Volltext Seite (XML)
das elektrische Licht verlöschte. Die Reisenden, a n Zahl über 200, suchten einen Ausgang. Das Bahnpersonal bemühte sich, den Reisenden den Weg zu zeigen, es scheint aber, daß sie sich bei der ent« setzlichen Verwirrung kein Gehör verschaffen konnten. Die Rettungsarbeiten sind wegen des den Tunnel füllenden dichten Rauches ungeheuer schwierig. Stunden vergingen, ehe die Feuer wehr in den Tunnel eindringen konnte. Anfänglich glaubte man, niemand habe das Leben eingebüßt. Gegen Mitternacht verbreitete sich das Gerücht, daß von 200 Reisenden kaum die Hälfte sich habe retten können, und die anderen er stickt seien. Der verwundete Maschinist des Zuges erklärte, er glaube, der Brand sei dadurch verursacht worden, daß sich ein Metallbestandteil des Motor wagens gelöst habe und auf die Schienen gefallen sei,' wodurch Kurzschluß entstand. Die Guttapercha hülle der Leitungsdrähte habe sich dann entzündet und der Holzboden des Wagens habe Feuer gefangen, das rasch um sich gegriffen habe. -tus Stadt und Land Lichtenstein, 12. August. * — Unterhaitnngsabend. Auf ergangene öffentliche Einladung versammelten sich gestern abend im Saale des Goldnen Helm hier alle diejenigen, welche bei dem 1. Lichtensteiner Volksfest in entgegen kommendster, uneigennützigster Weise irgend welcher Art mitwirkten, zu einem Unterhaltungsabend. Herr Bürgermeister Steckner begrüßte die zahlreich Erschienenen und dankte in herzlichen Worten noch mals allen, welche zum guten Gelingen dieses 1. Volks festes beigAragen haben, gibt gleichzeitig noch dem Wunsche Ausdruck, daß dieselben auch bei späteren Volksfesten wiederum ihre tatkräftige Mithilfe ein- stellen möchten, damit unser liebes Lichtenstein durch zu machende Ueberschüsse bei solchen Festen sich mehr und mehr verschönen könne. Außer vorzüg lichen Musiksätzen von der Stadtkapelle, würzigen Ansprachen u. s. w. trugen wesentlich zur Unter haltung bei die herrlichen Solo-Gesänge und sonstigen Darbietungen einiger Damen und Herren. Ein später sich anschließendes Tänzchen hielt die An wesenden noch lange in harmonischer Stimmung zusammen. Der Unterhaltungsabend verlief in einer solchen Weise, daß man mit Recht sagen kann: der selbe bildete einen würdigen Abschluß dieses ersten unter vielen Mühen veranstalteten Volksfestes. Also nun rüstig vorwärts zu den Vorbereitungen für das nächstjährige Volksfest! * — Einquartierung. Heute vormittag traf die 4. Batterie vom Artillerie-Reg. Nr. 78 (Wurzen) hier ein und bezog in hiesiger Stadt Quartiere. 4 Geschütze nebst Munitionswagen u. s. w. sind im Garten des „Goldnen Helm" untergebracht. * — Das Artillerie-Scharfschießen des 8. Feld- Artillerie-Regiments Nr. 78 findet nicht Freitag, den 14, August d. I., sondern eist Montag, den 24. August d. I-, von 9 bis 11 Uhr vormittags statt. * — Von Amrum geht uns die Nachricht zu, daß unter den 150 Bade- und Erholungsgästen der dortigen 3 christlichen Seehospize sich 35 Sachsen (darunter 4 aus unserer Stadt L i ch t e n st e i n) befinden, und daß diese unter Mitbeteiligung der übrigen Hospizgäste den Geburtstag Sr. Maj. des Königs Georg festlich durch eine von unserem Alt bürgermeister Fröhlich , als dem Senior der anwesen den Sachsen, gehaltene kurze Ansprache mit Toast auf ,Se. Maj. den König, durch einen von unserem Herrn Glück. Originalroman von S. Halm. (Nachdruck verbotene (21. Fortsetzung.) Der Mensch war ja mit dem Fräulein gekommen, aber zusammen gehören konnten die beiden doch un möglich. Etwas unschlüssig, mit der Miene eines bissigen Kettenhundes näherte er sich dem Eindringling, ihn