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Kenntnisnahme von den Sonderbestimmungen der Vereinigung für Streiks zu bezeugen. Da damit gleichzeitig die indirekte Erklärung verbunden ist, der Organisation fernzubleiben, fordert der Deutsche Metallarbeiterverband alle Berliner Metallarbeiter auf, ihre Unterschrift zu verweigern. — Wie verlautet, beabsichtigen die Fabrikanten, falls dies« Parole in größerem Umfange befolgt wird, eine Massenaus sperrung ovrzunehmen. * Nach einer kaiserlichen Anordnullg soll außer dem bereits bestehenden Admiralstab der Marine in Berlin analog dem Großen Generalstab der Armee ein Großer Generalstab der Marine gebildet werden. * Bei der im Wahlkreise Eschwege-Schmalkalden vorgenommenen Neichstagsstichwahl erhielt Hugo (Soz.) 7516, Raab (Antis.) 9799 Stimmen. Naab ist mithin gewählt * Aus Deuts ch-Südwestafrika liegen nur unwesentliche neuere Nachrichten vor. Oesterreich * Um das ungarische Element im gemein samen Heer zu vermehren und den Bedarf an ungarischen Ossizieren für die ungarischen Regimenter zu decken, ist im ungarischen Reichstage ein Gesetz entwurf eingebracht worden, wonach 1073 staatliche Stiftungspwtze für ungarische Offiziers-Aspiranten errichtet werden sollten. Serbien. * König Peter von Serbien beginnt unter den Königsmördern und deren Anhänger»! auf zuräumen. Er hat den Sohn des Ministerpräsidenten, Leutnant Grujitsch, welcher zu den Hauptoerschwörern gehörte und bisher Ordonnanzoffizier des Königs war, dieses Ehrenpostens enthoben. Amerika * In der nordamerikanischen Union ist die Vvlks- stimmung entschieden russenfeindlich, namentlich die be- rüchtigte „gelbe Presse" ergeht sich anläßlich des ostasia tischen Krieges in den heftigsten Angriffen auf Rußland. Der russische Botschafter in Washington, Gras Gassini, hatte wegen dieser Preßangriffe bereits eine Besprechung mit dem Staatssekrelär Hay. Aus Stadt und Eaud Lichtenstein, 4. März. *— Der Deutschnativnale Handlnngsge- Hilfen-Verband (Jur. Person Hamburg) hält Sonn tag, den 6. März in hiesiger Stadt einen Bezirkstag ab. Das Programm für den Bezirkstag ist folgen des : Sonnabend, den 5. März 1901 abends V/t Uhr Begrüßungs-Kneipe im „Ratskeller". Sonntag, den 6. März 1904 im Berbandslvkal „Ratskeller" bis 11 Uhr vormittags Empfang der auswärtigen Kol legen. Punkt Vs 12 Uhr öffentlicher Vortrag für Kaufleute : „Der Kaufmann im Parlament". Redner Herr Gauvorsteher Fr. Frahm, Leipzig. Hierauf freie Aussprache. Punkt 1 Uhr gemeinschaftliche Mittagstafel. Schlag 3 Uhr Eröffnung des Bezirks tages. (Nur für Mitglieder.) Tagesordnung: 1. Be richt des Bezirksvorstehers. 2. Bericht des Bezirks rechners. 3. Berichte der Stimmführer über die Tätigkeit der Ortsgruppen. 4 Unsere Stellung nahme zur Bewegung für Schaffung einer staatl. Alters-, Witwen- und Waisenversicherung für Privat beamte. 5. Anträge. 6. Neuwahl des Bezirksvor standes. 7. Unsere Organisation und Agitation innerhalb des Bezirkes. 8. Belschiedenes. Hierauf von abends 6 Uhr an festliche Veranstaltungen und Festball der Ortsgruppe Lichtenstein-Callnberg im Hotel zum „Goldnen Helm". Der Majormtsherr. Roman von L. I d l e r - D e r e l l i. (26. