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Wmftem-ttickM Tageblatt 3. Beilage zu Nr. 117. 1904. S4. Jahrgang Sonntag, den 22. Mai Der rusfisch-japanische Krieg. Petersburg, 20. Mai. Hier geht das Gerücht, der Führer der ersten japanischen Armee, Kuroki, sei zurückgeworfen worden und habe große Verluste gehabt. Eine amtliche Bestätigung liegt jedoch noch nicht vor. Petersburg, 20. Mai. Der „Russischen Telegraphen-Agentur" wird von ihrem Korrespon denten in Mulden unterm heutigen Tage gemeldet: Die Zahl der mit den Schiffen „Hatsuse" und „Jo schino" untergegangenen Mannschaften wird hier auf mehr als 700 geschätzt. Die Nachricht rief hier auf richtiges Bedauern hervor, weil viele tapfere Leute, die schon Beweise von Bravour abgelegt haben, um gekommen sind. Der Versuch der Japaner, am 14. Mai im Kerr-Golfe zu landen, ist mißglückt. Die Vorposten unseres Kwantung-Driachements wurden am 16. Mai von den Japanern bei Sanschilipu an gegriffen. Die Japaner hatten beträchtliche Verluste und stellten ihren Vormarsch ein; unser Detachement zog sich, nachdem es die Rekognoszierung ausgeführt hatte, auf Kintschou zurück. — Die Meldungen eng lischer Blätter von einem japanischen Angriffe südlich von Haitscheng, wobei unsere Verluste zweitausend Mann betragen hätten, entbehren der Begründung. London, 20 Mai. „Daily Telegraph" wird aus Tokio gemeldet, nach dort eingegangenen Nachrichten hätten die Japaner Kaiping, 30 Meilen südlich von Niutschwang, am 16. Mai besetzt. Die Russen hätten sich zurückgezogen. Wie der „Standard" aus Tientsin berichtet, wäre der Besetzung von Kaiping ein heftiges Gefecht vorausgegangen, in welchem die Russen gegen 2000 Mann verloren haben sollen. Tientsin, 20 Mai. Nach Meldungen aus Niutschwang sind dort in Kreisen, welche im allgemeinen gut unterrichtet sind, Gerüchte verbreitet, wonach die japanische Armee am Ualu eine ernstliche Schlappe erlitten habe und gegen Fönghwangtscheng zurückge- drängt worden fei. AuS Stadt «ud Laud Lichteuftei«, 21. Mai. —* Kirchenkonzert. (Siehe Inserat). Herr Organist Pfannstiehl-Chemnitz wird von Orgelwerken Passacaglia von Bach, Konzert in D-moll v. Händelund zwei Choralvorspiele „Vom Himmel hoch" (Pachelbel) und «Jesu, meine Freude" (F. W. Francke) zum Vortrag bringen. Die vokalen Darbietungen seitens der Solisten und des Chores ordnen sich dem Leitworte unter, welches der Lutherschen Erklärung zur 2. Bitte entlehnt ist: — „daß wir seinem Worte durch seine Gnade glauben und göttlich leben hier zeitlich und dort ewiglich". Sie bestehen in Motetten und geistlichen Chorliedern von Hauptmann, Noatzsch, Schneider, Hugo Wolf, Franz Reichardt, Reuter und gipfeln in dem Händelschen „Großen Halleluja" aus dem „Messias" mit Begleitung des Orchesters. Programme mit aus - führlichemText (gültig zugleich als Eintrittskarten) sind schon in den Vorverkaufsstellen zu haben. * — Dem Dresdener Rennverein ist vom Königl. Ministerium des Innern wieder die Ge nehmigung zu einer Lotterie gelegentlich der X. Sächs. Pferdezucht-Ausstellung im Herbst 1904 er- teilt worden. Die Lose dieser Lotterie zum Preise von 1 Mk. pro Stück gelangen im August zur Aus gabe und sei hierbei um vielfache irrtümliche Auf fassungen richtig zu stellen, bemerkt, daß diese Lotterie mit der in der vergangenen Woche stattge fundenen Lotterie der Dresdner Pferde-Ausstellung (Lose L 3 Mk.) in