nn Bogen umschl ichend. „Was wünschen Sie denn ?" knurrte er Peykowsky an." „Von Dir nichts, grimmer Cerberus." Beim Klang der -stimme fand sich das Paar schnell in die Wirklichkeit zurück. „Wer ist der Mann? ' fragte Bruno seine kleine Freundin. Heddy wurde über und über rot. „Erkennen Sie ihn denn nicht? Er hat mir seine Begleitung angeboten, mich vor Belästigung bewahrt. Zum Danke bringe ich Ihnen ihn als Geburtstagsüberraschung mit." Bruno blickte den Fremden genauer an. Ein Ausdruck zweifelnden Erkennens trat in sein hübsches offenes Gesicht. Der Pole aber trat rasch in die Mitte des Ate liers, immer noch argwöhnisch verfolgt von Thiesens Blicken. „Erkennst Du mich nicht, Bruderherz? Oder hat der junge Ruhm Dich stolz gemacht." „Casimir!" rief Bruno, seinen Stock zu Hülfr nehmend und sich erhebend, „bist Du es wirklich?" „Leider !" bestätigte Peykowsky mit einer Grabes stimme. „Ich bin's noch immer, obgleich mein jetziger Außenrnensch sehr wenig mit dem Anton PeykowSky aus dem schlesischen Dorfwinkel gemein Amtsgerichtsrat Fiedler ausgebrachten Toast auf Se. Maj. den Kaiser und durch mehrere Ansprachen be gingen. Auf ein vom Senior im Auftrage der sämtlichen dortigen Sachsen erlassenes Telegramm des Inhalts: „Ew. Maj. Geburtstag begehen fest lich 35 im christlichen Seehospiz Amrums anwesende treue Sachsen und senden ehrfurchtsvollst die herz lichsten Segenswünsche l", ist folgendes Antwort- Telegramm ergangen: „Se. Maj. lassen den dort anwesenden Sachsen für die freundlichen Grüße bestens danken. Königl. Adjulantur." * —Wie uns mitgeteilt wird, werden bis 30. September d. I. Liebesgaben, wie Lebensmittel, Kleider, Decken, Betten, Hausgeräte ulw., die zur Unterstützung der vom Hochwasser im Stromgebiete der Oder Geschädigten be stimmt sind und von Privatperionen, Unterstützungs- kommitees oder staatlichen und Kommunalbehörden auf gegeben und an die mit der Verteilung betrauten Stellen gerichtet sind, auf den sächsischen Eisenbahnstrecken fracht frei befördert. Nähere Auskunft erteilen die Güterab fertigungsstellen. * — Callnberg Unser diesjähriger Jahrmarkt findet Donnerstag und Freitag, den 13. und 14. August statt. Im Goldnen Adler gibt die beliebte Pleißemaler Sänger-, Possen- und Duettisten- Gesellschaft Vorstellungen, während im Rats keller das 1. Karlsbader Variütö Ensemble und im „Wettiner Hof" eine Spezialitäten Truppe gastieren werden. Auch in den üorigen Restaurants wird ebenfalls für hinreichende Unterhaltung ge sorgt sein. * —^ Ortmannsdorf. Ein sehr bedauerlicher UnglückssaU ereignete sich am gestrigen Tage in unserem Orte. Der im 10ten Lebensjahre stehende Sohn des Herrn Maurers Popp hier geriet bei dem Gartenzutsdesitzer Meier mit der linken Hand und dem Unterarm in das Getriebe einer Handöreschma- schine, wobei selbiger total zermalmt wurde. Der bedauernswerte Knabe wurde nach geschehenem Un fall in das Zwickauer Kreiskrankenstift überführt, woselbst der verletzte Arm amputiert wurde. * —ZL Neudörfel. Am Montag, den 10. August, feierte der hiesige Männerlese-Verein sein 50jähriges Jubiläum, welches in ganz vorzüglicher Weise ver- lief, denn schon nachmittags um 3 Uhr sammelte der obige Verein in seinem Vereinslvkal, dann wurden gemeinsam die Herren Ehrenmitglieder und zugleich sämtliche Ortsoeceine in ihren Wohnungen bezw Lokalen abgeholt, um das Fest im Thiel'schen Gasthof mit verschönern zu Helsen, woran sich sogar die Brudervereine von Octmannsdocf und Mülsen St. Niclas anschlossen. Nachdem sich nun alle ein geladenen Gäste eingestellt hatten, wurde zu einem imposanten Tänzchen