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Versicherungsgesetz noch während dieser Session zugehen wird. Das ist inzwischen geschehen. Wir sind in der Lage, mitzuteilen, daß durch diese Novelle die Zeit der Krankenunter st ützung auf 2 6 Wochen und ebenso die Unter- stützungsdauer nach einer Entbin- dungausb Wochen erhöht werden. Ferner fallen die Vorschriften fort, welche die Gewährung einer Krankenunter st ützung bei Geschlechtskrankheiten bisher aus- fchließen. Wenn diese Vorlage des Reichsamts des Inneren, woran nicht gezweifelt werden kann, die Zustimmung des Bundesrats finden sollte, so wird hierdurch die Lücke, welche zwischen dem Ende der Kranken- und dem Beginn der Jnvalidenunter- stützung bisher lag, ausgefüllt und gleichzeitig eine Bestimmung beseitigt, welche in unbegreiflicher Ver kennung der öffentlichen Gesundheitspflege und aus überlebten Auffassungen heraus den Geschlechtskranken von den Wohltaten der Krankenunterstützung aus- fchloß. Unzweifelhaft dürfte es Pflicht des Reichs tages sein, dieses Gesetz mit seinen allseitig freudig zu begrüßenden bedeutsamen sozialen Fortschritten noch in dieser Session zu verabschieden. *Der oldenburgische Landtag beschloß mit 20 gegen 19 Stimmen den Antrag aus Einführung des geheimen direkten Wahlrechts für den oldenburgischen Landtag der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. * Ein teurer Schiedsspruch. Es hat sich herausgestellt, daß die Spesen für einen Schiedsspruch des Haager Schiedsgerichtshofs eine unheimliche Höhe erreichen können. So wird jetzt bekannt gegeben, daß die Spesen im Schiedsspruch zwischen Mexiko und Nordamerika sich auf 1 Million Gulden für Arbitragehonorar, Anwaltspesen, Diäten usw. beliefen, welche beide Parteien zu tragen hatten. * Zu der Meldung der „Frank. Ztg.", die Kaiserin habe den Wunsch geäußert, in die für die Hofbühne angenommenen neuen Stücke vor der Aus führung Einsicht zu nehmen, bemerkt die „Nordd. Allg. Ztg.", das Blatt sei gröblich ge täuscht worden, die betreffenden Angaben beruhten auf Erfindung. * Für die amerikanische und englische Presse sind die Tatarennachrichten von der angeblichen Ueberschneidigkeit des „P a n t h e r" und seiner „Niederlage" vor dem venezolanischen Fort San Carlo natürlich ein gefundenes Fressen. Der New- yorker „Evening Sun" erklärt, die amerikanische Regierung befürchte Weiterungen wegen des Zwischen falles mit dem „Panther". Die Newyorker Abend blätter, mit Ausnahme der vernünftigen „Evening News", sehen den Zwischenfall als ernst an. Es wird sich wohl bald herausstellen, daß diese Schauer mären über die „Panther"-Affäre viel Lärm um nichts gewesen sind. Oesterreich. * Das österreichische Uebungsgeschwader, welches im Marinearsenal zu Pola gegenwärtig in aller Eile ausgerüstet wird, soll im Zusammenhangs stehen mit den Plänen, die kürzlich in dem vom Kaiser Franz Joses geleiteten Kriegsrate hinsichtlich des Balkans beschlossen sind. Das Geschwader soll be stehen aus 3 Schlachtschiffen, 2 Kreuzern und 9 Torpedobooten. Das Kommando über diese Schiffe ist dem Kontreadmiral Kncißler zugedacht. Zur Unterstützung der österreichisch-russischen Reformvor schläge für Mazedonien wird dieses österreichische Vorgehen jedenfalls beitragen. Liebe und Leidenschaft. Roman von L. Jdeler-Derelli. (Nachdruck verbvrcn., (20. Fortsetzung.) „Wie magst Du nur so fragen, Feodor V" ent gegnete der Vater vorwurfsvoll und legte den Arm um die noch immer zärtlich geliebte Gattin. „Ist nicht auch Deine Mutter