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erzene Bild umstanden hat, für sie ist der große Kaiser schon eine geschichtliche Person, und die Er, eignisse, die sich um seine Persönlichkeit weben, und die Zeit, in der er gewirkt hat, werden schon in den Büchern beschrieben. Ich glaube, daß Ich wohl nicht zu viel sage, wenn ich der Vermutung Raum gebe, daß dereinst in künftigen Jahrhunderten die Ehrfurcht gebietende Gestalt Meines Großvaters mindestens ebenso von Sagen umwoben, so gewaltig und hoch ragend über alle Zeiten im deutschen Volke dastehen wird, wie einstens die Gestalt Kaiser Barbarossas. Freilich die jüngere Generation ist jetzt gewöhnt, leichthin das, was wir das Reich nennen, mit dem, was es uns gebracht hat, als etwas Selbstver ständliches anzusehen, ohne zu bedenken, was es gekostet hat, bis es dazu gekommen ist. Und Ich glaube, wir erkennen auch hierin wieder den Finger der Vorsehung, wenn wir auf die Ehrfurcht gebietende Gestalt Hinblicken, die dort in stiller Haltung vor dem Rathaus steht, in ihrem Ernst und in ihrer stillen Abgeklärtheit des hohen Alters, daß gerade ihn die Vorsehung ausersehen hatte, um dieses, eines der schwierigsten Werke, auszw führen, die Einigung der deutschen Stämme. Denn niemand konnte sich dem Zauber der Persönlichkeit, der einfachen Bescheidenheit, der herzgewinnenden Liebenswürdigkeit des hohen Herrn entziehen, und so war es ihm vergönnt, umgeben von gewaltigen Paladinen, die, ihm ergeben, mit ihm arbeiteten, auszugleichen und zu versöhnen, an Härten und scharfen Lagen und immer das Ziel im Auge zu behalten, die Einigung des Vaterlandes. In langer Friedensarbeit, in stiller Werkstatt reiften die Gedanken, und fertig waren die Pläne des schon zum Greis gewordenen Mannes, als die gewaltige Aufgabe an ihn hecantrat, als er uns das Reich wieder erstehen ließ. Ich hoffe, daß die Hamburger Jugend, wenn sie an dem Denkmal vorbeigeht, nie die Zeit der Vorbe reitung vergessen werde, die dieser hohe Herr durch gemacht hat. Mit Recht erwähnten Sie der Zeit Kaiser Wilhelms als einer großen, einer gewaltigen Zeit, gewaltig in ihren Impulsen, mächtig in ihrer flammenden Begeisterung. Meine Herren, Ich sollte denken, groß i st auch dieZeit, die uns noch vorbehalten ist. Die Ausgaben, die dem großen Kaiser gestellt waren, sind erfüllt, doch wollen wir nicht vergessen, wenn cs uns zuweilen dünkt, daß die Aufgaben, die uns gestellt sind, zu schwer seien, was der hohe Herr ducchgemacht hat. Vergessen wir nicht, daß er schon nachdenkend und mitlebend Jena und Tilsit gesehen hat, und doch hat er an der Zukunft des Vaterlandes nicht verzweifelt. Von Tilsit ist er nach Versailles ge gangen I Ebenso wird es auch in Zukunft bestellt sein. Der große Kaiser mit seinen großen Mit helfern hat die Basis gelegt, den Grundstein zum Gebäude, an uns ist der Ausbaul Darum bin Ich der Ansicht und der festen Ucberzeugung, daß auch uns eine große Zukunft bevorsteht, wenn wir nur fest dazu entschlossen sind, sie dazu zu machen. Uns sind auch Aufgaben gestellt, mögen sie nun schwer oder leicht sein, angenehm oder un angenehm, wir haben sie anzufassen, sogut wir eben können mit Darangabe unserer Kräfte, dann werden wir sie lösen, und ich bin fest überzeugt, daß, wie damals, so auch heute es dem Deutschen Reich und dem deutschen Volke nie an den rich tigen Männern fehlen wird. Deswegen wende Ich Mich am heutigen Tage an der Stelle, wo Ich damals aus tiefstem Herzen Blich an das deutsche Volk mit einem Notschrei wandte, auch heute wieder an dasselbe: Das Geheimnis der alten Bettuscha Roman aus Rußlands jüngster Vergangenheit. Von Julius Berger. (Nachdruck verboten.) (6. Fortsetzung.) Es war nach einem interessant verlebten Winter, der den Damen Bälle und viele andere gesellige Vergnügungen die Hülle und Fülle gebracht, wieder Frühling