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AWMMMTHM Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HWsk-ZMM flr Kohsors, ASdH, Amisdoft, Kisdorf, A. LOitii, LeinriHsorl, MitNM und Mm. Amtsblatt für den Stadtrat zn Li^tenftein. »- ... - - . > - sz Jahrgang. — — . - - —— Nr. 279 s--nsp-ech Anschluß Donnerstag, den 3. Dezember ^«77^' 1903. Bekanntmachung. Es wird hierdurch bekannt geieben, daß der seitherige Expedient Herr Emil Paul Schmiedel aus Aue von uns als Polizeiexpedient in Pflicht genommen worden ist. Lichtenstein, am 1. Dezember 1903. Der Stadlrat. Stettner, Bürgermeister. Schbr. Bekanntmachung. Auf Grund von Ziffer 3 unter a der Bekanntmachung des Herrn Reichs kanzlers, betreffend den Betrieb von Bäckereien und Konditoreien vom 4. März 1896, erklärt der unterzeichnete Stadtrot es für zulässig, daß i» de« hiesigen Häckereie« «Ud solche« Kondttoreie«, in denen auch Bäckerwaren herge- stellt werden, am 2., 3., 4., 6., 7., 8., 9., 10., 11. 12., 14 , 15., 16,17., 18.. 19., 21., 22. und 23. Dezernber dss. Js. die Ardeitsschichte« verlängert werden und zwar für die im ersten Lehrjahre steheuüen Lehrlinge auf 14 Stullden, für die im zweiten Lehrjahre stehenden Lehrlinge auf 15 Stunden, für alle übrigen Lehrlinge und Gehilfen auf 16 Stunden. Auch am 24. Dezember dieies Jahres kann Ueberarbeit eintreten, ohne daß an diesem Tage die Dauer der Arbeitsschicht der Gehilfen und Lehrlinge einer Beschränkung unterworfen ist. Lichtenstein, am 2. Dezember 1903. Der Stadtrat. Steckner, Bürgermeister. Schbr. Ae M les WM» NmrmMns U Mn ihn sie UmMe Schiris M iie MmüW eiier Um in Usßmj». Die große Rede, welche am Montag der Finanz minister Dr. Rüger in der 2. sächsischen Kammer gehalten, hat nicht nur für die Finanzlage Sachsens, sondern auch für die aller deutschen Bundesstaaten eine große Bedeutung denn Dr. Rüger bewies in seinen Ausführungen, daß er den Ursachen der heutigen Finanzkalamitäten in den Bundesstaaten und im Reiche mit großem Scharfblick auf den Grund ge gangen ist, und wenn er allen Staatsmännern, Politikern und Steuerzahlern Sachsens und auch des Reiches viele bittere und ernste Wahrheiten in seiner Rede gesagt hat, so sind diese Wahrheiten aber keineswegs alle unerfreulich und hoffnungslos. Am lehrreichsten halten wir die Erklärung des Dr. Rüger über das Finanzwesen Sachsens, worüber er sagte, daß die früheren Jahre scheinbarer Ueberschllsse eigent lich Jahre verhüllten Defizits und sorglosen Schulden machens waren. Diese Wahrheit trifft nämlich nicht nur für das Königreich Sachsen, welches durch sorg lose Borgwirtschaft leider über eine Milliarde Schulden gewacht hat, voll und ganz zu, sondern sie paßt auch ganz und gar für die Finanzen und Schulden des Deutschen Reiches. Zur Beseitigung dieser finanziellen Kalamitäten kennt Dr. Rüger nur das eine Mittel, eiserne Sparsamkeit und strenge An wendung der mit neuen Bestimmungen versehenen Staatshaushaltskontrolle. Hatte daher in Sachsen die Finanzperiode 1900/1901 noch mir einem Defizit von 7 Millionen Mark abgeschlossen, so wird die Finanzperode 1902/1903 kein Defizit, sondern schon einen erheblichen Ueberschuß enthalten. Natürlich war dies nicht nur durch Ersparnisse auf allen Wirt schaftsgebieten des Staates, sondern auch durch die Inanspruchnahme der vollen Steurrkrast des Landes zu erreichen. Die bedeutenden Ersparnisse auf dem die Staatsfinanzen am meisten belastenden Gebiete des sächsischen Staatseisenbahnwesens konnten auch durchgeführt werden, ohne die Sicherheit und Leistungs fähigkeit der Staatseisenbahnen