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erhalten will, hat sich durch seine Taten und seine Güte die Unsterblichkeit errungen, einerlei, wie die Geschichte seinen Namen überliefert. * Die Wahlcouverts und Stimm zettel verbrannt wurden vom Wahlvorstand in dein Oct Bockelholm im Wahlkreis Kiel. Dort gelangte durch ein Versehen in die Wahlurne ein Umschlag mit dem Stimmzettel eines zur Wahl Er schienenen, der nicht in dec Wählerliste eingetragen war. Der Wahlvorstand beschloß, die abgegebenen Umschläge lind Stimmzettel samt und sonders zu verbrennen und vie Wahlhandlung von neuem zu beginnen. Die bereits erschienenen Wähler wurden wieder herangeschleppt. * Von den Mitgliedern des Norddeutschen oder des ersten Deutschen Reichstags werden nur noch fünf im Reichstag sitzen : Richter, Bebel, Gras Hompesch, Lender und v. Kardorff, falls erster und letzter in der Stichwahl gewählt werden. * Die Kanalvorlage liegt uingeacbeitet im Kabinett vor. Das Einbringen wird nicht vor den beendeten Landtagswuhlen erfolgen. * Kaiser Franz Josef hat sicherem Pernehmen nach auf ein Ersuchen des Großherzogs von Loskana gestattet, daß die ehemalige Kronprin zessin von Sachsen den Titel „Kaiserliche Hoheit" führen darf. Italien * R o m. Der italienische Hof legt wegen den Vorgängen in Belgrad auf 14 Tage Trauer an. Frankreich * Paris. Der mit der Bergung der Leichen des bei Marseille gestrandeten Dampfers „Liban" beschäftigte Taucher Autewlsch, wurde gestern, nach dem er bereits ö mal bis zu 40 Meter Tiefe hinab- gestiegen war, ohnmächtig. Ein herbergecufeuer Arzt konstatierte den Tod des Tauchers. Ein anderer Taucher liegt ebenfalls schwer krank darnieder. Den Beiden war es gelungen, bis in die Räume des Schiffes vorzudcingen und konnten hier durch die Kabmcnfenster Leichen sehen. Sie brachten 10 Säcke mit Briefen und Packeten und eine Kindesleiche mit herauf. England. * L v n d o n. „Mvrmug Lradcr" berichte t, daß die Mission des russischen KricgSnümÜcr Kuroparkin rn China und Japan vollständig gelungen sei. Derselbe unterzeichnete mit China einen Vertrag und schloß gleich zeitig mit Japan einen Bertrag, durch den Japan seine Neutralität während derrussisch-chinesstchen Verhandlungen in der Mandschurei garantiert. Das Blatt schreibt, dies sei ein Triumph der russischen Politik, welcher dem eng- lisch-chinestschen Vertrag den Todesstoß versetze. LLus Dtadt und Land Lichtenstein, 24. Juni *- Schulnachricht Die Ferien an hiesiger Bürgerschule beginnen am 20. Juli und dauern bis zum 8. August. *— Aushebung der Militärpflichtigen. Am 7. und 8. Juli findet für den Aushebungsbczirk Lichtenstein die Aushebung im Hotel zum goldenen Helm zu Lichtenstein statt. * Das Wetter am Johannistage spielt auch im Sprichwort eine Rolle. In manchen Gegenden Deutschlands heißt cs: „Tritt auf Johannis Regen ein, so wird der Rußwuchs nicht gcdcihn!" und „Rcguct's am Johannis sehr, werden die Haselnüsse leer." Da Jo hanni nach der Astronomie des Volkes als Tag der ansieht. Darum rät man: „Vor Johannis bet' um Regen, nach Johannis kommt er ungelegen," oder .Regnet's am Johannistag, so regnet es noch vierzehn Tag," und man hat eine schlechte Ernte zu erwarten. Die grüßte Bedeutung in Bezug auf das Wetter legt jedoch unsere ländliche Bevölkerung dem 27. Juni, dem Siebenschläfer, bei. *— Die Natur hat jetzt den Höhepunkt des Blühens erreicht. In den Gärten entzückt die vollste Farbenpracht; die Blüten strömen den stärksten Duft aus. Das schmetternde Rot der Feuerlilien, das prunkende Kolorit der Löwen mäuler, in deren tiefen Rachen sich keine Biene wagt, der Jasmin mit seinem