geworden. Wenn auch ein Pensionat, wie das, in dem die Töchter der ersten Gesellschaft Rußlands ihre letzte Ausbildung genossen, über jeden Verdacht erhaben war, irgend unlauteren Motiven gewidmet zu sein, so konnte es am Ende bei den absichtlich veranstalteten Vergnügungen, an denen junge Herren der Aristo kratie mit ihren Angehörigen geladen waren, nicht ausbleiben, daß irgend zwischen zweien Menschen kindern dort ein Band geknüpft wurde, das später Festigkeit für ein ganzes Leben erhielt. Wanda und Zeluscha zählten zugleich neben ihrer blendenden Schönheit zu den begehrenswertesten Partien; und sie konnten sich rühmen, den größten Verehreckreis ihr eigen zu nennen. Und doch gab es keinen Herrn, der sich hätte er lauben können, zu behaupten, seitens dieser oder jener der beiden Damen auch nur die geringste Hoffnung für die Zukunft erhalten zu haben. Lächelnd besprachen die beiden Freundinnen oft ihre interessanten Erlebnisse solcher Abende. Nun war es Frühling geworden; die Sonne hatte auch aus Petersburgs Mauern die Winternebel vertrieben, in den Gärten kuospete das junge Grün, und die Menschen durchschnitten lustwandelnd die Wege und Stege. Arm in Arm waren Wanda und Zeluscha im Pensionatsgarten an eine Laube gekommen, traten „M öge es seinen Idealen und sich selber treu bleiben." Dann wird eS der Granitblock werden, der, wie er draußen den großen Kaiser trägt, so, getreu seinen Traditionen, die neuen Aufgaben und Schöpfungen, die an uns herantreten, auf seinem Herzen und mit seiner Kraft tragen wird. Möge es mit Ent schlossenheit an die Aufgaben herantreten, die ihm der Himmel stellt, ohne zu fragen, ob sie schwer oder leicht sind, ohne sich darum zu kümmern, wie es sie lösen soll, wenn es nur erst herangeht! Die Augen auf! Den Kopf in die Höhe! Den Blick nach oben, das Knie gebeugt vor dem großen Alliierten, der noch nie die Deutschen verlassen hat, und wenn er sic noch so schwer geprüft und gcde- mütigt hat, der sie stets wieder aus dem Staub erhob; Hand aufs He rz, den Blick in die Weite gerichtet, und von Zeit zu Zeit, einen Bück der Erinnerung zur Stärkung aus den alten Kaiser und seine Zeit, und Ich bin fest überzeugt, daß, wie Ham burg in der Welt vornewcggeht, so wcrd unser Vaterland vorangehen auf der Bahn der Aufklärung, der Bahn der Erleuchtung, der Bahn des praktischen Christentums, ein e ge n für di e M e n s ch h e i t, ein Hort des Friedens, eine Bewunderung für alle Länder. Das spreche ich als feste Hoffnung und Zu versicht aus, darauf leere Ich Mein Glas: Es lebe die Ltadt Hamburg! Hurra! Hurra! Hurra!" Aus Ltadt und Land Lichtenstein, 23. Juni * — Amtliches Ergebnis dec Reichstagswahl im 17. Lachs Wahlkreise: Es entfielen 18,349 Stimmen auf den Parteisekretär Ignaz Auer in Berlin und 7392 Stimmen auf den Geheimen Negierungscat Dr. Rumpelt in Dresden, während sich 51 Stimmen zersplittert haben. * — Die Btumcngöttin Flora ist uns jetzt be sonders hold; ihre lieblichen Kinder stehen in üppigster Blüte und entzücken unser Auge. Nament lich die Rose bewundern wir. Wenn sie im Hag duftet, dann haben wir die schönste Jahreszeit. Die Rose, die schon die altklassischcn Dichter verherrlichten, genießt auch heute noch ein hohes Ansehen; ihre zahlreichen Freunde nennen sie mit Recht die Königin unter dec Fülle der Blumen. Ihre Farbenschönheit macht das Auge wonnetrunken. Sie leuchtet vom zartesten Weiß bis zum tiefsten Not, sie ist zugleich das Symbol der Unschuld und der Liebe, der Hin gabe, denn je öfter man sie schneidet, desto mehr Knospen und Blüten segt sie an. Es will gebrochen sein das „Röslein auf der Heiden", trotz seiner Dornen. Die Rose ist mit die varietätenreichste Zierpflanze; man zählt über 300 verschiedene Arten, darunter 14 deutsche. Sehr prächtig ist die Marschall Nit-, die Tee-, die Honig-Rose. Schon den Römern galt