Volltext Seite (XML)
* Auf seiner Firmungsreise hielt Bischof Ko rum im katholischen Männerverein Neunkirchen eine Ansprache im Hinblick auf den Schulstreit. Er sagte u. a. folgendes: Wir bedauern, daß die Bürger uns nicht verstehen, die die Katholiken der Freiheit berauben und verlangen, daß wir unsere Ketten küssen. Wir sollen nicht mehr das Recht haben, unsere Kinder in unserer Religion zu erziehen. Wir sollen schweigen, wenn wir mit blutendem Herzen zusehen müssen, wie schon in die Seelen unserer Kinder Gift gegen uns geträufelt wird. * Der DeutscheKriegerverband und der Preußische Landeskriegerverband haben für ihre durch das Hochwasser in Schlesien geschädigten Kameraden aus ihrem Notstandsonds zusammen 10 000 Mk. bewilligt. Es ist dies die größte Spende, die bisher für die Not leidenden in Schlesien gegeben wurde. * Zum Eisenbahnunglück bei Buchholz teilt das amtliche „Dresdener Journal" mit, daß die betriebstechnischen Einrichtungen der Haltestelle Buchholz vollständig den für derartig einfache Verkehrsstellen allenthalben zur Anwendung kommenden Anordnungen entsprechen; auch sei die Konstruktion der Weiche in durchaus gutem Zustande gefunden worden. — Es hatte niemand behauptet, daß die Weiche in schlechtem Zustande gewesen sei, wohl aber wird neuerdings gemeldet, daß sie vom Stationsgebäude so weit entfernt ist, daß es für den sie bedienenden Beamten schwer ist, zu überblicken, ob ein Zug sie schon vollständig passiert hat. Da nach sind also die betriebstechnischen Einrichtungen an diesem Punkte nicht einwandfrei, und wenn sie den „Anordnungen" entsprechen, so taugen eben diese Anordnungen nichts und müssen im Interesse der Verkehrssicherheit abgeändert werden. Der Vorwurf der falsch angewandten Spar samkeit, den gleich uns andere sächsische Blätter er heben, wird durch diese übrigens recht bescheidene Rechtfertigung des „Dresdener Journals" nicht beseitigt. (Allg. Ztg.) * Dersozialdemokratische Partei tag wird in diesem Jahre bekanntlich am Orte der Städteausstellung, in Dresden, statlfinden. * Offiziöse Abfertigungen. Eine kräf tige Abfertigung erfährt der Pariser „Figaro" in der „Nordd. Allg. Ztg.". Der „Figaro" hatte sich in einem Artikel „Die deutsche Gefahr" darüber aufge halten, daß von allen Beileidskundgebungen der Staats oberhäupter zum Tode des Papstes allein das Tele gramm des deutschen Kaisers veröffentlicht worden und daß die Veröffentlichung nicht von Rom, sondern von Berlin ausgcgapgen sei. Die „N. A. Ztg.", oder vielmehr eine leitende Persönlichkeit, weist nun dem „Figaro" nach, nämlich aus den Meldungen des Blattes selbst, daß noch einen Tag früher die Beileidskundgebungen des Kaisers Franz Josef und des Präsidenten Roose velt veröffentlicht worden sind. Die deutsche Depesche aber ist von Rom aus bekannt gegeben worden, vom „Osservatore Romano". „So also schreibt man Ge schichte," bemerkt spöttisch die „N A. Ztg." nach dieser Richtigstellung und fügt hinzu, daß auf der gleichen Höhe sich die Ausführungen des „Figaro" bewegen über eine angebliche Bedrohung des französischen Pro- tektoratsrechts von deutscher Seite. Das Or gan unserer Regierung, das seit einiger Zeit der aus wärtigen Presse, zumal unseren „Freunden" in Frankreich wie in England, viel Aufmerksamkeit widmet, verfehlt gleichzeitig nicht, der englischen Presse zu Gemüte führen, daß die von dieser bisher fast Tag für Tag verbreiteten Alarmdepeschen über einen bevorstehenden japanisch- russlschen Krieg in Ostasien völlig grund los waren und daß der Zweck des Pretzfeldzuges nur der gewesen sei, die Kriegsleidenschasten in Japan zu erregen. Die „Times" muß nunmehr selbst die beun- ruhtgenden Nachrichten durch eine Depesche aus Tokio als „vülligunbegründet" bezeichnenlass en. Oesterreich In Kroatien sind von neuem ernste Unruhen unter der bäuerlichen Bevölkerung ausgebrochen. England * London. Im Kolonialministerium herrscht auf Grund neuer aus Tokio gekommener Meldungen eine pessimistische Stimmung, da trotz aller Ableugnungsoersuche Rußland fort fährt, Truppen und Munition in großen Massen mittelst der sibirischen Bahn zu expedieren. In japanischen Militärkreisen macht man keinen Hehl daraus, daß ein kriegerisches Auf. einander st oßen eine Frage der allernächsten Zeit ist. Man weiß hier, daß Rußlands Politik in O st a s i e n die entschiedene Unter stützung Frankreichs und diestillschweigende Billi gung des Dreibundes (?) findet. Nur Amerika protestierte erneut gegen die kriegerischen Schritte Rußlands, gab aber bisher keine bündigen Zusicherungen, daß es bei einem Kriege zwischen Japan und England einerseits und Rußland anderer seits aktiv mittun werde. Dem Kolonialministerium nahestehende Kreise versichern, England wolle eine Note an alle Großmächte senden, worin auf die Ge fahr für den europäischen Frieden durch Rußlands Vorgehen in Ostasien hingewiesen wird. * England gibt mehr für Getränke aus als jede andere Nation der Welt. Das Land hat 1902 für Bier, Spirituosen, Weine u. s. w. Milliarden Mark ausgegeben. Auf die Bevölkerung des ver einigten Königreiches verteilt, beträgt die Ausgabe etwa 100 Mk. aus den Kopf. Diese Summe über steigt bei weitem den Betrag, den das Land für alle Regierungszwecke, für sämtliche religiösen, erzieherischen und sonstigen nützlichen Unternehmungen jährlich ausgibt. Rustland. * Mit weiblichen Architekten macht die russische Regierung einen Versuch. Mit Beginn des Haupt kursus werden in der Petersburger Akademie der Künste weibliche Studenten für das Baufach ange nommen. Zwei Kandidatinnen, die Frau eines Petersburger Architekten und eine Russin, die bisher in Berlin gelebt hat, haben sich bereits gemeldet. Weibliche Baumeister gibt es gegenwärtig noch nicht in Europa ; der Beruf dürste den Frauen nicht leicht werden, zumal da er gegebenenfalls die Uebernahme eines Kommandos über Hunderte von Arbeitern erfordern kann. Türkei *Aür die aufständische Bewe gung auf der Balkanhalbinsel er wartet der mit den Wünschen und Hoffnungen der Panslavisten und Balkarislaven wohloertraute Peters burger „Swjet" ein energisches Wiederaufleben nach der Ernie, selost dann, wenn es dem Sultan ge lingen sollte, die Muselmanen im Zaume zu halten. Aus die anscheinende Beruhigung der Gemüter in Mazedonien habe die Eintezeit weit mehr Einfluß ausgeübt, als alle diplomatischen Schritte Rußlands und Oesterreichs. Die Beruhigung sei daher nur ganz vorübergehend. Aus Stadt und Land Lichtenstein, 29. Juli. * — Inspizierung der Freiwilligen Feuer Wehr. Bei der am nächsten Sonntag, den 2. August stattfindenden Inspizierung nimmt, wie uns von zuver. lässiger Seite mitgeteilt wird, außer der Freiwilligen Feuerwehr auch noch die Absperr-Kompanie der Dienst- pflichtigen Feuerwehr teil. * — Ruch Falb haben wir im August verhältnis mäßig trockenes Wetter zu erwarten. Nur in der ersten Woche, dann in der Mute und am Ende deS Monats sollen Gewitter auftreten. Die Temperatur ist — immer nach Falb — sehr schwankend, meist normal in der ersten, ziemlich tief unter der Mitte aber in der zweiten Hälfte. Für die Zeit vom 1 bis 10. August kündigt Falb sehr trockenes Wetter an. Nur ganz vereinzelt sollen Niederschläge vorkommen. Kritische Tage gibt es im August recht wenige, und zwar einen 3. Ordnung «8. August), der etwas Regen und erhöhte Temperatur vorübergehend bringen dürfte und einen kritischen Tag 1. Ordnung (22. August). * - Der große Sternschnuppenschwarm, der alljährlich im