berauschenden Duft, die zarte Lilie und die alles überstrahlende Königin der Blumen, die Rose — welch ein berückender Reichtum von Farbenreizen und Farbenpracht, und welch eine Harmonie der Farbenmischung offenbar sich in die sen Somme: kindern? Die Lust ist fein durchzogen vom Balsamgeruch von Millionen von Blüten in Gärten, auf Wiesen und Feldern. In lieblichen Wellen bewegt der leichte Wind das Aehreugefilde. Wie freut sich das Auge, wenn es über die Fluren schweift und alle die Pracht, alle die Wunderwerke des Schöpfers in ihrer Gesamtheit wie auch im Einzelnen erfaßt. Der Mensch genieße die herrliche Feit, denn wie bald schwindet sie wieder dahin und schon fetzt beschleicht das Gemüt ein trübes Em pfinden — es geht abwärts. Wenn der Weizen blüht — und die Zeit ist da, — beginnt der An fang von dem Ende. *— Stimmzettel und Steucrzettel. Die „Leipz. N. N." treffen durchaus das Nichtige, wenn sie für das enorme Anwachsen der sozialdemokrati schen Stimmen in Sachsen, was auch schon von der „Sächsischen Korrespondenz" heroorgehoben wurde, in erster Linie den außerordentlich empfindlichen Steuerdruck in Verbindung mit der wirtschaftlichen Lage der gewerblichen Arbeiter in Sachsen verant wortlich machen. Die letztere ist eine ganz andere als die der Arbeiter in Preußen und anderen Bundes staaten. Während die Hauptmasse der gewerblichen Arbeiter in Preußen, wo die Stmerhebung erst bei einem Einkommen von 900 Mk. beginnt, von Staats- steuern frei ist, zahlt der Arbeiter in Sachsen, wo jedes Einkommen von 400 Mark aufwärts be steuert wird, bei einem Jahresverdicust von 900 Mark bereits 6 Mk Staatssteuern. Einige Tage vor der Wahl verschickten die Behörden ihre Steuer mahnzettel. Da es nun keine Frage ist, daß jeder Steuerzettel bei Volksabstimmungen schwer ins Ge wicht fällt und die sozialistische Agitation in den letzten Monaten dafür gesorgt hatte, daß die inner- sächsischen Angelegenheiten mit den Fragen der Neichspolitik überall verquickt wurden, um die Ver stimmung der Massen über sächsische Verhältnisse auf die Wähler sirr den Reichstag zu übertragen, so ist klar, daß dadurch die Reihen der bürgerlichen Wähler nicht verstärkt worden sind. Namentlich waren es die exorbitant hohen Steuerzuschläge, welche sich zur Sanierung der verfahrenen Slaatsfinanzen nötig machten, welche tiefgehende Mißstimmung her vorgerufen haben. *— Zigeunerwesen in Lachsen Diesächsische Landgendarmerre ist feit einigen Wochen in den Be sitz einer beachtenswerten Dienstschrift gelangt, welche ein Verzeichnis der in Böhmen heimalsberechtigten Zigeuner enthält. In diesem Verzeichnis sind im ganzen 700 Zigeuner namhaft gemacht, die fort- Lonncnwende gilt, so ist es leicht zu erklären, daß man I während im Lande umherstreichen und in der Haupt- qicsen Taq auch überall als einen Wcndctaq der Witterung fache auch unsere Grenzen berühren. Man findet KönigSpaares und seiner Anhänger zu bestrafen I seien, steht der ebenso einmütige Beschluß der serdi-1 schen Skupschtina gegenüber, wonach allen in die blutigen Belgrader Vorgänge Verwickelten Straf losigkeit zuteil werden fall, und König Peter selbst hat ja dieses Votum durch die Erklärung sanktioniert, daß alles Vergangene in Serbien vergessen sein soll, also auch die Belgrader Mordnacht. Ein solche Stellungnahme gegenüber der begangenen Untal er scheint am Ende auch ganz begreiflich, die Armee hat die Königsmörder gestellt, und ein strenges Vor gehen gegen dieselben würde wohl der Regierung des neuen Königs von Serbien sofort die Feindschaft der Armee zuziehen. Außerdem ist ja auch in der serbischen Bevölkerung die Ermordung des