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Mütterchen hatte alle drei Kleinen auf ihrem Schoß. Sie erzählte Märchen — Weihnachtsmärchen — aber es war kein Fluß in ihrer Erzählung — die Stimme stockte sie konnte ihr Auge nicht von der Uhr wenden. Wie langsam die Minuten ! — Die Stunde wurde heute zur Ewigkeit. Selbst die Kindchen fühlten sich angefremdet von d«r Mutter. „Eine Depesche I" Das Papier zitterte in ihrer Hand — sie schwankte — die Kleinen sahen sie ängstlich an. Sie sank wie ohnmächtig auf einen Stuhl, die geöffnete Depesche in den gefalteten Händen. „Preisgekrönt!" — Verknust!" Hofgallcrie I " Wie geistesabwesend flüsterte sie mechanisch die drei Woite. Die große Freude ist stumm, wie der große Schmerz Nun hielten sie sich umschlungen, so nnig — so fest und — so stumm. — - — Und wie ver stummt blicken die Kinder auf die — ihnen fremd ge wordenen Eltern. Doch die Erlösung kam — die wonnige, selige. — Wie seltsam! — — — Wie fremd kam Frau Leonore ihr Anton vor. — Wie ganz anders als heute Morgen! — — — Auch die Kinder sahen sich fragend an und blickten fremd und scheu auf den Vater. — Frau Leonore führte durch Tränen lächelnd ihren Mann vor den Spiegel. Waldau sah sich selbst im Spiezer fremd an. — „Das Werk der Freude," sprach er dann in einem seltsamen Gemisch von Wehmut und Freude auch lächelnd. Sein blonder Vollbart und feine Locken waren seit heute Morgen ergraut. Leonore legte ihren Arm um seine Schuller und gar feierlich, freudebewegt klangen ihre Worte: „Das Werk der Freude. — — — Wie prächtig steht zu dem grauen Haar des jungen Vaters der ewig grüne Lorbeerkranz des Künstlers." Rückkehr Weihnachtsdrama von L. v. Hetten. (Nachduck verboten.) „Kitty — Süße, Einzige! Liebst Du mich denn auch wirklich?" „Ja, Hans — ich sagte cs Dir ja — ich liebe Dich!" „Aber Du sagst das so ruhig — so kalt, während ich —" „Tu mir den Gefallen und sei nicht so furcht bar heftig. — Dein Auge rollt, die blaue Ader auf Deiner Stirn ist singerdick geschwollen — geh, wenn Du so bist, dann liebe ich Dich nicht." „Kitty!!" „Wie Du das nun wieder schreist — rasend — fast wie eine Bestie — wie Zacconi als Othello — und ich glaube, Du wärst im Stand, aus Eifersucht zu morden —." „Ja — bei Gott" — es kann fast röcheln aus seiner Kehle, „bei Gott, das könnte ich —." ,,Jch aber, mein Freund," sagte sie scharf und bestimmt, „ich habe nicht die geringste Veranlagung zu einer Desdomona — das merke Dir. Und wenn Du nicht Deine wahrhaft bestialische Wut auf der Stelle bezähmst, dann fordre ich noch heute mein Wort zurück, das ich Dir vor einer Viertelstunde gegeben habe." „Kitty — Kitty — bedenke was Du tust, habe Mitleid mrt mir — ich bin ein unglücklicher Mensch I Manchmal packt es mich mit dämonischer Gewalt und schüttelt mich, als ob ich im Fieber läge — Kitty, erbarme Dich! Wenn Dir meine erliste Art nicht gefällt — Herr im Himmel sag's, ehe Du mich und Dich unglücklich machst. Sag's ruhig und nicht im Tone der Beleidigten. — Sag — liebst Du mich wirklich?" — „Du bist unausstehlich langweilig, mein Freund" — klang eS nervös zurück. „Nein — nein — nicht so Kitty — nicht so. Langweilig oder nicht — darum handelt es sich nicht — ich bin kein Salonlöwe, der seinen größten Stolz darein setzt, die Damen recht angenehm zu unterhalten — sie uni Gottes Willen nicht zu lang weilen. 