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Vorsitzenden des Thorner Gerichts, das das viel ange- fochtßne Urteil gefällt hatte, eine juristische Varlesung zu ültm. Schließlich hatte aber das Haus die Sachs so über, daß es aus die Veiten der Polen bearchraate Fortsetzung der Besprechung verzichtete und lieber den Vorschlag deS Präsidenten annahm, morgen die Beratung des Kinderschutzgesetzes fort- zusHen. Politische Rundschau Deutsche- Reich * Wie die „N. Nachr." melden, ist den Mit gliedern des Ehegerichts streng st es Still schweigen auferlegt worden, sie wurden eigens hierzu verpflichtet. * Den Bemühungen Giron's und der Kronprinzessin von Sachsen, zur evangelischen Kirch« überzutceten, stellen sich große Schwierigkeiten entgegen. Wie verlautet, will Giron nunmehr zur griechffch-orthoxen Kirche über treten. Die Kronprinzessin und Giron dürften wegen der unfreundlichen Haltung der Bevölkerung Mentone's den Ort bald verlassen. Wie es heißt, soll es Giron nahe gelegt worden sein, einen anderen Aufenthaltsort zu wählen. Oesterreich. *Als dieWiener Schneiderge hilfen am Donnerstag sich zur Wiederaufnahme der Arbeit meldeten, weigerte sich der größte Teil der Stückmeister, die bei der Einigungskonferenz gemachten Zugeständnisse zu bewilligen, weshalb 95 Prozent der Gehilfen im Ausstand verbleiben. Italien * Der Minister des Aeußeren, Prinetti, hat vorgestern bei der Konferenz mit dem Könige einen Schlaganfall erlitten. Während Prinetti dem König ein Dekret zur Unterzeichnung vorlegte, wurde der Minister plötzlich totenbleich und brach ohnmächtig zusammen. Der Ackerbauminister Baccelli leistete ihm die erste Hilfe. Nachdem Prinetti sich von dem Unfall etwas erholt hatte, wurde er in seine Wohnung gebracht. Der König war auf das tiefste erschüttert. Der Familienarzt Prinettis hält den Fall für sehr bedenklich, doch ist bereits im Be finden des Kranken eine leichte Besserung eingetreten. Spanien * Die Nachrichten über den Streik in Reus lauten sehr ernst. Der Stadtrat tagt permanent. Die Ver hängung des Belagerungszustandes steht bevor. Die Gendarmerie verbietet den Verkauf von Waffen. Gestern kam es bereits zu mehreren Zusammenstößen zwischen den Streikenden und der Polizei, wobei viele Verhaftungen vorgenommen wurden. Eine Zeitung konnte gestern hier nicht erscheinen. England. * FinanzpolitischeHoffnungs- losigkeit spricht aus den Worten, mit denen der englische Schatzkanzler Ritchie die Einkommenverhältnisse Englands schilderte; der Schatzkanzler hielt in London eine Rede, in der er ausführte, man müsse alle Illusionen voneinergroßen Zollermäßigung, die im nächsten Etatsjahr stattfinden solle, fahren lassen. Er zweifle sogar nicht daran, daß mit Rücksicht auf die in Südafrika erforderlichen Ab rechnungen Englands Schulden einen weit höheren Betrag erreichen würden, alsjemals angenommen worden sei. Englands Unternehmen müsse aber bis zum Ziel durchgeführt werden, koste es, was es wolle. Er glaube indessen, daß man die Zölle werde in bescheidenem Umfange doch ermäßigen können. Die Schlagfertigkeit der Marine aber müsse mit allen Mitteln aufrecht erhalten werden. — Diese Ausführungen klingen recht pessimistisch. Allein England ist in der glücklichen Lage, trotz noch so großer Schuldenlasten doch den unbestritten größten Kredit in der Welt zu besitzen. Aus Stadt und Land Lichtenstein 31. Januar. * — Gcvichts-Urteil. Wie wir Horen, ist der Lotterieprozeß des hiesigen GcwerbcvcrcinS, welcher seit über Jahresfrist die Gerichte beschäftigt, heute in Zwickau zu gunsten ins Gewerbevercins entschieden worden. * — Diebstahl. Inder vergangenen Nachtwurden mittels Eindrückens einer Fensterscheibe und Einsteigens