keinerlei Beziehung steht. * — Mineralbad Hohenstein - Ernstthal, herrlich und friedlich an mächtigen Waldungen ge legen, ist zu Pfingsten, wo alles grünt und blüht, zu einem Ausflüge so recht geeignet. Während der Feiertage werden Sonntag, Montag und Dienstag täglich 2 beziehentlich 3 Konzerte von der beliebten Schubert'schen Kapelle abgehalten. Dem Konzerte schließt sich am 2. und 3. Festtage Ball an. Der schöne vornehme Kur-Saal sowie der prächtige Park gestalten den Aufenthalt zu einem wahrhaft er quickenden. Auch bei unfreundlichem Wetter sind die Gäste im Kurhaussaale und in den umfangreichen Verkehrsräumen aufs Beste geborgen. Hohenstein-Ernstthal. Einen Raubmordoer such an einem 10-jährigen Schulmädchen verübte am 18. d. M. vormittags ein anscheinend dem Kauf- mannsstande angehörender junger Mensch im unge fähren Alter von 16 Jahren, indem er das Kind zu Boden warf und die Taschen seines Kleides, aller dings ergebnislos, nach Geld durchsuchte. Der freche Bursche entkam leider unerkannt. Zwtcka«. Die hiesige Gasanstalt ergibt auf das Jahr1903 40000M. Uebelschuß mehr als veranschlagt worden. Dieser soll dem UeberschußfondS zugewiesen werden, der 500000 M. erreichte. Zwickau. Das durch wohltätige Zuwendungen für den Bern! der Kreishauptmannfchaft Zwickau hier- selbst ins Leven gerufene Krüppelheim für bildungsfähige Krüppel soll am 1. Juni d. I. mit einem vorläufigen Bestände von secks Insassen in von der Stadt zur Ver- gestellten Räumen eröffnet werden. imbach. (Sängerfest des Erzgebirgifchen Sängerbundes). Da in Li mbachden 11. u. 12. Juni d. I. das Sängerfest des Erzgebirgifchen Sängerbundes stattfindet, so kann man hier schon jetzt ein freudiges Treiben und Vorbereiten für dasselbe wahrnehmen. Die einzelnen Ausschüsse arbeiten schon lange eifrig, um das Fest zu einem besonders schönen zu ge stalten. Daß auch die Bürgerschaft rege Festteil, nähme zeigt, geht daraus hervor, daß der Wohnungs- ausschuß eine große Menge Bürgerquartiere zur Verfügung hat. Die fremden Gäste sind also nach dieser Hinsicht herzlich willkommen und gut aufge hoben. Auch die Behörden der Stadt zeigen dem Feste eine liebevolle Teilnahme, welche daraus zu erkennen ist, daß Herr Bürgermeister vr. Goldenberg bereitwilligst das Amt eines Vorsitzenden übernommen hat. Außerdem haben beide Kollegien der Stadt eine namhafte Geldsumme aus Gemeindemitteln dem Festausschuß zur Verfügung gestellt. — Das Festprogramm, welches der Bundesvorstand und der Festausschuß zusammengestellt haben und das allen Bundesvereinen schon zugeschickt worden ist, hat ungefähr folgenden Inhalt: Sonnabend, den 11. Juni abends 6 Uhr Huldigung am Pache-Denk mal durch Vortrag etlicher Lieder und Niederleaung eines Kranzes. Hierauf Versammlung des Aus schusses und um 8 Uhr Begrüßungskommers, dessen Programm der Festausschuß sich besonders hat an gelegen sein lassen. Sonntag, den 12. Juni finden im Laufe des Vormittags die nötigen Proben zum kirchlichen und weltlichen Konzerte statt. Das erstere beginnt 11 Uhr Vorm, und enthält in seiner Lieder ordnung u. a ein Lied Paches („Der liebe Herrgott hält die Wacht"). Das weltliche Konzert beginnt nach dem Festzuge nachm. 