Volltext Seite (XML)
könnten. Die Maßnahme hat schon viel Erfolg ge zeitigt. Bei dieser Gelegenheit wird als erstmalige Neuerung anzugeben gefordert, welchem Rekrut von seinem Arbeitgeber, Prinzipal rc. zugesichert worden ist, daß er nach vollendeter Dienstzeit seine alte Stelle wieder einnehmen kann. Es dürfte sich dabei um eine neue Statistik handeln, deren Bekanntgabe in der Tat sehr interessant sein würde. * — Spekulative Berichterstattung. Unter dieser Spitzmarke bringt das „Gl. Tgbl." u. a. folgendes: Sensationelle Meldungen weiß ein Glau chauer Korrespondent einer großen Reihe auswärtiger Blätter aus Glauchau zu berichten. Zunächst teilt er in einer „Drahtnachricht" den Blättern mit, „daß im benachbarten Dorfe Rödlitz Bauern die Meß vorrichtungen und Schleusenstücke der von der Stadt Callnberg dort durchgeführten Wasserleitung zer brochen, und daß ein „großes Gendarmerieausgebot" von hier abgesandt worden sei, um die Aufrührer in Schach zu halten. Infolge hiervon berichten be reits Kölner und Berliner Blätter von unserer Gegend als Aufstandsgebiet". — Nach einem Ein gesandt in einem Lichtensteiner Blatte scheint an der ganzen Geschichte das einzig taisächliche zu sein, daß die Rödlitzer Bauern auf den in Betracht kommenden Grundstücken Jauche ausgegossen haben, gerade als die Vermessung vor sich gehen sollte. Den be treffenden Beamten wird das ja nicht gerade ange nehm gewesen sein, aber es läßt sich dadurch doch mit dem besten Willen noch kein Landfriedensbruch oder Aufruhr konstatieren, was die betr Tataren nachricht glauben machen will, auch wenn einige Gendarmen zur Erörterung der Sache entsandt worden sind und einen Gutsbesitzer oerhaftct haben, der unter dem Verdacht stehen soll, die auf seinem Grundstück angebrachten Meßvorrichtungen zerstört zu haben." * — Bernsdorf. Am vergangenen Dienstag nachmittag 4 Uhr hielt die hiesige freiwillige Feuer wehr ihre letzte Uebung in diesem Jahre, verbunden mit einer Generalübung, ab. In Gegenwart des Herrn Branddirektor Tuchscherer wurde zunächst im Detail, aldann zu Fuß exerziert, beides wurde sehr exakt ausgeführt. Hierauf wurde Alarm geblasen und als Brandobjekt die Eduard Wols'sche Wirt schaft bestimmt. Die freiwillige Feuerwehr als auch die hiesige Pflichtfeuerwehr unternahmen sofort einen gemeinschaftlichen Sturmangriff auf das Brandobjekt, der sich außerordentlich schnell vollzog und gut ge lang. Nachdem in kurzer Zeit aus 3 Schläuchen ein großes Quantum Wasser abgegeben war, wurde das „Ganze Halt" geblasen und wieder abgerückt. Es hatte sich eine große Zahl Zuschauer eingefunden, welche der Uebung mit Interesse folgten. Zum Schluß versammelte sich die freiwillige Feuerwehr in Kastens Restaurant, um die Kritik entgegenzu nehmen und einige Stunden in kameradschaftlicher Weise zu verbringen. Beiden wackeren Wehren ein „Gut Wehr!" * —kZ Oelsnitz i. C Am 27. Okt. fand in den Bureauräumen der Oelsnitzer Bergbau-Gewerk schaft, nachdem vor kurzem erst an Arbeiter für treue langjährige Dienstzeit Auszeichnungen verliehen worden waren, abermals eine einfache, würdige Feier statt, bei welcher dem nach 42jähriger treuer Amtierung in den Ruhestand getretenen Material verwalter Lichtenberger durch Herrn Bergamts rat Herold aus Frecherg in Mitanwesenheit des Vorstandes der hiesigen k. Berginspektion, des Ver treters des Grubenvorstandes, der Werksleiter und einigen Beamten, im Auftrage Sr. Majestät des 7 Königs das allgemeine Verdienstkreuz überreicht I wurde. Von Seiten des Werkes wurde der Jubilar außerdem durch eine Geldspende erfreut. Anschließend fanden mehrere Ansprachen statt, bei welchen in erster Linie Sr. Majestät unserm König ein drei faches Glück auf! gebracht wurde. Leipzig. Den Tod durch Ersticken bez. durch einen Genickbruch fand das im zweiten Lebensjahre stehende Söhnchen eines in der Merseburger Straße zu L.