die Rose als eni Zeichen der Ver traulichkeit; sie wurde deswegen aus päpstlichen Befehl an den Beichtstühlen befestigt, daher der be kannte Ausdruck : sab rosa, das heißt im Vertrauen gesagt. In der katholischen Kirche ist die Rose der Jungfrau Maria geweiht, und dieser zu Ehren führte der heilige Dominikus den Rosenkranz ein, die Gebetsschnur, die ursprünglich aus kleinen aus Rosenblätlcrn gepreßten Kügelchen bestand. Aus den Nosenblüten wird durch Destillation mit Wasser das Rosenöl gewonnen — aus 3000 Kilo gramm Blüten aber nur ein einziges Kilo Oel. Zu Hause ist die Fabrikation dieses ätherischen Oels in Kansalit am südlichen Balkan, einer bulgarischen Stadt, deren Umgegend ein großes Rosenfeld ist. Seit etwa 50 Jahren wird indessen auch in Leipzig in dieselbe ein und fühlten sich dort, einen Augen blick dem tollen Treiben ihrer Kameradinnen entrückt, wohl und glücklich. „Weißt Du, Wanda," begann die Freundin, „mir ist am wohlsten, wenn ich alleine sein kann oder mit Dir zusammen, wir verstehen uns nun einmal so gut." „Genau so geht es mir, mein Lieb," beteuerte Wanda und legte ihren schönen, hellblonden Kopf an die Brust ihrer Freundin. So standen sie eine geraume Weile, in Gedanken versunken, an einem Fenster der aus Mauerwerk er richteten Laube. Bei der noch immer frischen Tem peratur in dem Gartenhäuschen hatte sich ein leichter Hauch an die Fensterscheiben niedergeschlagen; und von ungefähr ergriff Wanda den Bleistift ihres Notiz büchleins und schrieb, vielleicht unbeabsichtigt, einen Namen auf das Fensterglas. Sie hatte aber die Absicht, ihn wieder wegzuwischen, als Zeluscha zu- sammenzuckle und sie an ihrem Vorhaben hindern wollte. Es war zu spät, die Zeichen waren fort; doch Zeluscha hatte gesehen, gelesen! Eine seltsame Unruhe überkam sie, und in an ihr nicht gewohnter Hast fragte sie ihre Freundin, ihr dabei wie flehend ins Auge schauend: „Wanda, was schriebst Du da?" „Nichts, nichts, mein Lieb", antwortete Wanda, wie verlegen, „ohne Gedanken, ohne Absicht und ohne Zweck malte ich Buchstabe an Buchstabe". Zeluscha gab sich jedoch mit dieser Erklärung nicht zufrieden, faßte beide Hände ihrer Freundin, bohrte ihr schwarzes Auge in das himmelblaue ihres Gegenübers und sagte: „Wanda, sei meine Freundin, habe kein Geheimnis vor mir, wie ich keines vor Dir habe, und sage mir offen, was bedeutete der Name, den Du an dieses Fenster schriebst?" I Rosenöl in großer Feinheit hergtstellt, während das ! Rosenwafser hauptsächlich Frankreich liefert. * — Postalisches. Wie wenig leider die Mahnung feiten der Kaiserlichen Postämter inbezug auf gute Verpackung von Drucksachen Beachtung findet, beweist folgendes Vorkommnis: Am 9. Juni wurde von Leipzig aus an einen hiesigen Handwerks meister eine Postkarte gesandt, und erst heute (23. Juni) erreichte dieselbe ihren Bestimmungsort. Die betreffende Postkarte ist in einer von Cock (Irland) zurückgekommenen Drucksache oorgefunden worden. Nur durch schlechte Verpackung der Drucksache ist es möglich gewesen, daß sich die Postkarte in dieselbe einschieben und somit die Verzögerung eintreten konnte. * — Der Dank der Königin. Die Königin Witwe Carola veröffentlich: im „DreSdn. Ivarn." nach- stehendcn Dank: Mit tiefbcwegtensHerzen habe Ich am heutigen Todestage Meines unvergeßlichen Gemahls die aus Sammlungen in Meinem geliebten Sachsen ent standene König Albert-Gedächtnis-Lüftung im Betrage von 178 400 Mk. entgegengenommcn. Es ist Mir ein Herzensbedürfnis, allen gütigen Gebern und eifrigen Sammlern dieser dem Andenken des hochjeligen König Albert gewidmeten Stiftung Meinen allerherzlichsten Dank auszusprechen. Mit Genehmigung Sr Majestät des Königs habe Ich beschlossen, daß die Stiftung beim Ministerium des Königlichen Hauses verwaltet iverden soll. Die Erträgnisse werden nach einem baldigst zu entwerfenden