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Der nrsfisch japauische Krieg. Tokio, 2. Mai. General Kuroki berichtet ergänzend: Im Laufe der gestrigen Kämpfe leisteten die Ruffen an zwei Punkten hartnäckigen Widerstand. Die feindlichen Streitkräfte umfaßten die ganze dritte Division, zwei Regimenter der sechsten Division, eine Kavalleriebrigade und ungefähr 40 Schnellfeuerge- fchütze. Wir eroberten 28 Schnellfeuergeschütze, ferner acht Maschinengewehre, sowie viel Munition. Ferner nahmen wir mehr als 20 Offiziere, eine große An zahl Unteroffiziere und Soldaten gefangen. Ich er fahre, daß die Generale Saffulitsch und Kafchta- linSky verwundet sind. Unsere Verlustebetragen unge fähr 700 Mann, die der Russen über 800. Petersburg, 3. Mai. In fieberhafter Eile wird der Bau eines Trockendocks in Port Arthur betrieben, an dessen Fertigstellung 2000 Chinesen arbeiten. Die Zustellungen von Proviant nack dem Aalu ist sehr erschwert, da die Wege fast unpassierbar sind und die Transporte nur 10 Kilometer pro Tag vorwärts kommen. Petersburg, 3. Mai. Hier herrscht die Ansicht vor, daß die zweite japanische Armee, die etwa 5 Kilometer von Widschu gelandet worden ist, nicht für Port Arthur bestimmt war. Gewisse amt liche Meldungen deS Generals Mischtschenko bestätigen diese Annahme, da der Ausmarsch größerer japanischer Kolonnen von Jougampho und Widschu gemeldet wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Russen den japanischen Uebergang über den Aalu keinen großen Widerstand entgegensetzen und die ganze Macht hinüber lassen werden, um erst dann einen entscheidenden Vorstoß zu machen. Petersburg, 3. Mai. Obgleich die letzten Meldungen bestätigen, daß der Kampf am Aalu noch fortdauert, hat der Generalstab der Presse keinerlei Mitteilung zugehen lassen. In der Stadl verlautet, daß 2000 Russen getötet seien. Das Schweigen des Generalstabes sowie Prioatnachrichten, daß die Japaner eine bedeutende Uebermacht an Truppen, namentlich an Artillerie besitzen, giebt den Gerüchten neue Nahrung. Tokio, 3. Mai. Ein russischer Offizier, welcher in japanische Gefangenschaft geraten ist, erklärte, das Artilleriefeuer der Japaner sei am Sonnabend und Sonntag den Russen verhängnisvoll geworden. — Die letzten Telegramme berichten, daß Offiziere und Mann schaften einen großen Enthusiasmus über den Sieg an den Tag legen. Tokio , 3. Mai. Der große Transportdampfer Hagimura wird vermißt. Man glaubt, daß er von den Russen in den Grund gebohrt worden ist. Paris, 3. Mai. Nach einer Meldung des Herald ist es unrichtig, daß die Russen Unterseeboote in Port Arthur besitzen. London, 3. Mai. Ueber die letzten Vorgänge am Jalufluffe ist nichts neues mehr bekannt ge worden. Im allgemeinen sehen die Blätter die letzten Kämpfe als einen proßen japanischen Erfolg an. Nur der „Standard" schreibt, er sei überzeugt, daß die Russen oyne große Schwierigkeiten die Lage wieder zu ihren Gunsten gestalten könnten und daß die Situation sür die Japaner in strategischer Hinsicht unverändert sei. Petersburg, 3. Mai. General Kuropat- kin ist nachmittags 5'/, Uhr in Jsing-Juan-Tschang eingetroffen. Sü-ergiV. Novelle von C. vom Walde. (Nachdruck verboten.) Mühsam war an der ostfriesischen Küste das Land dem Meere abgerungen worden, vielleicht schon vor hundert Jahren. Nachher hatte man es entwässert. Der Kanal, die Gill, befand sich noch an der alten Stelle, im Norden hatte sich aber an das abgerunzene Land ein Stück über das andere angefügt. Nur dec zähe Sinn des harten Stammes der Ostfriesen kann das zuwege bringen. Südwärts von dem Kanal stand ein altes, ostfriesisches Bauernhaus, der Mittelpunkt des Marschhofes. Südergill genannt Hier haulle die hohe kräftige Gestalt Tim Karsten. Sechzig Jahre waren über ihn schon dahingezozen, hatten aber die alte Eiche nicht beugen können. Ec war aus dem ehemaligen Hannoverischen eingewandert und hatte mit einer Ubbinza den Hof erheiratet. Seine Gefährtin in Freud und Leid hatte er längst auf dem Friedhöfe des Pfarrdorfes Hedersen beerdigt, und der straffe Bauer ging einher, als ob nichts geschehen sei; man sah keine Träne, kein Leid. Aber seinen Kummer vergrub der harte Alte innen im Herzen. Mit eben derselben Treue hing er an seiner einzigen Tochter Gesche, die nach seiner Mutter getauft war. Sie war groß und schlank, hellblond und besaß große blaue Augen. