkriegsgericht nochmals verhandelt werden. Leipzig. Durch des Königs Gnade ist dem am 4. Dezember 1901 vom hiesigen Schwurgericht zu 3 Jahren Festungshaft verurteilten hiesigen Rechtsanwalt Dr. James Breit der Rest seiner Strafe, die er auf Königstein verbüßte, erlassen worden. Dr. Breit hatte, wie noch erinnerlich sein wird, im Leutzscher Holze bei einem Pistolenduell seinen Gegner, einen Studenten aus Stuttgart, erschossen. Chemnitz. Der Lohnbewegung der hiesigen Bauarbeiter haben sich jetzt auch die Stuckateure an geschlossen; sie sind bereits am Freitag in den Streik eingetreten. Bei der Lohnbewegung der Bau arbeiter kommen über 2000 Mann in Frage. I-OOSS Mts-Mme Ziehung erster Klasse15.u. 16. Juni 1964 hat abzugeb, SM« k. in». 8. ß. Htißch Lichtenstein. teidigeii^zu könnerü Und dieses allgemeine Recht dürfen wir Herrn Kraft nicht nehmen. Bedenke, Ella, er ist unser aller Lebensretter! Hat er jemals die ihm gezogenen Grenzen Euch gegenüber, was Anstand und gute Sitte anlangt, überschritten? Das wirst Du und Frida nicht behaupten können. — Kann denn Herr von Schwabenstein übrigens den Vorfall nicht zu schwarz gemalt haben? Ja — ich muß es sagen — einer solchen schändlichen, nieder trächtigen Handlungsweise ist Herr Kraft nicht fähig, das ist meine feste Ueberzeugung. Ella, laß mich ausreden.. Und auch das muß ich sagen: Kann Herr von Schwabenstein nicht auch die Unwahrheit gesagt haben? Ich habe beide genau beobachtet. Beide waren erschrocken; aber während Herr Kraft eine sichtbar echte Entrüstung zeigte, wurde Herr von Schwabenstein bleich, seine Augen rollten, und ich sagte mir sofort, daß die unverhoffte Begegnung ihm äußerst unangenehm war." Kaum hatte er geendet, da trat Frau Horsten auf ihn zu und blickte ihn mit einiger Befremdung verwundernd an. „Was?" stieß sie hervor. „Herr von Schwaben stein sollte ein Lügner sein? Er ist ein Edelmann vom Fuße bis zum Kopfe. Ich kenne ihn schon länger, und habe seinen Vater gekannt, der im Hause meiner Ellern verkehrte. Nein, ich bezweifle keines seiner Worte, und Herr Kraft ist ein . . ." Sie unterdrückte das Wort „Schurke," was ihr auf den Lippen schwebte. „Diesen Menschen dulde ich nicht länger hier im Hause," fuhr sie fort. „Hast Du mich ver standen ?" (Fortsetzung folgt.)