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Wenn Antonie von Thurin hart im Leben hätte arbeiten müssen und frühzeitig durch Anstrengung und Entbehrungen alt geworden wäre, so würde die Aehnlichkeit eine auffallende gewesen sein. Sie zog, ohne ein Wort zu sprechen, die alte Frau mit sich fort in ihr eigendstes Zimmer und hier erst fuhr sie dieselbe an: „Es ist gegen Dein Versprechen, daß Du kommst! Du hast mir ausdrücklich gesagt, Du wolltest mich niemals hier aufsuchen — der Leute wegen. Was willst Du? Hast Du nicht genug bekommen? Oder — führt Dich sonst etwas her zu mir? Sprich! So sprich doch!" Die Alte ließ sich durch das brüske Wesen der Schloßhe»cin nicht abschrecken. Sie mußte wissen, was sie davon zu halten hatte. „Toniken," bat sie fast demütig und ein Aus druck echter Zärtlichkeit verschönte das häßliche Ge sicht, „sei nicht böse". Ich komine nicht um mich. „Du hast mir immer genug gegeben, übergenug. Aber ich habe für Dich eine Nachricht, die Du wißen mußt, so schnell wie möglich, und darum kam ich in Wind und Wetter, denn schreiben konnte ich es Dir nicht." „Eine Nachricht?" fragte die junge Frau, zu- sammenschreckend. „Von Oswald?' „Ja, von dem auch!" erwiderte die Alte. „Aber um den erbärmlichen Lump hätte ich wirklich keinen Fuß vor die Tür gesetzt. An den mußt Du nicht denken, Toniken, der ist auf dieser Erde nichts mehr wert. Er ist wieder fort aus der schönen Stelle, die ihm Dein Mann verschafft hat. Er hat getrunken * — Die ersten Frühlingsblumen, die Schnee glöckchen, beginnen sich bereuS zu entfalten. Möchten sie in Wirklichkeit den lang ersehnten Frühling einläuten! * — Im März wird die Saison geschloffen — Und wieder mehr Natur genossen. — Man schüttelt, — wer wollt's nicht begrüßen, — Den Staub des Ballsaals von den Füßen — Und statt Likör und Bier und Wein — Schlürft wieder mehr Ozon man ein, — Denn aus sind nun die Zechge lage — Gesellschaften bei Nacht und Tage, — Soireen, Konzerte, Kaffeekränzchen, — Soupers, da mit, dort ohne Tänzchen — Vorträge und Vereins vergnügen, — die man genoß in vollen Zügen. — Gar häufig bleibt ein Unbehagen — In uns zurück nach jenen Tagen, — Wir leiden, — sind wir jung, — am Herzen, — Sind älter wir, an — Magen schmerzen. Die Jungen, die von Amors Pfeilen — Verwundet, wird der Frühling heilen, — Die Alten, die bei Fisch und Braten — Sich etwas viel zu gute taten, — Die gehn nun wieder gern spazieren — Um sich recht gründlich zu kurieren. — Man sieht, der liebe Monat März, — Ist hochwillkommen allerwärts, — Um Herzens- wie auch Magenschmerzen — Gehöriq wieder — auszumärzen! * — Mülsen St. Niclas Vergangenen Sonn tag nachmittag hielt Herr Ingenieur Blankenburg von der Kömgin Marienhütte vor dem hiesigen Ge meinderate im Heyder'schen Gasthofe einen inte ressanten Vortrag über das im Mülsengrunde zu errichtende Gaswerk. Dem Vortrage wohnten auch Vertreter der Nachbargemeinden Jacob, Micheln und Ortmannsdorf bei. In nächster Zeit sollen eben solche Vorträge in den Nachbargemeinden veran- staltet werden. Dresden. Eine Bußtagsüberraschung ist der Dresdener Einwohnerschaft zuteil geworden: Einer der hervorragendsten, angesehensten und begabtesten Dresdner Geistlichen, der Pastor primarias an der evangelischen St. Annenkirche, Segnitz, hat plötzlich sein Amt niederzelegt und Dresden mit seiner Fa milie verlassen. Ungeheures Aufsehen rief diese Nachricht nicht nur in den evangelischen, sondern in allen Kreisen der Bevölkerung Dresdens hervor, denn Pastor Segnitz, ein seltener Kanzelredner, entwickelte seit jeher eine große Tätigkeit als Agitator für die evangelische Sache. Er war Leiter des evangelischen Bundes in Sachsen und ging ganz gewaltig gegen die Jesuiten ins Zeug. Seine ungewöhnlich schar fen Reden, die er im vorigen Jahre gegen die Wiederzulassung der Jesuiten hielt, machten ihn weit über Sachsens Grenzen hinaus bekannt. Er war ein eifriger Förderer der Los-von-Rom-Bewegung in Oesterreich und sammelte für die evangelischen Kirchen und Gemeinden in Oesterreich, namentlich in Böhmen, reiche Mittel. In Dresden selbst kannte jedes Kind den jovialen stets heiteren Pastor. Er hatte auch stets eine offene Hand für Arme