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WnWMvWzM Beilage zu Nr. 135. „Eifersucht". Eine Tragi-Komödie von S. Halm. Nachdruck verboten. „Also es ist wirklich keine Kinderei von Dir, Heddy?" „Kinderei ? O Gott, nein I" Schluchzend barg die kleine Frau ihren Kopf an der Freundin Schulter. „Ich bin so unglücklich, so tot unglücklich!! Erst drei Monate verheiratet und schon hintergangen worden, das ist bitter, Ottilie. Ich überlebe es nicht! I" „Nun, nun, es ist am Ende gar nicht schlimm!" „Nicht?" entrüstete sich das blonde Frauchen. „Hab ich Dir etwa nicht den Beweis gebracht, daß Julius eine Geliebte hat?" Erneutes Schluchzen. „So ein Scheusal von Mann! O wie ich ihn hasse!" Die gereiftere Freundin lächelte heimlich. „Gerda heißt sie, sagtest Du? „Ja, wie geht es meiner treuen Gerda? hier ist die Stelle", sie entfaltete ein von Tränen ver wischtes Schriftstück, „wer weiß, was das für eine Frauensperson ist!" „Nur ruhig, Heddy, wir werden schon hinter die Schliche Deines sa-ibern Gatten kommen." „Daß er nu u. _:.tun kann! O wie ich die Person haste, du m r meinen Julius abspenstig ge macht hat. O, ich werde mich an ihnen rächen, ja, das werde ich !!" Nachdenklich sah die Freundin auf die kleine, in 'm Rachedurst fast komisch wirkende Frau. „ . sagte sie, „tchs hab's! Jetzt weiß ich, wie Du Dich an den beiden rächest, Deinen Julius zurückerobern und Dir zugleich an ihm einen ge fügigen Gatten erziehen kannst, denn einmal in üaersmi ertappte Ehemänner sind später allemal die besten." Halb zweifelnd, halb hoffend blickte Heddy auf ihre kluge Freundin. Die setzte sich zu ihr. „Sieh, Maus", begann sie, „Männer sind schwache, schwankende Geschöpfe. Glaube mir, der erfahrenen Frau ; sie sind's, nicht wir, die zu Zeiten einer starken, sie lenkenden Hand bedürfen. Und wenn nur nur schlau sind, erringen wir leicht die Herrschaft über sie. Grade ihre kleinen Abweichungen vom Pfade der Tugend geben uns die Waffe in die Hand, sie zu schlagen. Rache schmeckt übrigens süß und der Zweck heiligt das Mittel. Also höre, mein Plan ist der: jene Gerda wird ihm nur xour Lire passer le tewps dienen. Vielleicht warst Du zu gut gegen ihn. Dos können die Herren der Schöpfung am Wenigsten vertragen. Er hatDich vernachlässigt?" „Das eigentlich nicht . . . aber" . . . „Aber", fiel Ottilie ihr in's Wort. „Dieses corpus ckelicti überführt ihn der Untreue. Was macht meine treue Gerda, steht hier, ich werde dem nächst kommen und sie aus ihrer Glausur erlösen. Ich sehne mich ordentlich nach ihren treuen Augen! So ein Unmensch. Nun Du wirst gerächt. Nur Mut, kleines Schaf. Eine Frau, die ihrem Manne gleichgültig geworden ist, erobert sich ihn am Sichersten zurück, wenn sie ihn glauben macht, daß ihre Reize noch auf andere Männer wirken. Laß mich nur machen. Wir wollen Deinen Julius schon wieder auf den Psad der Tugend zurückbringen und dann liegt es an Dir, ihn dort festzuhalten." „Was willst Du tun ?" fragte Heddy etwas ängstlich. „Laß mir nur etwas Zeit zum Nach denken, Kleine. Ich verwette meinen Kopf, daß Dein Mann uns schon morgen in die Falle läuft, dann soll er aber zappeln zappeln. " * Doktor Julius Hagen stürmte wie ein ange schossener Eber ins Zimmer seines Freundes und Studiengenosten Felix Bergtoldt. „Nanu" sagte der Rechtsanwalt, sich auf seinem Kontorbock umdrehend. „Wo brennt's denn, alter Junge?" Der stürmte mit langen Schritten durch den Raum. „Betrogen, belogen, verraten!" schrie er wild gestikulierend, „belogen von diesen sanften Tauben augen !" „Soviel ich aus Deinem Wüten verstehe", unter- brach ihn Freund Felix gelassen, „handelt es sich um Weibergeschichten. Deine Frau ist doch etwa nicht im Spiele?" „Ha ha", Hagen lachte wild auf. „Kannst es auch nicht glauben, nicht fassen he? War selbst solch ein Narr, an ihreTuaend undUnschuld zu glauben, wie ich alter Esel!" Mit zitternden Fingern riß er ein Blatt aus seiner Brusttasche, „da — da lies und sage mir noch, daß es Frauentreue gibt." SS. Jahrgang. Sonntag, den 14. Juni. „Hm" machte der