üvergegangen und während desselben wurde nun mehreres zu Tage gefördert, als: Der Männergesangverein begann den Aklus, indem er ein zum Feste passendes Lied anstimmte. Hierauf hielt Herr Pastor Lösche eine aufs peinlichste ausgearbeitete Festrede, welche wieder mit einem Gesangsstück eingeschlossen wurde. Um nun dem Männerleseverein zu N. die Festfreude noch besser zu gestalten, wurden ihm mehrere Geschenke gespendet, und zwar: 1 Diplom elegantester Ausführung, 1 Zirknlarmappe, l Bierkrug, 3 Stück Biergläser und 1 vernickelte Vereinsklingel. Auch der Vereinsvorstand des Männerleseoereins versäumte nicht seinen Dank, welchem er vor großer Freude gar nicht genug Aus druck geben konnte, auszusprechen. Hieraus wurde das obengenannte Tänzchen, welches einen großartigen Verlauf nahm, bis in die Morgenstunden des andern Tages weiter geleitet. Dresden. Unter den 70 Strafgefangenen welche aus Anlaß des Geburtstages des Königs der Freiheit wiedergegeben worden sind, befinden sich auch drei von den Verurteilten nach den Löbtauer Bauarbeiterkrawallen vom 3. Februar 1899. Es sind dies die Zimmerer Karl Moritz, Johann Ged- lich und Kart Wobst. Sie haben 4'/, Jahre im ZuchtsauS zugebracht; es sind ihnen demnach 3^/, bez. 2^/z Jahre der Strafe geschenkt worden. Von den übrigen Verurteilten der Löbtauer Bauarbeiter krawalle befinden sich noch 2, nämlich die am härte sten bestraften Zieraar und Schnieder (10 und 9 Jahre Zuchthaus) hinter den Kerkermauern. Dresden. Auf Veranlassung der Staatsan waltschaft wurde am Sonnabend der Verleger und Redakteur der hier seit kurzem erscheinenden Zeitschrift „Verkehr und Welt-Verkehr", Arthur Prölß, auf seinem Bureau, Ritzenbergstraße 6, verhaftet und nach dem Amtsgericht überführt. Wie oeilautet, hat Prölß die Zeitschrift ins Leben gerufen, ohne selbst einen Pfennig zu besitzen. Seinen Angestellten ist er monatelang die Gehälter schuldig geblieben, hat sie vertröstet oder dann, wenn schließlich der eine oder andere der Angestellten energisch sein Geld forderte, entlassen. So trieb es Prölß bis Anfang dieses Monats; da reichte endlich sün Sekretär, mit dem er sich ebenfalls entzweit hatte, eine An zeige bei der Staatsanwaltschaft ein. Aber nicht nur viele junge Leute, die bei ihm arbeiteten, auch viele Geschäftsleute und Gewerbetreibende hat er geschädigt. Von einem schweren Unglück ist der Rechtsan walt Notar Lauterbach in Dresden, der zur Zeit mit seiner Familie am Walchsee in Oberbayern zur Erholung weilt, betroffen worden. Am Sonn abend ist seine Gattin beim Bootfahren ertrunken. Ihr kleinster Sohn war über Bord ins Wasser ge fallen und bei dem Versuch, ihn zu retten, fand die Mutter selbst den Tod. Der Knabe konnte von Bootsleuten dem Wasser noch entrissen werden. Der Leichnam ist bisher nicht gefunden worden. Dresden-Löbtau. Verhaftet wurde der Gen darm Dähnert in Löotau wegen des Verdachts, ein Notzuchtsverbrechen begangen zu haben. Chemnitz. Mit den sozialpolitischen Auf gaben des neuen Reichstags beschäftigt sich der außerordentliche Gaatag der deutschnationalen Hand lungsgehilfen Sachsens, welcher am kommenden Sonntag in unsrer Stadt zusammentritt. Die Ver handlungen finden im kaufmännischen Veceinshause statt und werden früy '/zH Uhr eröffnet durch einen Vortrag des Herrn Ernst Lenz, Leipzig, über „HandelsiuspektorenundHandlungsgehrlfeukammern." Darnach wird Herr Kurt Schönfeld, Chemnitz, die „Kaufmanusgerichte" behandeln, zu welchen die Re giei ung dem neuen Ruchstage abermals eine Ge setzesvorlage zu unterbreiten gedenkt und Herr Fried rich Frahm, Hamburg, wird als dritter