Volltext Seite (XML)
Krämpfe, andere knieten nieder und baten den Himmel um Barmherzigkeit, wieder andere liefen wie rasend uach den freien Plätzen. Es dauerte über eine Stunde, bis die Leute einigermaßen die Selbstbeherrschung zurückgewannen. Daß die Aufregung der Bewohner so groß war, ist nicht verwunderlich, denn Lissabon ist bekanntlich der Schauplatz eins der fürchterlichsten Erdbeben gewesen, die die Welt je erlebt hat. Serbien. * Die serbische Ministerkrisis ist zu Ende, sie hat einen schmachvollenVerlauf genommen, denn der König Peter hat sich, wie nun schon so oft, abermals der Märder-Klique unterworfen. Der neuernannte Kriegsminister Solarowitsch, auf dessen Persönlichkeit es vor allem ankommt, steht den Ver schwörern noch näher, als sein Vorgänger. Er gehört direkt zur Verschwörer-Partei und übernahm in der Mordnacht das Belgrader Divisions-Kommando. Man kann sich denken, wie so etwas bei allen wirken muß, die sich dem Einfluß der Mörder-Offiziere nicht beugen wollen. Kann es Wunder nehmen, wenn immer entschiedener behauptet wird, der König habe vorher über den Verschwörer-Plan gewußt? Jeden falls ist seine Autorität in Belgrad gleich Null. Wir werden erst noch etwas erleben, wenn die Offi ziere mit der serbischen Volksvertretung zusammen geraten, die alles andere will, als einige Dutzende übermütiger Herren an Stelle des einen Alexander amd seiner Draga. Bulgarien. * Sofia. Da wegen des Ausste ndes in Mazedonien die Stimmung immer erregter wird, hat der Minister- rat den Fürsten Ferdinand dringend ersucht, sofort zu rückzukehren, da seine Anwesenheit angesichts der kritischen Lage unbedingt notwendig sei. Aus Stadt und Land Lichtenstein, 18. August. * — Angeradelt. Heute früh gegen 7 Uhr wurde ein Unteroffizier der Artillerie auf der großen Brücke hier von einem Radfahrer „angeradclt". Glück licherweise kam sowohl der Unteroffizier als auch der Radfahrer mit dem bloßen Schreck davon. * — Heute früh verließ die hier verquartierte Abteilung des 78. Feld Artillerie-Negiments unsere Stadt, um sich nach Langenchursdorf zu begeben. Wie wir hören, kehrt die Abteilung am 22. d. M. wieder nach hier zurück. * — Die diesjährigen Wahlfähigkeits- und Fachlehrerprüfungen für solche Hilfslehrer und Hilfslehrerinnen, welche ihre Kandidatenprllfung schon Ostern 1901 bestanden haben, sollen zwischen Michaelis und Weihnachten stattfinden. Gesuche sind bis 31. August d. I. bei dem Bezirksschulinspektor des Wohn orts der Gesuchsteller anzubringen. Der Monat ohne Vollmond. Ein in der Schöpfungsgeschichte seltener Fall wird sich im Jahre 1904 im Februar ereignen, und zwar die Vollmondlosigkeit dieses Monats; die Sache wieder holt sich aller 19 Jahre. So gab es 1847 im Februar keinen Vollmond, dagegen im Januar und März je zwei. Auch in den Jahren 1866 und 1885 trat der selbe Fall ein und er wird sich 1904 wiederholen. *— Wie wir hören, war das Grzgebirgische Volksfest in Hohenstein-Crnstthal am 1. Tage von cirka 12000 und am 2. Tage von cirka 5000 Personen besucht. *— Ueber Unsitten bei Begräbnissen schreibt der „Erzgeb. General-Anz.": Es kommt leider öfters vor, daß anläßlich einer Beerdigung vor der Bei- ! Glück. Origiualroman von S. Halm. (Nachdruck verboten^ (26. Fortsetzung.) „Mein Herz, das ist ein Bienenhaus" grölte es um das Paar herum, das sich in den Rythmen des Tanzes wiegte. Der junge Waßmut war ein guter Tänzer. Er führte seine ^ame, die ihm nur bis an die Schulter reichte, mit einer Sicherheit durch das Gewoge der Tanzenden, die manchem Cavalier Ehre gemacht hätte. Im ersten Augenblick, außer Hebung gekommen, ließ Biarga sich willenlos von den starken Armen fortführen. Kaum den Boden berührend, fanden