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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HWfls°Anzeiger für KoWors, Ködlitz, Kansösrs, Ms-srf, St. Mim, Keimichsorl, Uarimau u. MM Amtsblatt für den Stadlrat M Ktchtenstein. »3. Jahrgang. Nr. 204 »-""»N»-«-«'-»' Donnerstag, den 3. September 1903. D es 0 Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends itir den folgenden Log. Vierteljährlicher Bezugspreis I DU. 2K Psg., durch die Post bezogen I Mt. SV Pf. — Einzeln» Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 8, alle katserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. In serate werden die fünfgespaltene KorpuSzeile oder deren Roum mit 10 Pfennigen berechnet, — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vornnttag 1V Uhr. — Im „Amtlichen 4eil" wird die zweispaltige Loile oder deren Raum mit 3V Pfennige!, berechnet. Für auswärtige Inserenten kostet die Sgespaltene Zeile 15 Pfennige.- Auktion Montag, den 7. September 1SV3 von vormittags 0 Uhr ab, sollen Badergasse Nr. 18 die zum Nachlasse des Korbmachers Ernst Voigt gehörigen Möbel, Kleider u. a. m., sowie das Handwerkszeug und Korbwarenlager an den Meistbietenden verkauft werden. Lichtenstein, den 2. September 1903. Der Lokalrichter. Karl Hauptmann. Politische Rundschau Deutsche» Reich. * Der Kaiser hat den Besuch der deutschen Städteousstellung in Dresden aufgegeben und da für den Kronprinzen mit seiner Vertretung beauf tragt, der bereits am Dienstag vormittag in Dres den eintraf. * Zwei k i r ch e n p o l i ti s ch e Kund gebungen der neusten Vergangenheit werden in der Presse nebeneinander gestellt, um den scharfen Gegensatz zwischen der offiziellen preußischen und der klerikalen Ausfassung zu illustrieren. — Der Kaiser sagte in Posen auf die Huldigungsansprache des Provinziallandtagsmarschalls bei Annahme des Ehrentrunkes am 4. Dezember 1902: „Wer behauptet, daß meinen Untertanen katholischer Konfession Schwierigkeiten in der Ausübung ihres Glaubens gemacht, oder sie gezwungen werden sollen, von demselben zu lassen, macht sich einer schweren Lüge schuldig. Meine ganze Regierungszeit und meine Worte in Aachen be weisen, wie hoch ich Religion, das heißt, das persönliche Verhältnis jedes Menschen zu seinem Gott, achte, und er beleidigt durch eine solche Verleumdung den Nachfolger des großen Königs, der erklärt hat, ein jeder solle auf seine Fasson selig werden." Dieser Rede des Kaisers stellt die deutsche evangelische Wochenschrift „Die Wartburg" die Worte gegenüber, die im Juli d. I. BischofKorum im katholischen Männerverein zu Neunkirchen sprach: „Ich bedauere, daß wir Bürger desselben Landes uns nicht verstehen, daß wir Katho liken der Freiheit beraubt wurden und man verlangt, daß wir unsere Ketten küssen. Wir sollten nicht mehr das Recht haben, unsere Kinder in voller Freiheit in unserer Religion zu erziehen? Wir sollten schweigen, wenn wirmitblutendemHerzen zusehen müssen, wie schon in die Seelen unsererKinder Gift gegen uns geträufelt wird? —" Diese rednerischen Gegensätze zu kommentieren, ist wohl nicht erst nötig. * Die in Halifax (Kanada) erscheinenden Blätter widmen dem deutschen Geschwader bei seiner Abfahrt längere Artikel, in denen betont wird, daß besonders die Polizei sich anerkennend über das Betragen der deutschen Matrosen äußere. Nie habe diese so gut disziplinierte Seeleute gesehen, wie die Besatzungen der Schiffe „Vineta", „Gazelle" und „Panther". Während des Aufenthaltes der Schiffe in den Ge wässern Kanadas sei kein Fall von Bestrafung wegen Ausschreitungen vorgekommen. — Auch aus Bilbao in Spanien wird berichtet, daß das deutsche Schul schiff „Stosch" bei seiner Ankunft in dem dortigen Hafen eine sehr freundliche Aufnahme gesunden habe. Die Bevölkerung und