und Kranke, denn au Mitteln gebrach es ihm bei dem großen Ansehen, das er genoß, nicht. Nur iu Hof kreisen soll er nicht gerade beliebt gewesen sein. Und jetzt? Ohne ein Wert des Abschiedes an seine Gemeinde hat er am letzten Sonnabend abend Dres den verlassen. Amt und Würden hat er nieder- gelegi. Eni anderer hat seine Geschäfte übernommen. Und weshalb? Pastor Segnitz soll verbotene Be ziehungen unterhalten haben, in welcher Richtung, bedarf noch der Aufklärung. Dresden. Wie die Dresdn. Nachrichten ver nehmen, hat der Direktor Hüttich der Aktiengesell schaft Fabrik photographischer Apparate eingestanden, und seine Arbeit nicht ordentlich versehen. Dann schrieb er an mich, er hätte keinen Pfennig zum Lebensunterhalt; an Dich dürfe er ja nicht mehr schreiben, so sollte ich ihm helfen. Du hast mir immer reichlich gegeben und ich schickte ihm ein paar Taler, schrieb aber gleich, dies wäre das letzte, was er von uns bekäme und er solle uns nicht wieder belästigen. Das hat er denn auch nicht mehr getan." Die junge Frau bedeckte das Gesicht mit beiden Händen, und schwere Tränen rannen zwischen den weißen, feinen Fingern hindurch. Die Alte betrachtete sie kopfschüttelnd. „Ich verstehe es nicht, daß Du Dich noch immer um diesen Menschen grämst, — Du, eine vornehme Dame, um einen solchen Taugenichts!" „Wann schrieb er an Dich!" fragte die Baronin tonlos. „Um die Osterzeit; jetzt ist es ein halbes Jahr her. Hoffentlich ist er tot. Ich hörte einmal von einem Bauernsohn, der Soldat gewesen war, er habe Oswald Berg als Förster oft genug gesehen. Er sei säst immer betrunken gewesen und hätte schon da mals die Schwindsucht gehabt. Denke nicht mehr an ih l, Kind. Um ihn kam ich nicht. Aber das, was ich Dir sagen muß, ist ebenfalls nichts Gutes für uns beide." Die Alte rückte ganz nahe an die Baronin von Thurin heran und flüsterte ihr zu: „Feldmann ist wieder hier!" Wiederum wich alles Blut aus dem Gesicht der jungen Frau und fast atemlos fragte sie: „Der Feldmann, der vor dreißig Jahren von Moosbrück nach Amerika ging?" Die Alte nickte. „DaS ist sehr schlimm," setzte sie hinzu. „O, hättest Du mich doch da gelassen, wo ich 300 000 Mk. unterschlagen zu haben; der Prokunst Knauthe sei an der Unterschlagung nicht beteiligt. Dresden. Der Pirnaer Duellprozeß, der am 3. März vor dem Kriegsgericht stattfinden sollte, ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. 3wick«u Der Lokomotivführer Lohse, de? bekanntsich von der Strafkammer des hiesigen Landge. richts wegen Gefährdung eines Eisenbahntransporte- und fahrlässiger Tötung verurteilt worden war, hat sich, wie hier verlautet, bei dem wider ihn gefällien Urteil beruhigt. Wie aus Zwickau gemeldet wird, ward in einer Schieserablagerung eines der Brückenbergschächte emr versteinerte Farnwurzel gefunden. — Das dortige Land gericht verurteilte wegen jahrelang fortgesetzter Wilddie berei den Malermeister Wagner in Reinsdorf zu sieben Monaten Gefängnis und seinen bisher unbescholtene!, Lohn wegen Bethilfe zu einer Geldstrafe von 50 M. Hohenstein-Ernstthal. Vor einigen Tagen ist eine in Kuyfchnappel wohnhafte 17jährige Hand schuhnäherin auf dem Wege vom Gasthof „zur Katze" nach Callenberg von einem Unbekannten an gefallen und in unsittlicher Weise mißhandelt worden. Auf die Hülferufe ergriff der Unhold die Flucht nach Grumbach zu. Deiselbe soll etwa 30 Jahre al, sein und fremden Dialekt gesprochen haben. Riesa. Ein recht trauriges Los ist der Familie des Elbarbeiters Reinhold Fischer hier beschicken. Im vergangenen Jahre starben innerhalb einer Woche zwei Kinder. Am 28 o. M. starb nach nur eintägiger Krankheit ein 8jähriger Sohn an Gehirn krämpfen. Am Leben befinden