-Lindenau wohnhaften Markthelfers. Am Mon tag abend verließ die Mutter des KindeS auf kurze Zeit die Wohnung, als das Kind bereits im Bett lag und schlief. Um ein Herausfallen deS Kindes zu verhüten, steckte die Frau, wie es sehr oft ge macht wird, das Plattbrett in das Bett. Da das Brett länger war, stand es auf einer Seite etwas in die Höhe. Als die Frau zurückkehrte, fand sie das Kind in ganz eigenartiger Lage tot vor. Das Gesicht des Kleinen steckte in den Betten, der Hals befand sich in dem Zwischenraum zwischen Brett und Bett, die Beine hingen nach unten. Das Kind war offenbar in der Zeit, als sich die Mutter entfernt, erwacht und es hatte zum Bett herausklettern wollen, wobei es stecken geblieben ist und so den Tod ge funden hat. Von einem Automobil überfahren und schwer verletzt wurde am Montag abend in Leipzig an der Ecke der Zeitzer- und Hohenstraße der 47 Jahre alte Maler Seismann. Der Genannte war eben von einem Straßenbahnwagen abgestiegen, als ein Automobil ihn umriß und überfuhr. Auf dem Hilfegottesschacht in Zwickau geriet am Montag der 13 jährige Tagearbettec Näser aus Schönfels in die Transmission des Dampfaufzuges, wobei er mehrmals mit dem Kopfe auf den Boden aufschlug und ihm der Brustkasten eingedrückt wurde. Zwei Zigeunermädchen kamen im März d. I. wegen Betrugs in Zwickau zur Haft. Das Gericht entließ sie aus dnser gegen Kaution. Sie haben sich inzwischen der Untersuchung entzogen und das Gericht hat nunmehr die Kaution als verfallen erklärt. Die Fabriken in Crimmitschau stehen noch still. Der Versuch, Arbeitswillige zu gewinnen, ist mißglückt. Gemeldet hatten sich viele, aber eine große Zahl zog die Meldung wieder zurück aus Furcht vor den Weiterstreikenden. Der Streik dauert nun schon zehn Wochen. Hält er noch lange an, so wird die Crimmitschauer Industrie nach langen Jahren erst wieder ihre frühere Blüte erlangen können. Döbeln Der Tod des Dienstmädchens Hänsel in Kleinbauchlitz, dessen Beerdigung erst nach erfolgter Sezierunq gestattet wurde, ist durch ein nach Z 218 des R.-Str-G.-Vuchs strafbares Verbrechen herbei- geführt worden. Das Mädchen hatte ein Giftmittel in starker Dosis zu sich genommen. Die Wirkung war so stark, daß das Mädchen sich verblutete. Aus Thüringen. Meuselwitz. Ein wenig erfreulicher Vorgang spielte sich kürzlich in hiesiger Stadtkirche gelegent lich einer Tranung ab. Vor Ankunft des etwas lange auf sich warten lassenden Brautpaares zündete sich einer der Trauzeugen, ein Soldat, vor dem Altar seine Zigarre an und schlug alsdann auch die AUar- bibel auf und begann in derselben zu blättern. Der hinzukommends amtierende Geistliche wies den dreisten Patron sosorl aus der Kirche, wie auch die Anwesenden über ein derartiges Gebaren empört waren. Jedenfalls dürfte der Vorgang noch ein I unliebsames Nachspiel für den Betreffenden ergeben. I Arbeiterbewegung Colditz. Wegen Lohndifferenzen und angeb licher Maßregelungen haben in der Schuhfabrik von Schink und Walther die Zwicker die Arbeit nieder gelegt. Gera. Die Aussperrung der Spinnereiarbeiter in Liebschwitz a. d. Elster dauett immer noch unver ändert fort, trotzdem die Amtshauptmannschaft einen Vermittelungsversuch gemacht hat. Das Bestreben des Amtshauptmannes scheiterte an der ablehnenden Haltung des Aufsichtsrats-Vorsitzenden. Die Aktio näre haben den Arbeitern mitteilen lassen, daß sie einzeln vorstellig werden sollen. Die Ausgesperrten haben jedoch beschlossen, nur