Volltext Seite (XML)
WckiMWMTyM kM Früher Wochen- und Nachrichtsblatt Tageblatt sir ß«ji-ns, Mit PenÄns, Mns, Si.Wn, ßtiin-snt, Unit««, Mirski, MmÄns, MstiLtMlis, AÄtth A. Wtk, AmMils, Am, Menilsei, SMmel iü Mjn« Amtsblatt für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Lichtenstein — —— Älteste Zeitung im Königlichen Amtsgerichtsbezirk « — — Jahrgang. — —' - Nr. 123. Dienstag, den 31. Mai 1904. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) nachmittags für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mart 25 Pfg., durch die Post bezogen 1 Mk. 50 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichienstem, Zwiäouersttaße 397, alle Kaiserlichen Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. Inserate werden dir fünsgespaltene Grundzelle mit 10, für auswärtige Inserenten mit 15 Pfennigen berechnet. Im amtlichen Teil kostet die zweispaltige Zeile 30 Pfennige. — Jnseraten-Annahme täglich bis spätestens vormittags 10 Uhr. Ar Sisjiili jMn Kulm- IM -t» Ms» Die tiefgehenden Differenzen zwischen der fran zösischen Regierung und dem Vatikan, wie sie sich in der päpstlichen Protestnote gegen den Besuch des Präsidenten Loubet am italienischen Königshofe und der infolgedessen erfolgten Abberufung des Bot schafters Frankreichs beim Vatikan, Nisard, aus prägen, haben durch die Stellungnahme der franzö sischen Deputiertenkammer in dieser Angelegenheit zweifellos eine Verschärfung erfahren. Denn die am Freitag stattgefundene Jnterpellationsdebatte der Deputiertenkammer über die päpstliche Protest note und die Abberufung Ni ards hat mit einem entschiedenen Sieze des Ministeriums Combes ge endet, da die Zurückrufung des Botschafters der Republik beim Heiligen Stuhle von der Kammer mit großer Mehrheit gutgeheißen worden ist. Aller dings kann man noch keineswegs von einem wirk- lichen Bruch zwischen Frankreich und dem Vatikan sprechen, da ein Geschäftsträger der Republik zur Erledigung der laufenden notwendigsten Geschäfte der französischen Botschaft beim Vatikan in Rom zurückgeblieben ist; auch verweilt ja der päpstliche Nuntius in Paris, Monsignore Lorenzelli, noch immer auf seinem Poften. Immerhin stellen die Abreise Nisards von Rom und die Billigung dieses Schrittes seitens der französischen Dcpaliertenkammer eine erhebliche Verschärfung in den Bcz ehungen zwischen Frankreich und dem Vatikan dar und es ist die Möglichkeit keineswegs ganz von der Hand zu weisen, daß die Entwickelung der Dinge doch noch zu einem völligen Bruche der radikalen fran zösischen Regierung mit dem Vatikan treibt. Die unerläßliche Voraussetzung zu einer solchen Wendung wäre freilich die defiu tive Aufhebung der französischen Botschaft beim päpstlichen Siuhl und die Aufhebung des Konkordats zwischen Frankreich und d»m Vatikan. Die ultraradikalen Elemente in Frankreich sind nun zwar durchaus für ein der artiges rücksichtsloses Auftreten der Republik gegen Rom, und soeben erst wieder haben bei der gedachten Jnterpellationsdebatte der französischen Volksver tretung die Redner von der äußersten Linken ein solches Vorgehen Frankreichs verlangt. Aber die Regierung des Herrn Combes hat intz der von ihr von Anfang an verfolgten antiklerikalen Politik offenbar ihre guten Gründe, es nicht ohne zwingende Not auf eine vollständige Verfeindung mit der päpstlichen Kurie ankommen zu lassen, die durch ihren weitreichenden Einfluß einer mit ihr verfeindeten Regierung dann doch allerhand Verdrießlichkeiten bereiten kann. In der Tat steht auch die Trennung von Kirche und Staat vorläufig nicht auf dem Programm des Kabi netts Combes, und die republikanischen Gruppen der Tcputiertenkammer sind in dieser wichtigen Frage überwiegend der Ansicht der Regierung, nichts zu überstürzen. Mit ziemlicher Sicherheit kann man daher erwarten, daß der Konflikt zwischen Frankreich und dem Vatikan nicht die Beseitigung des Konkor dats zur unmittelbaren Folge haben werde. Es könnte nur dann hinzu kommen, wenn Papst