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bracht. Die Königsmörder behaupten, die Verschwo renen von Nisch wollten König Peter zwingen, das Land zu verlassen, und hätten die Absicht, den Fürsten Nikita von Montenegro aus den serbischen Königsthron zu erheben. *Belgrad. Seit zwei Tagen beschäftigt sich Ler Ministerrat mit der Frage, ob eine Reihe höherer Offiziere, welche die eigentlichen Urheber des Nischer Komplottes sind, verhaftet werden sollen. Die Mehrzahl der Minister ist gegen die Verhaftung, weil dadurch dem Ausland bewiesen werde, daß das Nischer Komplott eine weit größere Bedeutung habe, als man in Belgrad zugeben wolle. Bulgarien * Sofia. Die „Autonomie" meldet, daß die Massenmetzeleien im Landschak Kirkilisse andauern. In der Stadt Kirkilisse selbst ordneten die Behörden an, daß alle Bulgaren, welche in Gemeinschaft mit den Griechen leben, abgesondert werden sollen. Die im Gefängnis befindlichen Bulgaren sind von ihren türkischen Mitgefangenen niedergemacht worden. AuS Stadt uud Land Lichtenstein, 16. September. * — Berkaus. Wie wir hören, ist das Restau rant „König Albert-Turm" durch Kauf in den Besitz des Herrn Großer aus Chemnitz übergegangen. Die Bewirtschaftung des Restaurants wird durch den neuen Besitzer vom 1. Oktober an beginnen. * — Mit dem Markenkleben nehmen es ver schiedene Arbeitsgeber immer noch zu leicht. Dabei können die Folgen für sie recht schwere sein. Soeben wird wieder ein Fall bekannt, in dem ein Maurermeister, der zu wenig Marken geklebt hatte, zur Zahlung einer jährlichen Rente von 125 Mark an seinen früheren Lehrling verurteilt wurde. Ein Beispiel, das als Warnung dienen sollte! * — Rückgabe falsch bestellter Briefe. Die Postbehörde hat eine bemerkenswerte Verfügung über Rückgabe von falsch bestelltenVriefen erlassen. Es wird darauf hin gewiesen, daß Briefe und Postkarten, die irrtümlich bestellt oder in Druck sachen vorgefunden worden sind, nur dann eine weitere freie Beförderung erfahren, wenn sie einem Briefträger zurückgegeben werden. Falls die Sendungen indessen, was oftmals geschieht, einfach in einen Briefkasten gesteckt werden so unter liegen Sie von neuem der postalischen Beförderung und werden als „unfrankiert" behandelt. Infolge von zahlreichen Reklamationen wegen der Zahlung von Strafporto und der damit verbundenen Zeitver säumnis durch Schreibereien und Vernehmungen wird daher gebeten, im Interesse der unbekannten Adressaten falsch bestellte Briefe und Postkarten ein fach bei nächster Gelegenheit dem Briefträger zurück- zugeten. * — Die beliebten W-hlfahrtsl-seä M »,3« zu Zwecken der Deutschen Schutzgebiete sind laut Be kanntmachung noch durch das Bankgeschäft Ad. Müller L Co. in Darmstadt, Rheinstraße 14 und in Hamburg, große Johannisstraße 21, zu beziehen und es ist schnellste Bestellung zu empfehlen, denn die Gewinnziehung be ginnt bereits am 28. September. Sämtliche 16870 Geldgewinne, worunter die Haupttreffer von 100 000 M., 50 000 M, 25 000 M, 15 000 M., 10 000 Bl. u. s. w., gelangen bekanntlich ohne Abzug zur Auszahlung. * — Die Entlassung der Reservisten hat stattgefunden. Die aufgerollle Achselklappe und der Stock mit der Kompanietrottel ist jetzt an der Tages ordnung. Die Parole heißt: Reserve der Ruh! Da- heiim erwartet bereits Mutter sehnsüchtig den Jungen, Die Hand des Schicksals. Novelle von A. Peters. (Nachdruck verboten.) (8. Fortsetzung.) „Er hatte, wie mir geschrieben wurde, in letzter Zeit immer nur von mir gesprochen. Er hinterließ mir seine Liebe, seinen «egen und den größten Teil seines Vermögens. Für Albert hatte er eine bedeutende Geld summe und eine hübsche kleine Besitzung, Gründorf, be stimmt. Der kostbare Familien sch muck, die Behrings'chen Diamanten sollten meiner einstigen Gemahlin zufallen. Durch Onkel Rolss Tod war ich Baron von Felscck geworden. Ich schrieb an Albert und bat ihn, mit