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Amerika * In der üblichen Revolution auf San Domingo haben diesmal die Aufständigen den Sieg davonge- tragen, ihr Führer Pimenez ist zum Präsidenten ausgerufen worden. Der abgesetzte Präsident, der im Frühjahr nach Abschluß der damaligen Revolution sich zum Machthaber emporgeschwungen hatte, hat sich angeblich zu seiner Sicherheit in das deutsche Konsulat geflüchtet. Deutsche Kriegsschiffe sind zur Stelle und bieten uns die Gewähr, daß deutsche Interessen nicht verletzt werden. Aus Stadt und Lan- Lichtenstein, 13. November. * — Gegen den Mistbrauch geistiger Ge tränke! In den Mitteilungen, welche die Regie rung dem Landtage bei der Eröffnung zugehen ließ, heißt es u. a : „In Verfolg der ständischen Be schlüsse über die Petition des Landesverbands gegen den Mißbrauch geistiger Getränke hat die Staats regierung es sich angelegen sein lassen, die Ecken t- nis der schädlichen Wirkungen des Alkoholmißbrauns, namentlich auch durch Belehrung in den Unterrichtsanstalten, tunlichst zu ver allgemeinern. Auch sind die Staatsbehörden ein dringlich angewiesen werden, allen auf Bekämpfung der Trunksucht abzielenden Bestrebungen und Ein richtungen fortgesetzt besondere Aufmerksamkeit zuzu wenden und alle Förderung angedeihen zu lasten. Eine neue Schankstätlen-Statistik hat ge eignete Unterlagen geliefert, um auf eine Einschänkung des Genusses geistiger Getränke durch Verminderung der Schankstätten zuzukommen. Wegen anderer Maßnahmen, insbesondere solcher gesetzgeberischer Art, sind die Vm arbeiten noch nicht abgeschlossen." * — Ei« Beitrag zur Vereinsmeierei Der in Plauen erscheinende „Vvztlandische Anzeiger' veröffentlicht den Wortlaut der Satzungen eines sich daselbst gegründeten neuen Vereins: Meine geliebten Brüder da wir am heutigen Tage unßern Verein zum eröffnet habe so erlaube ich mir doch die Frage ob ihr mit dem Vorstande zufrieden Sied. Wier ersten haben ihn gewählt 1. Weil er reel ist und uns nicht mit dem Gelbe durchbrent. 2. Weil er Aälter ist als wir alle sind diese heißen (folgen die Namen.) Das sind die Vorstände unseres Vereines. 1. Streitigkeiten und Schlägereien kosten ein Faßbier von 20 Litter. 3. M. 2. Feien ohne indschuldigen tostet 10 Pfg. 3. Wer die Zeit nicht einhält mitdem Bezahlen kostet 10 Pfg. 4. Wenn jemannd austrettcn wiel bekommt Sein Geld nicht wieder. 5. Wer die Strafen nicht bezahlt bekommt einen Schaft von jeden mann. 6. Wer ein Faß Bier nicht bezahlt bekommt einen Budscher. Der Vorstand. (Ein Verein mit derartigen Satzungen wird es weit bringen. D. R.) *— Mülsen Et. Jacob. Die freiwillige Feuer wehr bot in ihrem am 9. d. M. abzehaltenen Theater abend die wohlgelungene Aufführung des Hans Müller'schen Lustspieles. „Wenn man seine Töchter verborgt" und die Ed. Braun'schen lebenden Bilder: „Unsere Feuerwehr" in sieben meisterhaft dargestell ten Gruppen. Nach den Konzert brachte Herr Branddirektor Dietrich das Königshoch aus. Dem gesamten Arrangement wurde die vollste Anerken nung und der lebhafteste Dank eines zahlreich er schienenen Publikums zuteil. Arrf der Jagd nach Sechzigtausend Bon Thorwald Bo^srud. Erzählung eines Prioat-Detektivs. Einzig autorisierte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Friedrich v. Kähne t. 19. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Hell Hörle mit Schrecken, daß sein Knabe vor zwei Tagen auf unerklärliche Weise verschwunden war. Bei näherer Ueberlegung glaubte er indessen bald den eigentlichen Zusammenhang gefunden zu haben, und erklärte dies auch seiner Frau. Er er zählte ihr von seiner Jagd nach Sechzigtausend, mit denen Bühring durchgebrannt war, von seinen kleinen Siegen und Niederlagen, besonders aber von der Unvorsichtigkeit, die er sich hatte zu schulden kommen lasten und welche die Ursache zur Entführung des Kindes bildete. Man hatte diesen Raub ausgesührt, um einen Druck ausüben zu können, darüber konnte kein Zweifel bestehen. „Jedenfalls", fügte er hinzu, „ist es in Ihrem eigenen Interesse, daß sie dem Knaben keinen Schaden zufügen. Wir werden wohl in den nächsten Tagen von ihnen hören. Und da kannst Du darauf zählen, daß wir den Jungen bald wieder haben werden." „Ja, Oskar", antwortete sie durch Tränen lächelnd. „Du hast ein ganz besonderes Interesse daran, ihn mir wieder zu verschaffen." „Wieso, Geliebte?" „An jenem Tag, an dem Du ihn wohlbehalten mir wieder zurückbringst, ist alles, alles vergessen und vergeben." * * * Es ging, wie Hell erwartet hatte. Als er in feine Wohnung zurückkam, fand er dort folgenden Brief vor: *— In Mülse« Et. Michel» ertönte am vorigen Montag die Dampfpseife der Bößneck'schen Fabrik zu ungewohnter Zeit, abends um 6 anstatt wie sonst um 7 Uhr. Der Grund dazu lag darin, daß von der Direktion aus eigenem Antrieb der zehnstündige Arbeitstag eingeführt worden war. Die Arbeiter empfinden diese neue Einrichtung mit Dankbarkeit und so dürfte dadurch wieder ein neues Band zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geknüpft worden sein. Leipzig. Ein schwerer Unglücksfall mit töd lichem Ausgange ereignete sich in L.-Lößnig, neuer Anbau. Dort stürzte das 7 J-chre alte Töchterchen des Feuermauns Sr., indem es sich zu weit über das Geländer des Balkons der im Parterre gelegenen elrerüchen Wohnung beugte, hinab und so unglück lich auf die Waschhaustceppe, daß es anscheinend schwere innere Verletzungen davontrug, die den als baldigen Tod des Kindes herbeiführten. Leipzig. Das Reichsgericht hob auf die Revision des Angeklagten das Urteil des Landgerichts Eisenach vom 1. Mac d. I. auf, durch welches der dortige erste Bürgermeister Ur. jur. Georg von Fewson wegen Vergehens im Ainte zu 2 Monaten Gefäng nis verurteilt worden war, und wies die Sache zur nochmaligen Verhandlung an das Landgericht Weimar. Chemnitz Gestern nachmittag kurz vor 3 Uhr stürzte aus ver Kreuzung der Kasernen- und Reitbahn- straße der 33jährige Geschirrsnhrer Richard Clemens Ulrich beim Anziehen des Schlcifzeuges von seinem mit Ziegeln beladenen Wagen, wobei ihm das rechte Vorderrad über die Brust ging. Mau trug den Ver unglückten sofort m ein benachbartes Haus, wo er bald daraus verstar b. Ein herbeigerufencr Arzt vermochte nur den Tod infolge Lungenzerreißung zu konstatieren. Etollberg i. E. In der Wohnung eines Guts besitzers in Thalheim stürzte während einer kurzen Abwesenheit der Mutter das 3jährige Söhnchen in rin mit kochendem Wasser angefülltes Gefäß und ver brühte sich derart, daß es am folgenden Tage den Brandwunden erlag. Crimmitschau. Die am 11. d. M. nachmittags stattgefundenen Textilarbeiter-Versammlungen erklärten, daß sie — nachdem alle Versuche, Verhandlungen mit den Unternehmern anzuknüpfen, erfolglos gewesen sind — im Kampfe ausharren wollen. — Am selben Abend hatten sich auch im „Weißen Roß" gegen 150 Laden- besitzer bezw. Gewerbetreibende eingesunden, um über die Frage zu beraten, wie am besten der für unsere Stadt bestehenden Kalamität abzuhelfen sei. Nach langem Hin und Her einigte man sich dahin, daß man zunächst die Unterschriften sämtlicher Ladenbesitzer sammeln und >odann an den Rat unserer Stadt wieder- holt das Ersuchen richten wolle, nach Möglichkeit zur Beilegung des unsere Stadt aufs schwerste schädigenden Ausstandes beizutragen. Habe man es seinerzeit in Meerane fertig gebracht, eine Einigung zu erzielen, so sei dies auch für Crimmitschau nicht ausgeschlossen, trotz dem schon so viele Schritte in dieser Beziehung getan wurden; die Krisis, die für alle Geschäftsleute uner quicklich sei, müsse unbedingt beseitigt werden gerade wegen des bevorstehenden Weihnachtsfestes. Es ward sodann eine Kommission gewählt, die beim Stadtrat vor stellig werden soll. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich in Echön- heide am 9. November auf dem Fabrikneubau der Papierfabrik Bretschneider. Kurz nach Beginn der Arbeit stürzte ein Gerüst, auf dem sich zwei Maurer und zwei Handarbeiterinnen befanden, zusammen, die vier Personen unter sich begrabend. Alle vier sind schwer verletzt; einer der Maurer hat starke äu ßere Verletzungen und inneren Schaden erlitten; er „Herr Hell! Jemand, für den Sie sich ganz besonders interes- sieren und der im Stande ist, Ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen, wünscht eine Besprechung mit Ihnen unter vier Augen. Da ich natürlich auf neu- tralem Boden zu erscheinen wünsche, so ersuche ich Sie, heute abend im zweiten Stock des „Cafe Bauer" zu warten. Unterlasten Sie alle Fuchs streiche. Sie nützen Ihnen nichts und würden nur unerwünschte Vorkehrungen gegen Sie veranlassen." Der Brief war deutsch geschrieben. Es war nicht Bührings Handschrift, die Hell von jenem Brief her kannte, den er in Wandrup erhalten hatte, aber er war doch überzeugt, daß der Unbekannte, der eine Unterredung mit ihm wünschte, kein anderer war als das Stück Wild, das er nun einen Monat lang gejagt hatte. „Gut", sagte er zu sich selber, „ich werde kommen." * * Hell hatte es merkwürdig eilig an diesem Tag. Wir finden ihn zuerst bei einem der tüchtigsten In strumentenmacher Berlins, dann in Castans Panop tikum, wo er eine längere Unterredung mit dem Direktor hatte. Darauf sehen wir ihn im Privatge mach dies Inhabers des „Casö Bauer" und endlich eine Viertelüunde vor acht Uhr an einem Tisch im zweiten Stock des Gasthofes. Das Cafe ist zu dieser Zeit wenig besucht. Die unzähligen Variete-Artisten Berlins, die ihre Börse und ihr Stammquartier im zweiten Stock dieses weltberühmten Nachtrags haben, waren um diese Zett alle verschwunden. Da und dort schlief ein phlegmatischer Engländer halb über seiner „Times", in der Ecke aber, wo Hell sich niedergelasten hatte, befand sich kein Mensch. I wird kaum mit dem Leben davon kommen. Einer I Frau ist der Fuß abgerissen worden, die andere Ar beiterin und der Maurer erlitten Beinbrüche, Bruch des Nasenbeins und kleinere Verletzungen. Die Ver unglückten sind sämtlich verheiratet 'und stammen aus Böhmen. Die Ursache des Gerüstzusammensturzes ist jedenfalls in der geringen Befestigung und zu schwerer Belastung desselben zu suchen. Zschopau. Am Montag ist, wie das „Wochenbl. f. Zschop." meldet, ein Marktfierant von einem hiesigen Schulknaben in raffiniertester Weise bestohlen und be trogen worden. Während des lebhaftesten Verkehrs richtet ein laut weinender und reichlich Tränen ver gießender Knabe an einen Budeninhabec die Bitte, ein vor einer halben Stunde für 90 Pf. gekauftes Messer wieder zurückzunehmen, da er wegen diese-S Kaufs von seinen Eltern bestraft worden sei. Der gutmütige Ver käufer gibt, um den Jungen los zu werden, auch die 90 Pf. zurück, mit welchem Betrag sich dieser schleunigst entfernt. Em verblüfftes Gesicht machte der Verkäufer aber doch, nachdem ferne Frau, die vorher an der be treffenden Stelle den Verkauf gehabt hatte, mit Bestimmt heit feststcllte, daß das zurückgckaufte Messer kurz vor her gestohlen