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auf Kosten der göttlichen Gebote und christlichen Sitte. An der Diskussion beteiligten sich: Kirchen rat Weidauer, Superintendent Kober, Oberkonsistorial- rat Kohlschütter und die Pastoren Bogel, Hübener, Landgraf, Riedel und Böttcher. Ein einfaches Mittagsmahl vereinigte noch 52 Konferenzteilnehmer. Aus Thüringen Schmalkalden. Durch das bereits gemeldete Großfeuer im benachbarten Orte Floh sind insge samt 41 Wohnhäuser und 92 Nebengebäude in Asche gelegt worden. 47 Familien mit ca. 240 Kopsen find obdachlos. Der Jmmobilienschaden ist auf rund LOO000 Mark zu schätzen. Der Ort ist innerhalb der letzten 8 Jahre dreimal von einem Großfeuer heimgesucht worden. Es wurden bei diesen Bränden insgesamt 422 Gebäulichkeiten vernichtet mit einem Brandschaden von 000000 Mark. Die Entstehungs- Ursache des Feuers dürste in Selbstentzündung von feucht eingebrachtem Heu zu suchen sein Allerlei P Hamburg. Der schon gemeldete große Brand in Altengamme, einem der vier Kirchspiele der Bier lande, ist um so bedauerlicher, als dabei mehrere alte Bierländer Bauernhäuser zu Grunde gegangen sind, die immer seltener werden. Die Nieriänder, ein aus den Niederlanden um 1200 hier eingewandertcr Volksstamm, haben nicht nur eine eigene Tracht, sondern auch eine eigene Hausbauweise, die von der jenigen der umwohnenden Bevölkerung niedersächsi scher Abkunft völlig verschieden ist, und eine besondere Jnnenkunst. So besitzen sie eine Meisterschaft in eingelegter Arbeit, einen Handwerkszweig, den man jetzt wieder zu beleben sucht. Auch hat sich kürzlich in den Bierlanden und Hamburg ein Verein gebildet, der die alten interessanten Bauwerke zu erhalten sucht und die Vicrländer und Kunstwerke und Alter tümer sammelt. Leider ist aber in Altengamme durch den Brand, wie schon oben erwähnt, manches was des sammelns und Erhaltens wert ist, wieder mit zu Grunde gegangen. i Osnabrück. Unverzüglich werden seitens der Behörden Maßnahmen ergriffen, um dem durch das Unwetter vielfach hervorgcrufencn Notstand nach Mög lichkcit zu begegnen. Juchhe! Im Erlnhvs, am Mühlbach drunt, Da hat mein Schätzer! gewohnt A saubcrs Dirn war die Gret, Uu busserln — dös hats könnt! Jin Erlnhof, am Mühlbach drunt, Is itzt dem Sepp sei Platz; Den nahm dieselbe Gret zum Mann, Die ehnder war mei Schatz. Zum Erlnhof, am Mühlbach drunt, Klingt oft mei Juchzer hin, Weils nii halt gar so sakrisch gfreut, Daß — i der Sepp n öt bin. Lesefrüchte Berusstätigkeit ist die Mutter eines reinen Ge wissens,'« ein reines Gewissen aber die Mutter der Ruhe — und nur in der Ruhe wächst die zarte Pflanze des irdischen Wohlseins. E. v. Fk-uchiersllbca. Huuroristis ches Der Pantoffelheld. Richter: „Wollen Sie die Strafe annehmeu?" Verurteilter: (zu seiner Frau, die im Zuschauerraum sitzt): „Was meinst Du Kathi?" ' „Fl. Bl." Ausweg. „Du, August, wie mach ick det blos? Wenn det in de Zeitung kommt, det ick uf vierzehn Tage wegen Vedrijerei ins Loch muß, wird keen Jcschäftsmann mehr mit mir zu dun haben wollen". — „Na, det is doch janz eenfach. Du rückst in de Zeitung, det Du mit Dir in keener Weise identisch bist." Unnötige Furcht. Nachbarin: Fürchten Sie denn nicht, daß Ihnen der verstorbene Studiosus, der bei Ihnen gewohnt