August zu erwarten ist, soll, wie von den Astronomen berechnet worden ist, dieses Jahres in den Morgenstunden des 12. oder 13. August seinen Höhe punkt erreichen. * — Während man sich in den letzten Jahren über einen zu großen Jnsektenreichtum zu beklagen hatte, wird in diesem Jahre die Frage laut: wo find die Schmetterlinge? Wenn nun auch nie mand über die verschwindend kleine Anzahl dieser gefährlichen Feinde in Garten und Feld böse ist, so ist diese Erscheinung immerhin eine so auffällige, daß es sich lohnt, ihrer Ursache nachzuforschen. Die ist nicht schwer zu finden. Die vorzeitige milde Märzwitterung hat eine frühzeitige Entwickelung der Infekten herbeigeführt. In den Kälteperioden im April und Mai wurden sie dann wieder völlig vernichtet Auch die „Braunröcke", die Mai- und Junikäfer, sind in diesem Jahre fast gänzlich aus geblieben. Freilich waren diese auch voreilig genug, schon im Februar zu erscheinen, wo sie den Redak tionen zahlreich zugingen. Im Mai und Juni selbst bemerkte man sie in hiesiger Gegend fast gar nicht. Sind nun auch glücklicherweise die Insekten nur mäßig vertreten, so sind doch in diesem Jahre die Schnecken in außerordentlich großer Anzahl vor handen. Da nun diese Tiere auch einen ganz „ge sunden Appetit" entwickeln, so ist der Gewinn dec Garten- und Feldbesitzer trotz der minimalen Anzahl der Insekten nur ge-ing. * — Folgende Regeln für Pilzfreunde seien mitgeteilt: Man wähle nur solche Arten von Pilzen, die man als unschädlich ganz genau kennt. Zum „Kennen" gehört auch die Bekanntschaft mit den jenigen Giftpilzen, mit denen eine Verwechslung möglich ist. Daß alle Blätterpilze giftig seien, daß das Gift in den Pilzen beim Kochen durch Anlaufen eines silbernen Löffels oder durch Schwarzwerden einer Zwiebel sich verrate, sind Ammenmärchen. Man sammle nur untadelige Exemplare, lasse da gegen alte, angeschimmelte oder zerfressene Exemplare ruhig stehen. Man rammle nicht bei nassem Wetter und bereite die Pilze bald zu. Man trete der leidi gen Unsitte, die Pilze im Walde durch Umschlagen oder Zertreten zu verwüsten, überall entgegen! Auch die vermeintlichen Giftpilze sind zu schonen. Dresden. Der frühere freisinnige Reichstags kandidat für Dresden-Altstadt, Fabrikbesitzer Strch- bach in Sebnitz, ist Sonntag, in seiner Fabrik an Gasen erstickt tot aufgefunden worden. Zwickau. Ur. msä. Thierfelder, praktischer Arzt hier, hat eine für Radfahrer wichtige Erfindung gemacht und sich patentieren lassen. Es ist dies eine federnde Lenkstange, welche angeblich die Körpererschütterung durch das Vorderrad, gleich dem federnder: Sattel am Glück. Originalroman von S. Halm. (Nachdruck verbalen.1 (9. Fortsetzung.) Hans Kraft sprang etwas hastig auf. „Verzeihe, lieber Vater, das möchte ich eben nicht. Ich denke doch, ich bin noch in den Jahren und von dem Aussehen, ein Mädchenherz entflammen zu können." Detlef von Werdau schien diese Aeußerung als eine Anspielung zu empfinden. In etwas kühlerem Tone warf er fo obenhin ein: „Nun, Du mußt es ja wissen, in wie weit Dich Deine bisherigen Erfolge bei der jungen Dame zu solchem Selbstvertrauen berechtigen. Darüber kann ich nicht urteilen." — Hans Kraft war im Ganzen keiner von denen, die ruhig eine Malice einstecken. Dieses Mal aber fand er es ratsam, den Schwerhöngen zu spielen. „Der Mensch muß fort," sagte er nach einer Mi nute des Nachsinnens. „Ganz meine Meinung," pflichtete die Excellenz erfreut bei. „Aber, wie ihm beikommen? Vor wenigen Monaten war er ein ganz unbedeutender Mensch. Heute ist sein Name bekannt. Man spricht von ihm mit lobender Anerkennung. Ja, ja, ober llls, „der Knabe Karl fängt an, Dir fürchterlich zu werden." So einem jungen Dinge ist leicht das Köpfchen zu