durch letztere aus dem Voriaum eines ander Zwickauer straße hier gelegenenGewächshauses ein paar langschäf- tige juchtentederne Stiefel, 1 schwarzer weicher Filzhut, 1 kleine Blendlaterne, 1 Glaserdiamant und I Garten- scheere gestohlen. Auch aus einem Gewächshause eines anderen hiesigen Gärtnereigrundstücks wurden eine neue Nosenscheere und ein schwarzes älteres Jackett gestohlen. Diese beiden Einbrüche scheinen im Zu sammenhänge zu stehen mit dem Besuche, den gestern abend gegen 8 Uhr ein Unbekannter der Pilla des Herrn Stadtrat Götze an der Güterbahnhofstraße ab gestattet hat. In letzterem Grundstücke ist zwar nichts gestohlen, jedoch alles durchsucht worden. Wie wir hören, ist bis jetzt eine Spur von den un liebsamen „Nachtwandlern" nicht entdeckt worden. * — Das Telephonieren zur Nachtzeit. Wie im „Amtsblatt des Rcichspostamts" milgeteilt wird, hat der Absatz 1 der Bestimmungen über die B e - Nutzung der Fernsprechverblndungslei- tungenzur Nachtzeit durch Erlaß des Reichs kanzlers vom 19. Januar folgende veränderte Fassung erhalten: „Die Fernsprechverbindungen zwischen Orten, in denen Nacht-Fernwrechdienst abgehalten wird, können von den Fernsprechtewaehmern zur Nacht zeit sowohl in EinzelgesprLchenalS auch zu Gesprächen im Abonnement benutzt werden AIS Nachtzeit gellen, soweit nicht für einzelne Orte etwas anderes bestimmt ist, die Stunden von 9 Uhr nachmit tags bis 7 Uhr vormittags im Sommer und bis 8 Uhr vormittags im Winter." * — Die Lerche« st«- da! Nach den Staren haben sich nun auch die Lerchen als Avantgarde des Frühlings eingestellt. Wie der „Vogtl. Anz." schreibt, sind solche auf Chrieschwitzer Flur bei Plauen be obachtet worden. * — Schluß der Jagdsaison. Vom 1. Februar ab genießen in Sachsen Vie meisten Sorten Haar- und Federwildes gesetzlichen Schutz. Es dürfen von diesem Tage an nicht mehr geschossen werden: Hasen, Rehböcke, Fasanen außerhalb der Fasanerien, Schnepfen, Hähne von Auer-, Birk« und Haselwild, Wachteln und Bekassinen. Bis zum l. März dagegen dürfen noch die Kramtsvögel sowie Edel- und Damhirsche geschossen werden, während Wildenten noch bis zum 15. März jagdbar bleiben. * — Neue Stellvorrichtung für ZweirrSder Einer Edenburgher Firma ist neuerdings ein als Farradstütze dienender Fußtritt mit herunterklappbarer Fußstütze patentiert worden. Wie uns das Internat. Patentbureau von Heimann L Co. in Oppeln hierüber schreibt, sind die Fußstützen an winklig nach außen gerichteten Ansätzen der äußeren Querstrebe des Fuß tritts angelenkt. Die innere mit den Fußstützen fest verbundene Querstrebe des Fußtritts wird durch einen federnden, zum Herunterklappen der Fußstützen mit dem Fuße leicht auslösbaren, beim Hochklappen der selben federnd einspringenden Hakenhebel gehalten. (Obengenanntes Patentbureau erteilt den geschätzten Abonnenten dieses Blattes Auskünfte und Rat in Patentsachen 'weitestgehend und bereitwilligst.) * — Hohndorf. Dienstag, den 3. Februar, findet im Gräfe'schen Gasthofe hierselbst großer öffentlicher Volksmaskenball statt. Da seit 1887 in genanntem Lokale kein Masken ball stattgesunden, dürfte eine ganz gewaltige Be teiligung an demselben in Aussicht stehen. Herr Gräfe wird weder Kosten noch Mühen scheuen, den sämtlichen Lokalitäten ein echt karnevalistisches Bild zu verleihen und gleichzeitig dafür Sorge tragen, daß den Besuchern recht angenehme Stunden seltener Unterhaltung geboten werden. Dresden. Aus allererster Quelle wirdgemeldet, daß an der in den letzten Tagen durch Wiener uud sächsische Blätter verbreiteten Nachricht, wonach das 12. (1. Kgl. Sächs.) Armeekorps zu den diesjährigen Kaisermanövern nicht herangezogen und Kronprinz Friedrich August das Kommando