hat, einmal erscheinen wird?" — Zimmermietcrin: „I, der ist mir ja noch zehn Mark schuldig!" Anagramm. Schon im Beginn der Bibel hörtest du von mir er zählen, Ließest auch selbst mich vielleicht hier oder da 'mal entstehn; Aber nicht lange das Auge, das schönheitsgewöhnte, mich duldet, Und es vertreibt mich die Hand schneller noch als sie mich schuf. Tauschen die Zeichen den Platz, so mußt du nach Afrika wandern, Wenn dich das Königreich lockt, welches sich nun präsentiert. (Auflösung in nächster Nummer.) Versteckrätfel Hundert — Boulanger — Distel — Roderich Bestreben — Tekel — Kochbuch. Aus jedem der obigen Wörter sind drei neben einanderstehende Buchstaben zu nehmen, welche im Zusammenhang ein bekanntes Sprichwort ergeben. (Auflösung inEnächster Nummer.) Briefkaste« K in HM. Hrbej leit' längerer Znt für einen ruck- ständigen Betrag einen Koffer in Pfand. Kann ich nun für diesen Koffer, der ja doch einen gewissen Platz in meiner Behausung einnimmt, Lagergeld verlangen? Und wie viel pro Woche oder Monat? — Der Pfandgläubiger ist zur Bewahrung des Pfandes verpflichtet, ohne dafür eine Entschädigung verlangen zu können. Eine Ver gütung gilt allein dann als vereinbart, wenn die Ani- bewahrung den Umständen nach nur gegen eine Ver gütung zu erwarten ist. Sollten Sie fremde Sachen gewerbsmäßig in Verwahrung nehmen, so können Sic hiernach auch für den Koffer ein Lagergeld verlangen. Besorgte Eltern in . Wenn Ihr dreißigjähriaer Sohn noch immer zaghaft und wankel mütig ist, keine Energie besitzt, und gar mit andern Worten immer noch „nicht weiß, was er will," so wird ihm wohl schwerlich zu helfen sein. V elleicht geben Sie ihm auf, eine schwere Aufgabe zu lösen, eine eigene Existenz zu gründen, so daß er nach dem Sprichworte „Arzt hilf dir selber" — auf sich ganz allein angewiesen ist. Das hat schon manch „Muttersöhnchen" zur Besinnung gebracht. Johann von Müller sagt uns folgende Lebensweisheit: Nichts ist über einen festen Plan, einen großen Zweck: er füllt alle Stunden, zerstreut von allem und brinat bei allem Hin- und Herwerfcn der Umstände ins Leben Einheit. N in H. Ob sie berechtigt sind, eine eben ge löste Fahrkarte vor Abgang des Zuges umzutauschen ? — Ja, dann ist die Eisenbahn kulant; sie tauscht alle Fahikarten um, sofern sie noch nicht dnrchlocht sind und 5 Minuten vor Abgang des Zuges vvr- gezeigt werden. — Uebrigens können, was in der gegenwärtigen Reisezeit allgemein interessieren dürste, ans den Strecken der preußischen Slaatsbahnen, der oldenburgischen Staatsbahn, der Mecklenburgischen Friedrich Franz-Bahn und der Lübeck-Buchener Bahn Fahrkarten aller Orts für eine andere als die ur sprüngliche Route giltig gemacht werden, sobald die neugewählte Strecke kürzer ist, als die erste. Die Zulässigkeit solcher „Fahrkarten-Umschreibung" scheint nur wenig bekannt zu sein. Alan hat sich in sol chen Fällen an den Slations-Borstand zu wenden n u n e : Also det Falküenk- mal kommt! sagt det Be denk 'mal-Komitee, — bloß wenn ehr? weeß keenrr? Woran Havert et nu? Ha'm se det Materjal nich, denn sollten se det Kleri kalen drum bitten. Die lejen ihnen gewiß jern eenen Stein in'n Wej. Oder is et 'ne Platz- frage? Denn müssen se sich an de Neuerung wenden. Die ver- arbert't ja allens, wat von Falk