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chwieriger swd. Wenn ich aber mit einem Male anfangen wollte, die sämtlichen Bahnhöfe umzu bauen, so würde das natürlich unmöglich sein aus bautechnischen, wie aus betriebstechnischen Gründen und auch aus finanziellen Gründen. Es muß alles aus dem Extraordinarium gedeckt werden, wenn ich nicht unbezahlbare Schulden machen soll." — Die Beseitigung der Uebelstände steht also nicht in Aussicht. * Der Vorstand des Preußischen Landeskrieger- verbandes hat die Kriegervereine zu Schwarz- waldau und zu Rothenbach in Schlesien ausgeschlossen, weil sorgfältige Untersuchungen er gaben, daß sich in diesen Vereinen zahlreiche Sozial demokraten befinden. Serbien * Das Gerücht von der bevorstehenden Ab dankung des Königs zu Gunsten seine- minderjährigen Sohnes Georg erhält sich trotz aller Dementis Es handelt sich in erster Linie um den Wunsch einiger in ihren Erwartungen getäuschten Verschwörer. Auch die Gegner der Königsmörder erblicken in der Thron entsagung einen Ausweg aus schwieriger Lage. Sie behaupten, der König könnte angesichts gewisser Verpflichtungen gegen die Verschwörer, für weiche schriftliche Belege vorhanden sein sollen, im Offizier korps unmöglich Ruhe stiften. — Die Rache des toten Alexander! Asien * Der große Rat in Peking hat sämtliche Vizekönige und Gouverneure telegraphisch ausgcsordert, Geld auszubringen und Truppen anzuiverben, da der Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Rußland bevorstehe. »Die chinesischen Beamten sind sehr erfreut über diesen Beweis des Erwachens von Tatkraft in Peking," so fügen englische Blatter dieser Nachricht an. Die Mandschurei werden die Rassen freilich nicht wieder hergeben, und wenn die Chinesen sich darüber noch jo sehr erregen. Afrika * In der afrikanischen Negerrepuolik Liberia muß man sich auskennen, wenn man mit der Post zu tun har. Will man sicher sein, daß ein Brief nicht sofort unterschlagen wird, so geht man selbst an den Schalter, nimmt den Poststempel und ent wertet die Marken selbst. Dann werden die Briefe und Karten befördert. Ueberläßt man aber dem Postdirektor ungestempelte Marken, so reißt er sie wieder ab und verkauft sie nochmals. Die Korr, spondenzen wandern dann in ein Ding, das unserm europäischen Papierkorb entspricht. — Dies erinnert an eine Schilderung, die vor Jahren einmal von der türkischen Post in Konstantinopel ein Witzblatt brachte: Einem deutschen dort ansässigen Schneider gesellen waren von Berlin 20 Mark in einem Post mandant angewiesen worden. Als der Schneider das Geld erheben wollte, brachte der Postbeamte mit großer Mühe 10 Mark in Kupfer zusammen, vier Mark wurden ihm in Gestalt einer Photographie des Sultans mit dessen eigenhändiger Unterschrift auSgezahlt und für den Rest erhielt er einen türki schen Orden I Aus Stadt und Land Lichtenstein, 9. November. *— Der Dippold-Prozeß mit seinen schrecklichen Enthüllungen wird gewiß an manches Frauenherz mahnend geklungen haben: „wie hast du dein höchstes Gut, dein Kind behütet ?" Gewiß, es ist an der Zeit, daß so manche Mutter sich ihrer heiligsten Pflicht bewußt werde, der eigenen Fürsorge für ihr Kind! Die moderne Frau, die für jede Auf der Jagd nach Sechzigtaus end Von Thorwald Bogsrud. Erzählung eines Privat-Delektivs. Einzig autorisierte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Friedrich v. Kähne l. IS. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Der Schauspieler sah so verblüfft aus, als hätte er es mit einem Wahnsinnigen zu tun. „Ihre Rolle wird übrigens sehr leicht sein; Sie haben nur auf eine Rechnung einer reizenden Blondine, Frl. Kesser, die im Orpheum austritt, den Hof zu machen." „Aber ich begreife nicht —I" „Das werden Sie bald." Hell machte ihm teilweise mit der Angelegen- heit vertraut, erzählte ihm den Grund, warum er haben wollte, daß Miß Florina auch fernerhin mit dem Russen Hamburg verkehren sollte, was sich leicht erreichen ließ, wenn sein Stellvertreter ihrer Kollegin den Hof machte. Der Schauspieler ging auf den Vorschlag ein und fand bald, daß eS eine der angenehmsten Rollen war, die er jemals übernommen hatte. „Aber Perrücke und Bart —" „Um die Perrücke bekümmern wir uns nicht, sie belästigt meist nur. Ihr dunkles Haar werde ich in einer halben Stunde färben, sodaß es dem meinigen gleicht." „Mit was, wenn ich fragen darf?" „Mit Wasserstoffhyeroxid, — aber für chemische Experimente interessieren Sie sich wohl kaum. Den Bart behandelt der Friseur des -Theaters. ES ist ein ungewöhnlich geschickter Mann in seinem Fach. Mein jetziger Anzug paßt Ihnen wahrschein- jch und damit ist der Russe fertig. Sie erhallen fördernde Bewegung eintritt, die für die Kinder der Armen Summen spendet, sie vertraut ihr Kind fremden Menschen an, die, oft selbst nicht erzogen, das anoertraute Leben nach ihren Launen, bald übermäßig streng, bald mit zu großer Zärtlichkeit erziehen. Die Amme, die das Kleine nährt, aus welchen Elementen ist sie oft ge kommen ? Jeder weiß es! Arme Mutter, die du dir das höchste Glück, dein Kind selbst zu stillen, entgehen lassest! Wie so manche junge Frau sitzt in ihrem traulichen Boadoir und vertändelt die Zeit, während ihr Kind, das sie mit der Bonne spazieren geschickt hat, so mancherlei ichndlichen Einflüssen ausgesetzt ist. Darum, junge Mütter, nehmt Euch der kleinen Seelen selbst an, lenkt die Kinderherzen auf gute, edle Bahnen, damit Eure Söhne ganze Männer werden und Eure Töchter echte deutsche Frauen, die im gemütlichen Heim als liebende Frau und treusorgende Mutter ihres höchsten Amtes walten ! * — Niedererzgebirgischer Tnrnga» Nach dem am Sonntag vormittag in der Turnhalle des Turnvereins Callnberg ein Turnen der Turnwarte der Gauoereine stattgefunden hatte, begann nachm. >/z3 Uhr im Ratskellersuale zu Lichtenstein ein außerordentlicher Gautag, zu welchem sich 90 Ver treter der Vereine und viele Gäste eingefunden hatten. Aus den Verhandlungen ist zu entnehmen, daß das nächste Gauturnsest am 10. Juli 1904 in Neuölsnitz abgehalteu werden soll. Als Abgeordnete zum Deut schen Turntag wurden der Gauvertreter und Gau- turnwart und als Vertreter zum Sächsischen Kreis- turntag Seminaroderlehrer Gruhl-Callnberg, Selb mann - Hoheustein-Er., Wohlfahrt - Hohndorf und Seidler-Neudörfel gewählt.— Die Gauvorturnerstunde findet am 6. Dezember in Oberlungwitz statt. * — Der Verband deutscher Kriegsvetera ne» mit dcm Sitz m Leipzig hält im Jahre 1901 feinen Verbandstag in Chemnitz ab. * — Welt-Ausstellung in Lt. Lonis 1SV4. Für Ausstellungsgüter der vom 1 Mai bis 30. Nov. 1904 in St. Louis stattfiadenden Welt-Ausstellung wird auf dem H.n- und Rückwege für die sächsischen und preußischen Eisenbahnlinien nur die halbe tarifmäßige Fracht dann berechnet, wenn die Güter auf dem Hinwege von einer Beschei nig ungdesReichskvmmissars, aus der ihre Bestimmung zur Ausstellung heroorgeht, und auf dem Rückwege von einem Rücksendungs- n a ch w e i s e des Reichskommisfars begleitet sind. In den Frachtbriefen für die Hin- und Rückbeförde rung muß der Vermerk enthalten sein, daß die Sen dungen durchweg aus Ausstellungsgut bestehen; außerdem müssen die Güter mit Bezettelungen ver sehen sein, aus denen