Statut zur Linderung der Not, Armut und Krankheit ohne Ansehen der Konfession, des Alters und des Geschlechts nach Meinen näheren Bestimmungen Verwendung finden. Besonders sollen die von Mir ge gründeten und daher Meinem Herzen besonders nahe- ftehendcn Anstalten bedacht werden und wird die Ver wendung jährlich bekannt gegeben. Ich hoffe, daß mit Gottes Hilse aus den Erträgen der so schönen Stif tung im Sinne Meines heißgeliebten Gemahls manches Leid gehoben und manche Träne getrocknet werden wird. Libyllenort, den 19. Juni 1903. Carola, Königin- Wnwc von Sachsen. * — Girr Schwindler, welcher angeblich für eine Berliner Schuhwarenfabrik von Berger L Co. reist, treibt seit Wochen schon seine Betrügereien in ver schiedenen Städten Sachsens. Derselbe besucht haupt sächlich weibliche Geschästspersonen und Kellnerinnen, welche er zur Bestellung von Schuhwaren veranlaßt und Anzahlung entgegennimmt, ohne daß etwas ge liefert wird. Der Schwindler ist zirka 30 Jahre alt, trägt dunklen Gehrock und Zylinderhut. Vor ihm sei hiermit gewarnt. * — Die Litewken der Mannschaften aller Waffengattungen der sächsischen Armee sind in Zu kunft aus grauem Tuche anzufertigen und auch zur Herstellung der Mannschaftsmäntel findet das für die Litewka festgesetzte Tuch Verwendung. Die vor handenen Bestände an Stoffen zu Litewken und Mänteln für Mannschaften sind aufzubrauchen. * — Die deutschen Erfinder dürfte cs interes sieren zu erfahren, daß der Zentralcrfindcrverein „Ger mania" Bayreuth im Monat September - Oktober 1903 in Nürnberg eine allgemeine Ausstellung veranstaltet, um Patente und Gebrauchsmuster mit Erfolg zu ver werten. Bekanntlich existieren in Deutschland über 200 000 Gebrauchsmuster und über 140 000 Patente; die Hälfte davon wurde aber nicht der öffentlichen Benutzung über geben infolge des Umstandes, daß die Erfinder nicht in der Lage waren, ihr Schutzrecht selbst auszubeuten. In Anbetracht dieses Uebelstandes bildete sich vor Jahren ein Erfinderverein, dessen Hauptzweck ist, den Mitgliedern gegenseitig Dienste zu leisten, um gewinnbringende Ver wertungen zu erzielen. Es ist eine erwiesene Tatsache, daß gerade die Meyrzahl der Erfinder in mißlichen „Habe kein Geheimnis vor mir, wie ich keines vor Dir habe!" flüsterte die schöne Blondine, barg wieder ihren Kopf an Zelufchas Brust, holte tief Atem, als wollte sie Kraft sammeln, zu sprechen, hob dann ihren Kopf, schaute sich um, als wollte sie sich überzeugen, daß kein Lauscher in der Nähe sei, lächelte ihre Freundin, überstrahlt vom Sonnen- fchein der Glückseligkeit, an und begann im Flüster ton, wobei die Schläge ihres Herzens fast hörbar waren: „So sei es denn! Wisse, meine geliebte Zeluscha, daß ich Dir jetzt das einzige, das süßeste Geheimnis meiner Seele offenbare, das bisher tief drinnen in meiner jungen Brust geruht, von niemanden belauscht, selbst, selbst nicht von dem, den es betrifft. Komm, setzen wir uns auf diesen Schemel nieder und höre Dir erst eine kleine Geschichte an .... o, Ge liebte .... mir habe ich sie tausendmal vorerzählt, wie wird sie klingen, wenn sie ihren Weg jetzt über meine Lippen findet zu eines Menschen, zu meiner besten Freundin Ohr?" Zeluschas Herz pochte nicht minder, als das ihrer Freundin; sie saßen zusammen auf dem kleinen Schemel im Gartenhäuschen, über das des Frühlings Sonne ihr Goldlicht gegossen, und Wanda sprach ihre kleine Geschichte, wie in Verzückung. „Die Rosen blühten so schön, wie noch in keinem Jahre zuvor. Ich war mit meinem Vater am Kiosk hier in Petersburg spazieren gegangen. Er saß auf einer Bank mit einem Kriegskameraden und plauderte von der Schlacht am Schipka-Paß. Ich stand etwa fünfzig Schritt davon, machte eine kleine Wendung und war durch einen prächtig blühenden Rosenstrauch den Blicken meines Vaters, der Spazier gänger entrückt. (Fortsetzung folgt.)