kommt, in Jruud und Boden. Oder ha'm se keene Leite, die et nffrichtcn können? Tenn sollten mal de prciß'schcn Lehrer feste ranjeh'n. Die tut det Usfrichtcn schon lange not. Over lieft et an den Bildhauer? Denn könnte Eijchn Richter rauShelsen. Der is bald fertig! Ick der Namie, hab' et aber immer jcjagt: Wenn Falk heile noch lebte, denn wär' er jewiß 'n dvdter Mann. (Uck) Das Geheimnis der alten Bettuscha Roman aus Rußlands jüngster Vergangenheit. Von Iu-lius Berger. (Nachdruck verboten.) (IN. Fortsetzung.) „Weil ich Wanda von Stakowsky liebe!" rief der junge Graf bedeutungsvoll. „Du Narr!" erwiderte, fast mitleidig lächelnd, der Vater, die arme Blume muß den Falter dulden; täusche Dich jedoch nicht in den Frauen! Ein edles Herz ist eines edlen Herzens wert! Wenn Wanda den Inspektor liebt, kann ich sie nur glücklich schätzen ! Und Du wage es nimmer, ein gefährliches Spiel zu treiben! Es gelingt Dir noch nicht! Vernichte nicht anderer reines Glück! Und solltest Du es dennoch versuchen, Du, mein mißratener sohu: ich schwöre es bei Gott, daß ich als Vater mich nicht scheuen würde, auf Dich, Du Lump, die Waffe zu richten ?" Drohend verließ der Graf seinen Sohn. Doch des Alten Worte machten keinen allzutiefen Eindruck auf ihn. „Muß ja ein verteufelt süßer Bissen sein, diese hübsche Wanda," flüsterte jetzt Oskar, „daß sich ihretwegen sogar mein Alter so weit ins Feuer bringt. Das reizt umsomehr .... wer wagt, gewinnt!" Am nächsten Morgen war Graf Oskar von Rabinsky aus seinem Elternhause verschwunden. Wohin? Die Kunde fand auch den Weg aufs Nach bargut. „Der arme Oskar," weinte die Gräfin Alexewna von Saxin, „nahm es sich gewiß so sehr zu Herzen, daß Zelüscha nichts von ihm wissen will." „Einen Gruß hätte sie immerhin an ihn mitsenden können," meinte Graf Wladschu. „Aber Vater," mischte sich Graf Renan hinein, „wenn sie ihn nun einmal nicht lieben konnte!" „Hätte sich alles gefunden," sagte der Graf. „Gewiß, gewiß," bestätigte die Gräfin, „er war ein so feiner Kavalier." „Und jetzt kommt schließlich unseretwegen solche? Unglück über das Haus Rabinsky," schloß der Graf, „gebe Gott, daß dem braven Jungen kein Unheil züstößt!" 9. Von dem Augenblick an, da Piotr Nitecky aus dem Munde der alten Bettuscha die Versicherung eutgegengenommen, daß sie sich bemühen werde, ihm „sichere" ^Nachricht über seine Tochter Minka zu bringen, war in dem vordem fast völlig rntPerten Greis scheinbar ein neues Lebeu eingekehrt. ' Seine Höhle füllte sich mit allerlei lieblichen Bckdem, die ihm die erregte und vor Erwartung ^lpannte Phantasie gnädig vorzauberte. Ec sah ). u liebes Weib, wie sie noch im Tode lächelte und Ohm da- ourch dankte für die Stunden der Liebe und des Glückes, die sie einst miteinander verlebt; er sah seine Tochter Minka ihre Arme öffnen und den Hcimkchrenden an ihre Kindesbrust ziehen ... da schoß ihm die Frage durch den Sian: „Ob sie verheiratet sein mag? Ob sie Kinder haben mag?" O, daun mußten auch diese schon heraugewachsen sein . . . denn 25 Jahre in Sibirien! Die Minuten wurden ihm zu Stunden, die Stunden zu Tagen, ehe Bettuscha kam. Und sie kam. Wieder hatte die Nicht ihre Schalten über die Erde gebreitet; und, geschützt durch die Dunkelheit, konnte die Atte ungesehen das Schloß oerlassen und