Pius X. entschieden feindselige Absichten gegen die fran zösische Republik und izre Regierung bekunden sollte, das aber möchte ungeachtet aller bereits ergangenen Kundgebungen des jetzigen Papstes gegen das Mini sterium Eombes denn koch zu bezweifeln sein. Es gibt im Vatikan noch immer eine starke franzosen freundliche Partei, die sicherlich nach Kräften einem definitiven Abbruche oller Beziehungen zwischen dem heiligen Stuhle und Frankreich, dieser von Rom bis lang so verhätschelten „treuen Tochter der Kirche", entgeaenarbeitet, und Pius X. wird sich schwerlich dem Einflüsse dieser Partei zu entziehen vermögen. Wenn kein neuer Zwischenfall eintritt, so dürften demnach die Dinge in ihrem gegenwärtigen Stande verbleiben und die französische Botschaft beim Vatikan wird wohl bis auf weiteres von einem Geschäfts träger geleitet werden. Politische Rmrdschan Deutsche« Gleich * Danksagung. Se. Königliche Hoheit Prinz Johann Georg erläßt im „Dresd Journal" folgende Danksagung: „Während der Erkrankung und nach dem Heimgänge Meiner nunmehr in Gott ruhenden heißgeliebten Frau Gemahlin sind Mir aus allen Teilen des Landes, von Behörden, Korpo rationen, Vereinen und Privatpersonen unendlich viele Beweise treuer und inniger Teilnahme zuge gangen, die Meinem Herzen in Meinem tiefen Schmerze aufrichtig wohl getan haben. Es ist Mir ein wahres Bedürfnis, Allen Meinen herzlichsten Dank dafür auch hierdurch auszusprechen. Johann Georg, Her;cg zn Sachsen." * Prinzessin Louise von Toskana, die sich bisher im Schlosse Ventnor auf der Insel Wight aufhielt, wird sich zum 1 Juni nach dem Schlosse Wartegg bei Rorschach am Bodensee begeben, wo sie bis auf weiteres Aufenthalt nehmen wird. * Ganze Arbeit überschreibt die „Kreuz-Zeitung" einen Artikel, in dem sie Vorschläge zur Umge staltung unseres Münzsystems macht. Sie fordert in Gold Zehn- und Dreißigmarkstücke; in Silber Dreimarkstücke, Einmarkstücke und Dreißig pfennigstücke, in Nickel Zehnpfennigstücke und Fünf- z'gpfennigstücke und in Kupfer Dreipfennigstücke und Einpfennigstücke. In das Dezimalsystem, dessen große Vorteile doch nicht abzuleugnen sind, würden sich die alten „Dreier" schlecht einfügen. Wir wüßten auch nicht, weshalo man statt der Zwanzigmarkstücke Dreißigmarkstücks einführen sollte. Die „Kreuz.-Ztg." aber begründet ihre Vorschläge so eingehend, daß sie wohl noch zu weiteren Erörterungen Anlaß bieten werden. * Ueber eine neue Störung des kon fessionellen Friedens wird der „Köln. Ztg. aus Elkenroth im Kreise Altenkirchen berichtet. In einer der letzten Nächte wurden auf dem dorti gen Friedhöfe, der von Protestanten und Katholiken gemeinsam benutzt wird, fast alle Grabdenkmäler und Grabhügel der Protestanten zerstört. Der kon fessionelle Frieden, dessen der Ort sich früher erfreute, sei durch die Gründung einer rein katholischen Ar- beiterkolouie, die von Trappisten geleitet werde, nicht ungestört geblieben. Der Vorfall bedarf wohl noch der näheren Aufklärung. * Dynamitanschlag gegen eine Kirche. Ein Schurkenstreich versetzte die Bevölkerung von Lambrecht (Pfalz) in Aufregung. An der Ossieste des Chores der evangelischen Kirche wurde, wie die „Germ." mitteilt, nachts unterhalb eines Fensters, das mit Glasmalereien im Werte von über 3000 M. ver sehen war, das Mauerwerk an mehreren Stellen an gebohrt und eine Tynamilpatrone zur Explosion gebracht. Dadurch ist außer den Beschädigungen des Mauerwerks das genannte Fenster in seiner ganzen fünfzehn Meter betragenden Länge geborsten. Die Gewalt der Explosion war so groß, daß Fenster scheiben der umliegenden Häuser eingedrückt und Gardinen hcruntergeworfen wurden. Von dem Täter hat man noch keine Spur. * Die Hirsch-Duvckerschen Gewerkvereine haben in ihrer Tagung in Hannover auch eine kleine politische Auseinandersetzung gehabt. Es wird darüber berichtet: Hahn-Burg (Fabrikarbeiter) unterbreitet dem Verdands- tag die Tatsache, daß an seinen deutschen Gewerkvrrein das Ansinnen gestellt