zu beeinträchtigen. Die ungünstige Finanzlage Sachsens hat übrigens ihren Grund nicht nur in dem lange Jahre ausge übten sorglosen Schuldenmachen, sondern sie ist auch mit hervor gerufen worden durch notwendige Mehr ausgaben des modernen Staatswesens. Auffallend und in gewisser Hinsicht erfreulich ist dre große Steigerung der Ausgaben, die in Sachsen für das Bildungswesen in allen Schulen seit 23 Jahren ge macht wurden. Im Jahre 1880 zahlte der säch sische Staat für die Volksschulen nur 3'/^ Millionen Mark jährlichen Zuschuß, jetzt zahlt er aber 17 Millionen. Die große sächsische Landesuniversität zu Leipzig kostet dem Staate im Jahre 1880 nur 1^ Millionen Mark Zuschuß, jetzt über 6 Millionen jährlich. Ebenso sind die allgemeinen Staatsbe dürfnisse in Sachsen von 68 aus 90 Millionen jähr lich gestiegen. Dazu kommt, daß die Matrikular- beiträge der Bundesstaaten für das Reich zu einer unerträglichen Höhe angeschwollen sind, und wie der sächsische Finanzminister Dr. Rüger betonte, auch leicht noch eine Erhöhung erfahren können. Deshalb fordert die sächsische Regierung dringend eine Reichs finanzreform als eine der Hauplbedingungen für die sächsische Finanzreform selbst, denn die immer mehr gestiegenen Matrikularbeiträge in die Reichskasse können die Bundesstaaten auf die Dauer nicht leisten. Die Notwendigkeit der Reichsfinanzreform festhaltend hält die sächsische Regierung dieselbe aber nur ge deihlich, wenn dem Reiche neue Einnahmequellen durch Zölle und indirekte Steuern erschlossen werden, und lehnt die sächsische Regierung die Einführung direkter Reichssteuern, zumal auch die Einführung einer Reichserbschaftssteuer entschieden ab. Aus diesen Ausführungen des sächsischen Finanzministers erkennt man klar und deutlich die Ziele, um welche im sächsischen Landtage, noch mehr aber im neuen deutschen Reichstage über das schwerwiegende Thema „Finanzreform" beraten und gekämpft werden wird und diese Ziele müssen zur finanziellen Gesundung der Finanzen der Bundesstaaten und des Reiches unbedingt erreicht werden. Deutsches Rleich * Vom Kaiser. Aus der Neichshauptstadt wird geschrieben: ,,Bei einer peinlichen Sorgfalt, mit welcher die Potsdamer Schloßbewohner das Hinausdringen von Nachrichten über den Kaiser zu verhindern streben, sickern doch einzelne verstohlene Andeutungen über das Befinden, das Aussehen, und die Stimmung des Reichsoberhauptcs durch die strenge Abgeschlossenheit hindurch. Besonders die guten Potsdamer, welche sich begreiflicherweise auf das engste mit dem Königshause verwachsen fühlen, wissen vielfach mehr, als man in Berliner Amts kreisen zu kennen vorgibt. So wird in Potsdam erzählt, daß der Kaiser von rastlosem Arbeitseifer beseelt sei. Zu keiner Zeit habe er sich so zahlreiche Vorträge halten lassen, als gerade während dieser Rekonvaleszenz: die Wahrnehmung der Regierungs geschäfte gehe im eisernen Pflichtenzwang täglich vor sich; seit einigen Tagen spreche der Kaiser zu seiner nächsten Umgebung mir bedeckter leiser Stimme. Er sei im übrigen von lebensfrischer Initiative, höre viel Musik, pflege in Freistunden wie in gesunden Tagen das edle Skatspiel. Nur in rein äußerlicher Hinsicht machen sich die Wirkungen der nun über wundenen schweren Seclenpein bemerkbar: der Kaiser scheint um ein Jahrzehnt gealtert! — In Potsdam wird weiterhin ver sichert, daß Kaiser Wilhelm am Donnerstag nach Berlin herüberkommen wolle, um der Eröffnung des Reichstages durch den Reichskanzler mit allen preußischen Prinzen und den fürstlichen Gästen im Berliner Schlosse