über sein Korps niederlegen werde, kein wahres Wort ist. Es werden vielmehr das 19., sowie das 12. Armeekorps voll zählig an den Manöoern teilneymen und Kronprinz Friedrich August wird während dieser Zeit sein Korps führen. Die Kaisermanöoer finden westlich von Leipzig statt, und zwar — nach neueren Bestimmungen — ohne sächsisches Gebiet zu berühren. Leipzig. Der Leipziger Bankprozeß erlebt be kanntlich am 18. Februar d. I. eine Neuallflage, da von dem genannten Tage ab vor dem hiesigen Schwurgericht gegen den früheren Direktor dieser Bank, den aus Kassel stammenden Bankier August Exner nochmals die auf betrügerischen Bankerott und Bilanz verschleierung lautende Anklage infolge der vom Reichsgericht stattgegebenen Revision Exners ver handelt werden muß. Da der Verhandlungsstoff aber nahezu derselbe ist, wie im ersten Prozeß und nur die Zahl der Angeklagten von 9 auf einen zu sammengeschrumpft ist, so wird auch der neue Pro zeß voraussichtlich kaum weniger Zeit in Anspruch nehmen als der im Juni und Juli vorigen Jahres verhandelte. Man rechnet schon jetzt auf eine Ver handlungsdauer von 3—4 Wochen und fürchtet, daß so lange keiner der schon im ersten Prozeß nahezu 6 Wochen tätigen Sachverständigen bereit sein wird, sein ohnehin nicht leichtes Amt auszuüben. Auch die Auswahl der Geschworenen dürfte wieder sehr viel Mühe machen, da schon im ersten Prozesse die Mehrzahl der Herren durch den verhängnisvollen Bankkrach mehr oder minder in Mitleidenschaft ge zogen und daher an der Ausübung des Geschwore- nenamtes gehindert war. Die Anklage werden wie im ersten Prozesse die Staatsanwälte Dr. Kunz und Dr. Weber vertreten und ebenso wird dem Ange klagten wieder fein Berliner Verteidiger, Justizrat Dr. von Gordon, zur Seite stehen. Leipzig. In einem Anfall von Schwermut versuchte sich hier in ihrer Wohnung eine 22 Jahre alte Studentin der Medizin aus Rustschuk (Bulgarien) durch Einnehmen von Chinin zu vergiften. Sie er reichte indes ihren Zweck nicht und wurde noch lebend nach dem Stadtkrankenhause gebracht. .y Jv Leipzig wurde eine verwegene Einbrecher bande festgenommen. Verschiedene der Einbrecher haben schon schwere Zuchthausstrafen hinter sich. Unter der großen Anzahl von Einbrüchen, die sie verübt, ist besonders einer in Plagwitz zu erwähnen, bei dem sie Kleidungsstücke im Werte von 1400 Mark erbeuteten, und einer in einem Schuhwaren geschäft in der Braustraße, bei dem sie Schuhwaren im Werte von mehreren Hundert Mark erlangt haben. In der Theresienstraße halten sie vergeblich einen Geldschrank zu demolieren versucht. Leipzig. Kommerzienrat Mey, Begründer der allekaunten Firma Mey L Ldlich ju LeipM-Plagwitz ist, wie das „L. T." meldet, gestern gMqrhjM. Ehe»«itz Am 1 Fchruar find 50 Jahre ver flossen, seitdem die Stadt ihre eigene Gerichtsbarkeit an den Staat abgegeben hat. In Awickau bewilligten die Stadtverordneten am 28. Jan. 30000 Mark für die Verschönerung des Weißenborner Waldes. Meerane. Der von der hiesigen sozialdemo kratischen Partei bei der Kreishauptmannschaft Zwickau erhobene Protest gegen die Wahl des Fabrikanten Oswald Oeler als Stadtverordneter ist als begründet angesehen worden, und ist somit der sozialdemokratische Kandidat Agent Julius Neuber als gewählt zu be trachten. Die Sozialdemokraten haben somit in unserem Stadtverordneten-Kollegium zwei Sitze er rungen. Meerane. Bei dem hiesigen großen Weber streik wurden nach der soeben erschienenen Ab rechnung des Verbandes „Deutscher Textilarbeiter" insgesamt 153 100 Mark an Streikunterstützung ge zahlt. Die Gesamteinnahme betrug 42 197 Mark 44 Pfg., sodaß von Seiten des Verbandes mehr als 108 000 Mark aufgebracht werden mußten. In Schmilka findet am 