seiner Gattin statt meiner das Schloß zu beziehen. Anfangs sträubte er sich, aber ich bat ihn wiederholt und stellte ihn vor, daß ich eine solche Besitzung doch nicht in den Händen der Dienerschaft lassen könnte, bis er sich endlich überreden ließ, und nach Schloß Felscck überzusiedeln. Ich indes rang umsonst nach Frieden. In Lahore war es, wo mein Unglück seinen Gipfelpunkt er reichte. Ich lernte einen Deutschen, Herrn von Seltener, mit seiner Frau und zwei Nichten kennen. fsA „Er war ein edler, geistreicher Herr, sie eine gut- mütige geschwätzige Dame, die alle Welt kannte und sich in aller Welt Angelegenheiten mischte. Klara, die ältere der beiden Nichten, heiratete einen vormehmen englischen Lord. Elsbet, die jüngere, war sehr hübsch und ließ mich bald merken, daß ich ihr keineswegs gleichgültig war. Kam ich ins Haus, wo ich mehr als Sohn, denn als ein Fremder behandelt ward, so war sie stets die Erste, die mich begrüßte; halten wir einen Ausflug vor, so stellte man sie unter meinen Schutz, und bei Bällen und anderen Festlichkeiten hob sie stets die besten Tänze für mich auf. Lady Lestone, ihre Schwester, sowohl, als auch Frau von Seltener sprachen unaufhörlich von Elsbet mit mir und verstrickten mich derart in allerlei Angelegenheiten, daß ich später selbst I der nun wieder dauernd in ihrer Nähe weilen soll. I Freilich gibt es auch Tausende, die noch weiter von da heim weggeführt werden, die aber doch erst einmal zu Muttern fahren. Möge ihnen allen die Dienstzeit m angenehmer Erinnerung bleiben! *—ü. Ort«»a»«Sdorf. Die Gemeinde Ort- mannsdors mit Ortsteil Marienau zählt gegenwärtig 1648 Einwohner. Davon entfallen aus Ortmanns dorf 1317, und zwar 649 männliche und 668 weib liche Personen, auf Marienau 331 — 157 männ liche und 174 weibliche. Bewohnte Gebäude be finden sich in genannter Gemeinde 186, davon kom men auf Ortmannsdorf 152 und auf Marienau 34. Glaucha». In einer Versammlung von Ver trauensmännern des Landtagswahlbezirks wurde einstimmig beschlossen, den bisherigen Abgeordneten Kommerzienrat Ehret» Glauchau (nationalliberal) als Kandidaten für die Landtagswahl aufzustellen. Kommerzienrat Ehret erklärte sich zur Annahme der Kandidatur bereit. Annaberg. Aus Mildenauer Flur ereignete sich am Sonntag nachmittag ein bedauerlicher Unfall. Gelegentlich einer Rebhuhnjagd stürzte in einem Kartoffelfelde einer der Jäger. Hierbei entlud sich die volle Schrotladung und traf einen der Mitbeteiligten aus Wiesa so unglücklich, daß er schwerkrank darnieder liegt. Hainichen. Wegen bedeutender Unterschla gungen, man spricht von vielen Tausenden Mark, ist am Sonnabend der Kaufmann Friedrich hier verhaftet worden. Friedrich war in einer hiesigen größeren Webcrci Prokurist. Er stellte sich selbst der Polizei. In Eschefeld bei Borna hat der Flurschütz einen Fischadler geschossen, der in jener Gegend selten vorkommt. Allerlei -j- Köln. In einer Färberei zu Rheydt explo dierte ein Trockenzylinder. Emem Arbeiter Küster wurden von umhergeschleuderten Eisenstücken beide Beine abgerissen. Sein jüngerer Bruder erlitt schwere Verletzungen an der Brust. 1° Bochum. Der Redakteur Leim peters von der „Deutschen Bergarbeiterzeitung" wurde in Zwangshaft genommen, weil er sich weigert, anzugeben, wer den Bericht des Gelsenkirchener Kommissars an den Regierungspräsidenten über die Bergarbeiterbewegung eingefandt bat. j- Breslau. Wie aus Myslowitz gemeldet w'rd, wurden daselbst 17 Personen von einem aus Rußland zugelaufenen Hunde, bei dem dann Toll wut festgestellt wurde, gebissen. Die Leute wurden in das Pasteursche Institut nach Berlin geschafft. Ein seltsamer Reservist. Unter den zu einer 28tägigen Hebung eingezogenen Reservisten, die sich dieser Tage bei dem 3. französischen Genie- Regiment zu melden hatten, befand sich einer, dessen Ankunft großes Aufsehen erregte. Er kam nämlich mit einem 