ihre Füße anfangs nicht den richtigen Takt. Doch Dank der Kunst ihres Partners fand die Ungeübte sich bald in der Nythmik zurecht. Ihre Bewegungen wurden sicherer, geschmeidiger. „Zuletzt ging's fein," meinte Robert Waßmuth, als er hochatmend mit seiner Tänzerin nach einem Plätzchen Ausschau hielt. Uebung macht den Meister. Der nächste ist ein Walzer. Ich darf doch auch um diesen bitten, Fräulein Margareth?" Sie nickte lächelnd. Auf ihren Wangen lag noch die Röte der Erregung vom Tanze her, was ihr etwas Frisches, Jugendliches gab. Ganz hinten in einer Ecke hatten sie Platz genommen. Waßmut gab dem Kellner einen Auftrag und bald standen Gläser und Flaschen auf dem Tische. Robert bediente seine Dame mit etwas täppischer Galanterie, wobei ihm die Freude an diesem Zu sammensein nur so aus den Augen leuchtete. Marga, die sich anfangs noch etwas unbehaglich in dieser gemischten Gesellschaft gefühlt hatte, verlor nach und nach ihre Befangenheit. Ihr war's, als seien die harmlosen glücklichen Zeiten noch einmal zurückge- setzung eines lieben entschlafenen Familiengliedes im Trauerhause geistige Getränke verabreicht werden und daß nach der Beendigung der Begräbnisfeier lichkeit sowohl die Träger, wie auch die Leidtragen den selbst in Gastwirtschaften einkehren und dort längere Zeit verweilen. Dieses Gebühren aber ver trägt sich durchaus nicht mit dem tiefen Ernste einer Begräbnisfeierlichkeit; außerdem werden dadurch alle Eindrücke, welche eine solche Feier zurücklassen soll, so rasch verwischt, daß jegliche nachhaltige Wirkung auf das Gemüt aufgehoben wird. Es scheint uns deßhalb geboten, den genannten Uebelstand zu rügen und hinzuzufügen, daß derselbe in dec gesamten Kirchgemeinde vielfach schon Anstoß erregt hat. Ferner kann man beobachten, daß während mancher Leichenzüge auf dem Wege nach dem Friedhöfe hin laute Unterhaltung geführt wird, auf dem Rückwege vom Gottesacker aber sogar Zigarren geraucht werden. Wie unpassend dies ist, darauf braucht wohl nicht erst hingewiesen zu werden; der Würde eines Be gräbnisses entspricht ein derartiges Verhalten wohl wahrlich nicht. Noch aus eine andere Unsitte, be treffend die Entlohnung von Personen auf dem Gottesacker, die mit irgend einer Mühewaltung für ein Begräbnis betraut worden sind, weisen wir mit dem Bemerken hin, daß der Friedhof, die geweihte Ruhestätte der Toten, der ungeeignetste Platz für eine derartige Handlungsweise ist. Wir bringen alle diese Gepflogenheiten hiermit öffentlich zur Sprache in der Hoffnung, daß dieselben von nun an nicht mehr wahrzunehmen sein werden, daß vielmehr jeder Begräbnisfeier die ihr gebührende Würde im Hause, bei dem Begräbnisgange und auf dem Gottesacker gegeben ist. *— Bei Gemeindebeamte«, die ohne Kün digungsvorbehalt ««gestellt sind, finden nach einer Entscheidung des sächsischen Oberverwaltunzs- gerichts, wenn nicht ortsgesetzlich das Zioilstaats- dienergesetz für anwendbar erklärt worden ist, die Vorschriften des bürgerlichen Rechts Anwendung auf die Aufhebung des Dienstverhältnisses. *—r. Hohndorf. Wie aus Inseraten zu ersehen war, feierte am Sonntag der Gastwirt Johann Leistner die Einweihung seiner neuen Restaurations räume. Run, es ist wirklich sehenswert, was aus Altem neu geschaffen worden. Vor ungefähr einem halben Jahre stand dort an der Dorfstraße ein alter tümliches Häuschen, wovon der letzte Besitzer der in Gott ruhende Straßenwärter Leichsenring war. Dieses Haus mag vielleicht bei seiner Fertigstellung im 13. Jahrhundert eine Zierde des Ortes gewesen sein. Jedoch ändern sich die Zeiten und folglich auch die Verhältnisse. Unser stetig aufblühender Ort, dessen Einwohnerzahl sich in ungefähr 25 Jahren von 300 auf 