Königs paares teils mit Jubel, teils mit Gleichgültigkeit ausgenommen worden; sie würde eine Bestrafung der Königsmörder schwerlich begreifen. So sieht sich König Peter, nachdem er soeben erst den Boden feines Landes betreten hat, dnrch das erwähnte Verlangen der fremden Mächte in eine eigentümliche und heikele Lage versetzt, und man kann einiger maßen gespannt darauf sein, wie er sich aus dieser Verlegenheit ziehen wird. Zu verkennen ist indessen nicht, dad eine strenge Bestrafung der Teilnehmer am Belgrader Attentat offenbar neue Waren und Kämpfe in Serbien herausbeschwvren und die so noi- wendige innere Festigung dieses Landes auf lange hinaus unmöglich machen würde, weil eben hinter den Urhebern des Königsmordcs das serbische Heer und schließlich auch die Nation steht. Bian darf wohl annehmen, daß sich die Mächte dieser Sachlage nicht verschließen werden, denn bei der auf die Er haltung der Ruhe auf der Balkauhalvmsel gerichie- ten gemeinsamen Politik der europäischen Kabinette könnten von ihnen neue Erschütterungen und Be unruhigungen in Serbien nur sehr unliev empfunden werden. Aber anderseits haben sich die Mächte durch ihr Auftreten gegen die serbischen Königs- Mörder bis zu einem gewissen Grade festgefahren, und sie werden darum schon im Interesse der Wah- ung des Ansehens der Großstaaien Europas bei den Völkern der Baltanhalbinsel nicht umhin können, auf einer beschränkten Sühne des Königsmordes von Belgrad zu bestehen. Vielleicht wäre als eine solche die Landesverweisung der hauptsächlich in die Mordaffäre verwickelten Persönlichkeiten zu erachten, das beleidigte Gerechtigkeitsgesühl Europas könnte sich mit dieser Genugtuung einigermaßen zuftieden geben und in Serbien würde eine derartige milde Strafe der Königsmörder wohl kaum sonderlich auf regend wirken. Auch würde ja eine Rückkehr der Verbannten nach Serbien, wenn erst etwas Gras über das Vorkommnis vom 10. Juni gewachsen sein wird, leicht zu bewerkstelligen sein. Politische Runoschau Dorsches ötriay. * Gleich dem Neichstagsgebäude in Berlin ist das neue Kaiser Wilhelm-Denkmal in Hamburg aufschriftslos. Der kaiser liche Enkel nennt seinen herrlichen Ahnen Wilhelm den Großen, die Geschichte und das Volt haben den Gründer des Reiches diesen Beinamen nicht zuzu- fprechen vermocht. Die Hamburger Bürgerschaft wollte nun weder die Gefühle des Enkels noch das Urteil der Geschichte verletzen und so ließ sie das Denkmal namenlos. Aber Name ist Schall und Rauch. Der Mann, dessen Größe das Hamburger Denkmal bei den nachfolgenden Gelchlechiern noch Das Geheimnis der alten Bettufcha Roman aus Rußlands jüngster Vergangenheit. Von Julius Berger. ^Nachdruck verboten.) (7. Fortsetzung.) Und wie ich so stehe und die Rosen anschaue, funkeln mir durch einen Zweig entgegen zwei wunde.bar schöne Augen, ich halte sie schon öfters auf unseren Spaziergängen bewundert und kannte sie nur zu gut. Im Nu stand ein Mann vor mir, o Zeluscha, schön, wie ich schöner noch keinen gesehen, wie ich schöner keinen mehr sehen werde, Zeluscha, und daß ich Düs nur gleich sage, keinen mehr sehen will! Er trat auf mich zu, küßte meine Hand und bat um Verzeihung, daß er mich hier üverrafchte. O Zelufcha, er hätte mich gar nicht um Verzeihung bitten brauchen, ich war ja so glücklich, denn ich liebte ihn, von dem Augenblicke an, da ich ihn das erste Mal gesehen hatte." Die Erzählerin rächte hier eine kleine Pause, denn ihr war das - erz voll zum Zerspringen. O, sie sah es nicht, nk- . ihre Freundin bleich geworden war, wie sie zitte 1e, wie krystallhelle Tränen an ihren langen, schwärzen Wimpern perlten! Und Zeluscha bat