eine Bürgerliche, die Tochter eines hochgeschätzten Arztes, der trotzdem nur einen einfachen Namen trug?" „Dann ist mir Dein Zögern unerklärlich," be harrte Feodor. „Ich habe persönlich garnichts gegen diese Dame einzuwenden. Im Gegenteil, auch ich kann mich eines ganz eigenen Interesses für das schöne Mäd chen nicht erwehren. Sie hat bereits so viel Leid erfahren, daß es nur Gerechtigkeit wäre, wenn sie an der Seite eines ehrenhaften Mannes, unter seinem Schutz und Schirm, ein dauerndes Glück fände. Sie ist übrigens sehr vermögend, ihr Vater war nicht unbemittelt, und der Justizrat, der sie wie sein eigenes Kind liebt, hat sie bereits zur Universalerbin eingesetzt; nun ist sie eine der besten Partien der ganzen Umgegend." Feodor machte eine abwehrende Bewegung und sagte: „Wir sind jetzt selbst reich genug,' und das Geld einer Dame würde mich außerdem niemals bestimmen." „Das weiß ich von Dir, mein Sohn," entgegnete der alte Herr herzlich. „Aber im Laufe der Zeit mag es manchen andern Mann bestimmen, sich um die Dame zu bemühen. Und obgleich ich dies in Erwägung ziehe, möchte ich Dich doch dringend bitten, warte noch! Bald kommt der Frühling, und Du weißt, daß wir dann alle unser Halls in Lauterberg verlassen. Kehren wir zum Winter wieder, und Du England * London. Am Sonnabend bestand die neue sechzehnzöllige Küstenwehr kanone, die größte der Welt, in Sandy Hook ihre erfolgreiche Probe. Drei Schüsse wurden abge feuert, der letzte Schuß mit 620 Pfund rauchlosem Pulver. Das Geschoß wog 2400 Pfund und ist hinreichend, um ein Schlachtschiff zu vernichten. Die äußerste Schußweite betragt 20 englische Meilen. Die Kanone wiegt 130 Tonnen, ist 49 Fuß lang und kostete 80000 Doll. Ihre Herstellung im Arse nal zu Watervliet beanspruchte drei Jahre. 44 ähnliche Geschütze werden gebaut für die Verteidigung von New-Nork und anderer Städte. Neun Batterien sollen in Sandy Hook aufgestellt werden. Spanten. * Zu Ruhestörungen ist es in Andujar wegen Erhebung des Oktrois gekommen. Die Be völkerung schleuderte Steine gegen die Gendarmerie, die Feuer gab und mehrere Personen verwundete. Griechenland. * Der deutscheKaiser hat dem Könige den bevorstehenden Besuch des deutschen Kron prinzen in Athen ansagen lassen. Afrika. * Nach neuesten Nachrichten aus Marokko haben die Truppen des Sultans den Anhängern des Gegensultans in der Nachbarschaft des Hyaina- Stammes eine schwere Niederlage beigebracht. Aus Stadt und Land Lichtenstein, 21. Januar. *— Der bei hiesigem Naturheilverein im Saale des Ratskellers Montag, den 19. dss. von abends 8 Uhr an stattgehabte Vortrag des Herrn Direktor Hieke aus Chemnitz war gleich den beiden früheren Vorträgen außerordentlich gut besucht. Dieser so starke Besuch ließ nur zu deutlich erkennen, wie auch die Frauenwelt immer mehr und mehr den Lehren der Naturheilkunde zugängig wird und sich aus derselben Heilung so mancher bei ihnen leider so vielseitig vorkommenden Krankheitser scheinungen, zuinal wenn zeitig erkannt, verspricht; mehr aber wohl noch wie durch Beobachtung dieser Lehren nur zu oft derartigen Erscheinungen im Frauenleben rechtzeitig vorgebeugt werden kann und selbige alsdann gar nicht zum Ausbruch kommen. Der Herr Vortragende verstand es aber auch, wie ihm dies überhaupt stets eigen ist, bis zum Ende seines mehr denn zweieinhalbstündigen, durch und durch belehrenden und dabei in allen Beziehungen populären Vortrages, seine zahlreichen Zuhörerinnen in gespannter Aufmerksamkeit zu erhalten und zu fesseln, und