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, ihr Wuchs tadellos. Sie besaß einen festen, harten Charakter wie ihr Vater, aber sie war sanfter, tiefer von Gemüt. Augenblicklich blickte ihr hübsches Gesicht traurig drein. Die Ursache war ihr Vater. Gesche liebte Uli, den Knecht, liebte ihn mit der Starrheit und Heftigkeit der Mutter, die einst auch den Vater als armen Knecht zu üch emporgehooen hatte. Darin war Gesche nur und nichts a -deces als eine ech:e Arrt Gta-t rurd Lars- l 3. Mai. * — „Baumblut!" Noch immer wirkt der Zauber diese- Wortes mit seinen tausend Reizen mächtig auf den Menschen ei«, vor allem auf den Städter. Sin AuSflua zur Besichtigung der Baumblüte zählt deshalb zu den altherge brachten Gewohnheiten, und jung wie alt, reich und arm laßt sich diesen Naturäenutz nur ungern Entgehen. * — Fleischbeschau. Im Monat April 1904 wurden geschlachtet bezw. angemeldet: Rinder Schweine Kälber Schafe Ziegen Hunde in Lichtenstein 44 137 48 14 6 — in Callnberg 12 53 19 5 2 — tza. 56 I9Ö 67 19 8 TI"" * 1. RegtmeutStag ehemaliger „I»4er". Die Vorbereitungen zu diesem Feste, welches am 2., 8. und 4. Juli a. c. in Chemnitz abgehalten wird, schreiten nunmehr rüstig vorwärts. Die vor kurzem gewählten Ausschüsse arbeiten unverdrossen an der festlichen Ausgestaltung dieser Tage. Man ist bestrebt das große Ganze derartig auszuführen, daß jeder teilnehmende ehemalige 134er sich gern der verlebten Stunden erinnern soll. Der Verlauf ist folgendermaßen be schlossen: Sonnabend nachmiitag Empfang der auswärtigen Kameraden am Bahnhof. Einmarsch nach dem Festlokal: „Kaufmännisches VereinShauS", unter den Klängen der Regi- mentSmusik der 134er Kapelle aus Plauen und der Leitung des allen Regimentskameraden bekannten König!. Musik dirigenten Herrn Alfred Jahrow. Genannte volle Kapelle stellt überhaupt für diese Tage die Musik. Abends 8 Uhr findet in sämtlichen Räumlichkeiten vorgenannten Lokals Fest- Kommers statt. Verschiedenartige Darbietungen werden zur Verschönerung des Festes und zur Erzeugung einer FesteS- stimmung beitragen. Um nun über ehemalige Erlebnisse beim Regiment und das jetzige sonstige Wohlbefinden der Kameraden einen Austausch zu ermöglichen, findet Sonntag vormittag in den später noch bekannt zu gebenden Standquartieren ein Frühschoppen statt. An dec Hand von gedruckten Führern können auch kleinere Spaziergänge nach idyllisch gelegenen Punkten von Chemnitz (deren giebt es nicht zu wenig» unter nommen werden. Nachmittags von 3 Uhr an großes Konzert in einem sehr romantisch gelegenen Garten-Etablissement und abend« von 8 Uhr an Ball in den Sälen des Kaufmännischen Vereinshauses zur Feier des 14. Stiftungsfestes des K. S. M.-V. 134er zu Chemnitz. Montag vormittag Besichtigung einiger industrieller Etablissements, nachm ttags Ausflug pr. Bahn nach dem großartig gelegenen Schloß uno Park Lichten walde, ferner Besichtigung des HarraSfelssn, der stärksten Eiche Sachsens u. dergl. m. Im Schloßpark findet wiederum ein Konzert statt. Abends Rückfahrt nach Chemnitz, zum Schluß ein« kleine AbschiedSkneipe. Der Beitrag zu den Kosten dieses Festes beläuft sich aul Mark 1.50 einschließlich Festzeichen und Festkart« ; ausschließlich der Bahnfahrkarte nach Lichtenwalde. Der Königlich Sächsische Mililäroerein 134er zu Chemnitz glaubt mit der Veranstaltung dieser Tage einem schon längst gehegten Wunsche Vieler nachzukommen und ersucht alle ehe maligen