Reierent über: „Die soziale Fürsorge des Staates für die Handlungsgehilfen", die Aufgaben der Gesetzgeber zeichnen, ausgehend von den Februarerlassen Kaiser Wilhelms von 1890. In der folgenden nicht öffentlichen Sitzung werd en interne Angelegenheiten Erledigung finden, während den Schluß der Tagung ein deutschnationaler Festtommers bilden wird. In Klaffenbach bei Chemnitz fuhr ein Rad fahrer — vermutlich infolge eines Maschinendefekts — mit solcher Wucht gegen einen Baum, daß er sofort bewußtlos liegen blieb und nach kurzer Zeit den Geist aufgab. haben mag, müssen Du und ich uns mit der nackten Tatsache dennoch abzufinden suchen. DasLebenunddie Weiber machen so Manchen zum Original. Ha — ha - ha Original — — hörst Du? Sie nennen mich so in den Stammkneipen. Original verstehst Du? Es muß ja alles auf der Welt ein Mäntelchen um haben. „Original" sagen die Einen, „Lump" die Andern, noch Andere: „ein Verrückter". Na Bruderherz, zu welcher Partei schlägst Du Dich?" Harrang blickte erschüttert auf den ehemaligen Ingen dgespielen. „Sie haben Dir harr mitgespielt in der Welt, wie es scheint," sagte er weich. „Warum wandtest Du Dich nicht längst an mich ?" Peykowsky schüttelte den Kopf. „Ich hatte anderes zu tun, eine selbstauferlegte Mission zu erfüllen. Zum Teil ist sie erledigt. Er innerst Du Dich noch, daß Du noch eine Milchschwester hast?" „Hab' ich sie noch? Wer weiß, wohin sie geraten, ob sie nicht verdorben und gestorben ist?" „Sie lebt!" ries er fast schreiend, „sie lebt!" „Wo?" „Hier in der selben Stadt mit Dir und mir." „Ist nicht möglich!" „Ich werde Dich von der Wahrheit schon über zeugen." „Und es geht ihr gut ? Ist sie verheiratet? Warum sucht sie mich nicht auf? Sollte sie nie von mir gehört haben?" „Das sind der Fragen vier auf einmal. Vergönne mir die Beantwortung noch etwas hinauszuschieben. Ich denke, wir wollten hier Geburtstag feiern." Prüfend sah er sich im ziemlich nüchteren Atelier raum um. Dabei fiel sein Blick auf den in einem Winkel kauernden Thiesen, der ihn immer noch arg wöhnisch beobachtete. „Ich glaube, der öa überschätzt mich!" sagte er in gewisser Selbstirome mit dem Finger auf den Alten weisend. „Er hält mich für einen L>pitzbuben. Nein, alter Schwede, soweit habe ich es noch nicht gebracht. Ich stehle weder Gold noch Herzen. Das überläßt man den oberen Zehntausend." — Kopfschüttelnd hatte Bruno dieser Rede gelauscht, als der Pole sich aber umwandte, machte der alte Thiesen cme nicht mißzuvcrstehende Handbewegung uach der Stirn, wobei er seinen Herrn verständnisvoll zu blinzelte. „Holen Sie zwei Flaschen Wein und die nötigen Gläser," herrschte ihn dieser dafür etwas hart an, wo rauf der Alte brummend und scheinbar nur widerstrebend verschwand. Bruno selbst aber nahm einen der Leuchter, bat Peykowsky und Heddy das Gleiche zu tun und ihm in seine Wohnung hinüber zu folgen. — Bald saßen die drei im behaglich erwärmten Wohn zimmer des Bildhauers, wo Heddy von ihrer Begegnung mit Werdau berichten mußte. Sie lobte Peykowsky da bei so warm, daß dieser nochmals abwehrte. Zm Ganzen aber verhielt er sich schweigsam und verschlossen, nur wenn des Rittmeisters direkt erwähnt wurde, blitzte es wie Ingrimm und Rachsucht in seinen Augen auf. — Harrang betrachtete den Jugendgespielen mit Teil nahme. Als Heddy sich nach einer halben Stunde er hob und Casimir sie zu begleiten erklärte, nahm er diesen beiseite. „Wann sehe ich Dich wieder? Ich glaube, Du hast mir Wichtiges zu sagen." Der Pole nickte finster. „Wichtiges und wenig Erfreuliches, da hast Du Recht. Ich komme bald." (Fortsetzung folgt )