'Du weißt, ich gehe auf unbestimmte Zeit nach Ostafrika, um unsere dortige Faktorei zu in spizieren. Es kann dreiviertel Jahre dauern — auch länger! Es kann da so manches geschehen. Und sieh — ich werde auch die gespenstigen, schwarzen Gedanke nicht los. — Sieh mal, Du bist eine Waise,ohne einen Pfennig Vermögen! Als Deine Eltern starben, nahmen Dich die meinigen in's Haus und zogen Dich auf. Du hast Reichtum und Wohlleben kennen gelernt — vielleicht magst Du das nicht wissen. Vielleicht möchtest Du Deine Zukunft sichern, indem Du den Sohn des Hauses nimmst—" „Hans," sagte sie empört — „unsere Unter redung ist beendet!" „Weil Du beleidigend wirst, mein Freund." — „Bleib — ich bin noch lange nicht fertig — ich bin kein Salonlöwe, sagte ich Dir schon — kein angenehmer Schwerenöter — ich bin ein schwer- fälliger, grader Kerl, der sagt, was er auf dem Herzen hatte! Und wenn Dir meine ernste, schwere Art nicht zusagt —" Sie flog ihm an den Hals und küßte ihn flüchtig auf die Lippen. „Alter Brummbär — ich will Dich tanzen ehren — ich will Dir was vorsingen, Possen will ich treiben, um Dein sauertöpfiges Gesicht zu einem Lächeln zu zwingen!" „Nein," stieß er hervor, „damit beruhigst Du mich nicht! Das ist nicht die richtige Art mit mir umzugehen — das ist die Art mit einem unartigen Kinde zu tändeln. Ruhig muß ich sein — ganz ruhig und sicher und Du mußt mir sagen, daß Du mich mehr liebst als alles auf der Welt, daß es nichts hier auf Erden gibt, was Dich wankend machen könnte —." „Lieber Freund," sagte sie jetzt mit offenem Aerger. „Dein ewiges Gefrage macht mich nervös! Ich soll Dir doch nicht alles hundert Mal wieder holen. Das wirst Du auch später bei mir nicht durchsetzen!" Ebe er etwas erwidern konnte, war sie wie ein Wirbelwind zur Tür binaus! Er sah ihr nach mit finster zusammengezogenen Brauen. „Nein — es ist nicht das Nichtige", murmelte er, „ob man der Sache nicht lieber bei Zeiten ein Ende macht? Aber nein, ich liebe sie über alles — ich kann mir das Leben nicht denken ohne sie!" Nachdenklich und schweren Herzens ging er hinunter nach dem Privatkantor zu seinem Kompag non Arnold Werkmeister Kein größerer Gegensatz war denkbar als zwischen diesen beiden Männern. Hans Baumert groß, robust, mit dunkelbrminemTeint, blauschwarzem, krausem, hartemHuar und ebensolchem spitzgeschnittenen Vollbart, tiesliegenden schwär,en Augen, eine blaue Ader auf der Stirn, eine finstere Falte zwischen den Augenbrauen und energisch geschnittene römische Züge. Man schätzte ihn auf Mitte drcißig, während er in Wirklichkeit erst 28 Jahre alt war, Arnold Werkmeister dagegen wurde stets jünger eingeschätzt, als aus seine fünfundzwanzig. Hoch, schlank, voll Anmut und doch voll Kraft in jeder Bewegung, ein Gesicht, das voll männlicher Schönheit war; obwohl die Züge reinsten und klassischen Schnitt zeigten, das lockige Haar und der Schnurrbart seiden weich glänzten und die großen blauen Augen einen milden schwärmerischen Ausdruck zeigten, so hatte die ganze Erscheinung nichts Weibisches, das Antlitz nichts Puppenhastes. Literaturkundige Selektaner- innen verglichen ihn mit Totila im „Kampf um Rom," während sie in Hans den fhakesspearrschen Othello sahen. „Mein lieber Arnold", sagte er zu seinem Associe, „Du weißt, Du bist der einzige Mensch auf dieser West, dem ich traue." — „Ich weiß", sagte der andere lächelnd, „Arm in Arm mit Dir." „Nicht doch, Arnolo, es handelt sich um eine ernste, sehr ernste Sache. Ich habe