6000 vervielfachte, hat ja so manche Umänderung erfahren, die einesteils der stetige Zuwachs, andern- teils die Wohlfahrtseinrichtungen erfordernd, mit sich brachte. Jedoch eine der größten Umänderung seiner Zeit ist die Neugestaltung der Leistner'schen Restau rationsräumlichkeiten. Da muß man wirklich sehen, staunen, bewundern und in Ohnmacht fallen. Herr Johann Leistner hat das alte Häuschen, welches mit seiner appetitlichsten Seite die Dorfstraße zierte, ohne jede Entschädigung von der Bcandkasse oder sonst einer Seite, weqgerissen und dort an schließend an seine (früher Wildfeuer'sche) Restaura tion einen Neubau erstehen lassen, der jeder, auch der größten Stadt zur Zierde gereichen würde. Dieses neue Restaurant, welches den sehr berechtigten Namen „Gasthaus zur Eisenbahn" führt und mit seinem vielversprechenden, imponierenden äußeren kehrt, in denen sie so wie heute an Peykowskys Seite in einem der rauchgeschwärzten Münchener Bierstuben gesessen. Gerade so hatte Casimir für sie gesorgt. Ach! sie seufzte unbewußt hörbar auf. Waßmuth beugte sich zu ihr. „Was haben Sie, Fräulein Magareth?" „Nichts, gar nichts, wirklich!" Zutraulich nahm er ihre Hand in die seine. „Doch, doch, ich seh's ja an ihren Augen. Sie sind immer so ernst und so allein. Haben Sie denn niemand, der sich mal um Sie bekümmert?" Sie schüttelte nur den Kopf. Sie wollte ihm sagen, daß sie sich so ganz wohl fühle, niemanden gebrauche, aber der mitleidige Blick, dem sie begegnete, hieß sie schweigen. Der gute Mensch sollte sich hier durch ihren scheinbaren Hochmut nicht etwa noch be leidigt fühlen. Robert deutet ihr Schweigen, ihre fest geschlossenen Lippen ganz anders. Seine verarbeiteten rauhen Hände preßten ihre schmalen Finger, daß es sie schmerzte. „Das soll nun anders werden. Ich weiß, die da," er wieß mit einer Handbewegung im Kreise umher, „die da mögen Sie nicht. Sie sind denen zu ordentlich. Das Gesindel kennt es nicht besser. Ich bin aber ordentlicher Leute Kind, ich weiß wie es tut, sich mit diesem Volk herumzukatzbalgen. Gott, man ist jung und will am Sonntag mal sein Ver gnügen haben und hierher kommt noch das bessere Publikum. Die rote Miene und ihre Sippe läßt sich hier selten sehen. Aber was ich sagen wollte Ich weiß doch, was ich mir selbst und meinen Eltern schuldig bin und Ihnen auch." Seine blauen Augen strahlten sie warm an. Freundschaftlich klopfte er die Hand. „Sollen mal sehen, das mit dem Alleinsein, das (Fortsetzung folgt.) soll jetzt anders werben, meine Mutier hat keine Töchter hier. Meine zwei Schwestern sind nach aus wärts verheiratet und eine dritte ist tot. Da wird sie sich freuen, Sie bei uns zu sehen. Meine Mutter geht morgens Reinmachen, aber abends ist sie frei, wie Sie. und dann komme ich auch und lese mal was vor. Mein Vater ist sehr dafür. O mein Vater hat einen Hellen Kopf und wenn's man nicht so knapp mit den Moneten wäre bei uns, dann wäre ich auch was anders als Böttcher." Marga hatte lächelnd zugehört. Das mutete sie alles so heimlich an. Wieviel Herzensgüte barg sich unter diesem Blusenhemd. „Ich danke Ihnen, Herr Waßmuth" sagte sie schlicht, feine Hand nehmend, „ich werde mal zu Ihrer Mutter gehen aber ost — ich ich ich bin so an Einsamkeit gewöhnt." „Die gewöhnen wir uns wieder ab," meinte er ein wenig übermütig. In ihr stieg es wie Angst empor. Wäre es vielleicht doch klüger von ihr gewesen, sich von allem fern zu halten? Sie sah sich schon in neue Unan nehmlichkeiten verknüpft. Ihre scheue Natur zog sich sofort in sich selbst zurück. Sie suchte nach Aus flüchten, Gründen, versuchte Waßmuths Gegengründe zu widerlegen. Es ward zuletzt ein zäher kleiner Kampf. „Mimose", sagte Robert endlich