beizuwohnen." Das letztere wurde schon vor einigen Tagen aus der Reichshauptstadt als wahrscheinlich signalisiert. "Die neuen Rücklaufgeschütze dürften nun in allerkürzester Zeit bei der deutschen Feldartillerie zum praktischen Gebrauche gelangen. Wie wenigstens die »Voss. Zig." erfahren haben will, hat die Kommision unter Führung des Kriegsministers die letzte Prüfung der Rücklauskanoncn vorgenommen und wieder ihre Zu friedenheit bekundet. Die Kruppsche Fabrik trifft Vor bereitungen, um schnellstens Masjenumänderungen vor zunehmen, woraus geschlossen wird, daß der Auftrag in allernächster Zeit erteilt wird. * Der preußische Hardelsminister Möller hielt in Altona eine Rede, in der er sagte, die Re gierung baue für den Fall der Wiederkehr un günstiger Zeiten auf die b e w ä h r t e Elast lz tiä t des deutschen Kaufmanns. * Ei" s dunkel gehaltene Andeutungen so zialdemokratischer Organe lassen es nicht ausgeschlossen erscheinen, daß die Frage der Wiederherstel lung der alten Geschäftsordnung im Reichstage schon in der ersten Sitzung unmittelbar nach der Eröffnungsrede des Alterspräsidenten wieder aufgerollt wird. Bisher ist bei Eröffnung einer neuen Legislaturperiode den Verhandlungen, ohne daß ein Widerspruch geltend gemacht worden wäre, die alte Geschäftsordnung zu Grunde gelegt worden l Hiergegen beabsichtigen die Sozialdemokraten an scheinend jetzt Widerspruch zu erheben und sofort die Frage der Gültigkeit der alten Geschäftsordnung zur Entscheidung zu bringen. * Nach einem Telegramm des Gouverneurs von Deutschsüdwestafrika hat Hauptmann von Koppy am 21. November die feindliche Stellung der Bondelzwarts bei Sandfontein, südlich von Warm bad erstürmt. Diesseits sind keine Verluste zu ver zeichnen, diejenigen des Feindes sind unbekannt. Die geraubten Frachtwagen sind zurückerobert worden, auch wurde Munition und Vieh erbeutet. Italien * In Venedig baben Diebe sich auf Kirchen raub verlegt. In der jüngsten Zeit wurden nicht weni ger als sieben Kuchen ihres Schmuckes an Gold- und Silbergeräten beraubt. Frankreich. * In Paris sand schon wieder ein Untergrund bahnbrand durch Kurzschluß statt. Ein vollbesetzter Zug fing Feuer, zum Glück blieben die Fahr gäste unversehrt. England * Nicht weniger als 28 000 Mann indische Truppen unter Führung von 60 englichen Offizieren will England nach Tibet senden. Aus Stadt und Land Lichtenstein, 2. Dezember. * — Ein Frühlingsbote? Heute vormittag wurde in unserer Expedition ein munterer Schmetter ling vorgezeigt, welcher in einem hiesigen Hause gefangen worden ist. ' — Die Jagd auf Rebhüner hat mit dem 30. Nov. ihr Ende erreicht. Damit hat auch die Ver- kaufsberechtigung aufgehört. * — Zur Oeffnung der Grenze« für Vieh» einfnhr. Der Bezirksverein Sachsen des Deutschen Fleischerverbandes hat die sächsische Regierung um Vermittelung dahin ersucht, daß bei Abschluß der neuen Handelsverträge auch die Viehseuchen-Kon vention mit Oesterreich-Ungarn erneuert werde. (Auf Grund der Konvention kann bekanntlich lebendes Rindvieh eingeführt werden.) Die Preise fürSchlacht- ware hätten eine so bedenkliche Höhe erreicht, daß trotz mäßiger Steigerung der Fleischpreise die Fleische reien mit einenr Gewinn arbeiten müßten, der zur Erhaltung von Geschäft und Familie nicht genüge. Bei einem Verbot der Einfuhr aus Oesterreich müsse man mit dem Auftreten panikartiger Erscheinungen auf den Viehmärkten rechnen, mindestens aber würden die an sich schon abnormen Preise für Mast- Rinder derartig in die Höhe schnellen, daß gutes Rindfleisch nicht mehr als Volksnahrungsmittel