mich soeben mit Kitty verlobt — „Ah — gratuliere —." „Danke! Da ich aber doch nun morgen abreise, so wollte ich Dich bitten — achte auf sie — daß ich sie wiederfinde, wie ich sie verlasse, daß nicht ein anderer sich an sie dränge —." „Also: Hör, wackrer Jago — ich muß Dir meine Desdemona lassen." „Auch Du", sagte der Andere erschrocken. — „Ja, was denn —? „O — nichts — nichts. Ich verlasse mich also auf Dich." „Das kannst Du. Auch ist die Aufgabe lächer lich leicht. — Idealisten, die ein ganz armes, völlig mitgistloses Mädchen heiraten würden, sind mit der Laterne zu suchen und solche, die ein solches Mädchen einem andern abspenstig machten, gibt es überhaupt nicht!" Ein kurzer Händedruck, ein Blick Auge in Auge und Hans atmet leichter aus. * * Arnold Werkmeister nahm seine übernommene Pflicht als Wächter sehr ernst. Um ihr gerecht zu werden, mußte er sich doch um seine Schutzbefohlene kümmern, die nach dem Tode des Vaters seines Associes bei dessen Mutter verblieben war. Erst kam er wöchentlich einmal, dann öfter — und als der Herbst die längeren Abende brachte, da kam er täglich. Er las vor, man musizierte, denn er hatte einen herrlichen Tenor, sie einen wundervollen welchen Mezzosopran und beide spielten vortrefflich Klavier. Und da geschah denn das Unglück. Nach einem Liebesduett, das sie beide voller Hingebung sangen, verließ Frau Baumert auf kurze Zeit das Zimmer und — beide fielen einander um den Hals — ohne daß ein Wort geredet wurde, wußten sie, daß sie einander unsäglich liebten und nie von einander assen könnten. Der zurückkehrenden Mama sagte man sofort die Wahrheit und sie war untröstlich. „Es gibt ein Unglück", stöhnte sie, „es gibt ein Unglück. Der arme Hans mit seinem unglück- ichen Temperament!" Nach einer Viertelstunde schon war sie indessen ruhiger und entwarf einen Plan für die Zukunft. „Hans darf nichts erfahren, um Gottes Willen nicht", sagte sie. „Er kommt, wie er schreibt, rühestens Ostern zurück. In wenig Wochen ist Weihnachten — Ihr könnt Euch unterm Weihnachts baum verloben und die Hochzeit richte ich Euch am Tage vor Hans' Zurückkunft. Kommt er zurück, so eid Ihr auf der Hochzeitsreise, er findet Euch nicht und sein erster Grimm legt sich." Gesagt — getan. Der Weihnachtsbaum brannte, es waren nur wenige Intimen versammelt, die nachher an dem Verlobungsschmause teilnehmen sollten. Arnold hielt Kitty zärtlich umschlungen und feuchten Auges blickten die beiden schönen, blonden, jungen Men schenkinder in den funkelnden Kerzenglanz. Da plötzlich wurde die Zimmertür aufgerissen — ein unartikulierter Wutschrei, ein Schuß, ein Wehruf und Arnold wälzte sich verröchelnd am Bo den. Hans stand im Zimmer, den rauchenden Re volver in der Rechten und ihn wieder emporhebend. Da stürzte Kitty wie eine Furie auf ihn los, schlug ihm die Waffe aus der Hmd, ergriff sie, kehrte sie dann gegen sich und stürzte über den Leichnam des Geliebten. „Nicht durch Deine Hand, Elender — freiwillig gehe ich mit diesem da —". Sie brach ab, umklammerte des Toten Hals und gab nach kurzem Röcheln den Geist auf. „Ich wußte es", knirschte Hans, die Gruppe zornerfüllt anblickend, „daß sie nichts wert war — wenigstens ahnte ich es — deswegen kam ich un erwartet, um hier nach dem Rechten zu sehen. Aber der da — mein Glaube an ihn hätte Berge versetzt! Der irdische Richter walte seines Amtes, der ewige i mir gnädig!" Briefkasten Landmann