worden sei. Es gelang, den jugendlichen Gauner auf dem Königsplatze zu erwischen und ihn zur hoffentlich exemplarischen Bestrafung der Polizei zu übergeben. In Blasewitz feierte am 12. Noo. General major z. D. Bartcky, aus Lauter bei Schwarzenberg gebürtig, trotz der schweren Verwundungen, die er 1870 bei Sedan erlitten hat, noch rüstig seinen 80. Geburtstag. Allerlei -j- Würzbnrg Auf der Jagd wurde der Metz germeister Uyl bei Burg Bernheim erschossen. -ß Göttingen. In Holzerode rettete ein neun jähriger Knabe ein Kind vor durchgegangenn Pferden. Ec selbst wurde überfahren und gelötet. ch Petersburg. In der Nacht vom 10 zum 11. d. M. hatte in den Postwagen des zwischen Petersburg und Moskau verkehrenden Postzuges ein Bcandstattgefunden, bei welchem nach den umlaufendn Gerüchten Wertgegenstände im Betrage von 7 Mil lionen verbrannt sein lallten. Hierzu teilt die Ober verwaltung der Posten und Telegraphen mit, das Feuer sei durch Selbstentzündung des Inhalts einiger aus dem Ausland stammender Sendungen entstanden. Vernichtet worben 437 internationale Pakete. 11 Säcke, darunter zwei mit Zeitungen und 9 mit Korrespondenzen, 3 Ballen mit Paketen, 1 Ballen mit Zeitungen und außerdem 13 Pojttaschen, deren Inhalt, Wertpapiere und Kreditdillets, zum größten Teil unversehrt blieb ; vom Feuer beschädigt wurden 50 Posttaschen ; der Inhalt derselben blieb aber un verletzt. 52 Postsachen und 28 Säcke wurden durch näßt. -j- Pillan. Ein trauriger Unfall hat sich, wie der „Königsb. AUg. Ztg." gemeldet wird, bei der 9. Kompanie des Fußactillerieregiments Nr. 2. er eignet. Beim Zielen mit Platzpatronen schoß ein Mann einem anderen, der Hülsen auflas, in den Hinterkopf. Der Getroffene wurde sofort in das Lazarett geschafft, wo er hoffnungslos darniederliegt. Der unglückliche Schütze wurde gegen abend eben falls in das Lazarett überführt, weil sich bei ihm Geistesstörungen zeigten. Noch tragischer ist der Unfall insofern, als der io unglücklich Getroffene die Nachricht von dem Tode seines Vaters am Mittag erhielt. Beide Artilleristen stehen im zweiten Jahre. Endlich, genau um acht Uhr, trat Bühring in das Lokal. Er trat ohne Weiteres an Hell's Tisch und setzte sich mit einem kalten Bückling. „Freut mich, Sie wieder zu sehen,Herr Hell! Unser letztes Beisammenfein nahm leider ein jähes Ende." Er lachte höhnisch. „Ich schlage vor," sagte Hell kühl, .daß jeder von uns se>n Glas Pilfener bestellt und ohne Umschweife zur Sache kommt. Pst! Aufwärter!" „Sie ahnen wohl, weßhalb ich sie um diese Unter redung ersucht habe?" „O ja, gewiß! — Kellner!" Hell tat einen Schlag auf eine große Metallplatte, die auf dem Tisch vor ihm stand. „Zwei Zigarren!" „Ich rauche gern bei einem Gespräch, das ich am liebsten vermieden hätte." „Ihr Sohn von Frau Leitner oder Frau Hell ist verschwunden, nicht wahr?" ' „Ja, ich habe davon vernommen!" „Also haben Sie, Herr Bühring, das Kind bei Seite schaffen lassen?" Bühring blickte sich vorsichtig um. Kein Mensch war in der Nähe, der ihn hören konnte. „Ja," anwortete er entschlossen, „ich bin es. Und nun sehen Sie wohl endlich ein, daß es in meiner Macht steht, mich von Ihrer sonderbaren Zu dringlichkeit zu befreien. Entweder geben Sie mir Ihr Ehrenwort darauf, daß Sie sich nicht mehr mit meinem Leben und Treiben beschäftigen wollen, oder andernfalls werden Sie Ihren Sohn nie wieder sehen. Entschließen Sie sich — augenblicklich! Geben Sie mir Ihr Ehrenwort — denn das genügt mir! — nicht binnen einer Viertelstunde, so überläßt mein Gehilfe den Jungen einer Seiltänzertruppe die ihn festzuhalten wissen wird." „Ist das Ihr letztes Wort?" (Forts, folgt.)