2. Februar eine größere Schifferfastnacht statt. Am vergangenen Sonntag sind in Grüuhai« zwei Personen katholischen Glaubensbekenntnisses zur evangelischen Kirche übergetreten. In Luga« wird Ostern eine gewerbliche Fortbil dungsschule eröffnet. In Wilthen wurde am Montag nachmittag die ledige Anna Liebusch enkleidet und von Ratten ange- sressen tot aufgesunden. Sie besaß zwei Häuser, lebte dabei aber sehr kümmerlich. Vorige Woche erkrankte sie, verlangte dabei aber keine Abwartung. Am Sonnabend wurde sie zum letzten Mal gesehen. Aus Thüringen Pößneck. Am 29. Jan. vormittags entgleiste bei der Station Neustadt a. Orla ein Güterzug. Die Maschine und zwei Wagen sprangen aus dem Geleise. Personen wurden nicht verletzt, der Material schaden ist nicht bedeutend. Eine „furchtbare Szene" spielte sich letzthin abends in einer Konditorei in Halle ab. In einer Ecke hatte ein Pärchen Platz genommen, dem man es ansah, daß sie sich lieb hatten. Während sie noch zärtliche Blicke tauschten, trat ein Herr ins Lokal, schritt stracks auf die Leutchen zu und Hub an: „Mein Herr, ich mache Sie darauf aufmerksam: die Dame, die hier mit Ihnen am Tisch sitzt, ist meine Frau, und (zur Dame gewandt) dir sage ich: wir reden heute abend noch zu Haus miteinander." Sprachs und verließ gemessenen Schrittes, so wie er gekommen, das Lokal. Allerlei. fi Der geimpfte Untersuchungsrichter. Das Altonaer Krankenhaus ist wegen der dort vorge- kvmmenen Pockenansteckungen abgesperrt und ein jeder, welcher das Krankenhaus verläßt, wird geimpft. Mittwoch besuchte in amtlicher Eigensch-vt der Unter suchungsrichter im Falle Cekulla zwecks Vernehmung der von einem Unhold in den Leib gestochenen Kinder das Krankenhaus. Als er das Gebäude verlassen wollte, wurde ec ungehalten mit der Frage, ob er geimpft sei. Da dies nicht der Fall war, so wurde er zurückgehalten, so sehr er sich auf seine amtliche Tätigkeit berief, und geimpft als Opfer seines Berufes. fi Hamburg. In der Moltkestraße zu Altona wurde nachts die Leiche einer Frauensperson von 25—30 Jahren mit zusammengebundenen Füßen aufgefunden. Die näheren Umstände lassen keinen Zweifel, daß es sich wiederum um einen Lustmord handelt. Die Hoffnung, in dem kürzlich verhafteten Kekulla den Uryever der Attentate der letzten Zeit gefunden zu haben, scheint demnach hinfällig. fi Münster. Bei einem Streit auf der Kaiser- geburlstagsfeier des Kriegeroereins in Leeden wurde ein Teilnehmer erstochen, ein anderer lebensgefährlich verletzt. 7 Brannschweig. Ju Königslutter brach gestern in der Fallersleberstraße Großscuer aus. 3 Wohnhäuser wurden beschädigt, 4 Hintergebäude sind niedergebrannt. Der mutmaßliche Brandstifter wurde verhaftet. f Ein regelrechter Kampf zwischen Zi geuner« unv Polizisten spielte sich kürzlich m der nahen Umgebung des Städtchens Burton-on- Trent ab. Auf dem Gute eines Landwirts waren letzthin verschiedene Diebstähle verübt worden und eine Zigcunersannlic stand in dem Verdacht, daran beteiligt zu sein. Ein Polizist, der in das Zigeunerlager geschickt wurde, um einige der Leute zu verhaften, wurde derart zugerichtet, daß er innerhalb weniger Stunden verstarb. Der Mann hinterläßt eine Witwe und drei unerwachscne Kinder. Zur Verfolgung der Zigeuner wurde schließlich eine starke Patrouille von 100 Polizisten ausgesandt, der es nach einer heißen L-chlacht gelang, die Rädels führer festzunehmen und in das städtische Gefängnis cinzuliefern. Gerichts-Zeitung. Plaue« i. B. Im vorigen Jahre hatte der Fabrikant Eisenschmidt in Plauen verschiedene Ge schäftsgeheimnisse, welche ihm ein Angestellter einer anderen Firma mitgeteilt hatte, in seinem eigenen Nutzen verwendet. Eisenschmidt sowohl wie jener