4,30 Uhr. In sein reich haltiges und gediegenes Programm hat Herr Bundes liedermeister Kantor Winkler (Chemnitz) auch ein Lied von Franziskus Nagler ausgenommen, der mehrere Jahre in Limbach das Kantor- und Organisten amt begleitete. — So sind alle Vorbedingungen zu einem guten Gelingen des Festes gegeben. Darum, auf, ihr Sänger aus dem Erzgebirge, eilt am 1l. und 12. Juni nach der Feststadt Limbach! Stollberg. Am Donnerstag nachmitag 6 Uhr fand auf dem hiesigen Friedhose die Beerdigung der bei dem Brande im „Deutschen Haus" so plötzlich ums Leben gekommenen und aus Brig in Schlesien gebürtigen Kellnerin Anna Luise Thunig statt. Es machte einen schauerlich-ernsten Eindruck auf die Be obachter, als die nur wenigen verkohlten Ueberreste, die man von dem unglücklichen Mädchen gefunden, in einem kleinen Kindersarge auf Hobelspäne gebettet wurden. Die Worte des Geistlichen, die derselbe in der Halle der Toten in die Ewigkeit nachrief, waren der Ausdruck des Wunsches, daß Gott die so plötzlich und unvorbereitet vor seinen Thron gerufene Seele in sein himmlisches Reich aufnehmen möge. Nur von zwei Leidtragenden, die in ihrer letzten Stellung ihr näher gestanden, geleiteten den irdischen Körper zur letzten Ruhestätte und legten einen Kranz am Grabe nieder. Kein liebendes Vater- oder Mutter- Herz, keine Schwester, kein Bruder stand mit am Grabe, um der Heimgegangenen den letzten Liebes dienst zu erweisen. Es war eine kurze und einfache Leichenfeier, aber eine tief ernste, wie sie nur die bestehenden Verhältnisse gestalten konnten. Beim Rate zu Chemnitz haben dieser Tage die schriftlichen Beamten-Prüfungen stattgefunden. Die Anstellung als Beamter hat das Bestehen der Expedientenprüfung und die Beförderung in höhere Gehaltsklassen bezw. zum Sekretär das Bestehen der Sekretärprüfung zur Voraussetzung. Zur Ab nahme der Prüfungen wird alljährlich eine Kom- missiou gewählt. Diese besteht aus dem Bürger meister als Vorsitzenden und aus Beisitzern. Bei sitzer sind bei der Expedientenprüfung ein Volks - schuldirektor und ein älterer Unterbeamter, bei der Sekretärprüfung der Abteilungschef des Prüflings, der Stadtschreiber bezw. Polizeirat und zwei ältere Unterbeamte. Die Prüfungen finden in den Mo naten Mai und Juni eines jeden Jahres statt, für Militäranwärter werden aber Expedientenprüfungen nach Bedarf abgehalten. Ueber das Ergebnis wird ein schriftliches Zeugnis zu den Personalakten des Geprüften genommen. Eine noch jugendliche Schwindlerin aus Glau cha«, die erst vergangene Ostern der Schule ent wachsen ist, aber mehrfach Glauchauer Einwohner gebrandschatzt hat, treibt jetzt, wie das „Gl. T." meldet, in der Umgegend ihr Unwesen. Am 17. d. suchte sie in Waldenburg eine Witwe heim unter Abgabe eines Briefes, der angeblich von dem in Glauchau wohnhaften Bruder der Witwe geschrieben war und die Aufforderung zur Uebersenvung von 30—40 Mk. nach einem nahen Dorfe enthielt. Un vorsichtigerweise gab die Witwe der Betrügerin, in dem Wunsche, dem Bruder gefällig zu fein, einen Hundertmarkschein, mit welchem letztere auf Nimmer wiedersehen verschwand. Auf dem Friedhöfe zu Wahre« fand man am 19. Mai morgens das Grab des vor ungefähr Jahresfrist beerdigten Gutsverwalters Unger geöffnet und die Ueber reste herausgenommen. Von den Grabschändern fehlt jede Spur. Schl««zig Unter donnerartiaem Getöse stürzte hier die Scheune des Gutsbesitzers Heinrich plötzlich in sich zusammen. Glücklicherweise war zur Zeit des Ein sturzes niemand in dem Gebäude anwesend, sodaß Menschenleben nicht zu beklagen sind. Sayda. Die Zigeunerbande