3jährigen Kinde, seinem Töchterchen, auf dem Arm, in die Kaserne und brachte auch noch ein altes Pferd mit, das ihm bei seinem Geschäfte als Zchiffszieher gute Dienste leistet und sein einziges „Vermögensslück" bildet. Der arme Mann ist Wit wer. Er hat keinen Verwandten, der sich um das kleine Mädchen hätte kümmern können und es fand sich auch kein Mensch, der 28 Tage lang den alten Gaul gefüttert hätte. In dieser Notlage faßte der Reservist einen energischen Entschluß: er nahm Kind und Roß zum Korps mit, in der Hoffnung, daß das Reqiment schon für ihren Unterhalt sorgen nicht begreifen konnte, wie ich hatte so blind sein können, die Absicht, die man dabei im Auge hatte, nicht zu durchschauen. Kürz, sie verstanden es so geschickt, mich, ehe 'ch mich dessen versah, in ein solch festes Gewebe zu verstricken, daß an ein Entkommen meinerseits nicht mehr zu denken war. Als die Erkenntnis an mich herantrat, daß alle Europäer im Orte fest der Meinung waren, ich würde Elsbet heiraten, war niemand darüber mehr erstaunt, als ich selbst. Von den Verhältnissen getrieben, begab ich mich zu Frau von Seltener. „Ich möchte ein ernstes Wort mit Ihnen reden," begann ich. — „Das freut mich," lautete ihre Antwort, „ich habe es schon längere Zeit erwartet " — „Ist Ihnen bekannt," fragte ich, „das! alle Welt von meiner Verlobung mit Fräulein Elsbet spricht?" — „Das ist nach allen den Aufmerksamkeiten, die Sie ihr erwiesen haben, auch nicht anders zu erwarten," versetzte sie. — „Aber Sie wissen, daß ich nicht ans heiraten gedacht habe!" sprach er er regt. Da trat Frau Seltener einen Schritt näher an mich heran. „Wie?" rief sie entrüsteten Tones. „Wenn das Ihr Ernst ist, dann haben Lie die arme Elsbet furchtbar kompromittiert. Wir waren überzeugt davon, daß Sie ehrenhafte Absichten hatten!" — „Ich werde nie heiraten!" brachte ich bestürzt hervor. — „Dann wird dem armen Kinde das Herz brechen!" rief Frau von Seltener. In dem Augenblick tat sich die Tür auf und Elsbet überschritt die Schwelle. „Was gibt es, Tante?" fragte sie. „Was ist Ihnen, Herr Baron?" — „Mehr, als Dir zu hören angenehm sein wird, — mehr, als cm Mann von Ehre zu sagen vermag," ant wortete Frau von Seltener in heftiger Erregung." — „Von Baron von Behrings darfst Du so nicht reden I" entgegnete Elsbet mit Entschiedenheit, an meine Seite tretend und meine Hand in die ihrige nehmend. — „Da sehen Sie, welches Vertrauen das Mädchen in Sie setzt!" sprach Frau von Seltener. „Glauben Sie nun, daß Sie Elsdets Herz gewonnen haben?" . . . O, mein würde. Und seine Hoffnung wurde nicht getäuscht. Als die Militärbehörde von der traurigen Lage des armen Teufels hörte, sorgte Sie dafür, daß daS kleine Kind gut untergedr«ht und Ernährt würde und ver- pflichtet sich auch, das alte Pstrd 28 Lage laug durch, zufüttern. Wäre es nicht viel einfacher Kwes^u, wenn man den armen Mann von der Uebung befreit hätte? ch Düren. Am Montag nachmittags 1 Uhr wurden auf dem Manöoerterrain in der Nähe von Weißweiler sechsSoldaten des in Trier in Garnison liegenden Infanterie-Regiments v. Horn (3. Rheinisches) Nr. 29 vom Blitz getroffen. Ein Soldat wurde getötet, fünf verletzt, drei Sol daten, welche der Schreck betäubt hatte, vermochten sich, wie die „Dürener Zeitung" meldet, bald nach ihrer Einlieferung in das Krankenhaus zu erholen. Krauenlebe« in Judien. Von H. Stein. (Nachdruck verboten.) (Schluß.) Die Verheiratungen geschehen nach alter orien talischer Sitte durch Zahlung eines Kaufpreises seitens des Bräutigams, doch muß bemerkt werden, daß vielfach auf den Willen der Tochter Rücksicht ge nommen wird, diese also keinen Zwang bei der Wahl des Lebensgefährten erduldet. Auch ist die Eheschließung mit gewissen Formen, an manchen Orten sogar mit gewissen Feierlichkeiten verbunden. Eigentümlich ist die bei manchen Stämmen beobach tete Sitte, daß die Braut immer aus einem