gemeinschaftlich die Arbeit wieder aufzunehmen. In der Fabrik sind jetzt etwa 10—12 Arbeitswillige beschäftigt. Plauderei vom Tage Trotzdem, daß unsere Zeitung sich immer größerer Beliebtheit erfreut und sich einen stetig wachsenden Abonnententreis erworben hat, so gibt es doch noch manche Einwohner unseres Ortes, die sich aus diesem oder jenem Grunde ablehnend gegen dieselbe verhalten. Alle diese Gründe, wie sie auch lauten mögen, sind sehr leicht anfechtbar und laufen ihrerseits wieder auf den einen Grund hinaus: „Ich will nicht." Für dieses Mal wollen wir uns vornehmen, eine jener Erwiderungen zu widerlegen, die auf eine Ein ladung zum Abonnement sehr häufig angewendet wird. Kürzlich noch gab ein Herr auf die Frage, warum er unsere Zeitung nicht weiter abonniere, folgende Antwort: „Ihr Blatt gefällt mir im Ganzen recht gut; es besitzt viele Eigenschaften, die cs vor anderen auszeichnen, aber — hier kommt das „Aber" — eines will mir nicht recht gefallen: Sie bringen nicht genug Nachrichten von unserem Orte." Also sein Weigerungsgrund war der Lokalpatriotismus, wenn man ihn so benennen will. Nun läßt sich wohl gegen eine besondere Vorliebe für den Geburts oder Wohnort im Allgemeinen nichts sagen. Gewiß hat sie ihre Berechtigung, wie ja auch in weiterer Ausdehnung die Liebe zum Vaterland etwas Hohes und Heiliges ist. Auf ihr basiert das Wohlergehen und Gedeihen der ganzen Gemeinde. Der Bürger ist stolz auf seinen Heimatsort, wie auch um gekehrt dieser stolz sein kann auf jeden Bürger, der sich auf irgend eine Weise hervorgetan hat. Daher rühren die nicht seltenen Ernennungen zum Ehrenbürger, wenn ein solcher aus dem Gemeinwesen scheidet. Eine der schönsten Früchte dieser Liebe sind die hochherzigen Stiftungen und Legate, welche wohl- habende Bürger ihrem Heimatsocte vermachen. — Aber wie Alles seine Grenzen hat, die nicht überschritten werden dürfen, so ist es auch mtt dem Lokalpatriotis mus. Auch dieser darf nicht übertrieben werden, wenn man sich nicht zum mindesten lächerlich machen will. Es zeugt z. B. von sehr großer Engherzigkeit, wenn man in einer Zeitung, und selbst wenn es das Lokalblatt ist, nur Nachrichten von seinem Orte sehen wollte, dagegen sich ängstlich gegen jede Neug- keit aus den Nachbarorten verwahren würde. Das erinnert fast an Zustände aus dem Mittelalter, wo jedes Städtchen und jedes Dörfchen sich von dem anderen abzuschließen trachtete und so dem allge meinen Gedeihen und Wachsen hemmend in den Weg trat lieber diese Zelten sind wir, Gott sei Dank, hinaus. Selbstverständlich ist es die Pflicht eines Lokalblattes, zunächst die Ereignisse und Nach richten des Ortes zu berichten. Jedoch wenn diese knapp jind, was dann? Soll es lieber bedeutungs losem Klatsch seine Spalten öffnen und sich wichtigeren des ältesten Stadtviertels von Kopenhagen und sind gleichsam „Mausefallen" der Kopenhagener Polizei. In denselben versammelt sich die Hese Kopenhagens oder besser gesagt, das Elilekorps der Verbrecherwelt im „Paris des Nordens". Die eigentlichen Banditen, die Trunkenbolde, die dann und wann in irgend einem entlegenen Winkel durch Drohungen sich ein Kronenstück an eignen und jeden zweiten Tag wegen Rauferei und Widerstand gegen die Polizei abgefaßt werden, haben kein Heimatsrecht in den zwei düsteren, wenig sauberen Kellern. Der Taschendieb, der, wenn die Zeiten gut sind, dem feinsten Elegant nichts nachzibt, der er fahrene Einbrecher und der Schwindler, der heute falsch spielt und morgen Annoncen für das eine oder andere universale Humbugunternehmen sammelt, diese Typen sind es, die den erwähnten Oertlichkeiten ihr Gepräge geben und um derentwillen sie existieren. Die