gibt immer wieder zu Klagen Anlaß. An der sogenannten Schwemm teichstelle hatte ein Trupp mit Wagen und Pferden ein regelrechtes Lager aufgeschlagen, wo auch daS Lagerfeuer nicht fehlte. Die ganze Gesellschaft wurde schließlich von der Gendarmerie nach Böhmen über die Grenze abgeschoben. Döruthal bei Freiberg. Tot aufgefunden wurde das im 3. Lebensjahre stehende Söhnchen des Schmiede meisters Zimmermann in dem Kunstgraben der Revierwasferlaufanstalt Freiberg. Das Kind hat mit anderen Kindern in der Nähe des Kunstgrabens ge spielt, ist dann auf den mit Schwarten gedeckten Graben gegangen, durchgebrochen und ertrunken. Der Leichnam war ungefähr 5 Inn weit fortge- schwemmt. Burgstädt. Die Gesundbeterei ist nun auch in unserer Pflege heimisch geworden. In Göppersdorf ist seit einiger Zeit bei der Ehefrau eines dortigen Einwohners eine Station errichtet worden, in welcher als Gesundbeterin eine aus Chemnitz berufene Frau tätig ist, die «in lohnendes Geschäft damit macht. Die Teilnahme an den betreffenden Sitzungen, welche durchschnittlich von etwa 1S meist dem Arbeiterstande angehörigen Frauen besucht werden, kostet pro Person min destens 1 Mark. — Hoffentlich macht man dem Humbug bald ein Ende. Aus Thüringen. Magdeburg. Ein Deserteur eines Magdeburgi- schen Infanterieregimentes wurde am Mittwoch morgen auf einem Grundstücke im Dorfe Parchau bei Burg ge sehen. Obwohl der Deserteur inständig bat, ihn nicht zu verraten, ließ der Besitzer daS Gehöft umstellen. Der Soldat lief darauf in die Scheune, steckte sie in Brand und entfloh bei dem dadurch entstehenden Lärme. Er wurde von Reitern verfolgt und stürzte sich in einen See, in dem er ertrank. Die Scheune und ein Stall wurden eingeäschert. Weimar- Der „Verein Thüringer Musterlager" über dessen Vermögen vor einigen Tagen das Konkurs verfahren eröffnet worden ist, hat dem weimarischen Staate etwa 80 000 Mark gekostet. Der Verein halt e den Zweck, den Export der Thüringer Länder zu fördern. Dem sozialdemokratischen Landtags-Abgeordneten Restaurateur P. in Gera ließ die dortige Brauerei die Landtagsdiäten für eine Bierforderung mit Beschlag belegen. Allerlei - f- Dnderstadt Der Arbeiter N. in Seulingen wollte sich die Gurgel durchschneiden. Als der Ver such mißlang, versuchte ec, sich mit einem Schuhmacher hammer den Schädel einzuschlagen. Der Schädel war aber zu hart. Darauf ging er in den Wald und hängte sich an einem Baume auf. Halbtot war er, als man ihn fand. Er wurde in das hiesige St. Martini-Hospital gebracht, wo er hoffnungslos darniederliegt. - j- Wie«. Nach einer aus Odessa hier einge- troffencn Meldung kam es dort zu einer revolutio nären studentischen Demonstration, worauf die Ko saken einschritten. Widerstand leistende Studenten erhielten Verstärkungen durch mehrere Hundert Ar beiter. Es entstand nunmehr ein regelrechter Kampf, welcher von morgens 9 Uhr bis nachmittags 4 Uhr dauerte. Auf feiten der Kosaken wurden 5 Mann getötet und 5 verwundet, auf Seiten der Gegenpar tei 30 Arbeiter und 15 Studenten. Gerichtszeituitg. Metz. Das Schwurgericht verurteilte den Spezereihändler Mailfelt aus Wustweiler wegen Straßenraubes zu lebenslänglichem Zuchthaus. In Plane« verurteilte das Schwurgericht am 18. Mai den 30jährigen Handarbeiter Ludwig aus Oberlosa, der aus Rachsucht das Wohnhaus seiner Schwiegereltern in Brand gesteckt, zu drei Jahren Zuchthaus.