worden sei, Flugblätter in polnischer Sprache herzustellen. Mit Entrüstung sei es zurückgewiesen worden, denn wer sich außerhalb der deutschen Nation stelle, der gehöre auch nicht in einen deutschen Gewerlverrin. Tröger-Berlin (Kaufleute) antwortet, nicht Religion und nicht politische Gesinnung oder Nationalität seien für den Gewerkverein da. Wenn man die Polen zurückwrisr, würden sie als Streikbrecher austreten Er habe die Polen alle in seinem Gewerkvereinzusammengeschlossen. Hühner-Burg (Fabrikarbeiter) wiederholt mit erhobener Stimme, was Hahn gesagt hat. — Diese Versammlung beendete den Streit durch den salomonischen Spruch, das Thema „Polen und Deutsche" stehe nicht auf der Tagesordnung und somit habe der Vorsitzende jeden zu unterbrechen, der von Polen und Deutschen spreche. England. * Anonyme Schifssverkäufe. Das „Reutersche Bureau" erfährt, daß ein Kreuzer, der auf einer der großen englischen Werften jetzt seiner Vollendung nahe ist, an einen Franzosen verkauft worden sei. Die russische Regierung habe in Eng land eine Anzahl Frachtdampfer von größerer Ge schwindigkeit, als die der gewöhnlichen Dampfer, gekauft; man glaube, daß diese Schiffe so umgebaut werden, daß sie eine große Zahl von Passagieren befördern können. Balkanhalbtnsel. * In der Angelegenheit der Rückkehr der maze donischen Flüchtlinge aus Bulgarien drohen sich Schwierigkeiten zu erheben. Infolge von Nachrichten über neue Gewalttaten, welche an zurückkehrenden Flüchtlingen in der Türkei verübt worden sein sollen, hat die Organsiotion der mazedonischen Emi granten unter den Flüchtlingen in Bulgarien eine lebhafte Agitation eingeleitet, um sie vor der Rück kehr ,u warnen. Die bulgarische Regierung, welche erfahren hat, daß im Kreise Burggs einige maze donische Geistliche in dieser Weise agitieren, veran laßt die in Sofia tagende Heilige Synode, die Geistlichen zu beauftragen, daß sie sofort in ihre Kirchensprengel zucückkehren. Amerika * Präsident Castro von Venezuela scheint schon wieder einmal den Kriegspfad beschreiten zu wollen. Er rüstet wieder einmal. Besonders die Forts von La Gaaira und Puerto Cabello werden stark armiert. Der Newyorker „Sun" erfährt, drohende Differenzen mit einer europäischen Macht hätten die Veranlassung dazu gegeben. Gegen welche auswärtige Macht sich diese Rüstungen richten, ist noch Herrn Castros Geheimnis. Wie aus Newyork gemeldet wird, nimmt die venezolanische Regierung Waffenkäufe vor, besonders an Artilleriematerial. Eine französische Firma liefert für 300 000 Dollars Geschütze. Diese Rüstungen überraschen, da erst kürzlich alle Differenzen mit den Nachbarstaaten erledigt sind. In Washington befürchtet man Komplikationen bei den ausstehenden Ratenzahlungen an die Mächte. Der russisch-japanische Krieg. Berlin, 30. Mai. Wie die Zeitschrift „Asien" mitte.lt, nimmt der zum Kriegsschauplatz reisende Major Kunkel ein umfangreiches Hand schreiben des Kaisers an den Oberkommandierenden Kuropatkin mit. (?) In Berliner hohen politischen Kreisen wird das außerordentlich lebhafte Interesse sehr bemerkt, welches der Kaiser an den militäri schen Vorgängen in Ostasien nimmt. Der Monarch läßt sich 2 Mal täglich über den Krieg informieren, was unter Vorlegen von Skizzen, die vom General stab eingefordert werden, geschieht. Petersburg, 30. Mai. Im Generalstab er klärt man entgegen den japanischen Meldungen daß d ie Russen bei Kintfchou keinerlei große Festungswerke ge baut hätten. Es handele sich vielmehr um eilig aufze- worfene Schichten. Petersburg, 30. Mai. 2 Divisionen sind augenblicklich nachHjort Arthur unterwegs und stehen unter Befehl des Generals Kuroki. Es handelt sich dabei um Abteilungen von Gardetruppen. Die übrigen Truppen bedrohen fortwährend den rechten Flügel der Ruffen. Das Kommando führt Gras Keller. Mulden, 30. Mai. Am 27. d. M. hatte General Kuropatkin eine längere Unterredung mit dem Statthalter Alexejew in Mukden, worauf er nach Liaojang zurückkehrte.