A. Als verständiger Mann muß man alles Neue prüfen, mag sich auch dann zeigen, daß das Atte doch daS beste ist und bleibt. Das wohlschmeckendste Rauchfleisch erhält man durch Verbrennen von Wachbolderholz: nächst diesem gibt Bu chen- holz den besten Rauch. Geringer ist dasselbe von Tannen-, Fichten- und Eichenholz, ga nz zu verwerfen das von Torf, Braunkohlen und Steinkohlen. Schlechte Produkte erhält man durch die nasse Räu cherung und durch das Rauchdämpfen. Bei der ersteren gebraucht man auf 60 Klg. Fleisch 500 Gr. Glanzruß, den man in 9 Liter Wasser löst und dieses dann auf die Hälfte einkocht, worauf man die einzelnen zu räuchernden Stücke je nach ihrer Größe Vs bis 16 Stunden in diese Glanzrußbeize legt und danach an einem luftigen Ort trocknet. Die einzig empfehlenswerte Räucher-Methode ist und bleibt aber die, welche unsere Großväter ausübten und die in kleinen Städten und Dörfern noch heute ausgeübt wird, die deS langsamen Räucherns oder vielmehr Trocknens in bereits erkaltetem Rauche. Geheimmittelverordnung. Der Rechtssckutzverein der Fabrikanten pharmac. Spezialitäten, Sitz in Würzburg, richtete an die verschiedenen Ministerieen bezw. Senate von Humburg und Bremen sowie an das Reichskanfferamt salzende Eingabe i Unter zeichneter Verein der pharm. Großindustriellen erlaubt sich die Bitte zu stellen, ihn im Interesse seiner Mitglieder aufzuklären, welches die Merkmale eines Geheimmittels oder ähnlichen Arzneimittels nach der erlassenen Geheimmittelverordnung sind oder was pharm. Präparate zu solchen stempelt. Wir erbitten die Auskunst umgehend, damit unsere Mitglieder und deren nach Tausend zählende Be schäftigte vor schwerem Schaden beivahrt bleiben. (Folgt Unterschrift). Diese Ansrage hat ihre volle Berechtigung und ist eine klipp und klare Antwort ersorderlich, um untere im In- und Auslande sich eines vorzüglichen Rufes erfreuende Pharm. Großindnstne zu be fähigen, ihre Präparate jo auszustaltcn unk zu empfehlen, dan kein Anstoß daran genommen werde» kann. Auf die von sämtlichen 95 betroffenen Fabrikanten eingereichlen Gegenvorstellungen wurde auch nicht Einem eine Antwort zuteil und auf Wiedcranfragen einzelner Fabrikanten, was denn den Glund zur Beanstandung ihrer Arzneimittel gegeben hätte, erfolgten nur ausweichende oder gar keine Antworten So hatte sich z. B- bereits im Januar 196-, also lange vor der Veröffentlichung der Liste, ein Fabrikant an daS kgl. bayr. Ministerium mit der Bitte gewandt, »ran möchte ihm doch sagen, was an seinem Präparat Anstoß errege, er sei >a gern bereit, allen Wünschen sowohl was Empfehlung wie Packung be treffe, nachzukommen; nur möchte man mit Rücksicht auf die Ge fährdung des Exports, von öffentlicher Brandmarkung (eines Fabri kates als Schwindelmittel Abpand nehmen. Auch in diesem Falle bequemte man sich noch zu keiner Antwort, ja es wurden iogar trotz wiederholter Bitten um Borbescheidung, die mit eingesandten palentamtlichen Urkunden zurückbehalten. Eine derartige Behand lung einer Großindustrie, welche viele Tausende von Arbeitern be- schästigl, ist unverständlich und nur zu hoffen, daß durch die Ant wort auf oben envähnle Eingabe endlich Licht geschaffen werde, zur Beruhigung der mit Recht jehr erregten (Kemüter. E L L L MMZ MclMwck.XAt'lkN >a keinrter kvzkSdraug liekern billigst und seüneUgtens KsdiMs Xoeli ?Lge- u. ^mtstMt-DkuelMki Aendan sodriurüder vorn Kotei „Koläner Keim".