verdrehen. Kommt nun noch ein hüb sches Gesicht und das erste Ruhmesgemüse dazu, dann ist so ein Mädel unrettbar verliebt." „Du hast von Fräulein Siemers keine allzu hohe Meinung." „Gemach, lieber Junge. Ich finde die Kleine reizend. Glaube, daß sie ein Engel an Tugend, Unschuld und Schönheit ist, aber für einen Ausbund an Klugheit halte ich sie nun einmal nicht. Bei dieser Sorte geht immer das Herz mit dem Verstände durch. Schadet auch nichts. Diese Art gibt die besten Frauen und Mütter ab. Nur im poniert man solchen sentimentalen, kleinen Mädchen nicht mit guten Manieren, dito Namen und Stellung. Den Vogel erkennt man an den Federn. Je schillernder das Gefider, je verliebter die Sorte Weiber. Na überlege Dirs mal, Kraft. Werde auch sehen, was sich für Dich tun läßt. Wozuhätteman denn seine guten Verbindungen und alten Freunde." „Was hast Du vor, Papa?" „Das weiß ich momentan selbst noch nicht. Nur kein Hasenherz. Halte lieber noch mit den Löwen. Adieu mein Junge. Ich werde erst mal ein Stündchen promenieren, um meive Kleider auszulüsten." Da saß nun der schöne Hans Kraft. Sein Vater hatte sich trefflich darauf verstanden, die Saat der Eifer- fucht in das Herz des Sohnes zu säen. Ohnmächtig dastehen, die Pforten des Paradieses sich verschlossen, den Nebenbuhler im Bereich all der Herrlichkeiten schon als Sieger zu wissen — schauderhaft! Hans Kraft fann und fann, fchalt sich abwechselnd einen Narren und Feigling und gelangte doch zu keinem Entschluß. Es sollte auch alles anders kommen. So in denkbar schlechtester Laune war er nicht ge- rade entzückt, als sein Diener ihm meldete, es sei eine Dame da, die den Herrn Rittmeister zu sprechen verlange." „Damcnbesuch bei hereinbrechender Nacht? Wie steht die Dame aus ?" fragte er den Diener mißtrauisch aus." Der zuckte die Schultern. „Eigentlich gar nicht, gnädiger Herr." „Dummer Kerl! ist das eine Antwort?" „Verzeihung, Herr Rittmeister, ich meinte nur, man sieht eigentlich nicht recht was von ihr. Bor dem Ge sicht ein dichter Schleier und " „Schon gut! Führe die Dame m den Salon." „Wird was Rechtes sein!" brummte er hinter dem Diener her, ließ all seine Flammen der letzten drei Jahre im Geiste Revue passieren und wars doch einen sehr langen Blick in den Spiegel, ehe er sich, im Grunde recht neugierig, in den Salon hinüberbegab. Als er die Türe öffnete, sah er im hereinbrechen den Zwielicht eine Gestalt am Fenster lehnen, deren Konturen sich scharf von dem lichteren Hintergründe abhoben. D'e Dame hatte ihm den Rücken zugewandt, doch den Kopf fo gedreht, daß er das Gesicht als Pro filsilhouette erhaschte. Ec stutzte flüchtig, ging dann aber fchnell entschlossen auf die Dame zu. „Pardon! mit wem habe ich zu so ungewohnter Stunde das Vergnügen?" Die Gestalt bewegte sich. Er sah im Halblicht zwei Augen aus sich gerichtet, vermochte aber nichts Ge naueres zu unterscheiden. „Sie erkennen mich nicht mehr, Herr Rittmeister?" Wieder das Stutzen. Ein Aufhorchen, Lauschen, ein Suchen nach irgend einer fernen Erinnerung. — Mit zwei schnellen Schritten war er an der Tür. drückte auf den Knopf der elektrischen Leitung. Mit einem Schlage war der ganze hohe Raum in blendendes Licht getaucht. Selbst dem Kundigen schmerzten die Augen bei dem jähen Lichtwechsel, so daß er ste für ein paar Se kunden schließen mußte. Als Hans Kraft sie wieder öffnete, gewahrte er in der Rütte des Gemaches stehend eine schlanke, etwas ärmlich gekleidete Frauengestalt, ein von Leid und Sorgen verhärmtes Gesicht, aus dem zwei hellgraue Augen, die früher einmal sehr schön ge wesen sein mochten, unendlich leidvoll um sich blickten. Rotblondes Haar umgab in fast zu schwerer Pracht den feinen eigenartigen Kopf. (Fortsetzung folgt.)