Freund und versenkte sich in den Inhalt des Briefes. „Teuerste, angebeteste Freundin", las er. „Be willigen Sie mir eine Zusammenkunft. Ich sterbe vor Sehnsucht. Ich weiß, daß Sie meine Gefühle teilen, was können Sie auch für einen Mann, der Sie nicht versteht, der Sie hintergeht, fühlen? Ihr Gatte ist Ihrer unwürdig. Ich flehe Sie an, anbetungswürdigste aller Frauen, leihen Sie Gehör Ihrem ergebensten Freunde N. N." „Donnerwetter!" machte Bergtoldt, ganz ver blüfft auf das Vriefblatt starrend. „Nicht wahr, nicht wahr? entsetzlich!" stöhnte der betrogene Gatte. „O hätte ich den Elenden, den Schuft, den Verführer! Nicht einmal seinen Namen setzt er unter den Wisch, der Feigling! Und ich kenne die Handschrift nicht einmal!" „Bist Du auch sicher, daß der Bries an Deine Frau gerichtet ist?" „Sicher? ha ha!" Hagen suhr sich wild durch die Mähne. „Ob ich sicher bin! Schon lange, wenigstens ist's mir jetzt so, kam mir Hedwig ver ändert vor. Sie wich mir aus, war scheu, bedrückt das böse Gewissen ha ha heute morgen saßen wir beim Kaffee, da wurde sie vom Mädchen hinausgerufen. Im Hinausgehen zog sie ihr Taschenbuch und riß dies Blatt mit heraus, ohne es zu bemerken natürlich. Arglos hob ich es auf und las es ich war wie vom Donner gerührt. — Hätte ich das Weib in die Finger bekommen, ich hätte es erwürgt; bei Gott. Aber Heddy ließ sich zum Glück nicht blicken. Um einem Unheil auszuweichen, lief ich zu Dir da bin ich. Nate mir, Felix, was soll ich tun? Natürlich laß ich mich von ihr scheiden. Vorher aber will ich den Buben züchtigen!" Bergtoldt hatte den verhängnisvollen Brief bogen hin und hergewendet, dann auch gegen das Licht gehalten. Plötzlich stutzte er. — „Einen Augenblick", sagte er und rannte hinaus. Verdutzt sah ihm Hagen nach. „Was hast Du denn?" fragte er den mit einem Kästchen zurückkehrenden Freund. „Meine Liebesbriefe", sagte der lachend. „Na höre mal, wie Du jetzt dafür Sinn haben kannst", meinte Hagen gekränkt. „Einen Augenblick, lieber Freund. Verkehrt nicht übrigens, es fällt mir gerade so ein — — eine gewisse Frau Ottilie Salten bei Euch?" „Frau Salten? Gewiß," brummte Hagen miß- launig. „Dank für die Auskunft. Die Dame ist wohl befreundet mit Deiner Frau?" „Hm, ja, ich glaube — — ich habe für der gleichen momentan gar keinen Sinn." „Kann ich mir denken, alter Junge. Uebrigens überlaste mir die Angelegenheit, ja? Geh Du ruhig in's Bureau. Ich verspreche Dir, mein Möglichstes zu tun, Deinen Rivalen ausfindig zu machen. Geh nur! Geh." Damit schob er den Freund saus f^ou zur Tür hinaus. „Vielleicht brn ich schon in einer guten Stunde bei Dir. Den Brief? den überlaste mir bitte auf kurze Zeit. — Adieu, alter Freund. Nur immer den Kopf hoch !!" Als Bergtoldt wieder vor seinem Schreibtische stand, suchte er hastig im herbeigeholten Kästchen, zog daraus endlich ein halbvergilbtes Billet hervor und hielt, wie er's vorhin mit dem inhaltsschweren Liebesbriefchen getan, das Blatt gegen das Licht. „Es stimmt," sagte er zu sich, besriedigt lächelnd. „Nun bin ich doch neugierig, ob mein Scharssinn mich täuscht und meine schöne Freundin nicht ein wenig Jntrigue gemacht hat." Eine halbe Stunde später stand er vor der schönen Frau, die einst sein Herz in Flammen ge setzt hatte. Sie empfing ihn liebenswürdig, wenn auch ein wenig erstaunt. „Was verschafft mir denn die Ehre, Sie nach so langer Zeit wieder einmal bei uns zu sehen?" sragte sie mit feinem Spottlächeln. „Geschäfte, gnädigste Frau." Sie zog die Brauen ein wenig hoch. „Da wollten Sie also eigentlich zu meinem Manne?" „Nein, zu Ihnen, gnädige Frau." „Da bin ich doch begierig." „Sagen Sie, gnädigste Frau, benutzen Sie viel leicht noch immer ein gewisses Briefpapier mit dem Wasserzeichen eines Reihers? Sie bezogen doch, wenn ich nicht irre, Ihr Schreibpapier von der Firma Reiher und Söhne." 