ihre Bestimmung für die Aus stellung ersichtlich ist. Die gleiche Vergünstigung wird auch für den belgischen Seehasen Antwerpen gewährt. Leipzig. Dec Pianofortefabrikant Herr Kom merzienrat Julius Blüthner ist anläßlich seines 50- jährigen Geschäftsjubiläums zum Königl. sächs. Ge heimen Kommerzienrat ernannt worden. Er machte der Unlerstützungskasse seiner Arbeiter eine Zu wendung von 25000 Mk. und überwies außerdem denselben Betrag zur sofortigen Verteilu lg an die Arbeiterschaft. In Zwickau wird die polizeiliche Kontrolle des Gewichtes der Brote bei Bäckern und Brutver- käufern aufgehoben. Chemnitz. Zu einer imposanten Kundgebung gestaltete sich gestern mittag das Begräbms des ver storbenen Neichstagsabgeordneten Franz Hofmann. 25 M. Diäten pro Tag für Ihre Person und ein Honorar von 2000 M. für acht Tage. Einverstanden ?" „Einverstanden!" Nachdem Hell ihm noch einige Instruktionen erteilt hatte, verließen beide das Lokal und gingen nach Hells Wohnung, wo der alte Unteroffizier sich noch mehr verwunderte als früher, als er nach einiger Zeit den Russen leibhaftig zur Tür hinausgehen sah, während sein ursprünglicher Mieter ihm mit seinem früheren Aussehen freundlich entgegenlächelte. „Sie sind ein verteuselter Hexenmeister, Herr Norweger. Da werde ein anderer klug aus Ihren Künsten!" „Morgen muß ich reisen, Herr Schultze, aber wir sehen uns wohl später wieder!" Wünsche Ihnen Glück I Fassen Sie den Atten täter nur recht bald!" * Am solgenden Morgen sagte ein nichtrasierter, nachlässig gekleideter Arbeiter dem alten Unleroffizier Lebewohl und rasselte mit einem Bummelzug nach Berlin. Hell hatte diese Verkleidung gewählt, da er nicht sicher war, ob nicht auch Bühring mit dem gleichen Zuge reiste. In Berlin angekommen, bezog er ein kleines, einfaches Prioat-Hotel in der Nähe des Potsdamer Bahnhofs. In der letzten Zeit hatte sich ihm stets häufiger eine Frage aufgedrängt. Weßhalb reiste er eigent lich auf diese Weise dem Verbrecher nach? Ihm das Geld stehlen oder rauben konnte er nicht; das würde jener wohl zu verteidigen wissen. Was dann? Nach und nach begann in seinem Gehirn ein Plan auszutauchen und nahm auch immer bestimmtere Form an. Vorläufig hatte er wenigstens erreicht, Bühring I Eine nach Tausenden zählende Menschenmenge hatte I sich eingefunden. Im Namen der Chemmtzer Partei sprach Genosse Riemann und im Namen der RcichStags- fraktion Genosse Stolle-Gesau. Durch die Kriminalpolizei wurde ein Appreturge schäftsinhaber in Chemnitz verhaftet, der in den letzten Jahren zum Nachteile eines dortigen Strumpfgeschäfts Waren im Gesamtwerte von über 2000 Mk. unterschla gen hatte. In Eibenstock beschlossen die städtischen Kol legien, von 1904 ab die Kautionspflicht der städtischen Beamten aufzuhebeu. Nendorf. Beerdigung der Schmiedlschen Kinder- Unter Teilnahme weiter Kreise fand Sonnabend die Beerdigung der beiden unter dem Eindrücke religi öser Wahnideen durch Mutterhand getöteten Kinder des Geschirrfühcers Schmied! statt. Die Kinder waren nach der Sektion, die am Freitag von vor mittags 10 Uhr bis zum späten Abend währte, wieder nach dec Totenhalle auf dem Friedhof über führt worden. Dort waren sie zusammen in einem Sarg aufgebahrt unter reichem Blumenschmuck. Von der Totenhalle bewegte sich um 12 Uhr der Zug unter Glockengeläute nach der Kirche. Die Brüderschaft hatte sich bereit erklärt, den Sarg zu tragen, während die Kantoreizesellschaft sich freiwillig erboten hatte, die Feier durch Gesänge zu ver schönern. In der Kirche wurde der Sarg vor dem Altar niedergrstellt Nach dem Gesang der Motette: „Wie sie