Regimentskameraden um möglichste Beteiligung an diesem Regimentsappell. Anmeldungen können schon fitzt mit bewirkt werden und sind diesbezügliche Anfragen an den Vor sitzenden des Fest-Ausschusses, Kamerad Julius Fretter, Chemnitz, Weftstraße 103, zu richten. Dresden. Eine ganze Familie ist hier in den Tod gegangen. Ende März dieses Jahres war die aus vier Köpfen bestehende Arbeiterfamilie Renner ver- fchwuunden. Kurz darauf wurde die Mütze des Renner am Elbufer gefunden, und vor 14 Tagen wurde das sechs Jahre a!te Kind der Rennerschen Familie in Lorenzkirchener F!ur tot aus der Elbe gezogen. Dieser Tage ist nun auch die Ehefrau in Loschwitz am Winter hafen der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrts-Gesell schaft angeschwommen, während der Ehegatte und ein dreijähriges K'nd bisher noch vermißt werden. Leipzig. Im letzten Monat sind in unserer Stadt nicht weniger denn 16 Selbstmorde, 10 Selbst mordversuche und 7 Unglücksfälle mit tötlichem Ausgang vorgekommen. Am Donnerstag nachmittag scharrte ein Wolf- spitz auf der Brandstraße in Leipzig aus einem allen Baume ein Horniffennest aus, mußte aber dabei das Leben lassen. Die Hornissen fielen un barmherzig über den Ruhestörer her und richteten ihn mit den Stacheln derart zu, daß er verendete. Friesin. Diese pflegen niemals ihre erste Liebe zu ver gessen. Fünf Jahre war es nun schon her, daß der Vater, vergessend, daß er auch einst ein armer Knecht ge wesen, ihn bei Entdeckung des Liebesverhältnisses vom Hofe gejagt, aber Gffchr blieb ihm treu. Darüber war sie 25 Jahre geworden. Sie blieb beim Vater, aber sie änderte ihr stilles trauriges Wesen nie. Alle Freier, die die reiche Erbin zum Weibe begehrten, wies sie unerbittlich ab und Tim Karsten mußte den Grimm darüber in sich hineinfreffen. So gern er Enkelkinder auf dem Schoße geschaukelt hätte, ebenso fest hatte Gesche erklärt: „Ich heirate nur den Uli, sonst niemand!" Und dec Vater kannte ihren Sinn; er ließ sie daher ungeschoren. Finster kam er zu Tisch, finster ging er, besondeis seit die Mutter tot war. Der alte Knecht Tribs war ebenfalls wortkarg, die betagte Magd Barbara desgleichen; beide dienten auf Südergill schon mehr als zwanzig Jahre, dachten auch gacnicht daran, es jemals verlaffen zu wollen. Worte wurden darüber nicht gewechselt. Still und ernst ging es deshalb auf Südergill zu. Jetzt ward es Winter, Südergill schneite ein, und alles Leben schien darin erstorben zu sein. Aber dem war doch nicht so, denn Tim fuhr oft auf Schnee schuhen nach der nahen Stadt, um hier Geschäfte in Korn, Stroh und Hm abzuschließen. Die hohen Scheunen lagen bis zum Dache voll, und der schlaue Bauer zögerte stets mü dem Verkaufe bis zum Winter, weil er in dieser Zeit bessere Preise erzielte. Heute kam er finsterer aus der Stadt zurück als je. AIS die Mahlzeit unter den vier Personen eingenommen war, sagte Karsten zu Tribs: „Morgen kommt ein Schlitten von der Stadt, der sechs Schock Langstroh holt ; kannst man zeitig aus dem Boden der großen Scheune abladen! Aus Crimmitschau. Bon den vier zur engeren Wahl gezogenen Bewerbern um die Stelle eine» Stadtmusikdirektors für Crimmitschau wurde der 1. Konzertmeister und stellvertretende Leiter der Kurkapelle zu Teplitz, Herr Floren» Werner, ein- stimmig gewählt. Herr Werner, aus Tauscha bei Penig gemirtig, ist 31 Jahre alt, studierte u. a. am Konservatorium zu Leipzig und in England und war dann längere Zeit auch in Philadelphia als erster Konzertmeister angestellt. Glaucha« Gestern vormittag ging über unsere Stadt ein nur kurze Zeit andauerndes Ge witter nieder, das von wolkenbruchartigem mit Hagel vermischtem Regen begleitet war. Waldruburg. Der Fürst hat sich zu dauerndem Aufenthalt nach Potsdam begeben, um als Leutnant in das Leib Gardehusaren-Regiment einzutreten, dem sein verewigter Vater Erbprinz Viktor von Schönburg- Waldenburg bis zu seinem