flehentlich: „Erzähle weiter!" Und Wanda erzählte: „Schon ost, meinte er, hätte er mich betrachtet, schon immer hätte er mich sprechen wollen, vergebens . . . O Zeluscha, nein, nein, weiter kann ich Dir es nicht erzählen, es gibt keine Worte dafür! Nur das eine will ich Dir noch sagen: wir verlobten uns heimlich, dort, dort hinter dem duftenden Rosenstrauch. Und am Ende meinte er, ihm wollte dünken, alles sei cs nur ein Rosentraum gewesen, der bald zerstieben werde! Denn er war ja noch so jung, ein Student, ich noch so jung, ein dummes Ding ... er so arm und einfach, ich so reich, an der Starre meiner Eltern würde das Glück unseres Lebens scheitern! . . . Zeluscha, wir weinten Beide, wie die kleinsten Kinder, die sich am Rosen dorn gestochen, und waren doch so glücklich dort, dort unter den Zweigen der blühenden Rose! Da rief mich mein Vater . . . wir schwuren uns ewige Liebe und Treue ... ich lief davon, er verschwand. Mein Vater merkte, daß mit mir etwas vorgegangen, denn meine Augen waren gerötet von Tränen des Glückes . . . ach, sagte ich, ich hätte so starr die Rosen betrachtet. Kind, lächelte er, die Rosen er- erzählen auch Märchen, höre sie nicht an, sie trügen. O Zeluscha, mein Rosenmärcheu kann ich nimmermehr vergessen, und nimmermehc glaube ich, daß es mich trügt!" „Hast Du ihn dann noch wieder gesehen?" forschte Zeluscha, und ihre Worte zitterten sonderbar. „O ja, so ost! Und immer war ich so glücklich !" „Und wo ist er nun?" „In die Welt gegangen, ein Plätzchen zu suchen, auf dem er ein Haus bauen will für mich und sich." „Wanda, wie heißt er? Den Namen hast Du mir bisher verschwiegen !" .. „Du hast ihn am Fenster vor'fn gelesen, Geliebte." „Wladfchinsky?" Zeluscha schnürte es die Kehle fast zu, als sie diesen Namen sprach. „Das ist sein Name!" jubelte Wanda und drückte ihre Freundin im Uebermaß ihrer Glückselig keit an ihre stürmisch wogende Brust. Es dauerte eine geraume Weile, ehe sich die Freundinnen auf der Erde wieder gefunden hatten; denn Zeluscha war einer Ohnmacht nahe gewesen, als sie den Namen ausgesprochen, noch mehr, als sie die Bestätigung ihrer Ahnung aus dem Munde ihrer besten Freundin verommen hatte. Es kostete sie Ueberwindung, als sie ihre Freun din fragte: „Schreibt Ihr Euch?" „Nein," war Wandas kurze Antwort. „Und warum nicht?" fragte Zeluscha gespannt weiter. „O geliebtes Herz! Wenn zwei einander lieben, bedarf es desfen nicht! Die Gedanken weilen doch so dort, wie hier!" „Weißt Du nicht, liebe Wanda, wo er sich aufhält?" „Auch das nicht, meine Liebe! Wenn es Zeit sein wird, sagte er, kommt er mich holen. Und so träume ich mein Rosenmärchen weiter . . ," „Werden Deine Eltern nichts einzuwenden haben gegen diese Verbindung," meinte Zeluscha, „sagtest Du nicht, liebe Wanda, er sei arm?" „Was tuts, mein Lieb?" jubelte die Glückliche, „und wenn Berge zwischen uns ständen, überflögen wir sie. O, die Liebe hat wunderbare Flügel l" In ihrer Verzückung hatte es Wanda gar nicht bemerkt, daß ihre Freundin Zeluscha so angelegent liche Fragen gestellt hatte. Ein munteres Lied auf den Lippen und ihre Freundin Zeluscha mit einem Arme umschlungen, so gingen die beiden Mädchen zurück in bas Haus. Wanda ahnte nicht, welche Kluft sich gähnend geöffnet hatte in dieser Stunde zwischen ihr und ihrer besten Freundin. Nicht, daß in Zeluschas Herz ein böser Gedanke aufgekeimt wäre; dazu war sie zu rein, zu gut. Aber in dieser Stunde war der jungen Gräfin von Saxin ein Traum zerstört, den sie so gerne geträumt seit jenem Augenblick, da der neue I nektor daheim die Schwelle zum Eßzimmer betr^en am ersten Abend. (Fortsetzung folgt.)