anderen Stamme sein muß, als der Bräutigam. Vielfach nimmt die Frau auch eine ganz geachtete, dem Manne ebenbürtige Stellung ein, so z. B. bei den Kolfs, wo sie meist nicht nur die „Herrin des Hau ses" heißt, sondern auch wirklich ist. Ehescheidungen kommen häufiger vor als Vielweiberei, die vielfach dem Besitzer mehrerer Frauen Verachtung einträgt. Uebrigens herrscht in einigen Teilen Jndrens, z. B. in den an Tibet grenzenden Gebieten, auch die Viel männerei, indem die Söhne eines Hauses durchweg eine Frau haben. Die aus der Ehe stammenden Kinder gehören den Brüdern der Reihe nach. Bei den Todaindern im Süden der Halbinsel bestand der Vielmännerei wegen bis vor etwa 60 Jahren die grausame Sitte des Mädchenmordes. Man ließ in jeder Familie nur ein Mädchen leben, die übrigen wurden alle ermordet. Obwohl infolge des Ein flusses europäischer Politik diese Sitte verschwunden ist, wurde die Vielmännerei trotzdem beibehalten. Am lockersten ist das Eheband bei den Badaga- stämmen, bei dem es nicht selten ist, daß mehrmals geradezu auf Probe geheiratet wird, auch ist der Weiberraub häufig Aach in Traakaoor sind die ehelichen Verhältnisse recht lose. Die Kinderehe ist auch hier eingeführt worden, verpflichtet aver nicht für das Leben. Ein mündiger, junger Mann schenkt dem Mädchen seiner Wahl ein Kleid, und die Ehe ist geschlossen; beide wohnen ost im Hause naher Verwandten fclange zusammen, wie es ihnen beliebt. Wenn sie später wieder auseinander gehen wollen, so genügt eine geringe Entschädigung von der einen oder der anderen Seite, um den anderen Teil mit seinen Ansprüchen abzufinden. Im südlichen Judien, im Tamilgebiete vor nehmlich, sind die Familienbande sehr stark, soweit es sich um Mitglieder derselben Familie handelt; trotzdem verkümmert auch die Gatlenliebe hier unter der Unsitte des zu frühen Heiratens. Die jungen Mädchen haben keine Ruhe, bis sie in die Ehe ge langt sind. Wer bis zum 12. Lebensjahre dieses Ziel nickt erreicht hat, hält cs überhaupt für unmög- Fceund," brach der Kranke mit gesenkter Stimme, die Augen mit der Linken beschattend, ab, „es widerstrebt mir zu sehr, Dir die weiten Einzelheiten jener Stunde zu erzählen. Die zwei Frauen verstanden es meister haft, mich zu nehmen, an meine Großmut und an meine Ehrenhaftigkeit zu appellieren, daß ich schließlich das Versprechen gab, Elsbet zu heiraten!" Wie von einem heftigen Schmerze gequält, schloß der Erzähler die Augen, und es verstrichen mehrere Minuten, ehe er in seiner Geschichte fortsuhr: „Ich war sehr unglücklich. Bevor der Tag, der die Entscheidung gebracht, zu Ende war, haßte ich den Gedanken, Elsbet heiraten zu sollen. Aber es war zu spät zur Reue. Die Hochzeitsvorbereitungen wurden bc- schlcunrgt betrieben, und bald kam der Tag heran, an dem ich, der stets nur Leonores Bild im Herzen zu tragen geschworen hatte, einer anderen die Hand vor dem Altar reichte. Ich heiratete Elsbet. Aus Deutsch land trafen Gratulationsbriefe ein. Der eine war von Albert, der andere von Leonore. Ich brauche nicht zu sagen, wie schmerzlich mir beide waren. Die Briefe er hielten auch die Frage, wann ich mit meiner jungen Gattin nach Felseck kommen wurde, und von nun an ward ich von früh bis spät gedrängt, mit Elsbet in die Heimat zurückzukehren, um sie auf meine Besitzung und in ein standesgemäßes Leben einzusühren. Alle meine Einwendungen waren vergebens; so blieb mir schließlich kein anderer Ausweg, als mit Elsbet offen zu reden, — ein Schritt, den ich bitter bereuen sollte. „Elsbeth," sagte ich, „es ist mir einst etwas — gleichviel was — in Deutschland widerfahren, daß ich vorläufig den Gedanken, in die Heimat zu rückzukehren, nicht ertragen könnte!" — Sie sah mich zornig an. — „Hätte ich das gewußt," rief sie, „so hätte ich Dich nimmermehr geheiratet!" — Von der Zeit an war es aus zwischen Elsbet und mir. (Fortsetzung folgt.)