seufzend. Sie zuckle im jähen Erinnern zusammen. „Mimose", so hatte ihr Gatte sie im Scherz einst auch genannt. Wie kam dieser einfache Mann dazu, denselben Vergleich für sie zu wählen? Robert lachte auf ihre Frage. Eindruck zur Einkehr einladet, bietet mit seinen inneren, in jeder Hinsicht der Neuzeit entsprechenden Räumlichkeiten, jedem dort einkehrenden auswärtigen sowie einheimischen Gast einen anheimelnd-wohl tuenden Aufenthalt, wobei jeder seinem Wunsch ent sprechend sich laben kann. Herr Leistner hat weder Mühe noch Opfer gescheut, seinen Gästen den Aufent halt durch die Neugestaltung seiner Restaurations- räumlichkeiten so angenehm wie möglich zu machen. Seine amSonntag oeranstalteteEinweihung dieser neuen Räume bewies, daß er nicht zu groß gebaut hatte, denn jeder Raum war bis auf den letzten Platz ge füllt. Es ist dec innigste Wunsch vieler Einwohner sowie aller dort verkehrenden Gäste, den geselligen Aufenthalt durch humoristische, gesangliche und musi kalische Unterhaltung zu würzen. Zumal, wie ja auch in einer Geweinderatssitzung einstimmig die Bedürfnisfrage zur Abhaltung von Singspielen an erkannt wurde und gewiß auch mit vollem Rechte, denn es darf die Festlichkeit oder Veranlassung irgend welcher Act sein, Hohndorf kann in dieser Beziehung nichts bieten. Da aber einmal jedem das Bedürfnis innewohnt, sich unterhalten zu lassen, so folgt so mancher seinem eigenen Triebe und geht nach dem nächstgelegenen Orte, wo stets die Geneh migung zur Abhaltung von Singspielen gestattet ist. Es ist zu bedauern, daß in unserm, gegen Städte verhältnismäßig einwohnerreichen Ort, noch kein Gastwirt die Erlaubnis hat, Singspiele abhalten zu dürfen. Denn was dort erlaubt ist, kann doch uns nicht verboten werden, denn wir Deutschs stehen doch alle unter einem Gesetz. Ober ist es uns blos deshalb versagt gewesen, derartige Singspielgesell schaften aufzunehmen, um das Geld für derartige Sachen nach auswärts zu schaffen, weil keine geeigneten Räumlichkeiten vorhanden waren, nun, dann wäre ja mit einem Male dem Uebel abgeholfen, denn die neuen am Sonntag ein geweihten Restaurationscäumlichkeiten von Herrn Johann Leistner sind dazu wie geschaffen. Jeder Einwohner Hohndorfs und so mancher oeim Leistner Johann einkehrende Gast von auswärts würde gewiß mit Freuden begrüßen, wenn der sonst sehr rührige und von jeder Gesellschaftsklasse (stets gerecht denkende) beliebte Wut dafür sorgen würde, das, was in größern Städten alltägliches Uebel ist, uns ab und zu als Seltenheit zu bieten. Da, wie wir hören, die Bedürfnissrage zur Abhaltung von Singspielen bei einem eingereichten diesbezüglichen Gesuch von Gastwirt Johann Leistner, von dem Gemeinderat ein stimmig anerkannt und zur Genehmigung bei der Kgl. Behörde befürwortet wurde, so glauben wir, daß in allernächster Zeit Herr Leistner mit irgend einer bestrenommierten Singspieltcuppeuns aufs An genehmste unterhalten lassen wird. Sollte jedoch der Wunsch vieler, ja ich möchte sagen aller Gäste an der Nichterlaubms der Kgl. Behörde scheitern, so würden gewiß wir alle bereit sein, eine derartig ab gefaßte Petition mit zu unterschreiben. Im Uebrigen wünschen wir dem rührigen, beliebten und keine Opfer scheuenden Gastwirt Herrn Johann Leistner in seinen neurestaurierten Räumlichkeiten viel Glück und Segen und ein immer volles Haus und baldige Benennung zur Haltestelle Hohndorf. *— Rödlitz. Nachdem die Gemeinde-, Armen-, Kranken- und Feuerlöschkassen - Rechnungen einer nochmaligen Prüfung unterzogen worden, liegen dieselben 4 Wochen lang und zwar von heute bis 15. September dieses Jahres während der Expedi tionsstunden zur Einsichtnahme der Beteiligten im hiesigen Gemeindeamte aus.