konnte man alsdann aus dem Munde sehr vieler Frauen hören, wie befriedigt selbige von dem Gehörten waren, wie aber auch ganz besonders derartigen Vorträgen das wärmste Interesse von dieser Seite entgegengebracht wird. Den am Schluffe des Vortrages zur Verfügung gestellten Fragekasten wurde so manches Geheimnis zum Zwecke der Er haltung eines guten Blutes anvertrant und wurde, soweit dies nur möglich war, diesem Verlangen auch vom Vortragenden entsprochen. Diese vielen und so mannigfachen Fragen bekundeten nur zu deutlich das Vorkommen so vieler, doch aber in der Stille getragenen, bei den Frauen vorkommenden Krank- heitscrscheinungen. *— Der Kaufmännische Verein hielt gestern im Saale des Ratskellers einen seiner gernbesuchten Nczitationsabende ab, zu welchem er den denkst noch ebenso, dann will ich Ler Letzte sein, der Dich von einer Bewerbung um Fräulein Steinbrink zurückhält, aber warte wenigstens noch bis zum Herbst." „Weshalb, Vater?" fragte Feodor, „weshalb nur soll ich immer noch zögern?" Der Graf schwieg, endlich sagte er leise: „Du liebst sie jetzt und hast Sie so schnell geliebt, und auf Günther Brunn's Grabe sprießt kaum das Gras. Wird es Dich vielleicht später nicht doch gereuen, gerade Dich?" „Dann ist es also doch dies unselige Ereignis, das Dich zurückschreckt," antwortete Feodor trübe, „und vorhin verneintest Du meine Frage." „Das tue ich auch jetzt!" rief Graf Brunn leb haft. „Weiß Gott, daß ich das arme Kind in dieser tief traurigen Sache so rein erachte, als das Sonnenlicht. Trotzdem sind und bleiben gerade wir die nächsten Verwandten des Getöteten. Ich meine, Du müßtest mich verstehen. Gieb mir die Hand, mein Junge, versprich, daß Du noch bis zum Herbst mit Deiner Bewerbung warten willst, dann soll Caroline Stein brink Deinen alten Eltern als Schwiegertochter will kommen sein. Es ist kein langer Zeitraum mehr, der Frühling naht bereits." „Ich verspreche zu warten!" erwiderte Feodor tonlos; man Hörle an dem Klang seiner Stimme, wie furchtbar schwer ihm dies Versprechen wurde. Er ergriff die Hand seines Vaters und sagte: „Und wenn mir ein Anderer in diesen Monaten zuvorkommt, so sterbe ich dermaleinst allein und unvermählt." „Kommt Dir ein Anderer zuvor, so hast Du ihr Herz nie besessen," entschied der Vater, „und Du hättest sie dann auch jetzt nicht errungen." Die peinliche Unterredung war damit beendigt und wurde nicht wieder ausgenommen. Caroline hatte Graf Feodor Brunn verhältnis namhaften Rezitator Herrn Laurence aus Berlin ge wonnen hatte. Die Wahl seiner Vortragsstücke war eine überaus gediegene, sodaß wir ihm die Abänderung des Programms nicht übelzunehmen brauchten. Die Vortragsordnung begann mitPolly von Neu- mann-Jödemann, eines 19jährigen jungen Mannes. Mit dieser Skizze in Prosa, einer Kindergeschichte voll hochdramatischen ErnskdS und die unstreitig die Glanznummer des ganzen Abends, wußte der Herr Vortragende besonders Elternherzen nach haltig zu packen und zu erschüttern. Leider ist uns nicht der Raum vergönnt, näher auf dieses lebens wahre, feingezeichnete Erziehungsbild eingehen zu können, wir wünschten es aber in jedem Elternhaus, und der geradezu überwältigende Schluß: Und das alles aus lauter väterlicher Güte dürfte wohl manches Unheil verhüten. Im humo ristischen Teile, für den erfreulicherweise durch einige Deklamationen ernsten Inhalts die Hochspannung derSeele nach und nach ausgeschaltet wurde,gefielen uns vor allem „GesprächeinesPaares amgoldnenHochzeits- morgen", die „Glücklichen," Heinrich