die Behörden wetteifern darin, den deutschen Offizieren und Kadetten den Besuch in Spanien so angenehm wie möglich zu machen. Große Festlichkeiten sollen zu Ehren der Gäste ver anstaltet werden. * Der „Temps" hat zu den B alkan- rv i r r e n in den letzten Tagen einen Aufsatz ge bracht, welcher die mazedonischen Revolutionäre als Freiheitshelden feiert, die Westeuropa so schnell als möglich zu unterstützen habe; er hat dabei der euro päischen Diplomatie einige Stiche versetzt, die seiner Ansicht nach die Türken zu ausgiebig unterstützt. Es sei dem „TempS" bemerkt, daß die deutsche Diplomatie weit davon entfernt ist, sich für die Türkenherrschaft ins Zeug zu legen ; aber es hat jede Diplomatie, will sie nicht ins Blaue hinein operieren, mit den gegebenen Verhältnissen zu rechnen, und gegeben ist noch immer die Herrschaft der Türkei über einen Teil der Balkanhalbinsel. Daß es der Pforte sehr schwer fällt, die Zügel in den Händen zu behalten, soll zugegeben weroen. Die Aufstän dischen in Mazedonien sind noch lange nicht ent mutigt, wie die immer aufs neue folgenden Attentate zeigen. DieLage istalsonachwieoor eine sehr ernste. * Der preußische Kultusmini st er hat in einem Erlaß an sämtliche Universitätskuratorien ver boten, künftighin Zahntechniker, weil diesen jede höhere Schulbildung fehle, auch nur als Hospitanten zu immatrikulieren, weil „die Gefahr mißbräuchlicher Aus nutzung einer auf der Universität erworbenen lückenhaften Ausbildung zur Kurpfuscherei nicht abzuweisen fei", und weil „gerade bezüglich des zahnärztlichen Berufes zur Zeit Erwägungen schweben, welche die Verschärfung der Anforderungen an die schulwissenschaftliche Vorbildung betreffen." In einem anderen an sämtliche Kreisärzte Preußens gerichteten Erlasse weist er diese an, daß gleich den allgemeinen medizinischen Kurpfuschern auch die Zahntechniker <Zahnkünstler, Dentisten), weil ohne Stu dium, ohne Examen Heilkunde treibend, in die so genannte „schwarze Liste" der Kurpfuscher, welche die Kreisärzte seit einiger Zeit zu führen haben, einzutragen seien, und daß unter die neuen Polizeierlasse betreffend Verbot über Vorbildung oder Befähigung täuschender Reklame auch die Zahntechniker, weil nicht approbiert, fallen. * Die „Deutschen Stimmen", eine national liberale Wochenschrift, wollen wissen, daß die Pro vinzen Rheinland, Westfalen, Hannover und Sachsen in Verbindung mit interessierten wirtschaftlichen Ver bänden willens seien, den Kanal vom Rhein bis zur Elbe aus ihrer eigenen gemeinsamen Kapitalkraft zu bauen; es soll bisher nur an dem Mangel an Ent schlossenheit der Regierung gelegen haben, daß dieser leistungsfähige Unternehmerverband noch nicht ans Werk gehen konnte. — Das wäre jedenfalls das glücklichste Mittel zur Erzielung des dringend not wendigen Mittellandkanals, an dem auch Sachsen großes Interesse hat. Zu warten, bis die preußische Regierung den den Agrariern unwillkommenen Kanal aus Staatsmitteln bauen will, hieße die Ausführung des Projekts aus ungewisse Zeiten verlängern. * Bolksschullehrer in China. Die hohe Intelligenz der deutschen Volksschullehrer wird heute allseitig anerkannt. Die Professoren derjenigen Hochschulen, zu denen Volksschullehrer Zutritt baden, erklären, sich aufmerksamere und fleißigere Hörer nicht wünschen zu können. Es über rascht deshalb nicht, daß jetzt angeregt wird, es möge diesen seminaristisch vorgebildeten Lehrern auch der Zugang zum orientalischen Semester der Universität erschlossen werden, damit sie sich dort eine gkwisse Kenntnis der chinesischen Sprache on- eignen und so Brfähigung erlangen zur Ausübung der Lehrertätipkeit in China. Denn dadurch werde die Arbeit der Missionare nicht nur unterstützt, sondern es werde ihr in wirksamster Weise der Boden geebnet. Für