1903. „Ganz recht," erwiderte Ottilie etwas befremdet „Doch wie kommen Sie zu der Frage?" „Bitte, meine Gnädigste. Ich glaube sicher gehen zu können, daß in unserem kleinen Städtchen kaum eine zweite Person ihren Bedarf an Schreib papier von jener Firma bezieht. Nun ist meinem Freunde Hagen jedoch ein Blatt in die Hände ge fallen — ach, Sie wissen," unterbrach er sich rasch, ihren Blick, in dem eS von Verständnis und Be friedigung aufgeblitzt hatte, festhaltend, „Leugnen Sie nicht, gnädige Frau. Sie wissen auch, wer sich den wenig geschmackvollen Scherz erlaubt hat?" „Gestatten Sie," unterbrach sie ihn stolz, „ein Scherz, der das Glück zweier Menschen begründen sollte und dazu bestimmt war, eine Hintergangene Frau zu rächen. Aber ich sehe schon, ich muß Sie vollends einweihen." Und sie erzählte ihm von Frau Heddys Ent deckung, deren Kummer. — Doch als sie in ihrer Erzählung kaum bis zur Mitte gelangt, brach Bergtoldt in ein wahrhaft an steckendes Gelächter aus. „Das ist ja herrlich, köstlich!" rief er einmal über das andere. „O, Sie gescheidteste aller Frauen? Da ist Ihr Scharfsinn nun aber doch einmal mit Ihnen durchgegangen." „Der Brief, von dem Sie reden, ist ein Bruchteil der Kopie eines an mich gerichteten Briefes, den ich grade noch bei mir trage. Er datiert aus der Zeit vor Hagens Vermählung. Bitte, wollen Sie hier vielleicht ein paar Zeilen lesen, die Sie vollends aufklären werden?" Zögernd nahm Ottilie den Brief und las die be zeichnete Stelle. Sie besaß Humor genug, in sein Lachen mit einzustimmen. „Kraule der alten Gerda das Fell," stand da, „Sie hat's ja gut beim Oberförster; aber sie soll's bei mir nicht schlechter haben, die gute Hundeseele." „Da erkläre ich mich für geschlagen," sagte Ottilie unter Lachtränen. „Aber wo ist denn die brave Hunde seele ?" „Längst in die Gefilde aller seligen Hunde emge- kehrt, meine Gnädigste. Aber ich bin überzeugt, wenn wir schärfere Ohren hätten, würden wir die alte Gerda mit einstimmen hören in unsere Heiterkeit. Aber nun, schönste Frau, bitte ich mir die Hand zu reichen und mit mir gemeinsam das eifersüchtige Pärchen aufzusuchen, um es von seiner Qual zu befreien. Dank entschwun dener Zeiten weiß ja auch ich von dem gewissen Wahn sinn, der mit „Eifer sucht, was Leiden schafft" mrtzu- reden."— Ottllie drohte ihm schalkhaft mit dem Finger. „'lewpi passanti." Sie sind übrigens ein unver besserlicher Spötter. Da ich heute aber schon ein Fiasko zu verzeichnen habe, will ich mich nicht einem zweiten aussetzen, indem ich Sie zu bekehren trachte." „Neichen wir uns also die Hände und versuchen wir's bei Freund Hagen und seiner kleinen Frau. Ich hoffe, wir beide finden dort ein günstigeres Feld." Und in der Tat, der Erfolg ließ nichts zu wünschen übrig. Peter, der Nadfahrerdackel. Humoreske von A. v. Bergen. (Nachdruck verboten.) Der Dackel hatte die ganze Schuld, der schwarze Dackel Peter, mit den krummen Beinen, dem dünnen Schwänzchen und den braunen Flecken über den Spitzbubenaugen. Er war sonst ein urgemütliches Vieh, aber Rad fahrer konnte er nun einmal nicht leiden, wenn er einen daherkommen sah, sträubte sich ihm das Haar und kläffend schnappte er nach den Waden des un glücklichen Stramplers, von denen er schon manch einen zu Fall gebracht hatte. Vergebens hatte Käthe, die glückliche Besitzern» des Dackels, sich bemüht, ihm seinen Haß gegen die Radfahrer abzugewöhnen, es war ihr nicht gelungen; zwei Sonnenschirme hatte sie schon bei seiner Ab strafung zerbrochen, viermal hatten sie und ihr Dackel einen Straßenauflauf verursacht, zweimal waren sie von einem Schutzmann ausgeschrieben worden und dreimal hatte der Vater Strafe zahlen müssen. Nun hatte sie den strengsten Befehl erhalten, ihren Dackel niemals wieder mit auf die Straße zu nehmen. Das war indessen leichter gesagt, als getan. Peter war ein echter Dackel, er hatte sogar einen Stammbaum, er tat niemals das, was er sollte. Wenn man ihm sagte: „Du bleibst hier, du darfst nicht mit," so sah er zu, daß er um jeden Preis auf die Straße gelangte, wo er sich dem Heraustretenden anfchloß. So war es ihm auch heute wieder gelungen. Käthe war unangenehm überrascht, als sie nach ein paar Schritten plötzlich ihren Peter neben sich be-»