Polizei hat manchen Fang hinter den matten Glastüren gemacht und mancher verwegene Kumpan hat in Nummero Sicher seine unheilvolle Vorliebe für seine Stammkneipe beweinen müssen. Oskar Hell saß am Abend in einer einsamen Ecke des „Schröpfkopfes". Er halte vorher in „Olger Däne" nachgeforscht, aber nicht gefunden, was er suchte. Er war komplet unkenntlich und sah eher aus wie ein Seemann, der, ein wenig angeheitert, nun auf gut Glück in einer Kneipe gelandet ist, um sich ein Glas Grog zn Gemüts zu führen. Er be stellte solchen mit sehr lauter Stimme und bezahlte prahlerisch aus einer gutgefüllten Börse, was drei zweifelhaften Existenzen in einer entlegenen Ecke nicht entging. Er summte halblaut ein Bruchstück aus einem Lied und begann nach und nach ein zunicken. (Fortsetzung folgt.) Auf der Jagd nach Sechzigtausend. Von Thorwald Bogsrud. Erzählung eines Privat-Detektivs. Einzig autorisierte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Friedrich v. Kähne l. 8. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Sagen Sie mir, liebe Marie, ist dieser Kerl, der hier wohnt, ein respektabler Mensch?" „Das kann ich Ihnen nicht sagen, Herr Malm berg. Er .st fast den ganzen Tag draußen." „Er ist jedenfalls ein armer Teufel." „Das ist möglich, aber er bezahlt doch wenigstens jeden Tag seine Rechnung." „Ich brauche zu einem gewissen Zweck einen norwegischen Kommissar, weiß der Teufel, ob der Kerl sich verwenden läßt. Sehen Sie, Fräulein, ich will mich verheiraten, und da muß man, der Henker hol's, Geld verdienen." „Darf ich (ragen, wer die Glückliche ist?" „Das darf ich noch nicht sagen, Schätzchen. Das werden Sie später vernehmen, daß heißt, wenn ich Sie ein bischen besser kennen gelernt habe. — Hat er eine grvße Korrespondenz, dieser Norweger? Ist er Geschäftsmann?" „Das glaube ich kaum. Nur eiu einziger Brief ist für ihn angekommen, aber es war ein recht sonderbarcr." Sie lachte herzlich. „Wieso ? Nur heraus damit! Es unterhält mich." „Ja, es war heute vormittag. Er hatte schon gestern mittag nach Briefen gefragt. Heute kam, wie gesagt, einer für ihn. Er öffnete ihn sogleich. Aber können Sie erraten, was im Briefumschlag war?" „Nein, das kann ich nicht." „Aber ich konnte es ganz zufällig sehen. Es waren nur zwei Karten. Spaten-Acht und Herzaß I" Hell stimmte in ihr Lachen ein. „Das ist eine verteufelt lustige Korrespondenz. Es ist wohl irgend eine kleine Dame, die ihm auf diese Weise einen Possen gespielt hat!" Hell bezahlte, nahm zärtlich Abschied und ver ließ die „Guckhenne". „Sage mir doch, Kommissär, was denkst Du von der ganzen Geschichte?" Die beiden Freunde saßen vor einer Tasse Kaffee. „Nun, sie Hot Dir wenigstens Gewißheit über ein Ding verschafft." „Ja, wirklich I Ich kann nun doch mit Sicher heit annehmen, daß der Mensch einen Mitschuldigen hat I" „Das meinte ich gerade." „Diesen Brief muß ich in die Hände bekommen." „Das geht nicht so schnell, mein Freund." „Das weiß ich wohl, hilft aber nichts. Ich will ihn haben." Es strahlte eine unbändige Energie aus dem offenen Gesicht mit den blitzenden dunklen Augen und den zusammengepreßten Lippen. Der Kommissär lächelte sarkastisch. „Und wenn es Dir gelingt, desselben habhaft zu werden, dann erzählst Du mir vielleicht Dein Verfahren, damit ich meinen Untergebenen einen kleinen Kurs in der höheren Dctektivkunst erteilen kann, wie?" „Meinetwegen." Sie verließen Beide das Lokal vor den Augen des knixenden Portiers. Es ist kaum glaublich, daß einer meiner geehrten Leser seinen Fuß jemals in „Olger Däne" oder den „Schröpskopf" gesetzt hat. Die beiden kleinen düsteren Kneipen liegen einander gegenüber fast in der Mitte