ein paar Dutzend so vorgebildeter Lehrer wäre in China sofort eine Anstellung mög- lich. Das ist einleuchtend und des Beisolls gewiß, doch werden sich Lehrer in erforderlilicher Zahl finden? Noch ist der L e h r e r m a n g e l in der Heimat nicht überwunden, die preußische Regierung z. B. ist jeder Lehrkraft dankbar, die sich ihr aus anderen Bundesstaaten zur Ver fügung stellt; ebenso sind die Kommunal-Ver- waltungen bestrebt, tüchtige Lehrkräfte heranzuziehen und sich zu sichern durch Aufbesserung der Gehaltsverhältnisse. Um die Lehrer der Betätigung rn China geneigt zu machen, werden ihnen also wohl außerordentliche Ver günstigungen pekuniärer Art in Aussicht gestellt werden müssen. Die zu diesem Zweck gemachten Aufwendungen sind jedenfalls lohnend. Frankreich Paris. In Florentin kam es am Sonntag zu ernsten Wahlunruhen. Gendarmen hatten die Türen der Bürgermeisterei geschloffen, um zu ver hindern, daß die Wahlurnen, wie dies bereits ein mal vorgekommen war, erbrochen würden, und ver weigerten dem Bürgermeister den Zutritt zum Rat hause. Hierauf begaben sich etwa 50 Wähler, mit Sensen und Heugabeln bewaffnet, vor die Bürger meisterei, und es gelang ihnen, die Einlassung des Bürgermeisters zu erzwingen. Unterdessen hatte sich vor dem Rathause eine zahlreiche Menschenmenge eingesunden, welche das Rathaus förmlich belagerte. Bei dem Versuch, die Menge zu zerstreuen, kam es zu blutigen Zusammenstößen mit der Gendarmerie. Bei der schließlich vorgenommenen Zählung der Stimmzettel stellte sich heraus, daß mehr Stimm zettel abgegeben worden waren, als Wähler vor handen sind. (!) Einer der Beisitzer geriet hierüber außer sich und vernichtete zudem noch die Kontroll liste, hierauf entstand unter der Volksmenge ein ungeheuerer Tumult und die Gendarmen mußten mit blanker Waffe vorgehen, wobei mehrere Per sonen schwer verletzt wurden. England. * London. Die deutsche Stellungnahme gegenüber der amerikanischen Aktion gegen die Türkei wird hier aufmerksam beobachtet. So ist im Globe zu lesen, daß ein Konflikt zwischen Amerika und dem „eifersüchtigen" Deutschland im Anzuge sei. Roosevelt soll sehr verärgert sein über den vorzeitigen Bericht des amerikanischen Gesandten in Konstantinopel, indessen beabsichtigt er jetzt konse quent die Aktion durchzuführen. Nach einer Was hingtoner Mitteilung warnte Rußland die dortige Negierung mit dem Bemerken, daß die Entsendung der amerikanischen Schiffe die allgemeine Lage im östlichen Europa nicht verbessere. Der türkische Ge sandte zu Washington äußert die Besorgnis eines Blutbades zu Beyrut infolge der Reizung der Mohammedaner durch das Erscheinen der Flotte. Türkei * Die Nachrichten aus Maze donien, die seit Sonnabend eingegangen sind, lassen neben dem gewaltsamen Vorgehen der Leiter des Ausstandes mit Pulver und Dynamit auch eine ziemlich schlaue diplomatische Taktik der Sarafow und Genossen insoweit erkennen, als es ihnen tat sächlich gelungen ist, die Serben in die antitürkische Bewegung hineinzuziehen. In einer zahlreich be suchten Versammlung zu Belgrad kamen am Sonn tag die Sympathien der Serben mit den bulgarischen Aufständischen unoerhüllt zu Tage. Die Behörden halten Not und Mühe genug, um gegen die türkische Gesandtschaft geplante Tätlichkeiten zu verhindern. In das lichterloh brennende mazedonische Feuer ist demnach ein neues Scheit geworfen und die überaus kritische Lage auf der Balkanhalbinsel noch mehr verschärft worden. Bulgarien * Die „Agence Telegraphique Bulgare" bezeichnet dos Gerücht von der Entdeckung eines Minengangrs unter dem fürstlichen Palais als vollständig aus der Lust gegriffen. An» Stadt und Land Lichtenstein, 2. September. *— Schulfest. Bei herrlichstem Wetter wurde heute früh um 6 Uhr das Schulfest eingeleitet mit Re-