Heines Erden reise und Rideamus: Der Studentenbummel. Be sondere Anforderungen an die Lachmuskeln stellte Pieta, eine Tragikomödie aus dem Berliner Volks leben, vom Herrn Vortragenden selbst verfaßt. — Wir hoffen Herrn Laurence, der des Beifalls seiner Hörer sicher sein darf, nicht zum letzten Mal bei uns gehört zu haben. *— Verein sächsischer Gemeiudebeamten. Am Sonntag tagte im Gasthaus zum „Weißen Roß" in Crimmitschau die 52. Versammlung des Lereins bezirks Glauchau des Vereins sächsischer Gemeinde beamten unter Vorsitz des Herrn Stadthauptkassierers Ehrhardt-Glauchau. An der Versammlung nahmen 58 Mitglieder aus Meerane, Crimmitschau, Glauchau, Lichtenstein und Callnberg teil. Es ge langten in dec Hauptsache innere Vereinsangelegen heiten zur Beratung. *— Der Betrag der für die Natnralver- pflegung marschierender usw. Truppen zu ge währenden Vergütung ist auf das Jahr 1903 dahin festgestellt worden, daß an Vergütung für Mann und Tag mit Brot ohne Brot n) für die volle Tageskost 80 Pfg. 65 Pfg. b) für die Mittagskost 40 „ 35 „ v) für die Abendkost 25 ., 20 „ 4) für die Morgenkost lv „ 10 „ zu gewähren ist. *— Dem „Oelsnitzer Volksboten" entnehmen wir folgendes Gedicht: Glücklich ist es nun vollbracht, Was wir kaum im Traum gedacht: Oeksnitz, Du wirst wohlbekannt Als das größte Dorf im Land! Ehedem, da hattest Du Vor den Geographen Ruh' ; Als ein Pünktchen, winzig klein Trug inan Dich ins Staatsbuch ein. Aber jetzt, da nennt man Dich Sachsens Hauptdorf sicherlich; Dresden, wo der König thront, Gleicht der Sonne, Tu dem Mond! Wer von Oelsnitz stammt, der wird Als Berühmtheit nun umschwirrt: Wer nach Oelsnitz ziehen kann Den sieht man als Glückspilz au! Oelsnitz! Tal des schwarzen Golds! Tu erfüllst uns ganz mit Stolz! Blüh' nun auch im Innern fort Als ein Haupt- und M u st e r o r t! 1. O. ö. mäßig nur selten gesehen; sie empfand auf die Dauer doch kein Vergnügen an dem gesellschaftlichen Treiben. Destomehr verlangte ihr einsames Herz nach Freund schaft, und ganz seltsam berührte es sie, daß die andern Damen ihrer Bekanntschaft dies Verlangen so garnicht teilten. Am nächsten stand ihr immer noch Else Brunn, aber die Dame war verlobt und hatte andere Interessen, sie besaß eine Schwester und war in einem großen Kreise von Schul- und Jugendfreundinnen aufgewachsen, sie hatte für die Sehnsucht dieses einsamen Mädchsnherzens auch kein Verständnis. „Sie müßten heiraten, Sie haben ein zärtliches Gemüt!" sagte sie einst scherzend zu Caroline und wartete aufmerksam auf die Wirkung ihrer Rede, denn sie dachte an ihren Bruder. Aber sie erschrak fast über die Blässe, die bei diesen Worten das Antlitz ihrer Freundin überflog. „Ich will nicht heiraten, ich kann es nicht!" murmelte sie kaum hörbar. Gräfin Else betrachtete sie erstaunt. „Haben Sie eine unglückliche Neigung zu Jemand, der nicht für Sie bestimmt ist?" fragte sie. „Nein, o nein!" rief Caroline leidenschaftlich, „mein Herz ist nicht im Spiel!" Dann begann sie mit augenscheinlicher Anstrengung ein gleichgültiges Gespräch. „Auf diesem Mädchen ruht sichtlich ein Geheim nis!" sagte Else zu ihrem Verlobten, dem sie die Unterredung mit Caroline mitterlte. „Was kann es sein? Ich bin wirklich hier mit Recht neugierig, denn Feodors wegen möchte ich doch klar sehen." „Laß es ruhen!" erwiderte Herr von Carlstein ernst. „Sie wird es ihm selbst sagen, fragt er sie einmal. Aber Leutnant Hardenbeck bemüht sich nun öffentlich um Fräulein Steinbrink; er liebt sie." (Fortsetzung folgt.)