dem nahen Walde zuwanken. „Piotr, Piotr," rief sie, vor der Höhle des Fremden angelangt, denn sie wußte, daß der Ein gang überaus künstlich mit Z veigen unv Mist pon innen geschlossen war. ) 0 Dec Ruf hatte genügt, die unterirdi; ,e-Pi -'s zu öffnen; und wieder standen die bei,-m Al; c einander gegenüber. , „Du bringst mir gute Kunde, ich weiß es,' konnte der Alte nicht an sich halten, das Weib zu empfangen. „Zum Teil ja." erwiderte Bettuüha. „So sprich, lebt meine Minka wirk.ich?" brachte der Mann furchtbar erregt, uur mühsam beroor. „Ich glaube ja, Püur," slnsteite das Weib, „sie muß in Petersburg leben. Doch rate ich Dir, nicht nach einer Nitecky zu forschen, sondern nach einer Wladschinsky! Weißt Du . . ." „O mem Gott! Sollte sie sich des Namens ihres Vaters geschämt haben . . !" senfzie der Alte und fuhr, wie sich besinnend, erfreuter fort: „Oder hat sie sich vermählt?" „Das Letztere mag stimmen," suchte Bettuscha deri Alten zu beruhigen. . c „Du sagtest Wladschinsky?" fragte plötzlich, sich erinnernd, Ser Greis. „So sagte ich!" bestätigte das Weib. „Mir scheint," meinte der Manu, „ich hätte gerade diesen Namen auf diesem Glue, solange ich hier den Fremdling spiele, recht ost gehört." „Ganz letzt, ganz recht!" gab Bettuscha unbe fangen zu. „unser Inspektor heißt Wladschinsky." „O, so laß den Mann mich einmal nur sehen, ehe ich mich wieder auf d-e Wanderung mache und vielleicht nicht mehr zurückkehre . . . den „ dec den Namen meines geliebten Kindes trägt Khauchte wie entzückt der Alte, und hatte ücs Weioes Hände erfaßt, gleichsam um an ihren Druck die Bestätigung seiner Bitte zu erfüllen. „Nichts leichter, als das," gab Bettuscha ihm zurück, „am frühen Morgen ist er der Erste aus dem Gut wach, seine hohe Gestalt wird Dir sofort auf- fallen; auf de n Felse kannst Du ihn sehen." „Ich sänke Dir. Ich will dies dem Zufall überlassen. Denn ich will nun keine Zeit verlieren, nach Petersburg zu meinem Kinde zu ecken. Nimm meinen Dank, Bettuscha," weinte der Greis und schüttelte dem Weibe die Hand. „Gehe mit Gott!" sagte Bettuscha und erwiderte den Händedruck. „Und vergiß nicht, wenn Du sie findest, Deine Minka, von mir zu grüßen . . . vielleicht hat sie noch einen Gedanken an die alte Bettuscha, der Gott soviel Gnade erwiesen, daß sie viele, viele Andere überleben durfte. Und nun . . . Gehe mit Gott!" Die Alte hatte diese ihre Mission erfüllt und schritt bedächtig ihrem Zimmerchen zu. „Ich kann mich nicht täuschen," sprach sie aus dem Wege dahin still zu sich, „der Inspektor ist Minkas Sohn! Was gehts mich vorläufig an? Ich hatte nicht das Recht, dem alten Piotr dieses zu gestehen. Mag seine Minka ihrem alten Bater den Roman ihres Herzens beichten, mag sie es nicht tun . . . was gehts mich vorläufig an? Noch ist es Bettuschas Pflicht, ihr Geheimnis zu bewahren!" Und als die Alte ihr Zimmerchen betrat, faltete sie, wie zum Gebet, die Hände und flüsterte: „Sei Gott ferner gnädig dem Hause der Grafen von Saxin und räche nicht zu scharf, was sie dereinst gesündigt." Piotr, der Fremde im grauen Kittel, brach am nächsten Morgen auf, erstlich, um, wenn ihm der Zufall günstig wäre, den Mann zu Gesicht zu be- kommen, der zufällig den Namen seines Kindes trug, zweitens, um seine Wanderung nach Petersburg