Tode, zuletzt als Rittmeister und Eskadronchef, angehörte. Pirna. Von einem schlagfertigen Feuerwehrhaupt mann wird aus hiesiger Umgegend dem »Pirn. Anz." mitgeteilt: Als die Feuerwehr zu ihre Uebun g beendet und sich im Gasthof versammelt hatte, verlieh der Hauptmann derselben seinen Worten dadurch gehörigen Nachdruck, daß er Schläge austeilte, wodurch eine regelrechte Prügelei entstand. Die Ortspolize:, nach welcher geschickt wurde, erschien leider nicht. Der Vorfall dürfte noch wegen Beleidigung. Körperverletzung und Hausfriedensbruch ein gerichtliches Nachspiel haben. Plauen i. V- Uebsrmütige Burschen haben während der Nacht ein unweit des Gutes Heidenreich stehendes, gegen wärtig unbewohntes Gebäude vollständig abgedrckt, etwa 2000 Ziegelsteine vom Dache gerissen, Dachlatten zerbrochen und einen Teil des Schornsteine« abgetragen. Plauen i. V. Plauen ist die jüngste deutsche Großstadt geworden. Ende April hat es die Zahl von 100000 Einwohnern überschritten. Mylau. Durch Explosion eines Spiritus kochers trugen die zwei noch schulpflichtigen Mädchen des hiesigen Malermeisters Richter schwere Brand wunden im Gesicht und am Körper davon. Während das jüngere der beiden bedauernswerten Mädchen mit dem Leben davon kommen dürfte, wird am Aufkommen des älteren gezweifelt. Netzschkau- Ein größerer Teil der Mitglieder des hiesigen Sparvereins „Fortuna" spielt in der Landes- lotterte gemeinsam mehrere Lose. Am Freitag iraf nun hier die Nachricht ein, daß auf die Losnummer 80469 150000 Mk. gewonnen worden sind. Dle glücklichen Mitglieder spielen von dieser Nummer ein Zehntel, das aus der hiesigen Kollektion des Herrn Emil Glänzel entnommen worden ist. Im ganzen spielt der Verein gegen 40 Lose bei etwa 200 Mitgliedern. Die Glücks- göttin Fortuna ist also diesmal dem Verein „Fortuna- hold gewesen. Zittau Am 30. April früh gegen 6 Uhr er schoß sich in der Manoaukaserne der Soldat Schröder der 8. Kompanie, gebürtig aus Dresden. Der Beweggrund zu der Tat ist noch nicht festgestellt; es scheint den Soldaten seine wegen mehrfacher Ver nachlässigungen erfolgte Ablösung vom Kommando als Büchsenmachergehilfe und der dadurch bedingte Rücktritt zum Kompaniedienst zur Tat veranlaßt zu haben. Ein Dachdecker aus Nei«holdSH»i« stürzte am Sonnabend nachmittag in Pfaffroda von dem Dache des Gutsbesitzer B.'schen Gutes auf den ge pflasterten Hof herab, sodaß er nicht unerhebliche Verletzungen davontrug. Johanngeorgenstadt. In der Handschuh fabrik von Wertheimer u. Co. hier ist wegen aus- gebrochener Lohndifferenzen sämtlichen Lederfärbern dem Schlitten muß das Stroh ordentlich festgebunden werden!" „Ja, Herr!" Jetzt wandte sich Tim Karsten an Gesche. „Sag Mädchen, hast Du Dir den Uli noch nicht aus dem Sinn geschlagen?" Sie sah ihn groß an. „Nein Vater, eine Friesin kann doch nicht untreu werden!" Das Friesentum und seine Eigenart war sein Stolz. Er brummte deshalb etwas vor sich hin, stand auf und rauchte sich eine Pfeife an, während Gesche unbefangen mit Barbara die Ueberreste des Mahles vom Tische schaffte. Als Gesche allein noch da war, sagte der Bauer plötzlich: „Und wenn er nun nicht wiederkommt, Gesche?" „So heirate ich garnicht." „Mädchen!" Gesche wandte sich langsam um. „Was wollt Ihr, Vater? Eine Friesin kann einmal nicht lügen!" Er brummte wieder Unverständliches, aber er ließ Gesche in Ruhe. Mürrisch kam und ging er wie sonst. Da setzte Flvstwetter ein, und die Bewohner der Gemeinde Hedersen beschlossen, die Schleusen aufzu ziehen und die Wiesen überlaufen zu lassen, wodurch die ganze Gegend in eine blinkende Eisfläche ver wandelt ward. Schon nach zwei Tagen trug die Eisfläche. Jetzt entspann sich ein bewegtes Leben, denn von Ort zu Ort kreuzten die Bewohner der ganzen Gegend auf Schneeschuhen und Schlittschuhen die weite Fläche. Jetzt machte man einander Besuch«, aber nach Südergill kam niemand. (Forts, f )