so sanft rubn" hielt der Onsgcistliche die Leichenpredigt vom Altar aus. Er führte ungefähr folgendes aus: Heute trauert eine ganze Gemeinde au einem Kmdersacgs. Was Hot diese allgemeine Trauer veranlaßt? Es ist etwas geschehen, was ein Menschenherz kaum auszudenken, ein Menschenmund kaum auszusprechen vermag: zwei liebe Kinder, ein herziges Geschwisterpaar ge mordet — gemordet von der eigenen Mutter. Wir alle stehen vor einem Rätsel, das Menschengeist nicht zu lösen vermag. Ein Rätsel wird es bleiben, daß eine Mutter die beiden eigenen Kinder mit ruhiger Hand erdrosselt und selbst auf die herzzer reißenden flehendlichen Bitten des schon mit dem Tode ringenden größeren Kindes hin, es am Leben zu lassen, doch die Todesschrrur nur noch fester zieht. Furchtbar ist die Shuld derer, die mit ihren selbst bewußten Bekehrungsversuchen in der armen unglück seligen Frau die Meinung erweckt, sie habe den Herland nicht und sei deshalb verloren. Weil sie aus Grund dieser ihr früher beigebrachten Meinung auch ihre Kinder für verloren gehalten, hat sie diese umgebracht. Dem ober steht gegenüber Matthäus 18, 14: „Es ist vor Eurem Vater im Himmel nicht der Wille, daß jemand von diesen Kleinen verloren werde." Dies schöne Heilandswort wurde dann des weiteren auszeführt und aus die Kinder angewendet, sür die Leidtragenden, insbesondere für den tiefgebeugten Vater, daraus aber der rechte Trost abgeleitet. Die Rede klang aus in einem Gebets wort für die unglückliche Mutter und in der ernsten Mahnung an die ganze Trauerversammlung, weder selbstgerecht für andere zu Gericht zu sitzen, noch andererseits kleinmütig zu verzagen, als ob wir keinen Heiland hätten. Gott will, daß keiner ver loren werde. Hieraus folgte abermaliger Gesang. Nachdem der Leichenzug sich wieder geordnet, be wegte sich derselbe hin zu dem offenen Grab, wo die sterbliche Hülle der beiden Kinder ihre letzte Ruhestätte unter den Worten der Einsegnung und dem Gebet des Vaterunser seitens des Geistlichen fand. in nächster Nähe beobachten zu können, ohne daß dieser seine Anwesenheit in Berlin ahnte. Hell zweifelte nicht daran, daß Miß Florina ihn davon unterrichten würde, wie sein „Doppelgänger" sich in ihre Kollegin verliebt und infolgedessen seine Jagd aufgegeben hatte. Sein Stellvertreter war gehörig instruiert und schien ein Mann zu sein, der sich da nach zu richten verstand. Er hatte darum allen Grund, mit der jetzigen Lage der Dinge zufrieden zu sein und mit dem Gefühl einer gewissen Befrie digung schlummerte er am Abend nach mehrjähriger Abwesenheit zum ersten Male wieder in der lärmen den großen Stadt an der Spree ein. Am nächsten Morgen unternahm er in derglei chen Tracht einen Spaziergang, der vor allem dem Hotel „Prinzenhof" und seiner Umgebung zu gelten schien. Er wünschte zuerst zu wissen, ob sein Mann bereits angekommen war. Ohne sich zu bedenken, ging er zum Portier und fragte nach einem Bau meister Soundso. Der Portier musterte überlegen das verwahrloste Aeußere des Fragers. „Sehen Sie auf der Tafel nach, sie ist dafür da", lautete endlich die Antwort. Er ließ sich nicht zweimal bitten und begann sogleich die Reisendenliste zu mustern, fand aber keinen Namen, der ihm einen Fingerzeig geben konnte. Er wollte wieder gehen, als ein Aufwärter schnell in das Vestibül trat und nach dem Portier verlangte. „Herr Portier, der Schwede auf Nr. 37 wünscht eine Droschke erster Klaffe". „Gut", — der Portier klingelte am Telephon. Hell verließ eilig das Telephon und nahm Platz an einem Zeitungskiosk, wo er den Hoteleingang über wachen konnte. (Fortsetzung folgt.)