sich noch 4 Kinder im Alter von 5 Monaten bis 11 Jahren. Te? Vater der Kinder ist seit 8 Tagen spurlos ver schwunden, die Mutter liegt seit der Geburt de° letzten Kindes schwer krank im Bett und kann nicht aufstehen. In Neugersdorf erhielt von Frl. Hedwig Hoffmann, Tochter des verstorbenen Kommerzienrats Hoffmann, die Arbeiter-Altersversorgungs- und Jn- validenkasse der Firma C. G. Hoffmann 1OO00 M geschenkt. LOaldenburg i. L. Am 1. März wurden im dienen jürstlich Schänburgschen Lehrerseminar 4» Schulamtskandidaien mit dein Zeugnis der Reife in feierlichem Aklus entlassen, diesen waren in Wissenschaften folgende Zensuren erlanz: worden: Imal I, 3mal Ii> 14wal IIu, Vmal II, 7mal li , 6mal Illa. Imal III. Im sittlichen Verhalten konnte Zinna! I und 2mal Il> erteilt werden. Der musikalischen Piiifnng hattet, sich LZ Kandidaten unterzogen, van denen L II>, 5 Ila, II, 6 jld und l Illä erhielten. In der Nacht zum Sonntag geriet der in Leip" zig Connewitz wohnhafte Z'mmermann H'llig MU seiner Ehefrau geb. Karnahl in Streit und sperrte fit ans der Wohnung aus. Während sich ein Hansls wohner bemühte, Hillig gütlich znznreden, zog dicfe? einen Revolver hervor und senertc auf seine Fran yvr Schüsse ab. Von einem wurde die Fran in dm Kop' getroffen und schwer verletzt, sodaß sie nach dc" Krankenhansc gebracht werden mußte. Der Täter wind: von der Krümnalpolzci festgenoinmen. Falkenstein. Am I. März abends haben L schulpilichngr Knaben im Hinteren Anger im scherze gerungen Ter ein: Knabe, namens Bräutigam, führte einen geladenen Revolver in der Tasche, welcher sich entlud. Das Geschoß drang den: anderen Knaben, namens Leidel, in den Unieileib und verlei den Getrvfsenen nicht unerheblich. Der Schuldige soll sich naL der Tat irgendwo verborgen aufhalten. Schwarzenberg. Die seit dem Ableben ihre- Gatten schwermütig gewordene und bereits einmal vermißte Klempners-Ehefrau Auguste vecw. Humann hat sich uuu doch noch das Leven genommen. Sie wurde am Montag früh iu einem Niederlagsschuppcn erhängt anfaefunden. einmal hingeyörte!" rief Antonie mit quälender Angst. „Schäme Dich, Toni!" verwies die Alte sie un willig. „Was hast Du für ein Leben gehabt und wie stehst Du jetzt da ! Du solltest mir dankeu. Ver liere doch nicht gleich den Kopf. Ich habe mich schon in der Stille nach allein erkundigt. Er hat sich hier im Dors einen Bauernhof gekauft, ist also reich und mit Geld ist nichts zu machen. Du mußt ihn Dir, jo bald wie möglich, zeigen lassen, damit Dn ihn kennst und immer recht freundlich mit ihm sein kannst. Er ist nicht verheiratet und soll sich um keinen anderen Menschen hier kümmern. Das ist noch ein Glück im Unglück. Wenn er keinen Groll auf Dich bekommt, wird er gar nicht von Dir sprechen. Solltest Du einmal in Streit mit ihm kommen, um Land oder Leute, so gib gleich nach und sieh zu, daß er Dein Freund wird. Das ist der einzige Rat, den ich Dir geben kann, und darum kam ich. Ich wollte Dir dies alles ordentlich oorstellen. Du bist niemals dumm gewesen. Wenn Du aber nur klug und gescheit bleibst, wird Dir auch jetzt nichts fehlschlagen." „Fehlschlägen dars mir nichts!" sagte Antonie entschlossen. „Es soll mir auch keiner etwas an haben! Ich bin nicht umsonst geworden, was ich bin!" Die Alte betrachtete sie mit unverhüllter Be wunderung. „So ist es recht!' nickte sie. „So gefällst Du mir!" Das soll auch erst einmal einer wagen! Du bist die Baronin von Thurin! — Aber nun noch eins. Ich war die Nacht bei den Freudenthals und da hörte ich gestern abend, daß eine Schrift in der Kirche versteckt sein soll, die Dir Schaden tun kann. Was ist das?" Antonie nagte unmutig an der Unterlippe. (Forlsetzung folgt.)